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Proteste gegen Hype-Kaffee„LAP will das Red Bull des Kaffeesektors werden“

Die Kampagne „LapCoffeeScheiße“ wehrt sich gegen die Invasion der Hype-Läden. Warum es nicht um den Preis geht, erklärt ein Aktivist im Interview.

Geht superschnell? Auch nicht immer. Schlange bei einer LAP-Filliale Foto: IMAGO/Sabine Gudath
Timm Kühn

Interview von

Timm Kühn

taz: Herr Schneider, Sie sind bei der Kampagne „LapCoffeeScheiße“ aktiv, die sich gegen eine neue Hype-Kette richtet, die mit To-go-Angeboten zu niedrigen Preisen wirbt. Wissen Sie denn, ob der Kaffee bei LAP wirklich so schlecht ist?

Mario Schneider (Name fiktiv): Nee, wirklich keine Ahnung. Unsere Kritik an LAP ist auch nicht, dass der Kaffee scheiße schmeckt.

taz: Am vergangenen Wochenende wurden alle LAP-Filialen mit Farbe beschmiert. Eine Aktion Ihrer Gruppe?

Schneider: Wir empfinden es als äußerst spekulativ, mit welcher Selbstverständlichkeit die Farbgeschichte nun in den Medien unserer Kampagne zugeschrieben wird. Meines Wissens gibt es da keine nachgewiesene Verbindung.

taz: LAP-Gründer Ralph Hage hat sich nach der Farbaktion dialogbereit gezeigt, gleichwohl ermittelt die Polizei wegen Sachbeschädigung. Ihre Gruppe hat in einem Offenen Brief mit einer Reihe von Forderungen reagiert: Unter anderem soll Hage 80 Prozent seines Vermögens an Gewerkschaften spenden und alle Läden schließen, in denen sich die Kiez­be­woh­ne­r:in­nen dagegen aussprechen.

Schneider: Ja. Hage hat ja vorher bei Red Bull und Delivery Hero gearbeitet. Beide Unternehmen sind für ihr Union Busting bekannt. Deshalb finden wir es nur fair, dass Hage mit seinem Geld die Kämpfe von Beschäftigten unterstützt. Und was das Schließen der Läden angeht: Es ist Teil der Image-Kampagne von LAP, angeblich nur dorthin zu gehen, wo die Läden auch gewollt sind. Wir nehmen Hage also nur beim Wort.

taz: Sie erwarten nicht wirklich, dass Hage darauf eingeht?

Schneider: Wir haben auf das Gesprächsangebot geantwortet. Wir stehen bereit, aber haben halt Vorbedingungen. Ehrlich gesagt, wir glauben, Hage geht ein bisschen der Arsch auf Grundeis. Er hat ja schon mal das Liefer-Start-up Yababa gegen die Wand gefahren. Er wirkt extrem nervös. LAP ist investorengetrieben, und Investoren wollen Rendite. LAP wird ja von so sympathischen Investoren wie HV Capital finanziert, die ihr Geld auch in Kriegsdrohnen stecken. Denen ist ein Ralph Hage egal, nur die Rendite zählt. Die sind schnell wieder weg, wenn es nicht so gut läuft. Da kann Kritik natürlich sehr gefährlich sein.

Im Interview: 

Mario Schneider ist Aktivist bei der Kampagne „LapCoffeeScheisse“. Er will für dieses Interview anonym bleiben.

taz: Hage hat in der B. Z. auch geraunt, Ihre Kampagne stamme aus der Kaffeeszene. Stimmt das?

Schneider: Die Aussage ist wirklich äußerst dubios. Wir halten das für einen Versuch, die Kritik, die es an LAP gibt, in eine Kritik der Preisgestaltung umzuwandeln. Auch der Spiegel schreibt ja etwa von einem „Kampf um den Billigkaffee“. LAP stellt sich so dar, als würden sie wegen ihrer günstigen Preise angegriffen. Aber die Kaffeepreise sind nicht das eigentliche Thema. Uns geht es um die politische Bedeutung von LAP.

taz: Die wäre?

Schneider: Hage hat kürzlich ein längliches Interview gegeben, was sich auf Youtube finden lässt. Darin sagt er recht deutlich, was die Vision ist. LAP will das Red Bull des Kaffeesektors werden. In den nächsten Jahren sollen 100 Läden aufgemacht werden. Aber das soll nur der Anfang sein. Über den Hype, den sie selbst versuchen zu inszenieren, wollen sie ins Onlinegeschäft einsteigen. Das Motto lautet: „Monetarize from existing costumers“ – also der „Community“, die sie um die Marke bilden wollen, noch andere Sachen zu verkaufen.

taz: Ist das nicht einfach stinknormaler Kapitalismus? Was unterscheidet denn LAP von anderen Kaffeeketten, wie etwa Starbucks?

Schneider: LAP geht viel aggressiver in die Kieze rein und mietet Flächen, die sich andere Leute nicht mehr leisten können. Dadurch setzt LAP ganz andere Standards für Gewerbemieten. Die Folge ist, dass die Schneiderei oder die Kita von nebenan verdrängt werden. Starbucks findet man an Bahnhöfen oder in Touri-Hotspots wie der Friedrichstraße. Aber LAP will eben diesen Hype schüren. Das ist natürlich auch fiktiv, wie kürzlich das Funk-Format Trasherchiert aufgedeckt hat: Die stellen eigene In­flu­en­ce­r:in­nen ein, um einen Hype zu inszenieren. Dafür braucht es eben einen fancy Laden in der Kastanienallee.

taz: In der B. Z. wird Ihre Kampagne nun als gewalttätiger linker Mob geframt, der Leute mit Ideen aus der Stadt vertreibt.

Schneider: (lacht) Ja, stimmt. Als eine dieser Geschäftsideen, die Leute wie wir aus Berlin vertrieben haben sollen, werden da etwa Car-Lofts genannt: Dass heute also nicht viel mehr Leute ihren Porsche per Fahrstuhl auf ihrem Balkon parken können. Wir glauben ja, Luxuswohnungen mit Autoaufzügen sind nicht das Wichtigste für Berlin. Viel wichtiger sind bezahlbare Mieten, die Bekämpfung von Armut, die Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen. Wir wollen eine solidarische Stadt, in der es fair für alle zugeht – von den Beschäftigten in den Kaffeehäusern bis zu den Pro­du­zen­t:in­nen in Mittel- und Südamerika, von denen die meisten dem Kapitalismus und Geschäftsmodellen wie von Hage kritisch gegenüberstehen.

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20 Kommentare

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  • Überheblich. Dummdreist.



    Danke für dieses erhellende Interview.



    Die Hipster-Kaffeläden in der Kastanienallee, die 8 Euro für ihren Latte nehmen und die sich nur Gutverdiener leisten können sind anscheinend okay, aber der Steh-Kaffeläden, der einen Kaffee anbietet dem sich auch die Kindergärtnerin leisten kann und der nich mal n Drittel der Fläche eines normalen Cafés einnimmt, der zerschießt die Mieten und nimmt Kitas den Wohnraum...



    Alles klar.



    So sieht sie also aus, die "solidarische Stadt, in der es fair für alle zugeht" - fair für alle die ins Weltbild von Herr Schneider passen...



    Astrein die gleiche Scheiße wie sie der AfD vorschwebt - eine erlaubte Meinung, null Toleranz.



    Ganz großes Kino, Applaus.

  • Die Sportevents von Red Bull sind allesamt ziemlich cool, nur das Getränk schmeckt - im Gegensatz zum Kaffee nicht. Wenn LAP so ein Image schafft ist das wohm Win-Win.

  • "In der B. Z. wird Ihre Kampagne wird Ihre Kampagne nun als gewalttätiger linker Mob geframt, der Leute mit Ideen aus der Stadt vertreibt"

    Ja passt doch. Auf welchem Niveau will man denn wahrgenommen werden, mit diesem Kampagnen Namen? Außerdem gibt es da "Meines Wissens keine nachgewiesene Verbindung".

    Jeder fischt dort, wo er sich den besten Fang erhofft. Nicht nur die BZ.

  • "LapCoffee scheiße": Ist das Comedy, oder ist das echt?

    Zumindest scheinen die Aktivisten publikumsscheu zu sein. Insgesamt habe ich ich den Eindruck, dass diese Vereinigung händeringend etwas kritisieren möchte und merkwürdige Forderungen stellt: was und wer dahinter steckt, wird nicht ersichtlich. Klingt dubios.

    "Meines Wissens gibt es da keine nachgewiesene Verbindung." Ein Dementi, dass diese Anschläge von der eigenen Gruppe aus verübt worden ist, sieht anders auch. Ich frage mich auch, warum man nicht einfach sagt, dass Gewalt nicht befürwortet wird.

    Bin gespannt, wie der Kaffee im LapCoffee schmeckt. ;-)

  • Meine Güte die Aussagen sind ja noch dümmer als ich sie erwartet habe. Allein der Satz:

    LAP will das Red Bull des Kaffeesektors werden

    ist Blödsinn. Red Bull war ein sauteures Getränk, dass mit Marketing bekannt wurde. Hier wird auf einfach und günstig gesetzt.

    Diese Selbstgerechtigkeit wirkt schon ungewollt komisch.

  • Manche Supermärkte haben bereits ihre Kaffee-Automaten rausgeworfen. Das hinterlässt mancherorts womöglich eine Marktlücke für Vollautomatenkaffeebuden, andernorts haben andere Unternehmer längst Buden mit preisgünstigem guten Kaffee etabliert. Wenn das Ziel von LAP 100 Buden sind, ist das realistisch, viel mehr aber auch nicht.

    Übrigens ein Tipp für Supermärkte, die noch immer gerne ihre Automaten betreiben: Wenn, dann bitte auch ein paar Sitzbänke mit Tischen oder Becherhaltern spendieren. Supermärkte sind heutzutage in der Tat ein bißchen auch soziale Treffpunkte. Wo die Leute sich treffen kann man per Kaffeeautomat und den entsprechenden Sitzgruppen wunderbar steuern. Das Bild am Eingang halt irgendwie rumlungernder Personen kann so womöglich mindestens teilweise entschärft werden.

  • Finde ich etwas merkwürdig, dass man sich gerade diese Kette rauspickt. Es gibt hunderte Ketten die irgendwas verkaufen. Alleine auf dem Bild im Artikel sehe ich "Nordsee" und "Apollo" (Was immer das ist).

    Warum ist kaffee to-go ein Problem aber Fischbrötchen nicht?

    • @Generator:

      Und gleich danben Denns Biomarkt. Die Kette "stand 2013 wiederholt in der Kritik wegen außertariflicher Bezahlung. Dennree lehnt einen Flächentarifvertrag ab und bezahlt unterschiedliche Löhne je nach Standort" (Wikigedöns)

      Man könnte es vielleicht schaffen, das niemand mehr dprt einen Laden führen will. Dann wäre endlich Platz für zwölfundreißig Barber-Shops und Kioske.

    • @Generator:

      Wie kann man nicht wissen was Apollo ist xD

  • Meine Güte, diesen Spießern ist ja kein Argument zu dumm, um zu verschleiern, daß sie einfach Angst vor Veränderungen haben und wollen, daß in ihrem persönlichen Umfeld alles so bleibt, wie es immer schon war.



    Dabei sind die meisten davon keine Einheimischen, sondern zugezogene, die selbst für Veränderungen verantwortlich sind.

    Trinkt euren Kaffee daheim in eurem Spießer-Wohnzimmer, aber laßt doch bitte den Rest der Welt in Ruhe.

  • ist das nicht einfach stinknormaler kapitalismus? - ist natürlich die allerbeste frage. ja eben, kombiniert mit stinknormaler gentrificationn mit stinknormalem influencer-marketing.



    leider konnen nur die sich dagegen aufregen, denen es selbst einfach zu schlecht geht. sobald diese leute ein bisschen mehr geld in der tasche und etwas weniger schimmel in der wohnung, ebbt die allgemeine kapitalismuskritik ab und der ganze zirkus kann weiter gehen.

    • @the real günni:

      Können sich die Leute mit Schimmel in der Wohnung eher den Kaffee bei diesem Laden oder bei Starbucks leisten, wenn sie mal einen außer Haus trinken wollen?

      • @Strolch:

        Okay, wie wärs mit nem Kompromiss? Wir schmeißen sowohl LAP als auch Starbucks aus der Stadt?

  • Eigentlich sollten wir dankbar sein für jeden der die Zahnlücken in unseren Geschäftsstrassen füllt, Miete und Steuern bezahlt.

  • Ah stimmt, da werden doch tatsächlich diese armen autochthonen Cafés verdrängt, in denen der oder die normale Kreuzberger*in noch ganz authentisch den 5-Euro-Cappucchino schlürfen kann. Der LAP Typ ist wahrscheinlich kein Sympath und sein Unternehmen wirklich unterster neoliberaler Hipsterkapitalismus. Aber so zu tun, als gäbe es demgegenüber eine irgendwie geartete "echte" Kiezkultur ist ehrlich gesagt nur armselige Dorfgemeinschaftsmentalität.

    • @Axotono:

      Aber Anwohner dürfen schon noch ihre Meinung über ihr Viertel äußern, oder? Als Stadtbewohner habe ich auch keinen Bock darauf, dass in meiner Umgebung lauter hippe und langweilige Läden aufmachen. Haben die wenigsten, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Der Wunsch in einer angenehmen Umgebung zu leben, hat erstmal nichts armseliges.

  • Wenn ich mir manche angesagten Viertel in Deutschland anschaue, muss ich leider feststellen, das gerade Hippe Läden die alteingesessenen verdrängt haben - auch weil der vegane Burgerladen mehr Miete zahlt als der kleine Schreibwarenladen.



    Mit dieser Aktion soll doch nur ein Mitbewerber verhindert werden.

  • LapCoffee scheiße.

  • Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass diese kleinen Läden wirklich eine Alternative für Kita und Schneiderei gewesen wären. Die Mieten, auch im gewerblichen Bereich, sind natürlich ein großes Problem, aber die eine Kette löst das nicht aus.

    Die Leute, die sich dort einen Kaffee holen, hätten wohl sonst auch nicht im gemütlichen Café nebenan gesessen. Das ist einfach gar kein Vergleich. Ich konnte mich nicht einmal dazu durchringen, die Kette auszuprobieren. Klar, der Preis lockt, aber dann stehst du da mit dem Becher. Wenn ich so einen Laden nebenan hätte, dann würde das allerdings anders aussehen.

    Gutes Marketing kann man keinem Unternehmen so wirklich vorwerfen. Die meisten wollen einen Eindruck von einem Laden haben, bevor sie ihn besuchen. Außerhalb der Innenstadt haben manche vergleichbaren Läden nicht einmal Fotos oder veraltete Öffnungszeiten zur Verfügung gestellt, weil es einfach keine Konkurrenz gibt, in der Innenstadt wird sich mehr Mühe gegeben.

  • Ich verstehe die Kritik ehrlich gesagt nicht.



    Da das Konzept ja nur kaffee to-go beinhaltet kann der Platzverbrauch doch nicht so riesig sein, auf dem Bild sieht man ja dann auch nur einen kleinen Stand. Klar werden dadurch andere kleine Stände verdrängt, die müssen dann entweder einen Mehrwert anbieten der Konsumenten zum Kauf teureren Kaffees bringt.



    Die Forderung 80% seines Vermögens zu spenden weil er für RedBull gearbeitet hat ist lächerlich. Das Herr Hage einen Dialog anbietet ist ihm anzurechnen, wenn dieser mit absurden Vorbedingungen abgelehnt wird ist das wohl nicht seine Schuld.