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Gehrhard SchröderEx-Kanzler bleibt SPDler

Die SPD-Schiedskommission lehnt Anträge auf Ausschluss von Gehrhard Schröder in vollem Umfang ab. Erledigt ist der heikle Fall damit jedoch nicht.

Viele SPD­le­r*in­nen wollten den Altkanzler wegen seiner Putin-Nähe aus der Partei haben Foto: Omer Messinger/epa

Karlsruhe taz | Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat mit seiner Russland-freundlichen Haltung nicht gegen Grundsätze und Ordnung der SPD verstoßen. Er wird daher nicht ausgeschlossen, ja, er wird nicht einmal gerügt. Das gab an diesem Montag die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover bekannt. Gegen den Beschluss ist Berufung möglich. Der neunseitige Beschluss liegt der taz vor.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben 17 Parteigliederungen vom Ortsverband Bochum-Schmechtingtal bis zum Unterbezirk Würzburg den Ausschluss des Ex-Parteivorsitzenden und Ex-Bundeskanzlers gefordert. Sie warfen Schröder die Verharmlosung des Angriffskrieges, die Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie seine Posten in russischen Energie-Unternehmen wie Gazprom und Rosneft vor.

Die dreiköpfige Schiedskommission unter Vorsitz von Heiger Scholz (Sozial-Staatssekretär in der niedersächsischen Landesregierung) kam zum Schluss, dass Schröder weder die Ordnung noch die Grundsätze der Partei verletzt hat. Auf die Frage, ob Schröders Verhalten der Partei geschadet hat, kam es dann gar nicht mehr an.

Gleich zu Beginn seiner Entscheidung stellte das Schiedsgericht fest: „Die SPD ist die deutsche Friedenspartei.“ Mit der Mitgliedschaft in der SPD sei es daher unvereinbar, den kriegerischen Überfall eines Staates auf einen anderen zu rechtfertigen. Das habe Schröder aber auch nicht getan, so die Schiedskommission. Schon am Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine habe Schröder erklärt, die „Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel“. Auch habe er den russischen Krieg als „Fehler“ bezeichnet. Es wäre zwar wünschenswert, wenn Schröder sich deutlicher distanzieren würde. Aber Schröders Äußerungen stünden nicht so weit außerhalb der Programmatik der SPD, dass die SPD diese nicht mehr ertragen müsste, so die Schiedsrichter:innen.

Auch Schröders Freundschaft zu Putin verstoße nicht gegen die Grundsätze der SPD. „Der Bereich der persönlichen Freundschaftsbeziehungen gehört nach Auffassung der Schiedskommission zum höchstpersönlichen Bereich der Lebensgestaltung, so unverständlich oder wenig nachvollziehbar diese aus sozialdemokratischer Sicht auch sind.“ Zur bloßen Freundschaft müsse deshalb weiteres hinzukommen, um von einer Verletzung der Parteigrundsätze auszugehen, etwa dass Schröder den russischen Präsidenten in seinem kriegerischen Denken bestärkt. Derartiges sei aber „nicht erkennbar“, so das Schiedsgericht.

„Wünschenswerter“ Rückzug

Schließlich beanstandete die Schiedskommission auch nicht Schröders gut bezahlte Mitarbeit in den Gremien russischer Energieunternehmen. Im Mai hatte Schröder zwar angekündigt, seinen Aufsichtsratsposten bei Rosneft niederzulegen, die Schiedskommission stellte jedoch fest, dass Schröder laut seiner eigenen LinkedIn-Seite den Rückzug zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Mitte Juli noch nicht vollzogen hatte. Es wäre zwar „wünschenswert“ gewesen, so die Schiedskommission, dass Schröder sich aus solchen Gremien zurückzieht, er sei hierzu als Sozialdemokrat aber nicht verpflichtet. Üblicherweise könne die Parteiordnung nur durch aktives Verhalten verletzt werden, nicht durch bloßes Unterlassen. Schröder habe insofern auch keine „Garantenstellung“ und auch keine allgemeine „Schadensvermeidungspflicht“. Schröder treffe deshalb keine Pflicht, sich von den russischen Unternehmen zu distanzieren.

Die Schiedskommission traf ihre Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung Mitte Juli, bei der 14 der antragstellenden 17 SPD-Gliederungen vertreten waren. Gerhard Schröder hatte die Sitzung dagegen ignoriert. Er hatte auch weder einen Anwalt als Vertreter geschickt, noch schriftlich Stellung genommen.

Gegen die Entscheidung der erstinstanzlichen Schiedskommission kann binnen zwei Wochen Berufung zur Bezirksschiedskommission des SPD-Bezirks Hannover eingelegt werden. Nach der mündlichen Verhandlung hatten viele beteiligte Orts- und Kreisverbände bereits Rechtsmittel angekündigt, sollte Schröder nicht ausgeschlossen werden.

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28 Kommentare

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  • taz: "Die SPD-Schiedskommission lehnt Anträge auf Ausschluss von Gerhard Schröder in vollem Umfang ab."

    Putin wird seinem Kumpel Gerhard sicherlich gratulieren und ihm einige Flaschen Krimsekt in den Brioni-Anzug stecken, falls da noch Platz neben den Cohiba-Zigarren ist.

  • Es ist schwer, jemand auf einer Partei auszuschließen. Das ist nun wirklich keine neue Erkenntnis.



    Und was nun Schröder angeht: Gibt es ernsthaft Leute, die es interessiert, was ein Lakai Putins von sich gibt? Also ich finde sogar den sprichwörtlichen Sack Reis im Vergleich zu Schröder echt interessant.

    • @Kaboom:

      Nun ja, die PoPOp (populistische Opposition) ist für jeden bekakten Grashalm dankbar, vor dem sie sich irgendwie absetzen kann.

  • In Momenten wie diesem, wenn wieder einmal klar wird, wie gar nicht das nüchterne & klare Recht sich um das fiebrige Geseier des Pöbel schert, frage ich mich: Wie lange kann es sich in diesem Land noch behaupten?

    • @JulianM:

      Eine Meinungsäußerung eines längst verstorbener Adligen:



      "Tobt der Pöbel in den Gassen, ei mein Kind, so lass ihn schrei’n.."

  • Gut, dass der alt Kanzler in der SPD bleibt.

  • Schröder ist Deutschlands Ass im Ärmel. Er soll weiter die Kanäle Richtung RU offen halten.

  • Wie die Entscheidung der Schiedskommission zeigt, arbeitet die SPD hart daran, sich immer stärker der 5%-Grenze zu nähern. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg.

  • Korrekterweise muss man sagen: "er bleibt in der Partei". SPDler ist er und viele andere aus dieser Partei schon lange nicht mehr. Das stand mal für Sozialdemokratische Partei Deutschlands. "Sozialdemokratie" mögen die sogenannten SPDler mal im Fremdwörterlexikon nachschlagen.

  • Dann darf er weiterhin 1 Prozent Seiner Bruttoeinkünfte an die Partei und - wenn er noch drinnen ist - an Verdi überweisen.



    Wer hätte es anders erwartet?



    Schröder ist Jurist, der weiß, was er sagt, was er nicht sagen darf.

    Insgesamt ist er mM kein Glücksfall für die SPD gewesen und seine politische Lebensbilanz ist alles andere als positiv. Hartz IV, Basta, Arme Rentner, Bomben auf Yugoslawien, Brioni-Anzüge, Cohiba und ne Menge Alk. Die SPD nach Schröder ist kaum in der Lage 25 Prozent zu schaffen.

    • @Andreas_2020:

      "Hartz IV, Basta, Arme Rentner, Bomben auf Yugoslawien, Brioni-Anzüge, Cohiba und ne Menge Alk."



      Die Brioni-Anzüge kann man verzeihen, die waren wirklich schick.

  • Jaja ... der Linken ihre Wagenknecht, der SPD ihren Schröder.

    Es erstaunt, daß ausgerechnet "soziale" Parteien gerne Verräter am Parteiziel hervorbringen.

    • @Jürgen aus Nürnberg:

      Ist "Verräter" nicht ein Wort aus einer anderen Zeit? Und wer bestimmt das Parteiziel bzw. können keine "Abweichungen" geduldet werden? Also alle in Reih und Glied und Marsch? Da ist mir die Tolerierung eines Schröders, der vielleicht noch die Möglichkeit einer Kommunikation mit Russland aufrechterhalten kann, lieber. Zudem werde ich nie vergessen, dass er Deutschland aus dem Irak herausgehalten hat.

  • Die haben über Unwesentliches abgestimmt. Das perfide Verhalten Schröders bzgl Putin, seine Profitgier als Gazprom-Mensch, seine Aussagen bzgl. des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine, seine Funktiin als Sprachrohr des Autokraten, das alles wurde dabei nicht behandelt.



    Diese für einen Alt BK unmöglichen Tatbestände bleiben also bestehen.



    Die SPD hat verloren.

  • Das wirklich Deprimierende ist, dass die SPD insgesamt keine Ahnung hat von den eigenen Grundwerten, z.B. "die SPD wendet sich gegen wirtschaftliche Strukturen, die die Demokratie bedrohen." Gazprom und Rosneft bedrohen die Demokratie. Seit dem Ende der Sowjetunion hat Russland mehr als 30 (!) Mal die Energiewaffe gegen das Baltikum, die Ukraine und andere Staaten eingesetzt. Allein mit seiner Arbeit für Gazprom verletzt Schröder permanent SPD Grundwerte. Während des Tschetschenienkriegs hat Schröder Beihilfe zum Genozid geleistet, nachzulesen hier taz.de/Voelkermord...-den-BND/!1237696/ . In der SPD scheint niemand Ahnung zu haben von diesen Sachverhalten, weshalb die SPD ist mittlerweile alles Mögliche ist, aber ganz bestimmt keine sozialdemokratische Partei mehr. Vielmehr eine Partei von Mittelmäßigen, Dummen und Ahnungslosen, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

  • Richtige und mutige Entscheidung!

    Gute sachliche Begründung der Schiedskommission.

    Darüber hinaus könnte Gerhard Schröder zukünftig noch eine positive Rolle bei den Verhandlungen mit Russland spielen. Diese Chance sollten wir uns unbedingt erhalten.

    • @Black & White:

      Satire? Schröder verhandelt für die EU? Deutschland?

  • Wo soll er auch sonst hin? Da ist er weiterhin gut aufgehoben!

  • Wenn Altkanzler Schröder SPDler bleibt, so gibt dies jedem Genossen Anlass darüber nachzudenken, für welche Werte eigentlich die SPD (noch) steht!? Abgesehen davon,dass "Schröder" die BRD zum europäischen Billiglohnland & Land der (Billig-)Leiharbeitsverhältnisse machte, steht nun der wackere "Gerhard" auch dafür,dass sich nicht unwesentliche Anteile der DE-Gesellschaft das Heizen nicht länger leisten können. Sorry SPD!Doch damit rückt ihr DEUTLICH zu weit nach RECHTS und (noch deutlicher vernehmbar) in das neoliberalistische Lager, dem unser Altkanzler Schröder doch - faktisch - schon IMMER politisch auf das Engste verbunden war und ist. Grund: Nicht nur auf nationaler Ebene,sd sich internat. spiegelbildlich in gleicher Stärke zeigend, positionieren sich diejenigen, welche es "sozial" aus der Schicht der qua Geburt sozial Benachteiligten herausgeschafft haben, zielsicher im Lager der NEOLIBERALEN, massgeblich vertreten durch die FDP! Mit unserem Altkanzler - da gleichfalls "Mensch" - verhält es sich insoweit nicht anders! Doch bei aller "Menschlichkeit",für welche die SPD natürlich historisch einzutreten stets bereit ist, sollte die SPD nicht den Fehler begehen, "menschliche" Irrungen ihres "Gerhard" auch nur "parteipolitisch" (mit fehlgeleitetem Verständnis) (rechtfertigend) einfangen zu wollen.



    Der "Schröder" des Jahres 2022 ist mit den (hoffentlich gültigen) Leitbildern der SPD nicht kompatibel. Wenn dies der SPD auf SOZIAL-DEMOKRATISCH-POLITISCHER Ebene nicht klar sein sollte, was schon als Solches ein pol. Skandal ist,so sollte den SPD-Verantwortlichen von Heute doch spätestens im Hinblick auf die Tatsache, dass "Schröder" seinen Busenfreund-Geldgeber Putin auch hinsichtlich des barbarischen Putin-Krieges selbst nach knapp 6 Monaten noch weiter in SCHUTZ nimmt, endlich das Licht aufgegangen sein, dass Putin, äh, sorry, ich meinte natürlich "Schröder" nicht länger ein Sozialdemokrat im Sinne der Werte der Sozialdemokratie war&ist. Das war Schröder NOCH NIEMALS!

    • @tazeline:

      SPD und Werte... -Der war gut !🤣

  • Gerhard Schröder gehört für mich auf die Sanktionsliste!



    Kohle(Geld) ist das Einzige was wirkt!



    Das andere ist doch nur Eiertanz. Die halbe SPD Regierung(auch der President und Angie) müßten flüchten, wenn es um Putinnähe und Gaskonnection geht. Da fläzt sich ein Sigmar Gabriel in Talkshows ohne das geringste Fehlereingeständnis.Da war doch was mit Schlands größtem Gasspeicher?!



    Es ist schon toll.Die Damen und Herren, die uns in die größmögliche(Manu Schwesig) Abhängigkeit geführt haben sitzen die kommenden Monate..? locker aus.



    Könnte man nicht eine Überfalschentscheidungssteuer für diesen Personenkreis einführen?

    • @Ringelnatz1:

      Meiner Meinung nach hat Schröder nicht gesagt, dass der Russische Angriffskrieg richtiggehend und gerecht sei. Oder anders ausgedrückt: Er tritt eben nicht in die Fussstapfen der ehemaligen WK2- Kämpfer. Nieder mit den Russen, nieder mit Russland, demütigt sie, damit sie die nächsten 10 Jahre nicht mehr auf die Beine kommen. Mich wundert sowieso nichts mehr, wenn hier immer über den kommenden Winter und das fehlende Gas gejammert wird.

      • @Pepi:

        Na klar, alle außer Schröder und vielleicht ihnen arbeiten an einem reenactment des deutschen Überfall auf die Sowjetunion

        Wenn man es ganz schlicht und aus der Zeit gefallen mag, dann kommt das vielleicht hin.

        • @Jim Hawkins:

          Klar mit meinen 74 Jahren bin ich halt noch nah am Puls der damaligen Irren und sehe, dass deren Denken über Russland an die Kinder und Enkel weitergegeben wurde und jetzt Früchte trägt. Es wird nicht mehr zwischen Russen und Putin differenziert, sondern die Russen müssen gedemütigt und fertig gemacht werden, damit sie die nächsten Jahre nicht mehr auf die Beine kommen. Lieber Fracking- Gas aus USA und Öl von den Saudis als aus Russland.

          • @Pepi:

            Da gebe ich ihnen recht. Es kann nicht darum gehen, die Russen zu dämonisieren und bei totalitären Regimen mit zweierlei Maß zu messen.

            Dennoch kann man ja nicht business as usual machen. Meinereiner verortet sich schon auf der Seite des demokratischen Staates, der angegriffen wird.

            Und mir wird ganz schlecht, wenn ich an China und Taiwan denke.

  • Hat die SPD Putin eigentlich schon einen Aufnahmeantrag geschickt ?