piwik no script img

Wider besseres WissenWir sind die Klima-Frevler

Mein Auto, mein Vollbad, meine Frischhaltefolie: Auch taz-MitarbeiterInnen wollen im Kampf gegen die Erderhitzung nicht auf alles verzichten.

Konsumverzicht ist gut gegen die Klimakrise. Aber es geht nicht immer Foto: Johanna Walderdorf

Laut und wunderbar: Motorrad fahren

Früher bin ich mit dem Motorrad täglich zur taz gefahren, wo es dann in einer Flotte aus Fahrrädern parkte. Irgendwann meinte ein Kollege halb verwundert, halb vorwurfsvoll: „Ach, dir gehört der laute Stinker!“, und ich dachte nur: „Yepp, mir gehört diese wunderbare Moto Guzzi!“ Tut mir leid, es tut mir nicht leid. Ich fahre zu gerne Motorräder, als dass ich jemals darauf verzichten würde. Seit mehr als drei Jahrzehnten bewege ich welche mit mehr als 100 PS und werde damit im Leben nicht aufhören. Wenn ich den Helm nicht längst schon meiner Gesundheit oder meinen besorgten Kindern zuliebe an den Nagel gehängt habe, warum dann „fürs Klima“, was übersetzt sowieso nur „als Signal meiner Tugendhaftigkeit“ bedeutet? Bei einer Leistung, von der ein Ulf Poschardt in seinem 911er Porsche nur träumen kann, verbraucht so ein Teil so viel wie ein Fiat Panda – und beansprucht weniger Platz als ein Lastenrad. Ein Motorrad kann ich mir also mühelos schönrechnen. Leider besitze ich inzwischen deren zwei – und liebäugelte gerade mit einem dritten. Meine Guzzi ist Verkehrsmittel, Sportgerät, Achterbahn und psychiatrischer Notdienst all rolled into one. Sobald ich in den Alpen, in den Cevennen oder im hintersten Odenwald ein E-Motorrad aufladen kann, werde ich mir eines anschaffen. Ich bin in das Fahren verliebt, nicht in den Verbrenner.

Arno Frank, Autor

Horizont erweitern: (Fern-)Fliegen

Eine gewisse Flugängstlichkeit ist mir nicht fremd, Flugscham jedoch schon. Mir graust vor Winden in großer Höhe, weil der Flieger dann wackelt. Ein übles Gefühl, keinen sicheren Boden unter den Füßen zu wissen, das kennt auch, wer schon mal auf Eis mit dem Fahrrad oder dem Auto ins Schlingern kam. Aber Scham? Dieses peinigende Gefühl, sich blamiert zu haben, vielleicht unter Aufsicht anderer Menschen? Beschämen könnte einen vieles, aber das politische Projekt, den Klimawandel umzudrehen? Feel bad? Nein, nicht beim Fliegen. Hier gilt mir, Jahrgang 1957, immer noch, dass es zu viele Orte auf der Welt gibt, die ich sehen möchte, die aber nicht mit der Bahn oder zu Fuß erreicht werden können. Mir ist es kulturell wie eingeschrieben, in die Welt rauszugehen, zu gucken, was hinterm Horizont so los ist. Bloß provinziell bleiben, sich in Bescheidenheit üben? Nö! Tel Aviv, Cork, Odessa, Tiflis oder Bilbao, Kanada, Oman, Uruguay, vielleicht die Südstaaten der USA (Kentucky!) – das wären Ziele, die ohne Flugzeuge zu erreichen zeitrealistischerweise nicht möglich wäre. Reisen ist doch kein religiöser Pilgerweg, sondern ein Stream in andere, von Menschen erschaffene Wirklichkeiten. Fliegen auf kürzeren Etappen – keine Lust. Selbst Wien – von Berlin aus – oder Saarbrücken: kein Problem mit Bahnen und bloß nicht mit dem Auto (ist ja nur Stress!). Aber die Welt weiter zu erkunden, meine Welt, das geht nicht ohne Fliegen. Nur in der eigenen Hood bleiben? Also bitte, wie abwegig ist das denn?

Jan Feddersen, Redakteur für besondere Aufgaben

Luxus genießen: Ski fahren

Ja, ich weiß, Skifahren ist schlecht für die Umwelt und das Klima. Seilbahnen und Schneekanonen blasen CO2 in die Luft. Die Beschneiung ruiniert den Wasserhaushalt ganzer Ökosysteme. Abseits der Pisten störe ich Tiere bei der Winterruhe. Trotzdem fahre ich immer noch Ski. Ich rede mir dann ein, dass das ja alles nicht so schlimm ist, weil durchschnittlich 75 Prozent der CO2-Emissionen beim Skitourismus durch die meist lange Anreise der Touristen mit dem Auto entstehen – da ich in Innsbruck lebe, fahre ich einfach mit dem Bus. Außerdem gibt es die Skigebiete schon, weswegen ich nichts kaputt mache, das nicht schon kaputt ist. Aber wenn ich ehrlich bin, fahre ich Ski, weil es geil ist und ich es ohne großen Aufwand kann. Hier in Innsbruck habe ich den Luxus, auch außerhalb der Ferienzeiten über leere Pisten zu carven, mich an unverspurten Tiefschneehängen zu erfreuen oder mit den Tourenski einen verschneiten Gipfel zu besteigen. Solange ich hier lebe, will ich den auch genießen.

Denis Pscheidl, Ex-Praktikant, jetzt Redakteur bei der target-Group in Innsbruck

Tausend Gründe: Schweinsbraten essen

Weil ich schon immer gerne einen gegessen habe. Weil das früher einfach normal war. Weil ich noch nie Avantgarde gewesen bin. Weil sich nichts so schön anhört wie das Geräusch, das entsteht, wenn die Zähne die Kruste zermalmen. Überhaupt die Kruste! Weil ein Knödel alleine ja auch nicht die Lösung ist. Weil ich sonst gar nicht so bin und auch mal einen Salat esse. Weil der Krautsalat, der meistens dabei ist, zum Niederknien sein kann. Weil ich aus Bayern bin und gar nicht anders kann. Weil es sich um ein Kulturgut handelt. Weil ich meine Herzprobleme mittlerweile eigentlich im Griff habe. Weil ich nicht alleine bin und es anderen auch gut schmeckt. Weil man im Lokal meistens zwei dicke Scheiben für relativ wenig Geld bekommt. Weil ich einen guthabe, nachdem ich in diesem Sommer dann doch nicht nach Marokko geflogen bin. Weil ich mich nicht rechtfertigen möchte. Es gibt viele Gründe, Schweinsbraten zu essen. Ob sie wirklich gut sind, weiß ich nicht.

Andreas Rüttenauer, Sportredakteur

Einfach geil: Cabrio driften

Der Zündschlüssel steckt, die Fahrbahn ist frei. Ich trete aufs Gas und atme aus. Denke daran, wie wir als Kinder noch Autoscooter gefahren waren – immer und immer wieder. Später – als irgendjemand von uns schon 18 war – drifteten wir auf dem Parkplatz von Kaufland, bis uns schlecht wurde. Schließlich war’s um mich geschehen. Klar, ich besitze natürlich kein Auto und so, das wäre ja peinlich in der woken Berliner Bubble. Ein Tempolimit wäre auch nur vernünftig, das weiß ich. Und parken kann man hier ja auch nirgends. Überall nur Einbahnstraße, Sackgassen und Kopfsteinpflaster. Die genau das verhindern, weswegen ich dieses Fahrzeug aus Blech und Abgasen so liebe: das Schnellfahren. Die kurze Illusion von Freiheit und Fahrtwind im Haar. Herzpochen, weil man perfekt um die Kurve fegt. Jetzt und hier, einmal im Jahr weit weg von allem, auf den staubigen Straßen Spaniens. Hier ist das doch okay. Okay, dass ich das Gaspedal etwas stärker durchdrücke, als die Straßenschilder es erlauben. Ich weiß, es gibt keine Rechtfertigung, außer, dass es sich auf eine hedonistische Art einfach geil anfühlt. Der Staub wirbelt an meinen Seiten hoch und ich fühle mich ein kleines bisschen wie bei „Mad Max“. Mit allen negativen Folgen wie Wasserknappheit, Dürre, Untergang, die der Film anspricht und die ganz schleichend auch bei uns immer präsenter werden.

Ruth Fuentes, Volontärin

Ritual: Vollbaden

Ich habe dieses Ritual: vorm Schlafengehen duschen. Nicht kurz und kalt, wie Robert Habeck, sondern richtig lange und richtig heiß. Im Winter ersetze ich die lange heiße Dusche auch gerne durch ein Vollbad. Bei dem ich immer wieder heißes Wasser nachfülle. Geht natürlich gar nicht. Bis jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen. Aber spätestens mit der nächsten Erhöhung der Gaspreise im Oktober wird das richtig teuer. Und deswegen dachte ich, es sei günstig, schon im Sommer mit der Umgewöhnung zu beginnen. Ich dusche also nur noch zweimal pro Woche, kurz und lauwarm. Beim Baden (seit Juli drei Mal) lasse ich weniger als die Hälfte der Wanne voll Wasser. Wir haben die Waschlappen rehabilitiert. Richtig unangenehm wird es wohl erst, wenn wir ab Oktober das Bad nicht mehr heizen.

Gaby Coldewey, Auslandsredaktion

Entstressen: Mit Frischhaltefolie einpacken

Diese Ignoranten! Igno­ran­t:in­nen natürlich. Wobei in den fettesten Autos eben doch meist Personen sitzen, die ich als männlich lese. Jetzt kommt schon wieder das Röhren von so einem motorisierten Monstrum durchs Küchenfenster, das wahrscheinlich gerade ein paar Fahr­rad­fah­re­r:in­nen bleibende Traumata verpasst und dabei zusammen mit einer großen Wolke Gestank ein paar Kilo CO2 in die Luft pustet. Ich versuche, eine Schale übrig gebliebene Knoblauch-Mayo mit einem wiederverwendbaren Wachstuch abzudecken, und fühle mich ein bisschen überlegen. Und total genervt. Erst von dem Auto. Dann von mir: Vielleicht sitzt jemand in dem Fahrzeug, der aus körperlichen Gründen nicht Fahrrad fahren kann und mangels Fahrstuhl an der nächsten Station auch am U-Bahn-Fahren gehindert wird? Aber das Allernervigste ist in dieser Sekunde, dass die bescheuerten Wachstücher sich zwar latent klebrig anfühlen, aber trotzdem an nichts haften bleiben. Wussten Sie, dass für eine Tonne Einwegplastik fünf Tonnen CO2 anfallen? Aber wissen Sie was? Ich kaufe wieder Frischhaltefolie, in all ihrer unökologischen Transparenz. Sich wegen jeder alltäglichen Kleinigkeit Stress zu machen, erschöpft – und verleitet auch noch dazu, sich über die Menschen um einen herum zu ärgern. Aber ein Angebot: Wenn die Politik sich um die großen Klimaschutz-Baustellen gekümmert hat, ärgere ich mich auch wieder mit Wachstüchern und ähnlichem Firlefanz herum.

Susanne Schwarz, Klima-Redakteurin

Kulinarische Kompensation: Einmalfresspakete

Ich kompensiere beim Flugverkehr. Aber nicht ökologisch und nicht durch Zahlung an Atmosfair. Ich kompensiere die Flüge. Mein Nichtmehrfliegen ersetze ich durch den gelegentlichen Kauf von Flugzeugessen. Auslöser war die Pandemie. In Würselen bei Aachen produziert einer der größten Caterer deutschlandweit: 150.000 Essen für 40 internationale Airlines am Tag. Dann kam der Lockdown. Nix flog mehr. Die Tiefkühllager quollen über. Also machten sie einen Outletshop in Aachens City auf. Die Flieger-Essen für Nichtflieger kosten 10 Euro für vier Stück. Weltreisen sind jetzt zu Hause möglich, überraschend lecker statt igitt, denn auf dem Boden schmeckt alles deutlich würziger. Und ich habe die Fantasie vom Fernreisen, mal indisch oder thai, mal arabisch. Einmal war ich auch mit Freunden in der Business-Class-Variante (7 Euro pro Essen) mit dem zarten Steak für American Airlines unterwegs. Aber es bleibt Umweltfrevel. Die Einmalfresspakete in den Menüschalen aus dickem Alu, dazu reichlich Plastikfolie füllen flugs den Gelben Sack. Müsste mal jemand ausrechnen, was pro Luftmenü für die Kompensation der Kompensation zu zahlen wäre. Airfoodfair – ran!

Bernd Müllender, Autor

Günstig und praktisch: Uraltverbrenner teilen

Auf dem Dach wächst Moos, in den Ablagen und Ritzen krümeln sich Keksreste, Papierschnipsel und welke Blätter, an der linken Flanke des inzwischen 21 Jahre alten 7-Sitzers prangt eine gar nicht so kleine Beule. Er ist echt in vielerlei Hinsicht dreckig, aber die inzwischen drei Familien, die den Opel nutzen, nennen sich selbstzufrieden wie auch nicht ganz untrotzig „Zafiristen“. Trotz fast 150.000 Kilometern auf dem Buckel hat der Diesel-Oldie ja auch noch nie schlappgemacht. Tatsächlich rostet er auch die meiste Zeit ungenutzt am Straßenrand vor sich hin. Sonst brauchen wir ihn halt für Besuche bei Ikea, die Frühschicht, den Seepferdchenkurs des 5-Jährigen oder für Kinderreiturlaube an der Ostsee. Alle sind sich einig: Für Klima und Umwelt wäre natürlich gar kein Auto besser. Aber: Es ist günstig und praktisch, ein neues (Elektro-)Auto wäre insgesamt viiiiel weniger nachhaltig. Noch haben wir TÜV bis März '23. Tscha, vielleicht müssen wir dann auf Mietkisten umsteigen.

Bernhard Pötter, Klimakorrespondent; Kai Schöneberg, Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt

Aus Leidenschaft: Schnell Auto fahren

Wenn das Licht im Flur oder in der Küche zu lange an bleibt, wird geschimpft. Wenn mein Mann sich jeden Morgen eine lange Dusche gönnt, wird er angemeckert. Aber wenn die Winterferien näher rücken, bleiben die 4 bis 5 Tage Skifahren an der tschechisch-polnischen Grenze gesetzt – selbstverständlich mit dem eigenen Auto. Und eine meiner größten Leidenschaften am Steuer ist das Rasen: Beim letzten Familienbesuch in NRW deutlich unter 5 Stunden: Rekord! Schnelligkeit gehört zu einer Themenchefin. Zwecks Vermeidung eines Kulturschocks essen wir, bevor wir die Großeltern in Spanien besuchen, mindestens zweimal in der Woche Fleisch. Zusammenhänge sichtbar zu machen ist eben auch eine wichtige Aufgabe der Themenchefin.

Gemma Terés Arilla, Themen- und Nachrichtenchefin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

37 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wenn die Menschen weiterhin versuchen, durch blinden Aktionismus der eigenen inneren Leere zu entkommen, endet das tödlich. Die Überlebenden sind dann mit dem Überleben fürs erste ausgelastet.

  • Der erste Teil, in dem es um Motorrad fahren geht, ist mit das beste, was ich hier jemals gelesen habe. Nur mit dem letzten Satz stimme ich überhaupt nicht überein. Nichts geht über den Sound einer Harley, mit der man entspannt cruist!

    • @Peter Müller:

      Wohl noch unzureichend informiert, oder eine weitere Ausrede von überholter Lebenszerstörung abzulassen. Der Doznd einer Harley man auch bei einen E-Motorrad getreu dem Original erzeugt werden. Auch der Hinweis auf die Landemöglichkeit in den Cevennen ist so eine Ausrede, um sich nicht verändern zu müssen, gibt es doch auch in den Cevennen Strom aus der Steckdose.



      Wann werdet auch ihr begreifen, dass ihr mit Eurem Selbstbetrug nur die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder zerstört.

  • Immerhin wird es hier zugegeben, schau' an wie ehrenhaft!

    Ja, so ist die "links-liberale" (?) "grün-alternative"(?) Szene in der ich mich auch nicht wenig bewegte/befand:



    Nicht besser oder vernünfiger als der vermeintlich biedere rückwärtsgewandte konservative Normalbürger.



    Das erkannte auch schon circa 1991



    Manfred Kriener mit seinem taz-Artikel



    "Das Fernweh der Umweltfreunde"

    Auch widerwärtig war geradezu, dass seit der Strommarktliberalisierung 1998 kaum jemand aus dieser "links-liberalen-Szene" aufhörte Atomstrom zu kaufen, obschon die meisten sich als Gegner:innen der Kernkraft ausgaben



    und die Partei "Die Grünen" maßgeblich aus der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung entstanden ist.

    Insgesamt also ist es seit langem gut bekannt, dass auch in der "irgendwie linken" Szene massenweise Umwelt-Frevel begangen wird.

    Und...



    schade, dass es so viele Männer gibt, die eigentlich sanft sind oder es zumindest sein wollen, sich durch Motorradfahren einen männlichen Anstrich geben wollen.

  • Bedrückend finde ich die Einstellung bei Jan Feddersen. Die Emmisionen der Flugzeuge finden über dem Wettergeschehen statt und sind deshalb besonders problematisch und außerdem ist es eine gigantische Energieverschwendung.

    Ideal ist der Mensch, der/die/... beim Betrachten eines Fotobuchs oder sonstiger Literatur in dem die fremden Plätze gezeigt werden, eine tiefergreifende Weiterentwicklung stattfindet.



    So sehr oft ist es die Ratlosigkeit vor der eigenen Existenz oder eine Art Sensationslust und Langeweile, die die Mensch zu den Fernflügen bewegt.



    Nicht zuletzt wollen sehr viele damit einfach angeben!

    Wenn Jan Feddersen unbedingt viele fremden Plätze sehen will, soll er sich die Zeit nehmen und mit dem Fahrrad/Zug dahin fahren oder mit LKW trampen.



    Dafür ist er wohl zu ängstlich und zu bequem?



    Bis auf Weiteres ist Fliegen nicht mehr zeitgemäß.

  • Es ist eine schöne Idee, sich mit dem inneren Schweinehund zu outen, das bringt Sympathiepunkte und ermutigt andere, auch dranzubleiben. Darüber öffentlich zu sprechen, hilft, schafft selbst gemachten sozialen Druck und erzeugt ein solidarisches Gefühl. Das funktionniert allerdings nur auf einer gemeinsamen Wertebasis: wir alle wollen uns Klimafreundlich verhalten und bemühen uns trotz unserer Schwächen. Bei fast allen Beiträgen wird das deutlich - Danke dafür! Bis auf eine Ausnahme: Jan Feddersen teilt diese Werte offensichtlich nicht: keinerlei Bemühen, explizit keine (!) Flug-Scham, sondern nur ein trotziges Beharren auf den eigenen Privilegien "Mir ist es kulturell wie eingeschrieben, in die Welt rauszugehen, zu gucken, was hinterm Horizont so los ist" - und das müssen natürlich noch einige Flugfernreisen sein.Nach meiner Erfahrung ist dies genau für diese Altersgruppe (die - by the way - massgeblich Verursacher der Klimakatastrophe ist), nicht untypisch (insbesondere bei (Flug-)Reisen, Wohnmobilen und Kreuzfahrten). Ich selbst habe in diesem Jahr erstmals auf meinen jährlichen Flug in den Urlaub verzichtet und je 3 Tage An- und Abreise in Kauf genommen - auch für mich sind Reisen "unverzichtbar", ich begrenze den Radius aber schon länger auf Europa. Mein Co2-Konto ist mehr als voll (ähnlicher Jahrgang wie JF), daher war dies keine Heldentat, aber immerhin ein erster Schritt. JFs Beitrag hat mich allerdings sehr deprimiert und demotiviert. Ich möchte so etwas nicht in der taz lesen. Danke!

    • @Pilo Meno:

      Sie wollen die Wahrheit nicht mehr in der TAZ lesen? Warum denn nicht?

  • Der Mensch sündigt immer wieder zu gerne! Einfach mal die kath. Kirche fragen, die haben Erfahrungen damit.

  • Warum wird Streamen nirgends beim Energiesparen erwähnt ?? Streamen in Deutschland benötigt die Strommenge wie die ganze Stadt Berlin. www.verivox.de/str...eberblick-1118071/



    Wem die ÖR und Privaten Sender nicht gefallen, soll halt ein Buch lesen.

    • @Günter Witte:

      Weil Streamen prinzipiell auch problemlos mit regenerativ erzeugtem Strom möglich ist…und dabei wenigstens kein Kunststoff benötigt wird, anders als bei den DVDs und Videokassetten früher.

      • @Saile:

        Zwei Anmerkungen: Noch haben wir keine 100 % regenerative Energie! Weder bei uns, noch global. Der in die x-Billionen gehende und jederzeit mit annähernd Lichtgeschwindigkeit abrufbare Content liegt global verteilt auf Servern und wäre weg, wenn jemand die Stecker aus den Steckdosen zieht.



        Beim Kauf von Filmen, Games, Musik ... erwerben Sie kein Eigentum, sondern nur noch ein Nutzungsrecht, dass Ihnen verwehrt, das einmal registrierte "Produkt" zu verschenken oder weiterzuverkaufen, wenn es Ihnen nicht mehr gefällt. Sie können es nur löschen!

        • @Drabiniok Dieter:

          Das ist mir doch alles völlig klar…ich wollte nur darauf hinweisen dass stationärer Stromverbrauch noch unser kleinstes Problem ist…wie Schiffe und Flugzeuge angetrieben werden oder Energie fürs Winterhalbjahr gespeichert werden kann, da wird es erst richtig spannend…

          • @Saile:

            Vielleicht übersehen Sie, dass die Energie fürs Streamen nicht für den Antrieb von Fahrzeugen oder zur Energiespeicherung genutzt werden kann; sie muss zusätzlich erzeugt werden. Sie wissen doch, dass keine Kilowattstunde Energie mehrfach nutzbar ist. Energiesparen ist nicht sehr beliebt. Wir wollen alles und noch mehr. Internet und Livestreams in und aus autonom fahrenden Auto z.B., die allein tausende Berechnungen in Echtzeit erfordern und ein paar Satelliten zusätzlich, die ins All geschossen werden müssen. Die dafür benötigte Energie fehlt dann zur Herstellung von "grünem" Zement, Stahl, Wasserstoff, Kerosin, etc. Das mag zwar wie Fortschritt klingen, ist aber im Grunde nur Ignoranz und Hybris einer Spezies, die zwar Schulkindern lehrt, dass die Naturgesetze unveränderbar und unser Planet ein geschlossenes System ist, in dem kein unbegrenztes Wachstum möglich ist. Aber kaum aus der Schule raus, ist dieses Wissen nicht mehr als Makulatur, die unter bunten Plakaten für eine Pippi Langstrumpf-Welt des Fortschritts verschwindet.

            • @Drabiniok Dieter:

              Mit Verlaub, ich übersehe gar nichts, sondern stimme Ihnen vollumfänglich zu: Freilich haben im Moment noch nicht genug regenerative Energie für alles, das bestreite ich ja keineswegs…es ging mir nur darum dass manche Anwendungen leichter umsetzbar sind (eben Elektrizität für stationäre Anwendungen) als andere (Treibstoff usw.)

    • @Günter Witte:

      Beim Streamen sollte man schon auch "gegenrechnen", wie viel eingespart wird, weil die CD bzw DVD nicht mehr produziert, in die Läden transportiert, dort gekauft wird.

      Bei Videokonferenzen, wie viele Wege nicht zurückgelegt werden, sicher einige davon mit dem Pkw.

    • @Günter Witte:

      Ist es den sicher das "normales" fernsehen weniger Energie verbraucht als streamen?

  • Kleiner Tipp: Wachstücher müssen an gar nichts festkleben. Die formt man zu einem auf die Schale passenden Deckel und legt diesen locker auf.



    Ok, die Anbringung fühlt sich ähnlich an, wie bei Frischhaltefolie, der Nutzen ist aber nicht der Gleiche. Dafür muss man sich nicht drüber ärgern, dass die Folie besser an sich selbst als an der Schüssel hält

  • Der Mensch kann tausendmal nach Vollkommenheit streben - immer wenn wir in den Spiegel blicken sehen wir jemand mit Schwächen und Fehlern.

    Einen Menschen halt.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Persönliches Konsumverhalten wird immer mit wieder mit Freiheit verwechselt.



    Lächerlich - verglichen zB. mit dem Leben in einer Diktatur.

  • Laster gehören zum Leben dazu. All good.

  • Solange wir die Aufgabe umweltschädlicher Tätigkeiten als Verzicht betrachten, wird sich wohl nicht viel ändern.

  • Warum überrascht mich das nicht, dass auch niemand bei der taz über Wasser laufen kann? Wir sind alle Kinder einer auf Genuss, Lebensfreude, Wohlstand, Anerkennung und Privilegien konditionierten Gesellschaft, die alles erklären und begründen kann. Am besten unsere kognitiven Dissonanzen.



    Ist kein Vorwurf! Auch ich kann nicht über Wasser gehen.



    Das Problem ist, dass wir unseren Lebensstil und unsere Lebensweise für so selbstverständlich halten, als könnten wir sie wie ein Haus oder Aktiendepot an unsere Kinder und Enkel vererben. Wir hatten schlicht das unverschämte Glück, in eine bestehende Wohlstandsgesellschaft hinein geboren worden zu sein.



    Wir sollten nur aufhören zu glauben, dass ein Akku-Auto oder -Kreuzfahrschiff, Bio-Kerosin und Biosprit, 5G und 6G Kommunikation, Windräder, Solar-Panelle, H2-Fabriken Wärmepumpen, Fleisch aus dem 3-D Drucker, ... Teil der Lösung seien. Sie sind es nicht! Sie sind Teil des Problems! Sie gaukeln uns vor, die Naturgesetze überlisten zu können.



    Neulich las ich (hier?), das wir das 1,5 Grad Ziel mit CO₂-Emissionen des Jahres 1978 erreichen könnten. Ich erinnere mich gut daran, dass weder ich noch sonst jemand seinerzeit in D in Not, Elend, ohne Motorrad, Ski, Auto oder Urlaubsflüge hat leben müssen. Telefone hatten zwar noch Schnüre, dafür hatte man Zeit über Zeitungsartikel bis zum nächsten Tag nachzudenken und es gab zwei TV-Sender mit Sendeschluss. Ein heutzutage unvorstellbarer Lebensstandard!



    Ein Leben wie in 1978 wäre für uns ein Rückschritt und kein Fortschritt. Und darum geht es ja. Ausgeschlossen ist jedoch, dass die Konsequenzen dieses Fortschritts nicht Teil unseres Erbes sein werden. Sie gehen über den Müll aus Frischhaltefolien hinaus.

    • @Drabiniok Dieter:

      Lass mal zurück schauen. 1978 Smog in Berlin, durch Braunkohlebriketts und Zweitaktmotoren.



      PseudoKrupp Anfälle bei Kindern waren im Westfernsehen ein Thema.



      Ausfall des Nahverkehrs, zu Fuß zur Arbeit in unfröhlichen Kolonnen. Alles grau - nicht dieses fröhliche Architektengrau, nein grau wie Grauen.



      Im Winter gab es Kohlköpfe, Zwiebeln, Kartoffeln und schrumpelige Äpfel. Sonst nichts. Die Winter waren lang und die PolyPullis Kratzer, stinkig und wärmten nicht.



      Morgens sechs Briketts in den Ofen und die Eisblumen von den Fenstern gekratzt. Waschen mit kalten Waschlappen.

      Nein Danke

      • @WeisNich:

        Sie reden ja wohl von Berlin-Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Im "freien"Teil der Stadt gab es natürlich im Winter auch den typischen Geruch von Braunkohle- und herüber gewehte Zweitakteremissionen und war auch nicht alles golden.Aber Orangen und Bananen ,nebst anderer Kost, saubere und warme Pullover und auch im Altbau hatten die meisten Wohnungen-nicht alle- Badezimmer mit wenigstens einer Dusche und Warmwasser.



        In den westlichen Industriestaaten war 1978 schon ganz okay.

      • @WeisNich:

        Ich denke gemeint ist: Mit der jetzt verfügbaren effizientesten/ökologischsten Technik können wir uns einen Lebensstandard vergleichbar wie 1978 erlauben ohne die 1,5-Grad-Grenze zu knacken…also natürlich ohne Zweitakter/Braunkohlebriketts, aber mit Kohleintopf im bestisolierten Induktions-Kochgeschirr… ;-)

        • @Saile:

          Geschrieben hat er aber, dass neue Technologien "Teil des Problems sind".

          Immer noch Nein Danke.

    • @Drabiniok Dieter:

      1978 vs. 2022 - ich würde sofort tauschen. Aber mich fragt ja keiner.

  • Das ist echt lahm. Ich fahre auch für mein Leben gern Motorrad (eine 98er Honda), aber mir reichen 34 PS und ich habe schon vor zig Jahren aus Klimaschutzgründen meine Jahresleistung von 3000 Kilometern auf therapeutisch notwendige 600 eingedampft.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Die Welt verbessern durch die Anschaffung eines dritten oder vierten Motorrades, diesmal dann noch in elektrisch, ist wirklich eine super Idee!



    Je besser wir mehr kaufen, umso besser retten wir die Welt.



    Danke für den Hinweis, lieber Vorbild-Endverbraucher!

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    Identifizieren konnte ich mich ein Stück weit mit dem Text von Bernhard Pötter und Kai Schöneberg.

    Ok, als Ruheständler müssen wir nicht mehr zur Frühschicht und unsere Kinder sind weit jenseits von Seepferdchenkurs oder Kinderreiturlaub an der Ostsee.

    Aber dafür hat der Schadstoffdiesel nach elf Jahren bereits 170.000 Kilometer hinter sich; and still going ...

    Musste gerade erst und diesmal zu viert beladen über fast 900 Kilometer von DA nach Cuneo (was ist in Italien der Sprit gerade billig ...); und dann hoch in die Berge, wo die Wege schon mal unbefestigt werden und es -natürlich- auch keinen ÖPNV, stattdessen herrliche Wanderwege gibt.

    Der Nächste, wenn es noch einen gibt, wird mit Sicherheit ein Hybrid; man muss doch etwas mit der Zeit gehen, oder?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    " Ich trete aufs Gas und atme aus. "



    Ausatmen. So ist's gut. Einatmen im offenen Cabrio ist nicht zu empfehlen. (Anmerkung: Den meisten Feinstaub des Straßenverkehrs schlucken eh die Autofahrer:innen. Auch in geschlossenen Limousinen. Darum der Trend zum SUV. Wer weiter oben sitzt, bekommt nicht so viel Dreck aus den Niederungen in die Lungen [/ironie off])

  • Nach Odessa kommt man in 16 Stunden ab Przemysl an der polnischen Grenze, nach Przemysl in unter 10 Stunden von Berlin, jeweils Direktzüge. In Cork (Irland) war ich auch schon ohne Flugzeug.

    Jan Feddersen gibt ja nachvollziehbare Gründe an, gewisse Ziele erreichen zu wollen. Besser wäre es, damit zu warten, bis klimaneutrale Flüge angeboten werden.

    • @meerwind7:

      Die Gesellschaft war jahrzehntelang scharf auf schnelle billige Energie (Kohle, Gas, Kernkraft) und hat es deshalb auch jahrzehntelang versäumt



      "klimaneutrale Flüge" bezahlbar zu entwickeln. Das kommt, wenn überhaupt, erst in hundert Jahren, wenn die Menschen weltweit von KLimakatastrophen (inclusive Kriege um Wasser under Nachrungsmittel) ganz schwer "angenervt" sind.

  • und so sind die Sünden überall. Immer.



    Das Schlimme sind nur die "Wenn, dann Angebote".



    Und das sind nur die persönlichen EInsparungen oder Ausnahmen. Dazu kommt noch die Grundlast für jede Deutsche. Also, das CO2 was in der Industrie anfällt, beim Wegebau und in der Administration.

  • Lieber Arno Frank, tanken Sie ab sofort nur noch e-Fuels, und ihre Moto-Guzzi ist nur noch laut und erzeugt Abgase, aber ist wenigstens klimaneutral. Organisieren Sie eine Gruppen-Bestellung für die taz-Leser.

    "Sobald ich in den Alpen, in den Cevennen oder im hintersten Odenwald ein E-Motorrad aufladen kann, werde ich mir eines anschaffen." Überall dort gibt es Steckdosen. Nicht mitten im Wald, aber bei jedem Gebäude und an jedem Campingplatz.

  • Oh ist das geil! Dafür LIEBE ich als alter Liberaler die taz und bin stolzer Unterstützer. Das leite ich sofort an alle meine Bubble-Freunde weiter. Entbubbelt Euch und freut Euch des Lebens!

  • Poschardt fährt Ferrari. Lest ihr nicht mal eure eigene Zeitung? taz.de/Ulf-Poschar...zu-Autos/!5814887/