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Keine Konsequenzen für RechtsbruchVor dem Gesetz sind Vermieter gleicher

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Ob Eigenbedarf oder Wuchermiete: Vermieter brechen systematisch Gesetze. Manchmal wird der Rechtsbruch aufgehalten. Strafen erhalten sie nie.

Mindestens ein Verbrecher im Raum Foto: dpa

A ls fast schon revolutionär gilt die Entscheidung einer Kammer des Berliner Landgerichts, im Fall einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung dem geprellten Alt-Mieter den Gewinn aus der neuen, höheren Miete zuzugestehen. Das Kalkül des Vermieters, aus dem Rechtsbruch Profit zu schlagen, eine Praxis, die in Städten wie Berlin ein Massenphänomen ist, wird damit durchkreuzt – zum ersten Mal überhaupt.

Bislang nämlich lief es so: Ver­mie­te­r:in­nen vertreiben Menschen aus ihrem Zuhause, indem sie ihnen die unbefristeten Mietverträge unter Vortäuschung falscher Tatsachen kündigen – und sie kommen damit immer durch. In den allermeisten Fällen fehlt den betroffenen Mie­te­r:in­nen schlicht die Energie für einen wenig aussichtsreichen Rechtsstreit, oder sie werden mit Vergleichen ruhiggestellt. In seltenen Fällen erkämpfen sie sich einen überschaubaren Schadensersatz.

Die Profite der Ver­mie­te­r:in­nen blieben dagegen stets unangetastet, die für die neuen Mie­te­r:in­nen erhöhte Miete blieb ihr Gewinn für das begangene Unrecht. Vermieter sein heißt Recht brechen, straffrei davonkommen und abkassieren. Das gilt im Fall von Eigenbedarfskündigungen wie auch in allen anderen Fällen von Vermieter-Unrecht. Vor dem Gesetz sind alle gleich? Vermieter sind gleicher.

Auch das neue, gefeierte Urteil, das womöglich nie zur gängigen obersten Rechtsprechung werden wird, ändert bei genauerer Betrachtung kaum etwas an diesem Zustand. Denn das Abtreten des zusätzlichen Mietprofits ist im eigentlichen Sinne keine Strafe. Das Ergebnis des Rechtsbruchs für die Ver­mie­te­r:in­nen ist, dass alles bleibt, wie es war. Welcher Gesetzesbrecher würde sich nach einem solchen Urteil nicht die Finger lecken!

Logik der Nicht-Bestrafung

Die Logik der Nicht-Bestrafung zieht sich für Ver­mie­te­r:in­nen durch. Brechen sie – und das tun sie systematisch – die Mietpreisbremse, erhöhen die Miete bei Wiedervermietung also unzulässig, haben sie nichts zu befürchten. Wehren sich die Mie­te­r:in­nen nicht, streichen sie den betrügerischen Extraprofit ein; wehren sich ihre Opfer, wird die Miete eben wieder auf das zulässige Niveau abgesenkt. Der Versuch ist es wert. Eine Strafe für den begangenen Betrug? Fehlanzeige.

Vermieter:innen, die es mit ihrer Gier bei ihrer Mietforderung noch mehr übertreiben, machen sich des Mietwuchers schuldig – auch das ist kein Einzelphänomen. Der Mietwucherrechner der Linken ermittelte zuletzt in 75 Prozent von 10.000 Berechnungen einen entsprechenden Verdacht. Und was müssen Ver­mie­te­r:in­nen fürchten? Nichts – denn das Recht schützt sie, indem Mie­te­r:in­nen die absurde Aufgabe zukommt nachzuweisen, dass ihr Vermieter die Situation der Knappheit vergleichbarer Wohnungen mutwillig ausgenutzt habe. Verurteilungen gibt es deshalb so gut wie keine.

Die Liste an Beispielen, wie Ver­mie­te­r:in­nen gegen Gesetze verstoßen, ist ellenlang: verbotene Sanierungsmaßnahmen, unerlaubter Leerstand, nicht genehmigte Vermietung als Ferienwohnung, Abzocke mit Möblierung, unbegründete Befristungen, Einbehalten der Kaution, Vernachlässigung von Häusern und Wohnungen oder gar Sabotage, um Mie­te­r:in­nen zu vertreiben.

Vermieter abmahnen

Gang und gäbe ist auch der Betrug mit Nebenkostenabrechnungen. Diese sind massenweise fehlerhaft, fallen aber nie zu niedrig, sondern stets zu hoch aus. Glück haben diejenigen Mieter:innen, die sich wehren können und am Ende nur für ihren tatsächlichen Verbrauch zahlen. Während das Fehlverhalten der Ver­mie­te­r:in­nen folgenlos bleibt, führen schon die kleinsten, auch unbeabsichtigten Fehler von Mie­te­r:in­nen zur Abmahnung bis hin zur Kündigung.

Diese strukturelle Bevorteilung der besitzenden Klasse – vom Gesetzgeber so gewollt und von den meisten Gerichten exekutiert – ist einem rechtsstaatlichen System unwürdig. Wenn Ver­mie­te­r:in­nen fehlerhafte Abrechnungen vorlegen oder Reparaturen hinauszögern, gehören auch sie abgemahnt. Wenn sie Gesetze brechen, gehören sie bestraft.

Wer sich der Vermietung von Wohnraum und damit den Pflichten des Eigentums als unwürdig erweist, muss in Konsequenz auch die freie Hand bei der Vermietung bis hin zum Recht am Eigentum verlieren können.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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20 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Sind auch Vermieter*innen anwesend, die eine rentable Immobilie haben, vielleicht sogar mehrere? Bisher haben auffällig viele von euch über die Probleme mit und Verdienstausfall durch Mietnomanden sprechen wollen.

  • Es ist das ewig wiederkehrende Thema mit dem Besitz.



    Ich glaube auch nicht daran, dass wir zu wahrer sozialer Gerechtigkeit finden können, solange das Eigentum so hohen Verfassungsrang hat. In meinen Augen wird die Freiheit übrigens dadurch noch stärker als oftmals bewusst eingeschränkt, denn im Endeffekt wird der Mensch dazu genötigt, so zu leben, dass er Eigentum einen sehr hohen Stellenwert einräumt. Ich meine auch für sich selbst. Wie viele Menschen sind nur hinter dem schnöden Mammon hinterher und vergessen komplett worum es ihnen eigentlich geht. Man kann es ihnen kaum verdenken, denn wer dem abschwört, muss es sich leisten können, oder er wird ganz schnell nach unten gespült.

    Zurück zum Thema: es wäre ja ein Anfang, wenn das Bedrohungslevel für den Mieter auf das des Vermieters gesenkt würde. Bin kein Fan von Strafen, also es reicht in meinen Augen wenn der Mieter Recht bekommt, ohne Strafe für den Vermieter. Nur muss dann der Kündigungsschutz für den Mieter auch verbessert werden. Und es muss einfacher sein, als Mieter Recht zu bekommen. Ohne Kostenrisiko, ohne Risiko danach vom Vermieter schikaniert zu werden.

  • Les' gerade bei Correctiv dass einige Gemeinden die Grundsteuerreform für Abzocke und Steuererhöhungen nutzen.



    Das zeigt wie dermaßen scheißegal die Menschen den herrschenden Politikern sind und daher ist es kein Wunder dass auch betrügerische Vermieter einen Alberichsmantel haben

  • Sicherlich gibt es Vermieter, die sich nicht an Recht und Ordnung halten. In diesen Fällen wird Recht gesprochen welchs in der Regel durchsetzbar ist.



    Anders sieht die Situation auf der Seite der Mieter aus. Den recht häufigen Fällen von Mietnomaden kann ein Vermieter nicht entgegen treten. Selbst wenn der Vermieter den Rechtsweg einschreitet, wird er selbst im Falle eines gewonnen Gerichtsprozesses grundsätzlich immer auf seinen Kosten sitzen bleiben. Mietnomaden haben einen nicht unerheblichen Anteil der Schuld an dem Mangel an Wohnungen. In vielen dokumentierten Fällen haben frustrierte Vermieter in solchen Fällen die Mietwohnung umgewandelt und nicht mehr dem Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt.

  • Meine letzte Erfahrung mit dem Mietrecht als Vermieter: Eine Familie von Mietnomaden hat ein Sau teures Haus von mir und meinem Schwager gemietet, daß wir gerade frisch renoviert hatten. Die Leute haben nie regulär Miete bezahlt und so einen Mieter rauszuklagen dauert ewig nach deutschem Mietrecht. Das ganze hat uns 15.000 Euro an verlorener Miete gekostet.

    Es gibt raffgierige Vermieter, die lügen und betrügen. Aber es gibt auch Mieter die das Mietrecht schamlos ausnutzen!

  • Als Besitzer einer Wohnung in Hamburg in einem nicht so tollen Viertel bekommt man durch die Mietpreisbremse 8,60€ pro Quadratmeter. Das sind bei 60qm ganze 516€. Und davon gehen 15% Rücklagen und min 30% Steuern ab. Der Gewinn liegt also bei ca. 250-280€ im Monat. Die gleiche Wohnung in Lübeck würde mindestens 500-600€ Gewinn bringen. Die Gleichheit der Besitzer ist durch den partiellen Eingriff des Staates in den Markt also auch nicht ganz gleich. Eine Kaltmiete von 8,60€ hatte ich vor 30 Jahren mit Ofenheizung in meiner ersten WG. Eine Mietpreisbremse sollte nicht unter der Unterkante ansetzen. Wer investiert denn bei 250€ im Monat noch Geld in Modernisierung? Und selbst wenn, berechtigt eine Modernisierung nur zur Erhöhung der Mietpreisbremse wenn man 1/3 des Marktwertes der Whg investiert. Das ist unrealistisch. Lieber sollte man Büroflächen umnutzen. Laut Statista gab es 2023 ganze 650.000 qm Leerstand an Büroflächen. Das wären 20-30% des Bedarfs in HH. Eigentümer ist nicht gleich Eigentümer.

  • "Vermieter sein heißt Recht brechen, straffrei davonkommen und abkassieren"

    Plump über einen Kamm....sonst ein NoGo. Beim Feindbild Vermieter ist es aber ok.

  • Ihr pauschales Urteil über die Vermieter ist für viele Vermieter unerträglich und nicht ausgewogen. Sicher gibt es schwarze Schafe diese gibt es aber leider auch auf der Seite der Mieter`innen. Die letzte Vermietung kostete mich nach 4 Monaten eine Räumungsklage sowie 7000€ Renovierungskosten. Für den Mietnormaden bleibt es folgenlos. In der nächsten Mieterselbstauskunft wird das nicht erwähnt.

  • Wird im Mietrecht der Mieterschutz zu sehr betont, wird die Immobilie als Investitionsobjekt uninteressant. Dann fließt kein privates Kapital mehr in diesen Markt mit der Folge, dass die Wohnungsbestände verfallen. Und wieder scheitert eine sozialistische Utopie an der Realität….

  • Vermieter bauen vor allem keinen Wohnraum mehr!

  • Lieber Erik Peter,

    (Anm. d. Red.: Kommentar gekürzt, Netiquette beachten bitte.)

    Würden andere Autoren in demselben Ton über Mieter herziehen (was im Einzelfalle sicherlich berechtigt wäre) könnte man von Pauschalisierungen und Vorverurteilungen sprechen.

    Wenn Sie sich zu Recht über illegale Praktiken von gewissen Vermietern echauffieren, scheren Sie nicht alle Vermieter über einen Kamm und belegen Sie Ihre Behauptungen mit Daten & Fakten. Danke.

  • Ganz genau so ist das! Herr Peter, vielen Dank für diesen Artikel. Tut gut auch sowas mal zu lesen.

  • Es geht um Zivilrecht, und da gibt es keine Strafe.

    Rachegelüste sind da fehl am Platz.

    Dass zu Unrecht gekündigte Mieter einen Recht auf Gewinne haben sollen, ist schon ein starker Anreiz, so etwas nicht zu tun, auch wenn viele Fragen offen bleiben.

  • Was, wenn jetzt viele bisherige Kleinvermieter ins Lager der guten Menschen wechseln und niemanden mehr ausbeuten, sondern stattdessen gar nicht mehr vermieten?

  • Eine Politik der kuenstlichen Verknappung des Angebots bei gleichzeitiger Erhoehung der Nachfrage fuehrt zu einem Mangel.



    Will man das aendern muss man sich von der Politik der Mangelverwaltung verabschieden und nicht ersatzweise den sozialistischen Vermieter einfordern.

  • Finden sie doch mal einen Richter der nicht zu den Immobilienbesitzern gehört.



    Da werden sie lange suchen müssen.

  • Das bundesdeutsche Recht, so sehr es grundsätzlich seine Vorzüge hat, hat, wie so viele Rechtssysteme in Römer-Tradition eine klare Schlagseite zugunsten der Besitzenden. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist irgendwie immer noch nicht überall angekommen.



    Sollte sie aber.



    Allgemein gesprochen, denn beim Mieten müsste man gerade wohl sehr viele, sehr verschiedene Knoten auflösen, und selbst ich Besserwisser hätte wenig Ahnung, wie.

    • @Janix:

      Es gibt ja gar keinen gesellschaftlichen Konsens dafür. Man stelle nur einmal die sozialökonomische Zusammensetzung der Bevölkerung den aktuellen Wahlumfragen gegenüber, bei denen Union, FDP und AfD, also die Parteien mit den am klarsten herausgestellten Zielstellungen gegen die eigentumslosen Massen mit 55% der Stimmen rechnen könnten (infratest dimap, 19.12.2024). Dazu vielleicht noch grob vereinfachend die Hälfte des Wählerpotentials der SPD, wenn man Schlagworte wie "Genosse der Bosse" und die Tatsache, daß man bspw. in Hamburg gegen die "Oberen Zehntausend" eher nicht "Erster" werde - dann wären das schon fast zwei Drittel. Die wieder eine Regierung wollen, der man - explizit in Anbetracht der Rechtsbehelfsfristen im SGB II sowie der zeitlichen Abläufe in den Jobcentern - den § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu verdanken hatte.

      Der Knoten gäbe es tatsächlich genug. Aber man wählt eben schon aus Prinzip gegen die eigenen Interessen.

    • @Janix:

      Die einfachste Lösung ist die Überführung sämtlicher Mietwohnungen in die öffentliche Hand.



      Wohnen muss Grundrecht sein, keine Kapitalanlage!

    • @Janix:

      Da es nur eine einzige legale Möglichkeit gibt, einem Mieter zu kündigen, wird halt versucht zu schummeln. Das ist selbstverständlich falsch, aber bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, da die Freiheit dadurch schon eingeschränkt ist. Besser wäre, wenn Vermieter durch Zahlung eines Geldbetrages aus dem Vertrag kämen.