Nachrichten zur Regierungsbildung: FDP für Ampel-Verhandlungen
Nach SPD und Grünen geben auch die Liberalen grünes Licht für Koalitionsverhandlungen. Ein möglicher Streitpunkt: Die FDP will keine Frauenquote im Kabinett.
FDP-Parteigremien einstimmig für Ampelverhandlungen
Der FDP-Bundesvorstand und die Mitglieder der Bundestagsfraktion haben Insidern zufolge der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen geschlossen zugestimmt. Dies verlautete am Montag aus Parteikreisen am Rande einer Sitzung der Gremien in Berlin. Damit ist der Weg frei für die formalen Gespräche zur Bildung einer Ampelkoalition. Die Gremien von Grünen und SPD haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst.
Möglicher Startpunkt der Verhandlungen wäre Donnerstag, hieß es in Verhandlungskreisen der Parteien. Dies sei aber noch nicht endgültig geklärt. Die Sondierungsteams der drei Parteien hatten sich am Freitag auf ein gemeinsames Papier verständigt, das Grundlage für Koalitionsverhandlungen sein soll. Ziel ist, dass die neue Bundesregierung vor Weihnachten vereidigt wird. (rtr)
FDP gegen paritätisch besetztes Kabinett
Führende FDP-Politiker lehnen die von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz angekündigte strikt paritätische Besetzung des Kabinetts einer rot-grün-gelben Bundesregierung ab. „Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Starre Quotenregelungen sind in der Regel kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale reduzieren.“ Es sei deshalb auch möglich, dass mehr Frauen als Männer im Kabinett säßen.
Auch FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte, fachliche Qualifikation müsse das wichtigste Kriterium bei der Besetzung der Ministerien sein. „Wenn man die gesellschaftliche Realität im Kabinett abbilden möchte, macht es natürlich Sinn, Minister und Ministerinnen gleichermaßen im Kabinett zu haben. Aber zuallererst muss die fachliche Kompetenz eine Rolle spielen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht“, sagte sie.
Die Frage, wer welches Ministerium übernehme, werde erst ganz am Ende von Koalitionsverhandlungen beantwortet, sagte Kubicki. Scholz hatte im Wahlkampf stets betont, sein Kabinett werde zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihr Kabinett 2018 nicht ganz paritätisch aufgestellt: Es bestand zu Beginn der Legislaturperiode aus sieben Ministerinnen und neun Ministern. (dpa)
FDP vs. Grüne: Streit um Finanzministerium absehbar
Zwischen FDP und Grünen bahnt sich ein Konflikt über die Besetzung des Finanzministeriums in der angestrebten Ampelkoalition für Deutschland an. FDP-Chef Christian Lindner sprach sich zwar gegen öffentliche Debatten über Ministerposten aus, signalisierte aber zugleich sein Interesse an dem Schlüsselressort. Grünen-Co-Chef Robert Habeck kritisierte Personalspekulationen als „nicht hilfreich“. Die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang plädierte dafür, dass ihre Partei das Finanzministerium selbst übernimmt, weil es eine zentrale Rolle etwa bei Entscheidungen über Zukunftsinvestitionen spiele.
Lindner machte kurz vor der Entscheidung der FDP über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen deutlich, welche Rollenverteilung er in einer künftigen Ampelregierung sieht. „Wichtig ist mir nur eins, jeder der drei Partner muss wirken können, muss Einfluss nehmen können“, sagte er am Sonntagabend in der ARD. „Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.“
Nach SPD und Grünen will an diesem Montag auch die FDP über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Das Thema Klimaschutz gilt als Kernthema der Grünen; ins Kanzleramt wird im Fall einer Ampel-Koalition SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz einziehen, der das Finanzressort bisher geführt hat.
Lindner hatte im Bundestagswahlkampf keinen Hehl daraus gemacht, dass er Finanzminister werden möchte. Dabei hatte er allerdings auf eine Koalition mit der Union gesetzt. In einem SPD-geführten Ampel-Bündnis könnten aber auch die Grünen als zweitstärkste Partei das Finanzministerium für sich beanspruchen. Mehrere FDP-Politiker wie Parteivize Wolfgang Kubicki und Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann hatten am Wochenende offen für Lindner als Finanzminister geworben.
Bei „Bild TV“ erklärte Lindner, dass nicht die Stärke der Fraktionen von Grünen und Liberalen darüber entscheide, wer den nächsten Bundesfinanzminister stellt. „Es ist auch nicht so, dass es einfach danach geht, welche Prozentpunkte erreicht worden sind“, sagte er auf eine entsprechende Frage.
Habeck reagierte verärgert auf solche Personalspekulationen. „Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe“, sagte er am Sonntagabend in der ARD. „Wir haben sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. Die Konkurrenz ist da, ohne Frage. Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen.“ (rtr)
Scholz weist Vorwurf der Unfinanzierbarkeit zurück
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass bei den Ampel-Sondierungen keine Antwort auf die Frage nach der Finanzierbarkeit der Pläne geliefert worden sei. Es gehe um einen großen Aufbruch, die Modernisierung des Landes, sagte Scholz am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Dabei gehe es zu einem erheblichem Anteil darum, privatwirtschaftliche Investitionen zu ermöglichen.
Klar sei aber auch, dass man zusätzliche Mittel für öffentliche Investitionen bereitstellen müsse. „Es geht also darum, die Dinge richtig zu kombinieren“, betonte Scholz. „Was wir uns vorgenommen haben, ist, sehr solide zu wirtschaften und zugleich ein Jahrzehnt der Investitionen in Deutschland zustande zu bringen, privat und öffentlich.“
Zu Vorschlägen, öffentliche Investitionsgesellschaften einzurichten, verwies Scholz darauf, dass es längst öffentliche Einrichtungen gebe, die investierten. Als Beispiel nannte er die Deutsche Bahn und die KfW. „Insofern ist das nur die Beschreibung eines Prinzips, das es schon gibt und das in den Rahmen der Handlungsmöglichkeiten mit einbezogen werden muss.“ (dpa)
Baerbock: Finanzfragen erst in Koalitionsverhandlungen
„Die genaue Finanzierungsberechnung, die wird dann in den Koalitionsverhandlungen folgen“, sagt Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock im Deutschlandfunk. Es gab zuletzt Kritik am Sondierungspapier der Ampel-Partner, weil es bei der konkreten Finanzierung von Projekten noch ungenau ist. „Das war eines der härtesten Themen“, so Baerbock. Hier hätten Grüne und FDP weit auseinander gelegen. Allein für die Modernisierung der Infrastruktur seien aber 50 Milliarden Euro pro Jahr notwendig – zu stemmen „über Gesellschaften“. Details zu dieser Form von Nebenhaushalten nennt Baerbock nicht. (rtr)
Baerbock zu Tempolimit: Keine Mehrheit gefunden
Für ein generelles Tempolimit gab es laut Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock in den Ampel-Sondierungen mit SPD und FDP keine Mehrheit. „Das hat uns geschmerzt“, sagt sie im Deutschlandfunk. Es wäre allerdings nur eine kleine Maßnahme für das Klima gewesen, eigentlich wichtiger für die Verkehrssicherheit. Ansonsten hätten die Grünen im Klimabereich aber viel erreicht – einen wohl vorgezogenen Kohleausstieg, einen Ausbau der erneuerbaren Energien, eine Solardächerpflicht und klare Leitplanken für die Industrie. Damit gebe es künftig die Chance, die Klimaziele einzuhalten. Die Sondierungen hätten zunächst die Eckpfeiler festgelegt. „Natürlich muss das alles unterfüttert werden.“ (rtr)
IW fordert Ausbau von Ökostrom
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) fordert von der neuen Regierung einer Zeitung zufolge einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien. Werde das bisherige Tempo beibehalten, drohe eine massive „Grünstrom-Lücke“, zitiert die Welt aus einer IW-Studie. „Die bisherigen Ausbauziele, die erst zu Beginn des Jahres verabschiedet wurden, reichen bei Weitem nicht aus. Ein daraus resultierendes Verpassen der Klimaziele hätte nicht nur politische Folgen, sondern vor allem ökologische Kosten“, heißt es in einem Vorabbericht. (rtr)
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