Waffenlieferungen an Israel: Es geht nicht ohne und nicht mit
Keine Waffen mehr an Israel? Denkt man das Szenario zu Ende, bedeutete dies, dass Israelis bald schutzlos ausgeliefert wären.
D ie Stimmen nach einem Stopp von Waffenlieferungen an Israel werden immer lauter. Auch im Bundestag entbrennt diese Diskussion erneut. Angesichts der grauenvollen Bilder, die nach wie vor aus dem Gazastreifen und aus dem Libanon kommen, liegt diese Forderung nahe. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu ist weiter auf Kriegskurs, statt einen Waffenstillstand zu befördern und die letzten Geiseln zu befreien. Einige israelische Minister sprechen sich offen für Besiedelung des Gazastreifens aus.
Es ist völlig klar: Diesen rechtsextremen Radikalen möchte man ihre Waffen entreißen, statt sie ihnen auch noch zu liefern. Die Kriegsführung Israels, die von vielen als genozidal bezeichnet wird, ist nicht nur tödlich für viele Palästinenser*innen und Libanes*innen, sondern bedeutet auch den Untergang eines Israels, das irgendeine Chance auf Frieden im Nahen Osten haben sollte.
Doch denkt man das Szenario zu Ende, bedeutet ein Stopp der Waffenlieferungen auch, dass Israel – und damit auch all diejenigen, die Woche für Woche gegen Netanjahu und seine Regierung auf die Straße gehen – irgendwann in der nicht so fernen Zukunft ihren Gegnern schutzlos ausgeliefert wären. Das israelische Militär sagt, dass das Waffenarsenal, das sie im Süden des Libanon vorgefunden haben, zeige, dass die Hisbollah für einen Angriff auf Israel ähnlich dem der Hamas am 7. Oktober vorbereitet gewesen sei. Bedeutet ein Stopp von Waffenlieferungen nicht auch, die Augen zu verschließen vor den Drohungen des Iran, Israel von der Landkarte löschen zu wollen? Vor der Bedrohung durch die Hisbollah?
Baerbock ist nicht zu beneiden
Ein Ausweg aus dem Dilemma ist schwer zu finden. Sogenannte Defensivwaffen wie Panzerabwehrraketen lassen sich auch zum Angriff nutzen. Eine schriftliche Garantie von Israel, dass die gelieferten Militärgüter im Kampf gegen Hamas und Hisbollah nicht völkerrechtswidrig eingesetzt werden? Israel kann sich immer auf eine andere Interpretation von Völkerrecht zurückziehen. Außenministerin Annalena Baerbock ist um ihren Job gerade nicht zu beneiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP