Nach antisemitischer Hetzschrift: Aiwanger bittet um Entschuldigung
Die Vorwürfe wurden zunehmend heftiger. Nun zeigt Bayerns Vize-Regierungschef Aiwanger Reue und bittet NS-Opfer um Entschuldigung. Ein Rücktritt kommt für ihn nicht infrage.
Gleichzeitig betonte Aiwanger, die Vorwürfe lägen 36 Jahre zurück. Das antisemitische Flugblatt habe er nicht verfasst. Auch habe er nie den Hitlergruß gemacht oder Hitlerreden vorm Spiegel eingeübt. „Ich war nie ein Antisemit, ich war nie ein Menschenfeind.“ An menschenfeindliche Witze könne er sich nicht erinnern. „Sollte dies geschehen sein, so entschuldige ich mich in aller Form.“
Aiwanger sprach von einer Kampagne, die gegen ihn gefahren werde. Dies sei „nicht akzeptabel“ und schaffe ein Zerrbild. „Das bin nicht ich, das ist nicht Hubert Aiwanger.“
Zuvor war insbesondere auch von Holocaust-Überlebenden deutliches Unverständnis geäußert worden. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hatte sich im Münchner Merkur schockiert gezeigt. „Das zerstört so viel Vertrauen“, sagte Knobloch.
Landtag kommt zu Sondersitzung zusammen
Aiwanger erklärte, die Vorwürfe lägen 36 Jahre zurück. Das antisemitische Flugblatt habe er nicht verfasst. „Ich war nie ein Antisemit, ich war nie ein Menschenfeind.“ Auch habe er nie den Hitlergruß gemacht oder Hitlerreden eingeübt. An menschenfeindliche Witze könne er sich nicht erinnern. „Sollte dies geschehen sein, so entschuldige ich mich in aller Form.“ Erneut sprach Aiwanger von einer Kampagne. Dies sei „nicht akzeptabel“ und schaffe ein Zerrbild. „Das bin nicht ich, das ist nicht Hubert Aiwanger.“ Ein Sprecher versicherte, dass Aiwanger den 25-Fragen-Katalog von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) „zeitnah“ beantworten werde. Zuvor war der Druck gestiegen.
Auf Antrag der Opposition sollte der Landtag am 7. September zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Einziges Thema: „Vorwürfe und offene Frage betreffend den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Staatsminister Aiwanger im Zusammenhang mit einem Flugblatt mit antisemitischem Inhalt“. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sagte nach Aiwangers Erklärung: „Die Menschen in Bayern warten seit Tagen, dass sich Hubert Aiwanger angemessen zu den schwerwiegenden Vorwürfen erklärt. Eine Entschuldigung bei den Opfern des NS-Regimes und ihren Nachfahren war überfällig. Ausreichend ist die heutige Stellungnahme in meinen Augen nicht.“
Der Grünen-Politiker Erik Marquardt äußerte sich auf X: „Aiwanger hatte sogar gute Chancen, die Nazi-Affäre halbwegs unbeschadet zu überstehen. Meistens zeigt sich aber erst in der Reaktion auf Krisen, wer den Herausforderungen als Minister gewachsen ist. Viel deutlicher als er kann man in der Krisenkommunikation nicht scheitern.“
Spitzen der Bundesregierung entsetzt
Am Mittwoch hatten sich auch die Spitzen der Bundesregierung entsetzt geäußert. Es dürfe nichts „vertuscht und verwischt“ werden, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD). Notwendige Konsequenzen müssten gezogen werden. Ähnlich hatten sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) ausgedrückt.
Aiwanger selbst hatte noch erklärt, er sei seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit und Extremist, in der Jugend könne man aber einiges so oder so interpretieren. Diesen Satz nannte auch Alexander Dobrindt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, „verstörend, weil er Interpretationen zulässt“.
Der Vorstand und Kabinettsmitglieder der Freien Wähler stellten sich dagegen hinter Aiwanger. Der Landesvorstand der Freien Wähler Bayern wolle eine bürgerliche Koalition fortsetzen. „Dies ist seitens der Freien Wähler nur gemeinsam mit Hubert Aiwanger möglich“, erklärte dieser. In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Die CSU regiert im Freistaat seit 2018 zusammen mit den Freien Wählern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen