NS-Vergangenheit von Baerbocks Großvater: Nazi-Opa im Keller
Baerbocks Großvater soll „bedingungsloser Nationalsozialist“ gewesen sein. Putin kommt die Neuigkeit gelegen: So kann er sich milde geben.
D iese Steilvorlage ließ Wladimir Putin sich nicht entgehen. War Annalena Baerbocks Großvater stärker in den Nationalsozialismus verstrickt als bisher bekannt? Gönnerhaft sprach der russische Präsident die deutsche Außenministerin jetzt in einem TV-Interview von der Verantwortung für die Taten ihres Vorfahren frei. Er nutzte die Gelegenheit aber, um der Grünen vorzuwerfen, mit ihrer Politik gegen die Interessen ihres eigenen Landes zu handeln.
Ausgerechnet die Promi-Illustrierte Bunte hat recherchiert, dass Baerbocks Großvater ein „bedingungsloser Nationalsozialist“ gewesen sei soll. Das schrieben seine Vorgesetzten bei der Wehrmacht in einer Akte über den ausgebildeten Ingenieur. 1944 sollte ihm die höchste Kriegsauszeichnung für Zivilisten verliehen werden.
Baerbock hat sich in Büchern und Reden immer wieder positiv auf ihren Großvater bezogen. Sie hat zwar nie verhehlt, dass er als Offizier an der Ostfront war. Diese Akte sei ihr aber „nicht bekannt“ gewesen, musste das Auswärtige Amt nun einräumen.
Ein Fest für Putin-Trolle
Für Putin-Trolle und andere Baerbock-Hasser ist das ein gefundenes Fressen. Schon früher warfen russische Propagandisten der Politikerin vor, sich mit ihrer Haltung gegenüber Russland ideologisch in den Fußstapfen ihres Großvaters zu bewegen. Auch jetzt spekulieren manche wieder über „Abgründe im Unterbewusstsein“.
Das ist infam, denn Baerbocks Familiengeschichte ist nicht untypisch: In fast jeder deutschen Familie gibt es einen Opa, der Mitläufer oder Täter war. Über heutige Überzeugungen sagt das wenig aus. Auch die Formulierung in der Personalakte ist nicht unüblich.
Vorwerfen kann man Baerbock, dass sie sich die Akte über ihren Opa nie selbst aus dem Archiv besorgt hat, wenn sie ihn schon so gern erwähnt. Von einer Außenministerin darf man das erwarten. Doch es ist symptomatisch dafür, wie wenig die Deutschen über ihre eigene Familie in der NS-Zeit wissen – oder wissen wollen.
„Opa war kein Nazi“ – dieser Mythos hält sich bei vielen bis heute. Die Akten im Keller sagen etwas anderes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?