Polizeieinsatz am Hauptbahnhof: Ladendiebin in die Hand geschossen
Festnahme eskaliert: Eine Jugendliche und mutmaßliche Ladendiebin soll ein Messer gezückt haben, ein Polizist schießt ihr in die Hand.
Die Pressestelle der Polizei Berlin bestätigte den Vorfall nur insoweit, dass die Mordkommission – wie bei Schusswaffengebrauch üblich – ein Ermittlungsverfahren gegen die beteiligten Polizisten eingeleitet hat. Weitere Fragen seien an die für den Hauptbahnhof zuständige Bundespolizei zu richten.
Nach Angaben von Bundespolizei-Sprecher Michael Spieß erreichte die Bundespolizei am Samstag gegen 14 Uhr ein Anruf des Drogeriemarktes Rossmann, der sich im Untergeschoss des Hauptbahnhofs befindet. Ein Ladendetektiv habe eine Diebin „gestellt“; bei der Jugendlichen seien mehrere Messer gefunden worden, man halte sie in einem Nebenraum des Geschäfts fest, so der Anrufer.
Die vor Ort eingetroffenen Bundespolizisten hätten dann am Gürtel der Jugendlichen ein weiteres Messer gesehen, so Spieß. Der Aufforderung, das Messer abzulegen, sei sie nicht nachgekommen. Die Beamten hätten daraufhin angedroht, Pfefferspray und Schusswaffe einzusetzen. Beides sei dann auch erfolgt. Spieß begründete das damit, die Jugendliche sei auf die Einsatzkräfte „losgerannt“ und habe „versucht sie mit dem Messer anzugreifen“.
Geschäft abgesperrt
Die Frage, wie oft geschossen wurde, beantwortete Spieß nicht. Ebenso wenig, wie viele Beamte an dem Einsatz beteiligt waren. Die 15-Jährige sei zur Versorgung der Verletzung in ein Krankenhaus gebracht worden. Kundschaft des Drogeriemarktes sei nicht betroffen gewesen. Das Geschäft war mehrere Stunden mit einem rot-weißen Flatterband abgesperrt.
Was die Jugendliche gestohlen haben soll, wurde bislang nicht bekannt. Hauptbahnhöfe seien grundsätzlich ein Anziehungspunkt für Taschendiebe und Ladendiebe, sagte der Chef des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen am Sonntag zur taz. „Es gibt ein hohes Maß an Diebstählen.“ Klagen über eine Zunahme hätten ihn in letzter Zeit aber nicht erreicht.
Den aktuellen Vorfall kenne er nur aus den Medien, sagte der Handelsverbandschef. Dass der Drogeriemarkt im Hauptbahnhof einen Ladendetektiv beschäftige, sei aber als Indiz für ein hohes Diebstahlsaufkommen in dem Geschäft zu werten. Nur selten komme es aber vor, dass sich festgenommene Ladendiebe zur Wehr setzten. „Es handelt sich um eine ganz kleine Gruppe.“
In einem Geschäft am Ku’damm habe ein festgehaltener Dieb mal einem Detektiv eine Spritze in den Arm gerammt, erinnert sich Busch-Petersen. Der Mann habe wochenlang mit Bangen auf sein Testergebnis gewartet. Er weigere sich, eine zunehmende Verarmung für Ladendiebstähle verantwortlich zu machen, sagte Busch-Petersen. Das Phänomen ziehe sich durch die gesamte Gesellschaft. Die reiche Wilmersdorfer Witwe klaue genauso, wie es Gymnasiasten oder Realschüler als Mutprobe täten.
*In der ersten Fassung des Textes wurde das Alter irrtümlich mit 14 angegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag