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Hilfen für Photovoltaik-BrancheLindner vergrault Solarindustrie

Der FDP-Finanzminister will die Photovoltaik-Branche partout nicht fördern. Dabei laufen die Verhandlungen in der Ampel dazu noch.

Einige Solarhersteller haben bereits angekündigt, Deutschland zu verlassen Foto: Matthias Rietschel/reuters

Berlin taz | Bundeswirtschaft Christian Lindner (FDP) versucht, in der Frage der Förderung heimischen Solarhersteller Fakten zu schaffen. Obwohl die Ampelfraktionen über diese Frage noch verhandeln, hat er sich auf ein Nein zu Hilfen für den Industriezweig festgelegt. Wenn er mit Geld der Steuerzahler einzelne Branchen fördern würde, wirke sich das weder auf die Sicherheit des Wirtschaftsstandortes noch auf das Gelingen der Energiewende aus, sagte der Finanzminister am Sonntagabend in der ARD.

Seit Monaten verhandeln die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP über das Solarpaket 1. Damit soll die Nutzung der Photovoltaik einfacher und unbürokratischer werden. SPD, Grüne und FDP streiten darüber, ob das Paket eine befristete Förderung für in Deutschland gefertigte Solarmodule enthalten soll, den sogenannten Resilienz­bonus. Grüne und SPD sind dafür, auch um das Know-how im Land zu behalten. Die FDP dagegen argumentiert, dass deutsche Unternehmen auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig sind und die Module importiert werden können. Diese Gespräche sind nicht abgeschlossen, sie finden auf Ebene der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden statt, hieß es in Fraktionskreisen.

Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet erst Mitte April mit einer Einigung. „Die von zahlreichen Verbänden und Bundesländern empfohlene zeitlich befristete Einführung einer Resilienz-Förderung ist die vermutlich letzte Chance, den dauerhaften Absturz der heimischen Solarindustrie in die Regionalliga zu vermeiden“, sagte Carsten Körnig, Haupt­geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft.

Der Ausbau der Solarenergie in Deutschland geht massiv voran, aber nicht mit hier hergestellten Anlagen. Chinesische Firmen fluten den Markt mit extrem billigen Angeboten, die von der chinesischen Regierung subventioniert werden. Eine Möglichkeit, deutsche Hersteller zu fördern, wäre, eine höhere Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für ­deren Anlagen einzuführen.

CDU und Linke fordern Hilfen

Einige Solarhersteller haben bereits angekündigt, Deutschland zu verlassen, wenn sie keine staatlichen Hilfen erhalten. Sie zieht es in die USA. Dort können Hersteller aufgrund des Subventionsprogramms Inflation Reduction Act (IRA) von Präsident Joe Biden mit massiver finanzieller Unterstützung rechnen.

In Deutschland hat sich vor allem im Osten Solarindustrie wieder angesiedelt, nachdem die Branche dort schon einmal infolge falscher politischer Entscheidungen niederging. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist deshalb für eine Förderung. Das gilt auch für die Linkspartei. Sie fordert ein Subventionsprogramm nach US-amerikanischem Vorbild. „Weder die deutsche Bundesregierung noch die EU-Kommission haben einen industriepolitischen Plan, der mit den USA oder China mithalten kann“, sagte die Europakandidatin der Linken Ines Schwerdtner. Das gefährde Arbeitsplätze und den Umbau der Wirtschaft.

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21 Kommentare

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  • Zur Euroeinführung lag der Unterschied zwischen der US-Wirtschaft und der EU bei 11 % zwischenzeitlich sind wir bei über 30 % angelangt. Und das, obwohl die EU damals wie heute deutlich mehr Einwohner hat.

    Wir sehen also, schlechte Wirtschaftspolitik gibts in der EU seit 30 Jahren.

    Was die hiesige Solarindustrie angeht, diese ist nicht Weltmarktfähig, das hat mit Lindner überhaupt nichts zu tun. Dass die Grünen hier ihren Patriotismus entdecken, wo er am wenigsten nützt, kann nur ein Indiz für Cannabiskonsum vor dem 1.4. sein.

    Lindners wirkliches Versagen liegt in der Haltung zur Schuldenbremse.

    p.s. Wenn die Chinesen das subventionieren, um so besser, denn dann findet ein Wohlstandstransfer von denen zu uns statt.

  • Der Artikel zeigt, warum die Energiewende in Deutschland Arbeitsplätze gefährdet. Ohne Berücksichtigung geografischer Gegebenheiten soll finanziert werden, was technisch möglich ist. Egal was es kostet. Das ähnelt schon einem Fetisch....







    Solaranlagen erzeugen in Deutschland nur etwa 1000 Vollastsunden Strom im Jahr. Windkraftanlagen etwa 2000 an Land bis 2400 auf See. (1 Vollastsunde = 1 Stunde zu 100% der möglichen Leistung oder z.B. 5 Stunden zu 20% bei bedecktem Himmel.) Für Solaranlagen geht in Europa fast zeitgleich das Licht aus, während es bei Windkraftanlagen noch die Chance besteht, daß sie auch im Winterhalbjahr, in der Nacht oder woanders in Europa Strom einspeisen können.

    Da Solaranlagen häufig nur mit geringer Leistung Strom liefern (bedeckter Himmel, Dämmerung) bräuchte es Überkapazitäten. In den letzen Wochen trug Solarstrom nur 1 bis 2% zur Gesamterzeugung bei. In der Nacht 0% Selbst ein Verfünffachung würde nicht den Bau und Betrieb von teuren Reservekraftwerken verhindern. Dafür werden im Sommerhalbjahr zunehmend Überschüsse kostenpflichtig abgeregelt oder subventioniert weitergereicht. Wenn der Marktpreis z.B. bei 3 Cent/KWh (oder weniger) liegt und die garantierte Einspeisevergütung aber bei 8 Cent, 13 Cent oder mehr, dann zahlen die Stromkunden über die Netzentgelte die Differenz. Deswegen mußten die Netzentgelte gerade erhöht werden. Man erkennt, daß je höher die garantierten Einspeisevergütungen ausfallen und je mehr Solaranlagen es gibt, desto höher werden die Netzentgelte steigen. Die deutschen Netzentgelte entfallen gleich hinter der Grenze. So kann z.B. in Polen oder Frankreich Strom aus deutschen Erneuerbaren Energien zu Marktpreisen (z.B. 3 Cent/KWh) bezogen werden (+polnische oder französische Netzentgelte).

    Deutsche Hersteller zu fördern, indem eine höhere Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für deren Anlagen gezahlt wird, gefährdet daher hier Arbeitsplätze und den Umbau der Wirtschaft. Sie müssen nur hinter die Grenze.

  • Ich hoffe inständig, dass Lindner genügend FDP-Wähler vergrault, damit er nach der nächsten Wahl endlich wieder nicht statt schlecht regiert.

    • @Erfahrungssammler:

      Denke ich nicht, denn Lindners Wähler arbeiten nicht in der Solarindustrie :D

  • "Chinesische Firmen fluten den Markt mit extrem billigen Angeboten, die von der chinesischen Regierung subventioniert werden."



    Äh, lese ich das richtig: Die chinesische Regierung subventioniert die deutsche Energiewende???



    Solarmodule sind Commodities. Durchgesetzt haben sich mono- und polykristalline Module auf Siliziumbasis, bei denen die Kunst nur noch darin besteht, möglichst dünne Wafer zu sägen. Wesentliche Innovationen sind in diesem Bereich nicht mehr zu erwarten. Bei einer Produktion in Deutschland bestände die "Innovation" lediglich darin, das nachzubauen, was andere schon können.



    Echte Innovationen wären allenfalls in Richtung Dünnschichtmodule bzw.andere Halbleitermaterialien möglich [1]. Dabei geht es aber bei den erwähnten Firmen nicht, sondern um eine völlig konventionelle Produktion.



    Es ist ähnlich wie mit dem Steinkohlebergbau, der in Deutschland jahrzehntelang subventioniert wurde. Das kostete nur Geld und änderte nichts daran, dass Kohle aus Kolumbien einfach billiger ist.



    [1] An denen wird aber seit Jahrzehnten herumgeforscht und -gebastelt, mit mäßigem Erfolg; Durchbrüche sind nicht zu erwarten. Außer im Marketing: Da wird ein schlechter Füllfaktor als "für schwachen Lichteinfall optimiert" verkauft.

  • "Lindner vergrault Solarindustrie"



    Das ist wieder so ein Titel, welcher weh tut. Warum: Weil wir eh schon fast gar keine Solarindustrie mehr haben, die wurde unter Schröder und Merkel schon vergrault.



    Zudem ist es gar nicht möglich, bei deutscher und EU-Bürokratie, deutschen Löhnen und Steuern, Facharbeiternot und Auflagen überhaupt konkurrenzfähig gegen asiatische Produktion zu sein.



    Der Zug ist abgefahren, vielleicht denkt man mal über die Industrie nach, die noch hier ist und auch bald geht.



    Als da wäre Stihl, welche jetzt auch in der teureren Schweiz produziert, weil dort es das Bürokratiemonster inkl. EU-Auflagen nicht gibt.

  • Die Solarindustrie muss schnell eine hohe Spende an die FDP zahlen, dann klappt es bestimmt mit der Förderung.

  • Ich gebe jetzt mal den Advocatus Diaboli:



    - die Chinesischen Hersteller haben durch den gigantischen heimischen Markt große Vorteile, so dass die Produktion dort viel effizienter (Skalenvorteile) und billiger (Lohngefälle) ist



    - zusätzlich müssten die Produzenten wegen der großen Nachfrage zu Hause eigentlich gar nicht nach DE exportieren



    - wenn uns die chinesische Regierung schaden wollen würde, würde sie den Export TEURER machen oder ganz unterbinden, damit wir hier teure Module aus heimischer Produktion verbauen müssten - was den Strompreis nach oben treiben würde.



    - die chinesischen Firmen haben auch kein Interesse am hiesigen Produktions-Know-How - sie können es schlicht besser.



    - das eigentliche Geschäftsmodell der einschlägigen Solarunternehmen hier scheint auch eher das Abgreifen von Subventionen zu sein (wie schon in der ersten Phase) - weshalb sie nun auch konsequenter Weise in die USA abwandern werden.

    Versteht mich nicht falsch: alle Adjektive, die mir zur FDP und ihren Protagonisten einfallen, erfüllen den Tatbestand der schweren Beleidigung. Aber leider: jede Subvention dieser Betriebe hier macht den Strom unter dem Strich teurer. Noch teurer.

    • @Dumbo:

      So ist es.

  • Die FDP setzt mal wieder auf Innovation, leider nicht in unserem Land, wie sie im Verkehrssektor so gerne vorgibt, sondern im Ausland und vernichtet dabei zukünftige wertvolle Arbeitsplätze für unsere Wirtschaft und unsere Jugend.



    Da gibt es nur eins - abwählen, denn Hr. Lindner hält noch nicht mal seinen Eid Schaden von unserem Lande abzuwenden.

  • So langsam entsteht der Eindruck, Herr Lindner arbeite in erster Linie für die Gaslobby.v

    • @tomás zerolo:

      Das ist kein Eindruck, das ist Fakt! Und es ist nicht nur die Gasindustrie. Auch die Ölkonzerne sind seine Freunde. Diese Pseudopartei will explizit keinen Klimaschutz.

      • @Perkele:

        Muss sie auch nicht, denn dafür wird sie ja auch nicht gewählt.

        • @Tom Tailor:

          Muss sie doch! Sie trägt (aber ignoriert) eine Gesamtverantwortung und nicht nur Engagement für Kilientel und Parteispender. Und wieso geht sie denn in eine Regierung, stellt sich im Koalitionsvertrag hinter derartige Absichten um sie dann zu torpedieren??

          • @Perkele:

            Nein, muss sie nicht und sie trägt auch keine wie auch immer geartete "Gesamtverantwortung". Sie ist in diese Regierung gegangen weil die Option bestand und weil die anderen beiden Parteien sie brauchen. Die Ressorts wurden dabei klar verteilt: Grüne für Klimaschutz, SPD für Soziales und Arbeit, FDP für Wirtschaft und Finanzen. Das diese Koalition als Ganzes dabei nicht funktioniert bzw. höhere Erwartungen geweckt hat als am Ende realistisch waren, ist eine ganz andere Sache.

            • @Tom Tailor:

              Hey Tom, da sind wir bald wieder bei den Lemmingen! Muss sie DOCH. Eine Regierung ist verpflichtet, dem GANZEN VOLK zu dienen und keineswegs nur den Porschfahrern, den Müslifressern oder den Sozialarbeitern. Und wenn man einen Vertrag unterschreibt -hier den Koa-Vertrag- dann sollte man sich als anstäniger Partner auch daran halten. Das aber machen die FDPler eben nicht. Die haben unterschrieben um auf Biegen und Brechen in die Koa zu kommen. Und dann pfeifen sie schlicht auf "das Geschwätz von gestern". Das ist unredlich und ja, unverantwortlich.

              • @Perkele:

                Tja, wer weiß wie sich die Parteien damals bei Abschluss dieses Vertrages geeinigt haben. Das mit dem Dienen des "ganzen Volkes" ist eh eine Utopie, da sich jede Regierung zunächst einmal auf ihre Wähler stützt und naheliegende weise auch für ebendiese Politik betreibt - dafür wurde sie ja gewählt. Und wer Scholz die Story vom "Klima-Kanzler" abgekauft hat, dem ist eh nicht zu helfen. Gerade für Scholz gilt die Maxime "was stört mich mein Geschwätz von gestern" (CumEx, Scholz-Tower etc).

                • @Tom Tailor:

                  Da ist was dran - jedoch ist gerade die FDP absolut NUR auf sich selbst bedacht. Da sind SPD und Grüne längst (!!) nicht so skrupellos. Es ist unredlich, einem Koa-Vertrag zuzustimmen und dann -medienwirksam- die eigenen Zusagen schlicht zu ignorieren. Das haben sich weder SPD noch Grüne geleistet. Und die "Utopie" dem "ganzen Volk zu dienen" ist dann mit der Vereidigung der Minister*innen zum Meineid geworden - oder was? Wenn das so gesehen wird, dann sollte man diesen Eid einfach vergessen....

                  • @Perkele:

                    Politiker und Eid :D

                    Wir sich anschaut wie der Politikprozess in D läuft, der darf sich nicht wundern wenn Menschen verdrossen werden. Ich erwarte von keiner Regierung, gleich welcher Couleur, Wundertaten oder Ehrlichkeit. Mir reicht es schon wenn sie dafür Sorge trägt das meine Lebensverhältnisse nicht schlechter werden. Und in dieser Beziehung kann ich sagen: ich habe NICHTS erwartet, aber weniger bekommen.

            • @Tom Tailor:

              "FDP für Wirtschaft und Finanzen" … ach so? Habeck ist eigentlich ein FDP-Minister? Interessant.

  • Da wurde wohl der Bock zum Gärtner gekürt.