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Sprache und AktivismusEine Sprache finden

Diskussionen zu Antirassismus oder postkolonialer Geschichte finden oft auf Englisch statt. Für viele Interessierte ist das eine Hürde.

Demonstration „Nein zu Rassismus“ in Berlin Foto: Christian Spicker/imago

M ein Englisch ist schon okay. Trotzdem nervt es mich, wenn Diskussionsrunden zu Antirassismus, Migration, postkolonialer Theorie oder Schwarzen Bewegungen in Frankfurt, Köln oder Berlin nur in englischer Sprache und ohne Übersetzung für Beteiligte und Publikum angeboten werden. Für viele, die sich für diese Themen interessieren, ist das eine Hürde. Englischkenntnisse sind oft eine Frage von Alter, Klasse, Ost oder West und des „richtigen“ Migrationshintergrunds.

Über ein Privileg wird in Schwarzen und PoC-Communities nämlich nicht gesprochen: Das Privileg des richtigen Colo­nizers. ­Eltern zu haben, die aus dem englischen Sprachraum migriert sind, macht vieles leichter. Ich weiß nicht, ob einige prominente Ak­ti­vis­t*in­nen und Wis­sen­schaft­le­r*in­nen of Color wirklich denken, dass sie mehr Menschen mitnehmen, wenn sie auf Englisch vortragen und pub­lizieren oder ob es vielmehr darum geht, die eigene Arbeit besser international vermarkten zu können. Unangenehm wird es, wenn auf einer Bleiberechts-Demo alle Redebeiträge ins Englische übersetzt werden, die beteiligten Geflüchtetenorganisationen aber hauptsächlich auf Französisch und Arabisch kommunizieren. Das hatte vorher niemand erfragt.

Realität und Kämpfe in Worte fassen

Ich bin ein Fan von Anglizismen und anderem Sprachgemisch. Sprachreinheit ist nicht mein Point. Doch um herauszufinden, wo uns die Worte fehlen, müssen wir miteinander sprechen und Leerstellen aufzeigen, anstatt sie schnell und vor allem ohne gemeinsame Definition mit Wörtern aus anderen Kontexten zu füllen. Sichtbarkeit schaffen und eine Sprache finden. Das sind wesentliche Bestandteile der Empowerment-Arbeit und der Selbstorganisation in marginalisierten Communities.

Für Leute wie mich gab es im Deutschen über Jahrhunderte nur rassistische Bezeichnungen. Mitte der 1980er Jahre organisierten sich Schwarze Menschen in Deutschland und prägten Begriffe wie afrodeutsch oder Schwarze Deutsche. Wörter in der eigenen Sprache finden, die die eigene Positionierung und Lebensrealität wiedergeben, das ist wichtig – um Erfahrungen benennen, Missstände beschreiben und solidarische Gemeinschaften bilden zu können. Der Begriff „PoC“ zum Beispiel hilft als Sammelbezeichnung für Menschen, die von Rassismus betroffen sind. So ganz lässt er sich aber nicht aus dem US-amerikanischen Kontext in den deutschsprachigen Raum übertragen. Solange der Lückenbüßer funktioniert, werden wir nicht die Energie aufbringen, eine passendere Bezeichnung zu kreieren.

Wir müssen unsere Realität und unsere Kämpfe in Worte fassen. Damit die Begriffe und Selbstbezeichnungen, die wir wählen, praktischen Einfluss auf den Alltag haben, müssen wir in der Sprache diskutieren, in der unser Zusammenleben gestaltet wird. In der Sprache, mit der Politik und Verwaltung arbeiten.

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Simone Dede Ayivi
Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.
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61 Kommentare

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  • Hi an alle,

    vielen Dank noch einmal an die Autorin für den anregenden Artikel.

    Es gibt noch ein gutes englischsprachiges Gedicht zum Thema "Color", auf dass man im Internet stoßen kann. Wer es auch noch nicht gelesen hat, kann hier mal hineinschauen: www.afrika-junior....ter-kontinent.html

  • Wie wäre es mit Esperanto als weltweiter erster ",Fremdsprache"? Das ist eine künstliche Sprache. Sie hat ein Alphabet als Grundlage und das metrische Dezimalsystem. Beides hat sich in der Praxis durchgesetzt. Es gibt nur eine Menschheit auf dieser einen Erde. Nationalismus ist lebensgefährlicher Blödsinn auf einem sinkenden Schiff. Zusammen die Lecks stopfen ist doch die einzige Chance.

    • @Matt Gekachelt:

      Es hat sich doch bereits eine Lingua Franca global durchgesetzt: Englisch. Wozu also eine kopfkonstruierte künstliche Sprache neu installieren?

      Darüber hinaus haben Sprachen mit Nationalismus auch nichts zu tun. Sprachen sind Kulturgüter und damit per se erhaltenswert - nicht mehr, nicht weniger und absolut unpolitisch.

      • @Tom Tailor:

        "Es hat sich doch bereits eine Lingua Franca global durchgesetzt: Englisch."



        Englisch als Lingua FRANCA.



        Kannste dir nich ausdenken.



        Wie wär's mit Latein? Das ist schon wesentlich länger die Sprache der bekannten Welt.

        • @Encantado:

          Länger aber eben tot.

          Die Anzahl der gegenwärtigen Sprecher sollte ebenfalls eine Rolle spielen, mit welcher Sprache es sich global am besten kommunizieren lässt.

    • @Matt Gekachelt:

      Esperanto ist in Sprache gegossener weißer Suprematismus/Eurozentrismus da es nur aus europäischen Sprachen kontruiert ist.

      Jede Kunstsprache, die den Anspruch hat diskriminierungsfrei zu sein, muss eigentlich die Bevölkerungsverhältnisse der Welt abbilden. Also heute zu ca. 2/3 aus asiatischen Sprachen aufgebaut sein.

      "Sie hat ein Alphabet als Grundlage und das metrische Dezimalsystem." Warum sollte das gut und richtig sein? Viele Schriften kennen kein Alphabet - Chinesische Sprachen z.B. - , sind die deshalb weniger wert?

      • @Chris McZott:

        "Jede Kunstsprache, die den Anspruch hat diskriminierungsfrei zu sein, muss eigentlich die Bevölkerungsverhältnisse der Welt abbilden. Also heute zu ca. 2/3 aus asiatischen Sprachen aufgebaut sein."



        Und morgen?



        Und übermorgen?



        Wenn bei der Erstellung einer Kunstsprache auf sich ändernde Grundlagen und Befindlichkeiten geachtet werden muss, ist sie auf Dauer zum Scheitern verurteilt.



        Demzufolge gibt es eine einzige Sprache, die als Grundlage berücksichtigt werden darf: keine.



        Eine mögliche Quotierung von existierenden Sprachen in eine neue überfrachtet die neue. Das ist von vornherein eine tote Kopfgeburt.

      • @Chris McZott:

        Nehmen wir doch Indonesisch. Eine asiatische Sprache mit Lehnwörtern aus dem Sanskrit, Arabischen, Portugiesischen, Spanischen, Niederländischen und Englischen, mit lateinischer Schrift und relativ simpler Aussprache, dazu noch vergleichsweise keiner Grammatik. Auf jeden Fall einfacher als Esperanto. Und dazu noch mit eindeutig antikolonialer Geschichte!

      • @Chris McZott:

        Das Alphabet ist keine europäische Erfindung, das kommt aus dem Nahen Osten, also Asien.

        • @Winnetaz:

          Das habe ich auch nicht behauptet.

      • @Chris McZott:

        Eins muss man zugeben: ein Alphabet ist einer Abugida und erst recht einem Schriftsystem wie dem chinesischen wirklich objektiv überlegen.

        Die meisten Japaner können z.B. den größten Teil der tausenden Kanji nicht lesen. Da sind 26 Buchstaben, mit denen sich nahezu alle Wörter schreiben lassen, tatsächlich besser.

        Noch dazu, wenn ihre Aussprache eindeutig und regelmäßig ist - was speziell auf die Weltsprache Englisch ja nun ironischerweise überhaupt nicht zutrifft.

  • "Ich bin ein Fan von Anglizismen und anderem Sprachgemisch. Sprachreinheit ist nicht mein Point."



    Das ist genau das Problem, weswegen banale sinnvolle Forderungen gesellschaftlich keine Wirkung entfalten:



    Sie gehen unter solchen Attitüden unter - wie hier die unterschwellig zu erahnende Andeutung, man sei als Antirassist natürlich gegen Sprachreinheit und verwende Anglizismen bewusst als Symbol für Vielfalt....



    Ich fände besser, Klartext zu reden, statt hinter jedem Wort noch was mitzumeinen.

    • @Achim Kniefel:

      Zumal ich die Verwendung nur einer Sprache und Unterordnung aller nationaler/regionaler Perspektiven unter den Dogmen aus der anglophonen Welt nicht als "Vielfalt" identifizieren kann.

  • Wäre es nur die Sprache, wäre das ja noch halbwegs erträglich. Es ist aber die damit einhergehende kulturelle Hegemonie, die den eigentlichen Widerspruch darstellt.

    Mich stört schon lange die us-amerikanische Leitkultur in den anti-rassistischen Diskussionen. Die führt regelmäßig zu absurden Selbstwidersprüchen - z.B. dass Türken Schwarze seien, obwohl sie selber Nachfolger eines sklavenhaltenden Kolonialreiches sind, das größer, mächtiger und bedeutender als jeder jemals existente deutsche Staat war! Oder dass die Nazis keine Rassisten waren, da ihr Krieg sich nicht gegen Schwarze richtete und überhaupt Juden und Slawen als "Weiße" garnicht rassistisch diskriminiert werden können.

    Theoretisch-dogmatisch ist man gegen die Dominanz einer Perspektive (Ethno- bzw. konkret Eurozentrismus) und ist für einen multiperpektivischen und multiethnischen sprachlichen Ansatz. Selber fordert man dann aber dann aber einen (Afro)Amerikazentrismus in jeder Hinsicht ein. Z.B. ärgert man sich sehr darüber dass rassenspezifische Statistiken und Erhebungen in Deutschland verpönt sind - die Deutschen hätten sich gefälligst dem in den USA gesetzten Standards zu beugen...

    Eine absolute moralische wie interlektuelle Zumutung.

    Erzählen Sie mal einem schwarzen Aktivisten aus Übersee, dass die am meisten diskriminierte Minderheit in Europa die Roma sind...

    • @Chris McZott:

      Gerade, wenn ich Sie das schreiben lese, kommt mir das Problem einfach nur so daher, dass sich - einmal mehr - die linke Identitäsdenke in ihren antipluralistischen und mit Schubladen übersäten Schwanz beißt: Es ist doch völlig egal, in welcher Sprache ich versuche, anhand von Äußerlichkeiten oder Nationalitäten definierte Gruppen über so einen GANZ groben Kamm zu scheren. Denn wann immer ich das tue, werde ich der Vielfalt der Geschichte oder der Regungen innerhalb der jeweiligen Gruppe nicht gerecht.

      • @Normalo:

        Das ist richtig...unabhängig von der Zuordnung des Kommentars ;)

        Das scheint mir auch nicht ohne weiteres lösbar zu sein. Aber es wäre schon mal ein erster wichtiger Schritt diesen Widenspruch zu erkennen und zu benennen.

      • @Normalo:

        sorry, @CHRIS MCZOTT, 22.5., 13:42

  • 8G
    80410 (Profil gelöscht)

    "Sprachreinheit ist nicht so mein Point" aber sich dann wundern, warum andere den völlig sinnfrei anglizierten "point" nicht "getten". Man will dann halt doch noch genug Exklusivität in der eigenen Sprache, um nicht als konservativer Spießer dazustehen, weil man von allen verstanden wird.



    Selfcare statt Awareness, Sprache als Selbstreferenz statt als Kommunikationsmittel für möglichst viele. Das ist doch der eigentliche "point", und den will man dann lieber doch nicht "judgen". Genau mein Humor.

  • Vieles aus diesen Bewegungen wurde 1:1 aus den USA importiert, obwohl in Deutschland die Zustände und Probleme anders gelagert sind. Das spricht sehr für intellektuelle Schwäche und Faulheit.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Den Diskurs nur in einer Sprache zu abzuhalten ist per-se exklusiv, nicht inklusiv. Dass die Diskussion dann noch komplett in englischer Sprache geführt wird, ist ein noch viel größeres Problem, denn diese Sprache hat die gesamte Angelsächsische Kultur, Geschichte und Philosophie als Rucksack. Die Deutung von PoC und die komplett andere Haltung zu geschlechtersensibler Sprache wurden im Forum schon als schöne Beispiele genannt, das Resultat ist ein anglozentrisches Weltbild.

    • @04405 (Profil gelöscht):

      Englisch ist eine der Sprachen mit dem größten Wortschatz, eine Sprache mit einem fast unendlichen Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten. Und ja, diese Sprache reflektiert auch die englische Kultur und Geschichte. Ich halte dies allerdings für einen Vorzug, nicht für einen Nachteil.

    • @04405 (Profil gelöscht):

      Ich fass das mal zusammen: Damit nur ja nicht in einer politisch zu stark vorbelasteten Sprache kommuniziert wird, möge man lieber umschwenken auf irgendwas, was zwar man selbst, aber sonst vergleichsweise kaum Jemand spricht oder versteht - richtig? Hoch mit der Sprachbarriere, denn ihre Überwindung kompromittiert die Sache!! Und das nennt sich dann "INklusiv".

      Man kann politische Korrektheit auch bis zur Absurdität treiben. Englisch ist - zumindest AUCH - "lingua franca", weil es vergleichsweise leicht zu erlernen ist (wäre das anders, hätte sich Spanisch durchgesetzt gehabt, lange bevor Englisch dominant werden konnte). Das ist ein REALER Vorteil, wenn man international kommunizieren will. Wer den wegwerfen möchte, schneidet sich ins eigene Fleisch.

      Aber versuchen wir es konstruktiv: Wasa soll die neue Völkerverständigungssprache werden? Wie wäre es mit Finnisch oder Ungarisch? Kann Keiner, versteht Keiner, sind aber beide garantiert auch noch nicht von irgendwelchen Eroberern Anderen aufgezwungen (sonst WÜRDE nämlich jemand außerhalb der betreffendne Länder etwas damit anfangen können).

      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich.

      Die Moderation

      • @Normalo:

        Liebe Moderation, ich finde die Frage, ob es nicht drängendere Probleme im globalen Kampf gegen Rassismus gibt als den offensichtlich sinnlosen Kampf um einen Ersatz der real existierenden Weltsprache in global relevanten Kontexten durch was auch immer Anderes, ganz und gar nicht unsachlich. (Und den Aufseufzer am Schluss verzeihe man mir bitte...)

      • @Normalo:

        Dass die Kommunikation irgendwie zustande kommen muss stimmt sicher.



        Aber ihre Aussage zur Durchsetzung aufgrund der Einfachheit ist lange und an vielen Beispielen widerlegt.

        Sprachliche Verbreitung folgt ZUERST Politik bzw. politischer Macht (Softpower -> Ansehen -> kultureller Einfluss). Damit ist übigens die USA gemeint, nicht GB.

        Spanisch IST objektiv einfacher als Englisch - da kann es garkeine zwei Meinungen geben. Die Englische Phonetik ist so konfus, dass es in anglophonen Länder anspruchsvolle Buchstabierwettbewerbe für Kinder gibt. Auf Deutsch oder anderen Sprachen, wo Schrift und Sprache ziemlich konform sind, ergibt das garkeinen Sinn. Oder denken Sie an die irregulären Verben oder die vielen Zeitformen. Das gibt es woanders leichter.

        Wenn es wirklich nach Einfachheit ginge, wäre Afrikans oder Indonesisch die Handelssprache der Welt. Afrikans kennt, bei noch simplerer Grammatik als im Englischen, fast gar keine Flexion von Wörtern.

        Aber darauf kommt es nicht an. Latein und Französisch sind nicht einfach und trotzdem waren sie vor Englisch die Hof- und Verkehrssprachen Europas...auch in England. Bei uns im Osten stand bis 1990 Russisch ganz selbstverständlich hoch im Kurs (trotz Grammatik mit sechs Fällen).

        Eben weil es die Sprachen der Macht waren.

        • @Chris McZott:

          Ich will da jetzt nicht in die Hitliste einsteigen, welches die leichteste Sprache ist. Mir fiel Englisch bis zum Niveau "kann mich verständigen" leichter als romanische Sprachen, obwohl ich Latein als erste Fremdsprache hatte, aber das mag Neigungssache sein. Und natürlich wäre Englisch nie so wichtig geworden, wenn es nicht das British Empire gegeben hätte. Auch da beißt die Maus keinen Faden ab.

          Nur was hilft's? Am Ende steht doch, gerade WENN man politische Dominanz als Voraussetzung für die globale Durchsetzung einer Sprache anerkennt, die Frage, ob es ein sinnvolles Projekt ist, sich jetzt über Alternativen zu Englisch den Kopf zu zerbrechen. Wer soll denn für antirassistische Sprachoptimierungsbewegung die Welt erobern??

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Sie haben gleich drei, vier Stufen der Diskussion übersprungen und sind bei der Frage angelangt, ob zur besseren Völkerverständigung nicht eine Linua France weltweit verbreitet werden sollte. Eigentlich haben Sie diese Frage schon mit "ja, es sollte Englisch sein" beantwortet. Die diversen Probleme, die das mit sich bringt, wollen Sie gar nicht erst addressieren, weswegen naheliegt, dass Sie das anglozentrische Weltbild schon internalisiert haben.

        Die Frage z.B ob es nicht den Diskurs erweitert und bereichert, wenn man die Diskussion auch in anderen Kulturkreisen führt, kommt Ihnen gar nicht erst. Ich würde Sie dazu ermutigen, Kommentare zu lesen und zu verstehen, bevor Sie darauf antworten, denn zu keiner der Fragen, die Sie aufwerfen, habe ich auch nur ansatzweise Stellung bezogen.

        • @04405 (Profil gelöscht):

          Ich hab es schon gelesen, halte es aber für Zeitverschwendung, in diesen Diskurs einzusteigen. Das war mein Punkt. Denn an einer Stelle haben Sie offenbar MEINEN Beitrag missverstanden. Ich sagte nicht, dass Englisch lingua franca sein SOLLTE, sondern dass es das IST. Und solange niemand halbwegs praktikable Vorschläge hat, wie eine vergleichsweise Handvoll von besorgten Antirassisten das ändern soll, ist die geschliffene Analyse, ob und was an Englisch Anstoß gibt, eine intellektuelle Trockenübung, kein politischer Beitrag. Sie können auch darüber diskutieren, ob es nicht aus egalitaristischer Sicht sinnvoller wäre, wenn die Sonne abwechselnd im Osten und im Westen aufginge.

      • @Normalo:

        Ich behaupte mal Spanisch ist einfacher erlernbar als Englisch (oder Französisch, aus dem Englisch 40% seines Vokabulars, dank den Normannen übernommen hat). Wussten Sie, dass Englisch und Französisch weltweit die Sprachen mit den meisten Legastenikern sind? Nicht ohne Grund. Das liegt an der doch relativ großen Differenz zwischen Orthographie und Aussprache. Die spanische Grammatik u Orthographie gehört dagegen zu den weltweit einfachsten. Dass das Englische so dominant werden konnte hatte zuerst militärische zu dem sich später politische u wirtschaftliche Gründe gesellten, trotzdem wurde uns hier in Kontinentaleuropa die Sprache nicht aufgezwungen noch sind wir Kolonialisierte. Aber: Wer ist unser stärkster Verbündeter militärisch und lange auch wirtschaftlich? Diese Lage hat unsere Politik in einer jahrzehntelangen Ausweitung des Englischunterrichts über das Bildungssystem pragmatisch nachvollzogen, so dass es inzwischen ein ganz passables Niveau erreicht hat - in breiten Bevölkerungsschichten. Französisch dürfte das auch zu seinen Hochzeiten nie erreicht haben. Um davon wieder runterkommen oder gar auf eine andere Sprache unzuschwenken, bräuchte es dann wieder jahrzehntelangen Aufbau. Also einen erheblichen Aufwand. Spanisch wäre sprachtechnisch aber definitiv einfacher gewesen. Und wird als Muttersprache auch häufiger gesprochen als Englisch.

        • @ingrid werner:

          Und Spanisch (das mir trotz Latein schwerer fällt als Englisch, aber das nur am Rande) wäre NICHT auch eine Eroberersprache??

          Es ist eine sinnlose Diskussion. Alle sind sich einig, dass Weltsprache nur mit politischer Übermacht durchzusetzen ist. Wo soll die herkommen?

          • @Normalo:

            Ich weiß das ist jetzt theoretisch aber die ideale Welt ist nicht, dass alle Menschen Englisch sprechen, denn dann haben die Muttersprachler eine Dominanzposition. Deren Diskurse und kulturelle Perspektiven überdecken dann alles. Und genau das ist auch die offene Flanke der anti-rassistischen Diskurse - theoretisch multiperspektivisches Denken einfordern, praktisch aber sprachlich und kulturell gleichschalten (wollen).

            Am besten wäre ein Situation wie bei Star Trek mit dem Universaltranslator (ich weiß die Tech-Firmen sind da auf dem Weg) weil dort jeder seine Sprache sprechen könnte und trotzdem von jedem verstanden wird.

            Alternativ eine neutrale Sprache schaffen - also nicht Esperanto (purer Eurozentrismus).

            • @Chris McZott:

              "Ich weiß das ist jetzt theoretisch..."

              Genau. "Ideale Welt" ist nur so lange ein potenziell lohnendes Modell, bis man feststellt, dass zur Erreichung dieses Ideals bereits auf fundamentaler Ebene (hier: Notwendigkeit eines global potenten Mufti, per dessen ordre sich eine Weltsprache nach gesellschaftspolitisch-linguistischem gusto - und nicht etwa seinem eigenen - durchsetzen ließe) die realen Voraussetzungen fehlen.

              Da ist der Vorschlag mit dem Universaltranslator/ Babelfish schon realistischer. Und bis dahin spricht "man" halt englisch, weil es vorher absehbar nicht auch nur ansatzweise gelingen KANN, eine andere lingua franca ähnlich universal zu etablieren.

  • Was soll's denn sein? Arabisch? Farsi? Suaheli? Alleine in Afrika gibt es über 2000 eigenständige Sprachen, rund 50 davon größere Sprachen, die von mehr als 1 Million Menschen gesprochen werden. Versuchen Sie doch einmal, als Veranstalter einer Konferenz allen Teilnehmern sprachlich gerecht zu werden. Englisch ist nun einmal die Sprache, die auf der Erde am verbreitetsten ist. Ansonsten wurden in obigem Artikel verschiedene Probleme angesprochen, aber kein einziger Vorschlag zu deren Lösung gemacht. Also, was solls sein?

    • @Stefan Schaaf:

      Auf dem afrikanischen Kontinent ist französisch ist nicht weniger verbreitet als englisch. Und um POC geht es ja nun. Man kann die Leute nicht einfach ausgrenzen. Auch das frankophone Afrika steuert viel zu dem Themen bei und ihre Stimmen haben genauso Bedeutung. Straßenenglisch reicht nicht aus um dem Thema zu folgen und die frankophonen sind hier erstmal mit dem erlernen der deutschen Sprache beschäftigt.

      • @Andreas J:

        Und Französisch wäre dann also NICHT die Sprache der früheren Unterdrücker, die voller hergebracher Rassismen ist??

        • @Normalo:

          Und Arabisch wäre aus afrikanischer Sicht ebenso eine Sprache der früheren Unterdrücker. Von den Kulturen und Sprachen der indigenen Völkern Nordafrikas ist nach der Eroberung durch die Araber kaum etwas übrig geblieben.

          Im Grunde gilt es für jede halbwegs weit verbreitete Sprache: der heutige Sprachraum wurde durch Kriege und Eroberungen definiert.

        • @Normalo:

          Voll am Thema vorbei. Die Kolumne gelesen?

      • @Andreas J:

        Gut, dann hätten wir Englisch und Französisch. Das wäre ja noch überschaubar. Sind Sie sicher, dass wir mit diesen zwei Sprachen auf der sicheren Seite sind, was ganz Afrika anbelangt? Zumindest nach Deutschland kommen allerdings auch viele Migranten aus dem arabischen Raum. Aber auch aus Pakistan, Indien und Afghanistan. Da wird es schnell unübersichtlich, wenn man nur die verbreitetsten Sprachen nimmt. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sehe durchaus das Sprachenproblem, und das Problem mit der dazugehörigen Teilhabe. Ich glaube allerdings immer noch, die schnellste und pragmatischste Herangehensweise wäre es, wenn jeder sich, so gut es geht, zumindest grundlegende Kenntnisse des Englischen aneignet.

  • "Sprachreinheit ist nicht mein Point."

    Meiner auch nicht.

    Es steht aber auch zu befürchten, dass viele den Slang auch dann nicht verstehen würden, wenn er in ihrer Muttersprache dargebracht würde.

    Wie stand es neulich am Eingang eines besetzten Hörsaales:

    "Zu lesen ist vom Eingang aus auch, dass Menschen, die das „linke Vokabular“ nicht beherrschen, willkommen sind."

    taz.de/Klimaaktivi...zung+h%C3%B6rsaal/

  • "Das Privileg des richtigen Colonizers." ist ein wichtiger Aspekt. Fast noch wichtiger, ist wie die ehemaligen Kolonien heute zum Colonizer stehen. Paradoxerweise haben heute die Bürger der Länder die meisten Privilegien, die auf Unabhängigkeit verzichtet haben. Bürger von französisch-Guayana oder La Reunion bspw sind heute größtenteils dankbar, dass sie ganz einfach den französischen Pass haben wie jeder andere Franzose auch - während die meisten Algerier dieses Privileg nicht mehr haben.

    Paradox auch deshalb, weil einerseits Algerien lange und blutig um Unabhängigkeit gekämpft hat, aber viele Algerier (ebenso wie Tunesier) heute am liebsten Franzosen wären.

    • @Winnetaz:

      Darf ich aus Ihren Ausführungen schließen, dass die Kolonialreiche wieder hergestellt werden sollten?

      Oder ist es nicht eher so, dass die Tatsache, dass ein französischer Pass mehr wert ist, als ein algerischer, in der Zeit wurzelt, als Frankreich eine Großmacht war?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nein danke, bitte keine Kolonialreiche mehr. Ich finde nur den Wandel der Wahrnehmung bemerkenswert. Vor 60 Jahren war Frankreich für alle Algerier der Todfeind. Heute ist es die Traumdestination, wo man als Algerier am liebsten wohnen würde. So ändern sich die Zeiten.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Der französische Pass erlaubt jeder ehemaligen Kolonie sich frei in der EU zu bewegen, auch von den EU Rechten profitiert man, genauso wie den Fördergeldern.

        Es ist ganz simpel, die nicht unabhängigen Kolonien sind tatsächlich Teil der EU (zwar repräsentiert durch den Colonizer) und kann dann sämtliche Rechte und Pflichten eines EU Mitglieds wahrnehmen.

        Das wurzelt nicht in der Zeit als Frankreich eine Großmacht war, sondern in der Gründung der EU, deren Mitglied sie dann gewesen wären.

        • @Walterismus:

          Europa ist aber unter anderem so attraktiv, weil es Jahrhunderte lang andere Kontinente ausgeplündert hat und auch heute noch massiv von den Ungleichheiten profitiert.

          Oder glauben Sie ernsthaft, unser Lebensstandard ist nur deshalb so hoch, weil wir so großartig sind?

    • @Winnetaz:

      Vergleichen sie mal den Lebensstandart von Franzosen mit dem der Nordafrikaner oder versuchen sie mal mit einem Nordafrikanischen Pass zu reisen. Die Franzosen sind sehr unbeliebt in ihren ehemaligen Kolonien aber einen französischen Pass hätten viele gern weil er ihnen wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnet. Die würden auch jeden beliebigen Europäischen Pass nehmen. Da ist rein gar nichts Paradox dran. Es geht um die Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse und nicht um den Stolz ein Franzose zu sein.

  • Fun fact: im englischen ist gendergerechte Sprache nicht nur fast unmöglich, bestimmte Aspekte werden sogar gerade als ungerecht abgelehnt. Zum Beispiel ist das Wort Actress mittlerweile verpönt. Schauspielerinnen sind Actors - alles andere, so die Logik im englischen Sprachraum, vertiefe nur die Geschlechterdichotomie und sexualisiere die Sprache.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      ich würde das im Gegenteil die korrekte Form von Gendergerechter Sprache nennen, denn jegliche Diskriminierung wird dadurch beendet. Die skandinavischen Sprachen sind schon vor langer Zeit diesen Weg gegangen, im Niederländischen hat sich diese Grammatik schon fast durchgesetzt. Aus irgendwelchen merkwürdigen Gründen ist die Haltung in Deutschland, man sollte doch die Diskriminierung zementieren indem man jedem Sprecher sein eigenes Gender zuschreibt, ganz gleich ob das im alltäglichen Sprachgebrauch eine Rolle spielen sollte.

      Warum soll ich betonen, dass ein Bäcker* auch eine Frau, Transperson oder noch was anderes sein kann? Ein Bäcker ist ein Person, die Brot herstellt.

      • @04405 (Profil gelöscht):

        Das sehe ich tendenziell auch so.

        Ein anderes Beispiel: warum ist es wichtig, dass man bei der stellvertretenden Präsidentin des Landtages von Schleswig-Holstein auf ihr Geschlecht hinweist, aber optional (oder sogar rassistisch!), auch auf ihre Hautfarbe hinzuweisen, obwohl sie derentwegen wahrscheinlich häufiger Diskrimierung erfahren hat als aufgrund ihres Geschlechtes?

    • 8G
      80410 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      Da soll noch einer hinterherkommen ...

      • @80410 (Profil gelöscht):

        Eben. Da wird aus Amerika immer gerne das übernommen, was gerade passt, um in der Debatte die Oberhand zu behalten. Wenn zufällig mal eine amerikanische Argumentation aber genau das Gegenteil ergibt, wird das ignoriert. Ich habe noch nie eine überzeugende Entgegnung darauf gehört, dass Gendern Geschlechterdichotomie eher verstärkt als abschafft.

        Und da haben wir noch gar nicht davon angefangen, dass Gender ja gar nicht das einzige Diskriminierungsmerkmal ist - aber das einzige, dass offenbar unter allen Umständen sprachlich kenntlich gemacht werden muss. Warum eigentlich nicht auch Hautfarbe oder sexuelle Identität?

  • Passt schon. Wir haben Konzepte und Ideologie der US Akademia, mit der dazugehörenden Sprache importiert und arbeiten uns daran ab.



    Es macht sich einfach besser in den Medien und entsprechend engagierten Kreisen.

    Die wesentlich größeren Gruppen von alten Menschen, Behinderten und Armen, die Diskriminierung erfahren und nicht an der Gesellschaft teilhaben, sind einfach nicht cool.

  • "Das sind wesentliche Bestandteile der Empowerment-Arbeit und der Selbstorganisation in marginalisierten Communities" ... Endlich mal ein autochthoner, kreativer Sprachgebrauch. Und noch gar nicht bedacht, die Rede von der 'Sichtbarkeit' zutiefst eurozentrisch. Au weia. So schlimm kanns kommen mit der cultural appropriation.

  • "Das sind wesentliche Bestandteile der Empowerment-Arbeit und der Selbstorganisation in marginalisierten Communities" ... Endlich mal ein autochthoner, kreativer Sprachgebrauch. Und noch gar nicht bedacht, die Rede von der 'Sichtbarkeit' zutiefst eurozentrisch. Au weia. So schlimm kanns kommen mit der cultural appropriation.

  • Passt doch, die Argumentationen werden ja oft auch eins zu eins aus Amerika übernommen, auch wenn das zu teils absurden Situationen führt.

  • Hallo,

    ich finde den Artikel super.

    Es wiederstrebt mir, seit ich mich mit dem Thema etwas beschäftige, ein weinig, dass man im innerdeutschen Kontext für die Bezeichnung der Betroffenen das "Fremdwort" PoC oder BiPoC benutzt, was soweit ich weiß im Englischen mit vielen Theorien verbunden ist, die aus dem englischsprachigen Raum stammen und in unsere Gesellschaft vermutlich nie breit debattiert wurden. Wenn dann ist es echt an mir vorbeigegangen. Also sind es (auch) für mich Wörter die sich meiner Ansicht nach nicht ohne weiteres in das deutsche Bild (also nicht in mein inneres Bild von Deutschland, seiner Kultur und Geschichte) einfügen.

    Also habe ich eine erste Idee gebrainstormt, die ich beisteuern kann:

    HaKaS betroffene Menschen oder Hakas-Diskriminierungs-Betroffene

    Als Abkürzung von Hautfarben-Kategorisierungs-basierter Struktureller Diskriminierung betroffene Menschen, die nach den Maßstäben eines in unserer heutigen Zeite leider durchaus noch nicht unüblichen Gedankenguts eine Abwertung erfahren bzw. erfahren haben oder gefährdet sind sie zu erfahren.

    Rassismus würde ich herauslassen aus einem deutschen Begriff der BIPoC oder PoC, übersetzen soll, weil im Deutschen da inzwischen eine unklare Begriffslage vorherscht. Einige Zeit wurde der Begriff für Rassismus gegen Juden(m/w/d) benutzt, und von denen sind und waren ja einige weiß_hellhäutig bzw. wurden und werden so gelesen.

    Viele Grüße



    Sophie E.

    P.S.: FYI: Ich bin auch weiß_hellhäutig bzw. wurde und werden so gelesen.

    P.P.S.: Zur Info: Eine Übersetzung von YOLO ins Deutsche die gut funktioniert ist NELD --- Nur einmal lebst du :-)

    P.P.S: Ich hoffe, dass aus den Zuschriften der beste Begriff ausgewählt wird u. ich ihn dann irgendwann zum Beispiel bei meinem Hobby die Gruppen auf www.sekis-berlin.de/ durchzulesen entdecke u. dass es später irgendwann auch Suchmaschinen-Treffer zu Begegnungsstätten für HaKaS-Betroffene u- -Nicht-Betroffene gibt u./o. mehr Vereinsvernetzung of all Colors

  • Ich würde hier ja noch ein bisschen weitergehen: Die Sprache in der Antidiskriminierungsbewegung wirkt ingesamt oft extrem abgehoben, selbst wenn sie nur deutsche Begriffe bzw. lateinische Lehnwörter verwendet. Sie wirkt oft wie eine Fachsprache, die für ein oft sehr exklusives und – im Hinblick auf Bildung und Alter – auch privilegiertes Publikum zielt.

    Gleichzeitig hat diese Sprache oft das Problem, dass sie zwar sehr präzise wirken will, aber alles anderes als Präzise ist und dadurch gerne Probleme überdeckt oder verzerrt. Ein Beispiel lieft die Autorin selbst mit dem Satz:

    "Der Begriff „PoC“ zum Beispiel hilft als Sammelbezeichnung für Menschen, die von Rassismus betroffen sind."

    Dieser Satz ist z.B. schlichtweg nicht richtig. Wir erleben in Deutschland auch einen massiven Rassismus gegenüber Menschen osteuropäischer Herkunft, die aber niemand in der allgemeinen Bevölkerung als People of Color verstehen würde.

    Gerade hier wird oft sichtbar, dass die Sprache in antirassistischen Gruppen sehr stark die Verhältnisse in den USA widerspiegelt, jedoch regionale Probleme oft völlig verkennt. In meinen Augen zum Teil auch, weil es in Deutschland paradoxerweise leichter ist, sich gegen Diskriminierung afrodeutscher Menschen zu bekennen, als gegen die Diskriminierung, Ausbeutung und Ausgrenzung, die wir gerne gegenüber Osteuropäern betreiben. Platt gesagt: Eine schwarze junge Frau macht sich gut auf den Werbeplakaten – aber Vladimir soll bitte schön nach Bulgarien verschwinden, nachdem er für uns ohne Sozialversicherung Spargelstechen war.

    Dabei will ich nicht sagen, dass ich die eine Art von Rassismus weniger schlimm finde, als die andere. Ich will damit sagen, dass diese komplizierte Fachsprache der Antirassimusbewegung durch die unreflektierte Übernahme von Begriffen wiederum Rassismus und Diskriminierung reproduziert, ohne es zu wollen. Also kann man auch einfach versuchen in einfacherer Sprache zu reden…

    • @Sebomark:

      Je mehr eine Person eines Volkes durch Kolonialismus oder Rassismus unterdrückt wird oder wurde, desto mehr kann man die Person eines Volkes als PoC verstehen. Bei PoC geht es um Awareness. Der weiße Alman hat das Leben einer Person aus einem unterdrückten Volk anzuerkennen.

      "Black Life Matters" nur in allgemein. Hier ging es auch um Awareness, dass Blacks ebenfalls ein Anrecht auf Existenz haben.

    • @Sebomark:

      Noch dazu ist es ja mittlerweile so, dass sich schon Menschen mit zB türkischem migrationshintergrund als PoC bezeichnen. Nun würden die ja zB in Andalusien oder Sizilien nicht im geringsten aus der Masse herausstechen, wären also vor Ort definitiv keine PoC. Gleichzeitig würde aber niemand auf die Idee kommen, Spanier oder Italiener in Deutschland als PoC zu bezeichnen. Mal davon abgesehen, dass speziell Italiener in Westdeutschland noch lange diskriminiert wurden, also jahrzehntelang doch „PoC“ waren, wenn man obiger Definition folgt.

      Sie haben also völlig recht, die Sprache sorgt oft für mehr Verwirrung, als für Klärung bzw Präzision.

      • @Suryo:

        Vor allem würde ich eben auch sagen, dass die Geschichte der Schwarzen in den USA wiederum eine andere ist, als die türkischer Migranten in Deutschland. Ja, beide werden diskriminiert und haben Rassismuserfahrungen. Aber die Ausgangslage ist völlig unterschiedlich – die einen sind Opfer des klassischen Kolonialismus. Die anderen nicht.

        Natürlich ist der eine Rassismus nicht weniger schlimm als der andere: Aber unterschiedliche und präzisere Begriffe würden glaube ich sehr helfen, dabei differenzierter an die Probleme heranzugehen und passendere Lösungen zu entwickeln.

        Die Gastarbeitergeneration hat natürlich ein Recht hier zu leben und als integralen Bestandteil der deutschen Gesellschaft betrachtet zu werden. Man muss aber auch der Boomer-Generation zugestehen, dass sie sich an diese Veränderung gewöhnen müssen.

        Anders ist es bei Juden oder Menschen aus den ehemaligen europäischen Kolonien oder auch den Menschen aus Süd- und Osteuropa: Dort haben wir z.B. Schäden wieder gut zu machen. Während wir z.B. gegenüber Zuwanderern aus Türkei eine andere Verantwortung haben (z.B. indem wir ihren Beitrag für diese Gesellschaft anerkennen). Und es bei aktuellen Geflüchteten wiederum um eine andere Verantwortung geht (z.B. Klimaschäden, die wir in deren Heimat verursacht haben oder den Gas-Handel mit Russland, von dem wir profitiert haben).

  • Eine Ankommende aus dem Tschad hat neulich zu mir gesagt, sie sei nicht wie wir, sondern ein Mensch von Farbe. Hatte sie sich mit rudimentären Englischkenntnissen erlernt. Das ist schon pure Überforderung. Danke für den Artikel.

    • @Zuversicht:

      Ist mir sympathisch :)

      Allerdings muss ich klugscheißen: "People of Colour" sollte selbstbestimmter als das bis dahin offiziell genutzte "Coloured" sein, denn dies steht im Passiv - auf Deutsch könnte (!) man es daher auch mit "Gefärbte/Bemalte" übersetzen.

      Nur ist das deutsche Wort "Farbige" eben keine Passivkonstruktion und wäre daher eigentlich viel näher als "PoC".

      Ehrlich gesagt finde ich die künstliche Gegenübersetzung aus Weiß und Farbig/PoC schon ziemlich daneben weil aus weißer Sicht entstanden.