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Verhältnis von Ostdeutschen zu RusslandAbends hat man miteinander gesoffen

Für vier von zehn Ostdeutschen ist Putin kein Diktator. Sowjet-Soldaten und Propaganda prägten den DDR-Alltag. Das wirkt nach, sagt eine Historikerin.

Mauer einer Kaserne in der Umgebung Berlins mit sowjetischer Propaganda Foto: Herve Champol/akd/picture alliance

Berlin taz | Seit Monaten treffen sie sich jeden Montag vor der Gethsemanekirche im Ostberliner Bezirk Prenzlauer Berg zur „Friedensdemo“: Frauen und Männer, die Fahnen tragen, die aus den Flaggen Deutschlands und Russlands zusammengesetzt sind. Auf den Transparenten, die sie hoch halten, prangt die Aufschrift: „Das ist nicht unser Krieg“. Über eine Lautsprecherbox beschallen sie den Kirchenvorplatz mit Songs wie „Give Peace a Chance“.

Über dem Eingangsportal des Na­tio­naltheaters im thüringischen Weimar hängt ein Banner mit der Aufschrift „Diplomatie! Jetzt! Frieden“. Auf einer sogenannten Friedensdemo in Leipzig, Sachsen, fordert ein Mann „endlich ernsthafte Verhandlungen mit Putin“. Wie sonst soll man das Blutvergießen beenden, fragt der Mann im persönlichen Gespräch, wenn nicht durch Gespräche? Aber Wolodomir Selenski, der ukrainische Präsident, fordere stattdessen „immer mehr Waffen“. Und eine Frau aus einem Dorf in der Altmark, Sachsen-Anhalt, glaubt, dass Ukrai­ne­r:in­nen einen „Genozid an den Russen im Donbass“ verüben.

So und so ähnlich klingen seit einem Jahr nicht wenige Ostdeutsche. Laut Umfragen wünscht sich die Hälfte der Menschen zwischen Stralsund und Sonneberg engere Beziehungen zu Russland, 44 Prozent würden die Sanktionen gegen Russland reduzieren oder ganz abschaffen. Und vier von zehn Ostdeutschen sehen im Präsidenten Wladimir Putin keinen Diktator.

Was ist los mit den Ostdeutschen? Woher kommt diese Verbundenheit mit einem Land, das die meisten vor dem Mauerfall mangels Reisemöglichkeiten gar nicht kannten? Die sich eher über die staatlich verordnete „Völkerfreundschaft“ zwischen der DDR und der Sowjetunion lustig machten? In der DDR war „Russe“ ein Schimpfwort, sagte der Ostbeauftragte Carsten Schneider jüngst beim Jahresempfang der Klassik Stiftung Weimar: „Der Begriff großer Bruder wurde in der Alltagssprache eher in Anführungszeichen verwendet.“

Diese plötzliche Nähe zu einem Land, das vor einem Jahr seinen Nachbarn Ukraine überfallen hat, irritiert nicht nur die meisten Westdeutschen, sondern vor allem die Ostdeutschen, die einen distanzierteren Blick auf den einstigen „großen Bruder“ haben. „Es ist keine plötzliche Nähe“, sagt Silke Satjukow, Professorin für neuzeitliche Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: „Sondern eher eine plötzlich sichtbare Nähe.“

Um diesen Satz zu verstehen, muss man tief in die Geschichte der DDR zurückgehen. Fünf Jahrzehnte lang leisteten 10 bis 20 Millionen sowjetische Soldaten ihren Dienst in der DDR, etwa 350.000 Militärangehörige gleichzeitig im Jahr. So hat es Christoph Meißner vom Museum Berlin-Karlshorst, das bis zum Kriegsbeginn 2022 Deutsch-Russisches Museum hieß, ausgerechnet.

Die Soldaten, Offiziere, Generäle und ihre Familien lebten häufig in eigens für die sowjetischen Streitkräfte geschaffenen Arealen, die wie in Wünsdorf bei Berlin eine eigene kleine Stadt bildeten. Andere lebten inmitten der ostdeutschen Bevölkerung, als Nachbarn, die mehr oder weniger Kontakte pflegten. Die Ostdeutschen und „die Russen“ haben sich verbrüdert, haben einander geheiratet, Kinder gezeugt, miteinander gestritten. Oder wie Satjukow es ausdrückt: „Man hat am Abend in den Kneipen miteinander und gegeneinander gesoffen“ – als eine Art notwendige Kompromissbildung.

Die Generationen, die das lebendig erlebten, sind heute über 50 – und vorrangig diejenigen, die seit dem russischen Überfall auf die Ukraine für „Friedensverhandlungen“ plädieren. Sie haben als Kinder und Jugendliche in Kita, Schule und Pionierorganisation nahezu täglich die sozialistische Propaganda erlebt: Die Sowjetunion ist „der Freund“, Amerika, der Westen, die Nato, das sind Feinde. Davon ist manches hängen geblieben – trotz des Jubels über den Mauerfall.

Wut auf das westdeutsche Establishment

Dieses Freund-Feind-Denken paart sich nicht selten mit Kränkungen, die Ostdeutsche durch den Westen bis heute erleben. Lediglich 13,5 Prozent der Führungskräfte in den Bundesverwaltungen – Ministerien, Kanzleramt, Bundesrat, Bundestag – sind Ostdeutsche. Ostdeutsche Medien wurden von Westdeutschen übernommen, ostdeutsche Wissenschaftsinstitutionen abgewickelt. Bis Ende der 1990er Jahre verloren an ostdeutschen Hochschulen rund 60 Prozent der Mitarbeitenden des wissenschaftlichen Personals ihre Stelle – nicht wenige mit beruflichen Verbindungen zu russischen Wissenschafts- und Kultureinrichtungen. Das empfinden die Betroffenen – vielfach bis heute – als persönliche Kränkung: Ihr Lebenswerk wurde zerstört.

Auch jahrzehntelange Wirtschaftsbeziehungen zwischen ostdeutschen und russischen Unternehmen brachen mit der Wiedervereinigung und D-Mark weg. Die Warnowwerft in Rostock, der Waggonbau im sächsischen Görlitz, das sächsische Unternehmen Foron, das den ersten FCKW-freien Kühlschrank herstellte. Die Betriebe wurden trotz voller Auftragsbücher geschlossen, die Mit­ar­bei­te­r:in­nen entlassen. Schuld daran war in den Augen der Betroffenen der Westen. Der zerstörte vermeintlich rentable Betriebe, die ostdeutsche Wut auf das westdeutsche Establishment war groß.

Und sie hat sich nicht selten bei jenen gehalten, die sich in den vergangenen Jahren eine neue Existenz aufgebaut und verstärkt in Russland investiert haben. Die westlichen Sanktionen gegenüber Russland treffen sie besonders heftig. Das schafft Wut und eine erneute Ablehnung des Westens. Nicht selten paart sich dieses Gefühl des erneuten Abgehängtseins mit einem Irrglauben, der an die ostdeutsche Identität gekoppelt ist: Wir Ostdeutschen kennen die Russen besser als ihr Westdeutschen, wir haben schließlich mit ihnen gelebt, wir haben in der Schule Russisch gelernt. Ihr Protest gegen die Sanktionen, ihr Ruf nach Verhandlungen mit Putin ist für sie eine Art Ventil: Gegen „die da oben“, gegen den Staat, dem „man nicht trauen“ könne.

Die Entfremdung gegenüber dem Staat hat ihre Wurzeln in den Erfahrungen mit staatlichen Organen in der DDR. Verlässt du dich auf den Staat, bist du verlassen – so lautete ein ostdeutsches Diktum. Oder wie Historikerin Satjukow es ausdrückt: „Demokratie erlebten die Ostdeutschen in der Vergangenheit nicht mit staatlichen Institutionen, sondern gegen sie.“ Selbst jene, die weder durch Firmenpleiten und Russland-Sanktionen abgehängt sind noch sonst ökonomische Not leiden, melden sich mit fragwürdigen „Friedensforderungen“.

Sie organisieren sich in den sozialen Netzwerken, Twitter, Instagram, Facebook, und verbreiten dort „Wissen“ aus russischen Staatsmedien wie Ria Nowosti und Russia Today. Häufig leben sie in kleineren Städten und auf dem Land, das mehr und mehr entvölkert wird. Die eigenen Kinder sind weggezogen und wollen auch nicht zurück – obwohl ihnen die Eltern doch ein schönes Haus mit Garten vererben. „Mentales Prekariat“ nennt Satjukow dieses ostdeutsche Gefühl von Verlassensein: eine diffuse Mischung aus alter und neuer Verletztheit, nicht vollständig abgeschlossener Vergangenheitsbewältigung und politischer Naivität.

Wie kommt man mit den Menschen ins Gespräch? Aktuell kaum, meint Satjukow: Das sei „das Schwerste überhaupt“. Aber die Historikerin hat Hoffnung. Die Kinder und Enkelkinder der heutigen „Putin-Freunde“ und „Russland-Versteher“ lösen sich sowohl von den hemmenden Ossi-Stereotypen als auch von den Kränkungstiraden, die ihre Eltern wie ein Mantra singen. „Die jungen Ostdeutschen sind stark, machen vielfach Karriere und stehen zu ihrer Herkunft und Geschichte“, sagt die Historikerin. Sie werden die Republik verändern – in Ost und West.

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41 Kommentare

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  • Also wenn die britischen Soldaten sich mal wieder aus lauter Frust total volllaufen lassen haben und wahlweise die Frauen angegraben oder eine Schlägerei vom Zaun gebrochen haben, war jedenfalls schnell die



    MP da und hat alle eingesammelt.



    Dann war wieder Totentanz.



    Schade dass sie weg sind

  • Es ist immer wieder erstaunlich, wenn man Artikel liest, die mit dem eigenen Erleben nichts zu tun haben. Sowjetische Soldaten haben nicht abends mit Deutschen gesoffen, die kamen gar nicht aus ihren Kasernen heraus. In Jena waren ca. 20.000 Soldaten stationiert, abgeschirmt in einer quasi eigenen Stadt mit eigenen Kino, Sportstadion und Schweineställen zur Selbstversorgung. Im Stadtbild sah man nur die Offiziere nebst ihren Frauen und auch hier gab es kaum persönliche Kontakte. Und viel haben die Sowjetarmee als Besatzer erlebt. Eine meiner frühesten Kindheitserlebnisse war, wie meine Eltern weinend 1968 auf dem Balkon ihrer Wohnung in Bad Elster nahe der tschechischen Grenze standen, während unten die sowjetischen Panzer in eine Kolonne gegen Prag fuhren. Später in Arnstadt, gelegen zwischen den Luftwaffenstützpunkt Nohra und dem großen Übungsgelände bei Ohrdruf war unsere Stadt Übungsgelände für Tiefflüge, erst durch Migs, später durch Kampfhubschrauber. Gern und besonders geplant auch zu Heiligabend über den Kirchendächern zur Gottesdienstzeit... Manchmal taten einem die "Muschpoken" leid, wenn sie ausgehungert in Kleingartenanlagen einbrachen, um etwas Essbares zu suchen oder wieder einer desertiert war im Irrglauben gen Westen durchbrechen zu können und dann in einem Dorf (z.B Rehestädt und Bittstädt) aufgespürt und abgeknallt wurde. Und Ekel vor den Offizieren, die ihre Leute zur Schwarzarbeit vermieteten, gewildertes Wild verramschten wie auch ihren Sprit und alles andere, was man zu Geld machen konnte. Und darüber das Banner der deutsch-sowjetischen Freundschaft, in der sich die Funktionäre sonnten, nebst organisierten Besuchen in der Schule und auswendig gelernten Gedichten und Liedern, "Pust wsegda budet solnze" - "Immer lebe die Sonne"... Verlogenheit hoch drei. Nein die neu entdeckte "Liebe" zu Russland hat nicht mit dem DDR-Erleben zu tun, sondern mit der miefigen und in diesem Sinne mir sehr bekannten ostdeutschen Meckerhaltung.

    • @Hans aus Jena:

      Was meinen Sie, wie kommt es dann a) zu der Ausstattung mit diesen Fahnen und diesen Auffassungen: "Wir sind das Opfer des Kriegs der USA gegen Europa" und b) wie sind so die Kontakte zu Leuten die nicht dasselbe denken.



      Kommt der Aggressor nun von Westen oder von Osten ist ja schon ein Gegensatz?



      Aber sonst, in den kleinen Städten kann man streiten, diskutieren oder sich über einen Workshop in politischer Erwachsenenbildung austauschen?

  • "sächsisches Weimar" sagt eigentlich fast alles über diesen Artikel.



    Es gab de facto kaum Berührungspunkte zwischen der Sowjetarmee und der DDR-Bevölkerung. Der gemeine Soldat bekam nicht einmal soviel Geld in die Hand, daß es für einen Kneipenbesuch gereicht hätte und die Offiziere wohnten in abgetrennten Bereichen, wo man als Normalsterblicher auch nicht unbedingt hinkam und die verzichteten auch einen Kneipenbesuch, die blieben lieber unter sich. Das ging soweit, daß es für Offiziere mit Jagdschein Sonderjagdgebiete gab, wo der normalsterbliche DDR--Jäger keinen Zugang hatte. Liebesbeziehungen zwischen Militärangehörigen und DDR-Bevölkerung waren nicht gewünscht und wurden bei Kenntnis unterbunden, meist durch Versetzung in den fernen Osten der damaligen Sowjetunion.



    Da auch das Fass mit der Treuhand im Artikel aufgemacht wurde, ja, die Treuhand war ein Instrument der Konkurrenzbereinigung, da gab es wohl von der "Anstalt" eine interessante Folge dazu.



    Und ja, der akademische Mittelbau an den Hochschulen wurde weggehackt (weil zu teuer), damit wurde aber nicht vorrangig das Lebenswerk einzelner zerstört, sondern die Qualität der akademischen Lehre massiv gesenkt, da zum Beispiel Seminargruppen auf ein vielfaches an Teilnehmern aufgebläht wurden.



    Zur Presse hat Volker Pispers schon genug gesagt.



    Im Übrigen, ich verlasse mich schon als Ostdeutscher auf den Staat, nämlich dergestalt, daß meine Interessen gern und mit Bedacht zugunsten diverser Lobbys beiseite geschoben werden und ich nichts zu erwarten habe.

    • @Wurstfinger Joe:

      Je länger die sowjetischen (nicht: russischen!) Soldaten weg sind, desto mehr wird ihre Stationierung in der ddr von einigen ostdeutschen verklärt.

      Als ob alle Ossis fließend Russisch sprachen, Tolstoi im Original lasen und die Wochenenden mit ihren engen Freunden Iwan und Oksana beim Borschtschkochen auf der Datsche verbrachten.

      Die Wirklichkeit war völlig anders. Die Bezeichnung „Freunde“ wurde damals von nahezu allen auch gedanklich in Anführungszeichen gesetzt. Weil sie natürlich mangels privater Kontakte überhaupt nicht zutraf.

      • @Suryo:

        "Je länger die sowjetischen (nicht: russischen!) Soldaten weg sind, desto mehr wird ihre Stationierung in der ddr von einigen ostdeutschen verklärt."



        Nein, zumindest in meinem Umfeld ist das nicht zu beobachten und war es auch nie. Der Grundtenor ist eher vorwiegend eine unterdrückte Aggression gegen das sowjetische Militär gewesen, die sich teilweise bis heute fortsetzt. Mir persönlich taten die Muschiks eher leid, da ich aufgrund von Bekannten einen kleinen Einblick in das Kasernenleben der Soldaten bekam.

        • @Wurstfinger Joe:

          Ich schreibe ja auch: einige. Viele von denen marschierten gestern. Die haben ein völlig verklärtes Bild von Russland. Für die meisten von denen sind Waffenlieferungen nicht etwa schlecht, weil sie „den Krieg“ verlängern, sondern weil sie „unschuldige“ russische Angreifer töten. Bezeichnenderweise forderte keiner den Iran auf, seine Waffenlieferungen an Russland einzustellen.

      • @Suryo:

        "Je länger die sowjetischen (nicht: russischen!) Soldaten weg sind, desto mehr wird ihre Stationierung in der ddr von einigen ostdeutschen verklärt."

        Sehe ich nicht so. Die meisten werden sich doch eher an die Zustände, die @Hans aus Jena beschreibt, erinnern. Ich habe zum Beispiel als Kind Straßensperren (bei Gera) erlebt, weil wieder Soldaten desertiert waren. Überlebt hat es keiner.

        Ansonsten: Zustimmung

  • „ als Nachbarn, die mehr oder weniger Kontakte pflegten. Die Ostdeutschen und „die Russen“ haben sich verbrüdert, haben einander geheiratet, Kinder gezeugt, miteinander gestritten. “

    Das stimmt einfach nicht! Es gab kaum Ehen und auch so gut wie keine privaten Freundschaften, es sei denn vielleicht zwischen Leuten vom schlage Putins und seines MfS-Kontaktes.

    • @Suryo:

      die Gleichsetzung von Russen und Sowjetarmee ist fragwürdig. Ukrainer z.B. haben zu allen Zeiten großen Einfluss in der Sowjetunion gehabt, Breschnew, Chruschtschow, Podgorny u.v.a.m. haben die Geschicke der Union, schon zu Stalins ( auch kein Russe) Zeiten maßgeblich bestimmt.

    • @Suryo:

      Das ist auch eine der Thesen, die mir ins Auge sprangen. Nach allem was mir aus der Literatur bekannt ist, ist es genau wie sie sagen.

      Und ich bin mit meinen fast 40 Jahren nie jemandem über den Weg gelaufen, der aus einer offiziellen Verbindung eines russischen Soldaten oder Apparatschik mit einer deutschen Frau entstanden ist.

    • @Suryo:

      Sie haben recht. Das stimmt einfach nicht!



      Vielmehr ist in Ostdeutschland das Bewusstsein stärker, dass eine erneute Teilung Europas zu vermeiden ist.

      Sogar in Dörfern der DDR, die neben einer Kaserne lagen, wurden Kontakte der Soldaten strikt vermieden. Nur mit Offizieren gab es gelegentlich "Freundschaftsabende", die sehr formal ausgerichtet waren. Russisch in der Schule war eine ungeliebte Pflicht, aber einen Schüleraustausch oder Klassenreisen nach Russland gab es nicht. - Dies sind nur zwei Beispiele. Mein Resümee: Fraternisierung mit dem früheren Kriegsgegner der Nazi-Diktatur war der sowjetischen Armee nicht gestattet.

  • WAr letzten Sommer in Meißen. Wollte Kaffee trinken, vielleicht ein Shirt oder Sommerkleidchen kaufen... habe beides gelassen. Überall traf ich auf Jammern, die Stadt sei so leer, die Touristen blieben aus, alles weil die Amis den Krieg ja wollten und deshalb alles so teuer sei. Ich bin dann ohne Konsum weiter gefahren, ich will nicht angejammert werden, wenn ich ein paar freie Tage habe und gut gelaunt irgendwo rein komme. Mag sein, dass das an vielen Stellen die Situation nicht besser macht und das Jammern dann noch verstärkt, das Suchen nach Gründen und Schuldigen?

    • @Maria Burger:

      Sie wollen lieber selber jammern.

  • "Die Ostdeutschen und „die Russen“ haben sich verbrüdert, haben einander geheiratet, Kinder gezeugt, miteinander gestritten."

    Tut mir leid, kenne ich überhaupt nicht so.

    Vor allem das Heiraten und Kinderzeugen nicht.

    Wer von den Soldaten eine deutsche Freundin hatte, war sehr schnell weg.

    „Man hat am Abend in den Kneipen miteinander und gegeneinander gesoffen“



    Ich kenne es so, dass bei einem betrunkenen Soldaten in einer Kneipe die sowjetische Militärpolizei kam.

    Und fein waren die nicht.

    "Meine schärfste Waffe ist das Wort." war nicht direkt ihre Strategie.

    • @rero:

      Russische Soldaten durften die Lager sowieso kaum verlassen. Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung war nicht gewünscht.



      Wir haben in Dresden wirklich nur die Militärpolizei erlebt wenn sie mit Hunden mal wieder einen ihrer Deserteure gejagdt haben. Die Zustände in der sowjetischen Armee waren ja schon damals untragbar.

  • Das ist ähnlich den Westdeutschen. Nur das diese das transatlantische Bündnis und den Feind Russland indoktriniert bekamen.

    • @Christian Ziems:

      Immerhin gabs im Westen eine veritable Friedensbewegung, welche sich offen gegen amerikanische Waffen richtete.

      Der amerikanische Kapitalismus und die Nato wurden vielfach offen kritisiert und diskutiert.

      Die Amerikaner selbst haben uns Europäer unlängst aufgefordert, selbst mehr für unsere Sicherheit zu tun.

      Viele ehemalige Sovietrepublicken und Warschauer Pakt - Staate entscheiden sich, vor eine freie Wahl gestellt, lieber für "den Westen", als für Russland.

      Die amerikanische Kultur und Politik sind nicht frei von Makeln, aber "der Westen" ist doch um einiges freier, als die Gesellschaft Russlands.

    • @Christian Ziems:

      Wüsste ich jetzt nicht, hätte ich mitbekommen.

      • @Waage69:

        Ist auch schwer zu merken, wenn man darin aufwächst. Das hält man dann für normal.



        Jedes Land hat seine Agenda/Propaganda, machen wir uns nichts vor.

      • @Waage69:

        "Die 5. Kolonne Moskaus", "Alle Wege des Sozialismus führen nach Moskau" war typtisch für die 50er (damals auch gegen die SPD genutzt). Und da konnte man noch gleich an die rassistischen Ideen des "3. Reichs" anknüpfen und so durch Antikommunismus und Antirussismus gesellschaftlichen Kitt erzeugen.

        • @Kartöfellchen:

          auch @Katrina

          Es ist aber doch trotzdem bemerkenswert, dass ich trotz der von Ihnen behaupteten Indoktrination im Westen in meinen 20ern wie sehr Viele sehr US-kritisch war, den Wehrdienst aus, damals nachvollziehbaren Gründen verweigert hatte und stattdessen Pfleger war und niemals die CDU gewählt habe.



          Ok, einmal habe ich bei Ruprecht Polenz statt Wolf-Michael Catenhusen mein Kreuzchen gemacht. Das bereue ich auch nicht.

          Egal, wir hatten damals schon so unseren eigenen Kopf und artikulierten dies ungestraft ohne Nachteile für unser berufliches Leben befürchten zu müssen.

          Bei der Wiedervereinigung hab ich nicht Juchu geschrien und stand in der Lafontilinie - was mir heute allerdings tatsächlich leid tut.



          Aus Sicht der bürgerlichen Freiheit war die schnelle Einheit eine ganz tolle Sache und da wäre es gut gewesen, wenn viele westdeutsche Linke nicht zum Freuen in den Keller gegangen wären.

          Aber Birne erregte einfach Widerspruch und es ist ja auch vor allem wirtschaftspolitisch unheimlich viel falsch gelaufen, was dann auch durch Ignoranz und Ideologie geschuldet war. Das da in den neuen Ländern noch heute, die Folgen sind ja noch da, viel lamentiert wird, kann ich gut nachvollziehen.

          Ich habe zudem bis zum 24.02.2022 sehr konsequent, etwa auf der Linie von @Warum denkt keiner nach für Verständnis und Ausgleich gegenüber Russland argumentiert, obwohl das damals durch die Annexion der Krim schon recht umständlich war.

          Die positive Bedeutung der NATO-Osterweiterung für die Osteuropäischen Staaten ist mir erst nach dem 2. Überfall (noch nicht 2014) richtig bewusst geworden.

          Um es am Ende kurz zu machen: Eine umfassende Indoktrination, die mich dann auch gleichgeschaltet hätte: da kann ich definitiv nicht mitgehen, dass es sowas gegeben hätte.

        • @Kartöfellchen:

          Das waren Wahlkampfslogans einer bestimmten Partei. Den Unterschied zwischen Partei und Staat kennen Sie? Im Westen gab es den.

          • @PPaul:

            So war es, und das hat auch Jeder/Jede mit etwas Köpfchen geblickt.

  • Nun also noch ein weiterer Artikel, in dem die Ostdeutschen dem Rest des Landes als irgendwie komische Wesen erklärt werden.

    Wie bei vielen anderen Artikeln auch bleibt am Ende der Lektüre der Eindruck als Ostdeutscher irgendwie pathologisch zu sein.

    Wofür sind Darstellungen dieser Art hilfreich? Nähren sie doch vor allem bestehende Ressentiments und Verletzungen, denn sie senden die Botschaft: Ostdeutsche, vor allem die über 50, sind diktaturgeprägt und können daher gar keine ernstzunehmenden Positionen vertreten.

    Ich biete eine andere Sichtweise an. Wann kommt der Artikel, der sich damit befasst, was Ostdeutsche mit ihrer speziellen Erfahrung in die aktuelle Debatte einringen können?

    Ich persönlich erlebe die Diskussionen in meinem Umfeld nämlich anders als im Artikel dargestellt. Kaum jemand ist ein expliziter Putin- oder Russlandfreund.



    Ostdeutsche haben aber zwei politische Systeme erlebt und nach der Euphorie des MAuerfalls auch herbe Erfahrungen machen müssen. Sie sind daher skeptisch gegenüber allzu einfachen politischen Statements. Sie fallen nicht so einfach in die Kriegsrhetorik und die anti-russische Polemik, die in den Medien leider oft zu finden ist - zu meinem Erschrecken selbst in der TAZ.

    Den größten Kritikpunkt, den ich höre und selbst habe, ist die Selbstgerechtigkeit des Westens den Begriffen der Demokratie und Gerechtigkeit gegenüber.



    Wer über andere richtet, muss sich auch der eigenen Schuld und Fehler bewusst sein.

    Dann kann eine gute Friedenslösung für beide Seiten gefunden werden - wenn Erhlichkeit herrscht.



    Daher rufe ich dazu auf: hört dem Osten zu und nehmt die Stimmen wohlwollend ernst!

    • @TTT:

      Ich bin mir sicher, die überfallenen Ukrainer haben Verständnis, dass wir ihnen keine Waffen liefern können, während russische Soldaten in den Vororten Kiews Zivilisten von Fahrrädern schießen, massakrieren und vergewaltigen.

      Sie wissen ja, wie komplex die Sache ist, wie fies die antirussische Polemik und dass wir für ein Überdenken unseres Fundamentalpazifismus nach dem stressigen Systemwechsel und all den Enttäuschungen mit den Kehrseiten der Freiheit einfach mehr Zeit brauchen, also eher Jahrzehnte als Jahre.

      Besser und weniger egoistisch wäre es doch für die Ukrainer, den Mördern und Verbrechern mehr entgegenzukommen und das eigene Leben nicht so wichtig zu nehmen. Wenn die Ukraine dann wegen unserer Besonnenheit und unserem Friedenswillen vollständig zerstört und alle Menschen dort getötet oder versklavt sind, kann es endlich zu einem ehrlichen und für beide Seiten (Putinrussland und deutsche Friedensbewegung) akzeptablen Frieden kommen. Shalom.

    • @TTT:

      Vielen Dank. Kann ich nur zustimmen.

      DAS "Ostdeutsche" muss ja für so einiges herhalten. Küchenpsychologie vom feinsten.

      Berührungspunkte zwischen Russen/ Sowjetbürgern und Ostdeutschen gab es wenige. Es gab große Kasernen der Roten Armee und das war eine abgeschlossene Welt. Und russische Soldaten hat man auch nicht einfach in der Kneipe getroffen. Wenn es zu Treffen kam, dann war das nicht privater Art und offiziell organisiert.

      "Ich persönlich erlebe die Diskussionen in meinem Umfeld nämlich anders als im Artikel dargestellt. Kaum jemand ist ein expliziter Putin- oder Russlandfreund."

      Geht mir genauso. Wieso sollte man auch für Putin sein. Aber für den Versuch von Verhandlungen, immer wieder, für diplomatisches Handwerk, gegen militärische Eskalation und noch mehr Tote und gegen russophobe Hetze (alles Orks!) sind wir allemal.

    • @TTT:

      Sehr guter Kommentar.



      Kann nur zustimmen!



      Ich, als Wessi , habe die Menschen im Osten schätzen gelernt.



      Sie haben einen viel klareren Blick auf die Dinge.

      • @Frau Flieder:

        Sie meinen, Sie finden dort die Zustimmung, die Sie im Westen nicht finden.

        Wenn ich mir allein die Impfquoten in Sachsen und die damit korrespondierende Todesrate ansehe, ist mir nicht ganz klar, was dort klarer gesehen wird. Auch die Erfolge der AfD sind meiner Ansicht nach kein Ausdruck von klarer Sicht.

    • @TTT:

      "Dann kann eine gute Friedenslösung für beide Seiten gefunden werden (...)"

      Nach einer Lösung muss gar nicht lange gesucht werden: Russland bricht seinen verbrecherischen Angriffskrieg gegen sein Nachbarland ab und zieht sich zurück.

      • @Waage69:

        Bitte dann einen Vorschlag wie der Krieg zu Ende gehen soll. Viele schreien "Russland muss raus aus der Ukraine!"



        OK. Wie soll man das anstellen? Russland will nicht raus. Sonst würde Russland den Krieg nicht anfangen. Aus welchen Gründen auch immer.



        Russland ist eine Atommacht. Was ist Ihr Vorschlag? Ich höre auch den Lanz, die Maischberger und wen auch immer:"Russland hat den Krieg angefangen und Russland muss raus aus der Ukraine"!



        Ich Frage wie man das anstellen kann? Waffen an die Ukraine liefern bis es keinen, überspitzt gesagt, Ukrainer mehr gibt. Und was dann? Russland angreifen? Das geht auch nicht, weil keiner im Wertewesten für die Ukraine sterben will. Russland ist nun Mal da. Im Donbass und auf der Krim leben meistens Russen. Man muss in den sauren Apfel beißen und Verhandlungen aufnehmen wie man das beenden kann. Ja, auch mit Gebietsabtretungen. Unsere Werte Anna-Lena sagt:"Russland kann sofort den Krieg beenden. Muss aber abziehen!" Genauso wie Sie es sagen. Ich Frage nochmals:" wie soll man das anstellen? Bitte konstruktive Vorschläge

        • @Petar Veliki:

          Seltsam. In über 20 Jahren westlicher Afghanistaneinsatz hat niemals irgendwer davor gewarnt, dass daran drei Atommächte beteiligt waren. Auch in Vietnam rechnete komischerweise niemand mit einem Atomwaffeneinsatz der USA und forderte die Vietcong zum verhandeln auf. Es scheint immer nur Russland zu sein, dass einerseits irrational genug sein soll, einen atomaren Weltkrieg auszulösen, andererseits aber irgendwie rational genug zum verhandeln. Das passt doch alles hinten und vorne nicht.

      • @Waage69:

        Nichts für ungut, aber es bringt doch nichts, immer zu wiederholen, was allen klar ist, aber eben nicht die Lösung, sondern das Problem ist (der Nichtabzug nämlich).

        Das wäre dasselbe, wenn ich immer wieder sage: Klimawandel? Nach einer Lösung mussnicht lang gesucht werden: Alle Staaten hören sofort auf CO2 auszustoßen. Problem gelöst. Aja...

  • "Schuld daran war in den Augen der Betroffenen der Westen."

    Gibts eine schöne Folge der Anstalt zu dem Thema, inklusive Fakten-Recherche.

    Und wenn die Ost-Deutschen doch zu doof sind die Welt zu verstehen und nur Putin nachquatschen. Müsste das dann nicht auch für die Westdeutschen und Biden gelten?

  • 1.„Über dem Eingangsportal des Nationaltheaters im sächsischen Weimar . . .“



    Korrektur: Weimar liegt nicht in Sachsen, sondern in Thüringen!



    2.„Laut Umfragen wünscht sich die Hälfte der Menschen zwischen Stralsund und Sonneberg engere Beziehungen zu Russland, 44 Prozent würden die Sanktionen gegen Russland reduzieren oder ganz abschaffen. Und vier von zehn Ostdeutschen sehen im Präsidenten Wladimir Putin keinen Diktator“



    Ich kann mir das nur so erklären, dass die Umfragen im Umfeld der erwähnten „Friedensdemos“ durchgeführt wurden. Sicher könnte man bei Umfragen an der heutigen Groß-Demo am Brandenburger Tor ähnliche Ergebnisse verbuchen. Oder in Gegenden, in denen überdurchschnittlich viele „ganz Linke“ oder „ganz Rechte“ zu Gange sind.



    Wenn man sich mit den Betreffenden länger unterhält, erfährt man oft, dass es sich bei den zitierten Meinungen keineswegs um tiefe innere Überzeugungen handelt. Sondern, wie auch im Beitrag erwähnt, um „eine diffuse Mischung aus alter und neuer Verletztheit, nicht vollständig abgeschlossener Vergangenheitsbewältigung und politischer Naivität“. Wohl auch um eine unterschwellige Opposition gegen alles, was vom Staat kommt.

    • @Pfanni:

      Und Putin ist nunmal auf en ersten Blick kein typischer Diktator, denn er wurde einst gewählt udn lässt weiterhin wählen.

      Wir müssen uns nciht darüber unterhalten, was er so mit der Opposition veranstaltet usw., aber auf dem Papier ist es nicht ganz so klar wie bei zum Beispiel einem Kim in Nordkorea. Und deswegen sollte man auch mal Sprachanalyse betreiben und denen die sagten er sei kein Diktator nicht unterstellen, sie würdne ihn udn sien Handeln gut finden.

  • Die Enttäuschungen und Demütigungen erklären vieles, aber nicht alles. Schaut man nach Polen oder ins Baltikum, so nutzen die Menschen dort ihre Sprachkenntnisse, Russlanderfahrungen und wirtschaftlichen Kontakte, indem sie sich und der Ukraine helfen. Die ostdeutschen Putinversteher dagegen stempeln Ukrainer als Nazis ab (bestenfalls als dumme Verschwörungsopfer des westlichen Imperialismus) und suhlen sich in ihrer Opfermentalität. Und dazu kommt noch diese verdammte gesamtdeutsche Rechthaberei und Kompromisslosigkeit. Und bei den Unternehmen ist zusätzlich die Lernunfähigkeit kein ostdeutsches Phänomen, da wiederholt man jetzt die alten Fehler im Umgang mit China, siehe aktuell BASF.

  • 13,5% der Führungskräfte sind Ostdeutsche bei 14,9% der Bevölkerung. Sprich: es scheint keine Diskriminierung zu geben, die Abweichung verschwindet im Statistikrauschen fast völlig.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Aber im Westen war alles zum Besten:



    „Auch die Schilder ‚Out of bounds‘, die Briten den Zugang zu Kneipen und Bars verwehrten, sind längst aus dem Celler Stadtbild verschwunden.“



    www.haz.de/der-nor...YBL7AOBXOJ2EQ.html



    (Wenn die Britten bei uns auf dem Dorfe im Biwak darbten, durften sie natürlich abends in die Kneipen. Und wir haben mit ihnen gesoffen.)

  • Kleiner Hinweis an die Ressortleiterin: Weimar liegt in Thüringen, gleichwohl es einst das Land Sachsen-Weimar gab.