Klima-Aktivist:innen kritisieren Polizei: „Von der Polizei geht Gewalt aus“

Bei drei Blockadeaktionen soll die Hamburger Polizei unverhältnismäßig gehandelt haben. Das werfen ihr mehrere Klimabewegungen vor.

Polizisten lösen eine Sitzblockade auf und umklammern dabei den Kopf eines Teilnehmers.

Besonnener Einsatz? Szene der Räumung am 20. September 2019 an der Hamburger Lombardsbrücke Foto: dpa

Hamburg taz | Die Polizei soll bei Protesten gezielt überzogen vorgegangen sein, um Aktivist:innen abzuschrecken. Das werfen ihr verschiedene klimapolitische Akteure in einer gemeinsamen Stellungnahme, initiiert von Bundjugend Hamburg, vor. Unterzeichnet haben unter anderem Fridays for Future, Extinction Rebellion, Ende Gelände und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Die Polizei widerspricht all dem, die Polizeieinsätze dienten nicht der Abschreckung.

Konkret nennen die Aktivist:innen drei Fälle, in denen die Polizei unverhältnismäßig gehandelt haben soll. „Vor allem kritisieren wir die Anwendung von Schmerzgriffen“, sagt Jesko Hennig von Fridays for Future. Bei einer Blockade am 14. September 2019 soll eine Person durch den Polizeieinsatz verletzt worden sein und habe später behandelt werden müssen.

Nach der Auflösung der Blockaden am 20. September 2019 gab es erste Kritik an den Einsätzen. Die Polizei positionierte sich: Einzelne seien „nach erneuter Ansprache unter Anwendung einfacher körperlicher Gewalt von der Fahrbahn gebracht“ worden. „Die Einsatzkräfte haben dies im erforderlichen Maße, ruhig besonnen und professionell durchgesetzt“, twitterte der Polizeisprecher.

Der dritte kritisierte Einsatz fand am 4. Oktober 2019 statt. Auch hier sollen die Einsatzkräfte zur Räumung Schmerzgriffe angewendet haben. Die Beamt:innen nahmen Aktivist:innen zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam. Laut Stellungnahme kamen mehr als 20 Aktivist:innen in Einzelzellen.

Eine Strategie der Abschreckung?

Die Polizei äußert sich nach Veröffentlichung der Stellungnahme von Bundjugend nicht über die einzelnen Fälle. Grundsätzlich schreibt die Pressestelle zur Anwendung von Schmerzgriffen: „Welches Zwangsmittel angewendet wird, hängt vom Verhalten des Versammlungsteilnehmers ab.“ Hennig widerspricht: „Unsere Proteste sind bewusst friedlich und gewaltfrei. Es ist die Polizei, von der die Gewalt ausgeht.“

Die Aktivist:innen halten das Verhalten der Polizei für eine Strategie zur Abschreckung. Immer mehr der Teilnehmenden, vor allem der jüngeren, hätten Angst. „Was wir uns wünschen, ist, dass die Polizei uns schützt“, sagt Hennig. „Nicht, dass sie ein Faktor ist, der uns Sorgen macht.“ Die Polizei wiederum widerspricht nicht nur dem Vorwurf einer gezielten Abschreckungsstrategie, sondern auch dem Vorwurf, dass sie sich bewusst auf jüngere Teilnehmende fokussiere.

Hennig meint außerdem einen Zusammenhang zwischen den Polizeieinsätzen und der Änderung des Verfassungsschutzgesetzes zu sehen. Seit Januar darf der Verfassungsschutz auch Daten von Kindern zwischen zwölf und 14 Jahren erheben. Für Hennig ist das eine klare Reaktion darauf, dass im letzten Jahr so viele Schüler:innen anfingen, sich für den Klimaschutz zu engagieren und auf die Straße zu gehen. In Pressemitteilungen des Verfassungsschutzes warnt der Verfassungsschutz davor, dass Fridays for Future von Linksex­tremist:innen unterwandert werde. „Das ist klare politische Einflussnahme“, sagt Hennig. Es sei ganz klar, dass die Demonstrationen nicht demokratiegefährdend seien. „Wir sind einfach kein Fall für den Verfassungsschutz.“

Das harte Vorgehen soll zur Abschreckung dienen, vermuten die Aktivist:innen, aber auch zur Spaltung der Bewegung. „Es gibt immer mehr Bündnisarbeit in der Klimabewegung“, sagt Jule Furthmann von Ende Gelände. „Indem zwischen legitimem und illegitimem Protest unterschieden wird, sollen diese Bündnisse gespalten werden.“ Auch deshalb habe man die Stellungnahme gemeinsam verfasst. Sie solle zeigen, dass die Bündnisse zusammenstehen, weil sie das gleiche Ziel haben: effektive Klimapolitik.

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