Umfrage zu Männlichkeit und Gewalt: Unseriöse Botschaft
Viele Männer neigen zur Gewalt gegen Frauen – das legt eine aufsehenerregende Umfrage nahe. Nur: Sie ist methodisch höchst fragwürdig.
![Männerbeine und Frauenbeine Männerbeine und Frauenbeine](https://taz.de/picture/6328712/14/Studie-Gewalt-gegen-Frauen-1.jpeg)
Z um Wochenende ging eine schockierende Nachricht durch die Medien: Ein Drittel der jungen Männer in Deutschland werden Frauen gegenüber handgreiflich, „um ihnen Respekt einzuflößen“. Und 52 Prozent finden, dass der Haushalt Frauensache sei. Diese Zahlen entstammen einer aktuellen Umfrage der Organisation „Plan International“.
Das Problem daran ist nur: Die Umfrage ist nicht gut gemacht. Zum einen ist die Methode nicht transparent. Es ist beispielsweise nicht klar, wie genau die Fragestellungen formuliert waren. Darum lässt sich auch nicht prüfen, ob die Fragen missverständlich waren. Vor allem aber ist unklar, warum die Umfrage repräsentativ sein soll, wie Plan International behauptet. Es wurde nämlich nicht genügend sichergestellt, dass die Ergebnisse tatsächlich einem Querschnitt aller jungen Männer in Deutschland entsprechen. Wer bei einer Veranstaltung der AfD Fragen stellt, erhält andere Antworten als bei einem Punkkonzert.
Die Befragung wurde vom Marktforschungsinstitut „Moweb Research“ online durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden hier nicht per Zufall ausgewählt, sondern per Online-Werbung und Zeitungsanzeigen erreicht. Das kann zu erheblichen Verzerrungen führen: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein bestimmter Typ Mensch angesprochen wird. Beispielsweise könnten sich eher Leute mit Mitteilungsdrang beteiligen, oder solche, die auf bestimmten Internetseiten aktiv sind, auf denen die Anzeigen geschaltet werden. Auch ist unklar, ob Beteiligte ihre Freunde zum Mitmachen überreden, weil sie dafür bezahlt werden.
Es ist allerdings gar nicht unwahrscheinlich, dass viele junge Männer ein toxisches Bild von Männlichkeit haben. Schließlich stammen wir aus einer patriarchalen Gesellschaft, die beispielsweise sexuelle Gewalt gegen Ehefrauen bis 1997 rechtlich geschützt hat. Gerade darum sollte diese Art von Daten präzise erhoben werden. Sonst begünstigt man das Prinzip Bauchgefühl. Außerdem besteht die Gefahr, dass besser gemachten Studien zum Thema das Vertrauen abgegraben wird.
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