Krise der deutschen Solarindustrie: Energiepolitische Abhängigkeit
Deutschland lernt nicht aus Fehlern. Erst setzt man auf russisches Gas, jetzt verspielt man die Solarindustrie.
E s ist ein Desaster mit Ansage: Nach Meyer Burger schließt mit Solarwatt ein weiteres großes Unternehmen der Solarmodulbranche ein Werk in Deutschland. Es wird nicht das letzte sein, wenn die Ampel nicht schnellstens etwas zur Stärkung der hiesigen Produktion von Photovoltaikanlagen unternimmt. China subventioniert die Produktion dieser Anlagen in großem Stil, Unternehmen aus Fernost fluten mit Dumpingpreisen den europäischen Markt.
Es ist paradox: Immer mehr Privatleute und Unternehmen setzen auf Photovoltaik. Die Solarbranche boomt. Aber die hier produzierenden Modulhersteller können wegen der Billigprodukte aus Fernost nicht überleben. Ja, die Dumpingangebote machen die Energiewende auf den ersten Blick billiger. Aber der langfristige Preis dafür ist ungeheuer hoch: Die Abhängigkeit von China steigt, und das ist gefährlich.
Es wäre falsch, dem grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu unterstellen, es mangele ihm an Problembewusstsein, denn Habeck lässt keine Gelegenheit aus zu betonen, wie wichtig eine europäische und deutsche Photovoltaikindustrie ist. Aber so richtig ernst ist es ihm dann wohl doch nicht. Jedenfalls nimmt er – und Bundeskanzler Olaf Scholz ebenso – es einfach hin, dass die FDP mit ihrer Blockadehaltung die Zukunft der deutschen Solarhersteller verspielt und Deutschland energiepolitisch China ausliefert.
Wenn die chinesische Regierung es aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen möchte, kann sie die Energiewende in Deutschland ganz schnell ins Stocken geraten lassen. Dabei muss deren Sicherung nicht nur aus Klimaschutzgründen Priorität haben, sondern auch aus industriepolitischen. Dass ohne den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien die deutsche Wirtschaft ins Straucheln gerät, mag den Herren in der FDP-Zentrale nicht klar sein. Denen in Peking aber ganz bestimmt.
Noch ist es nicht zu spät, hiesige Hersteller zu unterstützen – auch wenn die Ampel im soeben verabschiedeten Solarpaket I die von vielen erwarteten Hilfen verweigert hat. Denn noch sind Unternehmen bereit, ihre Pläne zu ändern und die Produktion hierzulande aufrechtzuerhalten oder wieder aufzubauen. Aber eben nur, wenn die Bundesregierung ihnen im unfairen Wettbewerb mit chinesischen Herstellern beisteht – und zwar jetzt und nicht erst in einigen Jahren.
Wie fatal die Abhängigkeit von einem Land in Energiefragen ist, hat sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine gezeigt. Die Ampel ist nun dabei, denselben Fehler zu begehen wie die vorherigen Regierungen, die auf russisches Gas gesetzt haben. Eine Farce.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben