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Eingriff in die Pressefreiheit in IsraelDer verschwundene Laptop

Der taz-Korrespondentin wird am Flughafen in Tel Aviv der Laptop abgenommen. 9 Tage später bekommt sie ihn wieder, schwer lädiert. Die taz legt Beschwerde ein.

Verdächtiges Gepäck? Szene am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv Ende Juni Foto: Violeta Santos Mour/reuters

Berlin taz | Am 7. Juli brach unsere aktuelle Israel-Korrespondentin Serena Bilanceri von Jerusalem nach Wien auf. Sie sollte in der österreichischen Hauptstadt mit dem „Piazza Grande Religion Journalism Award“ für besonders gelungene Texte ausgezeichnet werden, die sich mit dem Thema Religion und Glaube in Europa und dem Nahen Osten befassen. Prämiert wurde ihre taz-Reportage „Nachbarschaftshilfe“ aus dem Westjordanland von Ende 2023.

Geplant war eine zweitägige Kurzreise, auch gedacht als ein Durchatmen für eine Korrespondentin, die im Nahen Osten schreibt und lebt. Allerdings lief die Reise nicht wie geplant. Denn am Flughafen Ben-Gurion entwickelten die Sicherheitsleute ein besonderes, intensives Interesse für Serena Bilanceri und ganz besonders für ihren Laptop.

Der Fall ist nicht nur persönlich bitter für unsere Reporterin, die seit bald zwei Wochen nichts anderes mehr macht, als herauszufinden, was falsch gelaufen ist. Er sagt auch einiges über den Zustand der Pressefreiheit aus, die in Israel offenkundig von wenig Belang ist, wenn man als Sicherheitsrisiko gilt.

Die Schwierigkeiten begannen schon früh. Beim Check-in der Fluggesellschaft El Al konnte Serena Bilanceri ihren Reiserucksack nicht aufgeben, sondern wurde in den Bereich für überdimensioniertes Gepäck geschickt – ein Prozedere durchaus üblich für Personen, die auf einer Liste der Sicherheitsbehörden als potenziell verdächtig markiert sind. Eine Mitarbeiterin nahm den Laptop heraus und machte einen oberflächlichen Wischtest, offenbar ein Sprengstofftest.

Pressefreiheit in Israel

Lage in Gaza und gegenüber palästinensischen Journalist*innen: Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober 2023 wurden durch israelische Angriffe fast 200 Journalist*innen in Gaza getötet. Die israelische Armee kann palästinensische Medienschaffende unter Terrorverdacht unbegrenzt in „Verwaltungshaft“ nehmen – ohne Anklage oder Zugang zu einem Rechtsbeistand.

Einschränkungen innerhalb Israels
: Der Druck auf Journalist*innen ist auch in Israel gestiegen. Laut Reporter ohne Grenzen sind kritische, von der politischen Mehrheitsmeinung abweichende Stimmen seltener geworden. Die konservative Regierung unter Benjamin Netanjahu (seit Ende 2022 im Amt) trägt dafür direkte Mitverantwortung.

Maßnahmen gegen Medien und Desinformation
: Desinformationen nehmen zu, der katarische Sender al-Dschasira wurde per Gesetz verboten. Israels einst vielfältige Medienlandschaft ist heute stark eingeschränkt – auch durch Militärzensur bei sicherheitsrelevanten Themen. (taz)

Zunächst, so beschreibt es Serena Bilanceri, schien alles in Ordnung – bis ein zweiter Sicherheitsmann herantrat, den Laptop an sich nahm und verschwand. Auf die Nachfrage unserer Kollegin, was gerade passiere, antwortete die erste Security-Frau, man habe etwas auf ihrem Laptop gefunden, und sie müssten zusätzliche Kontrollen durchführen. Dabei sein durfte Serena Bilanceri nicht. Auch nach einer weiteren Stunde waren weder der Security-Mann noch der Laptop zurück. Serena musste schließlich ohne ihren Laptop und ohne ihren Rucksack nach Wien fliegen.

Ein Laptop enthält alles, was in Demokratien durch das Pressegeheimnis geschützt ist

Für Journalistinnen und Journalisten ist der Laptop mehr als ein Arbeitsgerät. Er enthält vertrauliche Informationen, Hinweise auf Quellen, Mails, Namen, Kontakte, ja selbst Zugänge in das Redaktionssystem einer Redaktion wie der taz – kurz alles, was in Demokratien durch das Pressegeheimnis geschützt ist. Wohl genau deshalb passiert es immer wieder, dass Journalistinnen und Journalisten bei Reisen nach und von Israel eine besondere Aufmerksamkeit erfahren, die vor allem auf Laptops und andere Mobilgeräte gerichtet ist.

Mir selbst folgten israelische Sicherheitsleute vor ein paar Jahren bis in den Zeitungskiosk im öffentlichen Teil des Flughafens, um mich über die Gesprächspartner eines Kollegen auszufragen, den ich gerade zum Abflug gebracht hatte – und dessen Laptop zeitgleich einem Sprengstofftest unterzogen wurde. In der Abwägung zwischen Pressefreiheit und Sicherheit verliert die Pressefreiheit in Israel regelmäßig. Bis heute gibt es eine Zensurbehörde, die beispielsweise rund um die jüngsten Angriffe Israels auf den Iran verfügte, welche Details Medien veröffentlichen durften und welche nicht.

Im Fall unserer Kollegin passierte tagelang nichts, obwohl Serena Bilanceri fast täglich bei El Al nachfragte. Die taz hat offiziell Beschwerde beim Israelischen Außenministerium und der Botschaft in Berlin eingelegt und zudem die Bundesregierung um Unterstützung gebeten. Die zwischenzeitliche Auskunft, der Laptop könne beim El-Al-Büro am Flughafen in Wien abgeholt werden, erwies sich als Falschmeldung; der Wiener taz-Korrespondent konnte nichts ausrichten.

Ein Zugriff auf die Daten bleibt unmöglich

Nach 9 Tagen, nach Erkundigungen der deutschen Botschaft in Tel Aviv, täglichen Nachfragen der taz und mit Unterstützung aus der Israelischen Botschaft in Berlin wurde der Laptop schließlich am Mittwochabend an Bilanceris Wohnadresse in Israel geliefert – schwer beschädigt. Der Computer wurde offenkundig physisch bearbeitet, er ist so massiv lädiert, dass unsere Kollegin nicht mehr an ihre Daten herankommt. Was in diesen 9 Tagen mit dem Laptop alles geschehen ist, wissen wir (noch) nicht, ebenso nicht, was mit den Daten passierte.

Nach erneuten Protesten teilte Noam Shlosberg, El Al’s Sicherheitschef am Flughafen Ben-Gurion mit, die Sicherheitskontrolle könne bei Alarm dazu führen, dass Geräte nicht an Bord einer Maschine verladen würden. Während der Inspektion würden Laptops nicht geöffnet und es gebe „absolut kein Eindringen in die Privatsphäre der Passagiere“. Die Daten würden „niemals kopiert oder darauf zugegriffen“. El Al entschuldige sich für die Beschädigungen. Die Zusicherung, nicht auf die Daten zugegriffen zu haben, erstreckt sich offenbar nur auf El Al, nicht auf die israelischen Sicherheitsbehörden, die eng mit der Airline zusammenarbeiten.

Eine unerträgliche Vorstellung

Uns fällt es angesichts der Spuren schwer zu glauben, dass niemand versucht hat, in den Rechner einzudringen. Die taz hat die Organisation Reporter ohne Grenzen gebeten, das Gerät forensisch zu untersuchen. Wir haben wenig Hoffnung, dass sich aufklären wird, wer genau was mit Serena Bilanceris Arbeitsgerät angestellt hat. Aber für uns ist die Vorstellung unerträglich, dass jemand unser Redaktionsgeheimnis gebrochen hat.

Die taz wurde einst als Gegenstimme zu den Mächtigen gegründet. Gerade in Benjamin Netanjahus Israel braucht es diese Gegenstimmen. Unsere Kollegin will und wird weiterhin kritisch aus Israel berichten, allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz.

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64 Kommentare

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  • In Gewahrsam genommenes fremdes Eigentum darf nicht mechanisch grob beschädigt werden, so viel ist offensichtlich. Irgendetwas ist da massiv schiefgelaufen und das muß Konsequenzen haben. Aber der Rest?



    In jeder deutschen Großstadt gibt es ein Dutzend günstiger Hinterhofwerkstätten, die problemlos jeden Laptop vollständig zerlegen und fehlerfrei ohne sichtbare Spuren wieder zusammenschrauben können. Und ein hochprofessioneller Sicherheitsdienst soll daran scheitern? Offenbar ist ein Unfall passiert -- wem ist noch nie ein teures Gerät auf den Steinboden gefallen? -- und hinterher will es keiner gewesen sein. Leider Alltag, in jedem Kontext. Der Rest der Anschuldigungen entspringt offensichtlich einer zu aktiven Phantasie von jemandem, der zu viel schlechtes Fernsehen konsumiert.

  • "Die taz wurde einst als Gegenstimme zu den Mächtigen gegründet."

    Na ja, Je nachdem wer gerade an der Regierung ist kann die Gegenstimme bei fast identischer Regierungsarbeit auch ganz schön leise werden. Auch in der taz positioniert man sich zu einzelnen Parteien pro oder contra. Man sollte den eigenen Bias nicht leugnen.

  • Es werden nicht nur Laptops zerstört, es werden auch Reporter getötet.

    "Die Palästinensischen Gebiete sind für Journalist*innen derzeit der gefährlichste Ort der Welt. Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen, den Israel am 7. Oktober 2023 in Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas begann, wurden bei Angriffen der Terrorangriff der Hamas begann, wurden bei Angriffen der israelischen Streitkräfte fast 200 Medienscharffende im Gaza getötet" www.reporter-ohne-...aestinensergebiete

  • Leider habe ich diesen erschreckenden Bericht erst gelesen, nachdem ich mich in einem Beitrag zum taz-Artikel über den Rapper Macklemore gegen die hierzulande übliche Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus zur Wehr setzte. Denn der Bericht hier ist für mich eine Bestätigung, dass der 'Zionismus' von Netanjahus Gnaden Gift ist für die Weiterexistenz Israels als demokratisch verfasster Staat.

    • @Auweiowei:

      Die Militärzensur und die Ausspionierung sind aber nichts Neues. Das gab es auch schon vor Netanjahu.

  • Arte berichtete gestern, dass orangen gekennzeichnete Wasserversorgungswagen von der israelischen Armee in Gaza mit Raketen beschossen wurden. Es kam zu Toten und Verletzten.

    Glaubt irgendwer, dass dieses und andere mögliche Kriegsverbrechen der israelischen Armee in Gaza jemals durch Journalisten aufgedeckt und durch eine zivile Justiz abgeurteilt werden können, wenn Pressezensur und Militärrecht in Israel herrscht und Israel immer mehr zum Polizeistaat wird?

    Der Laptop-Diebstahl zeigt, dass Israel im Krieg demokratische Rechte einer deutschen Journalistin mit Füssen tritt.

    Das Mindeste wäre, dass der deutsche Botschafter in Israel, selbst ehemaliger Journalist, der taz-Koresspondentin das Laptop ersetzt, plus Aufwandentschädigung, denn die deutsche Staatsraison gilt nicht nur Israel, sondern auch für die in Israel berichtenden deutschen Journalisten, die mit ihrer Arbeit die Demokratie in Israel und der BRD verteidigen.

    • @Lindenberg:

      Journalisten, die in Israel arbeiten, können über Vorgänge in Gaza ebensowenig aus eigenem Wissen berichten, wie Journalisten, die in Deutschland arbeiten. Im einen wie im anderen Fall werden Behauptungen übernommen, die aus Gaza stammen und für die betreffenden Journalisten nicht überprüfbar sind. Und was von den Gewährsleuten der Journalisten aus Gaza berichtet wird, ist mit größter Vorsicht zu genießen, denn in Gaza gibt es keine unabhängigen Berichterstatter. Wer von dort etwas berichtet, was der Hamas nicht passt, riskiert sein Leben.

  • "... alles, was in Demokratien durch das Pressegeheimnis geschützt ist..." Ja, in Demokratien schon, doch es ist immer mehr zweifelhaft, dass Israel immer noch eine solche ist. Völlige Ignoranz des Völkerrechts, Menschrechtsverletzungen, genozidale Aktionen in Gaza und WJL, Einschränkung der Pressefreiheit, Manipulation des Regiernungschefs gegen seine gerichtliche Untersuchung usw. - all das sind Hinweise, dass man es hier nicht (mehr) mit der einzigen Demokratie in Nahost zu tun hat. Extrem erschreckend vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass die "werteorientierten" Staaten, einschließlich Deutschland für diese Entwicklung nur ein Schulterzucken übrig haben.

    • @Perkele:

      In Israel wurden und werden regelmäßig Regierungen abgewählt. Und dort bedeuten neue Mehrheiten auch tatsächlich eine andere Politik mit sicht- und spürbaren Unterschieden. Und in der demokratischen Republik Deutschland?

    • @Perkele:

      Sie müssten für den Nachweis, dass Israel aktuell wirklich keine Demokratie mehr ist, mehr bringen als Verhalten der Armee außerhalb Israels.

      Sowas finden Sie selten in Demokratiedefinitionen.

      Manipulationsversuche eines Regierungschefs können auch mal passieren.

      So lange immer noch damit rechnen muss, abgewählt zu werden, und die Leute in großer Zahl gegen ihn demonstrieren und die Zeitungen über ihn negativ berichten können, scheint es doch noch demokratisch zuzugehen.

      Die Liberalität scheint abzunehmen.

      War aber nach dem 7.10. zu erwarten.

      Solche Ereignisse stecken Gesellschaften nicht einfach so weg.

      Was glauben Sie denn, was hier los wäre, wenn ca. 10.000 Islamisten 1200 Menschen umbringen, massakrieren und die Videos anschließend ins Internet stellen.

      Dann wird die AfD spontan zu einer eher linken Partei.

      Diejenigen, die eine "globale Intifada" wollen, haben wenig nachgedacht.

      • @rero:

        Eine demokratische Regierung die diese Bezeichnung verdient, hält sich an die weltweiten Normen wie etwa Völkerrecht, Menschenrecht, Unantastbarkeit der Grenzen etc. etc. Die wurden demokratisch erarbeitet und alles was dem nicht entspricht, wie etwa Recht des Stärkeren, diktatorische Zustände, das war/ist Ausdruck unzivilisierter Macht Einzelner oder kleinsten Gruppen. Israel hält sich nicht an anerkannte Regeln und das zeigt sehr deutlich, dass es dort mit der Demokratie nicht (mehr) so weit her ist. Will man sich mit Terrorgruppen oder Diktaturen gemein machen? Demokratie ist kein Begriff, der nur auf die Innenpolitik bezogen werden kann.

      • @rero:

        Solange Kriegsverbrechen und massive Einschränkung in einer Demokratie stattfinden kann man diese Demokratie als einen hohlen Zahn ansehen. Die Frage ist daher: sollte man hohle Zähne mit einer rechtsextremen Krone noch unterstützen?

      • @rero:

        Besetzt Deutschland etwa fremde Gebiete? Greift es Nachbarstaaten an?

  • "Die taz wurde einst als Gegenstimme zu den Mächtigen gegründet."

    Täglich lässt Israel in Gaza auf hungernde Zivilisten schießen.

    Beim eigenen Laptop ist dann aber das Ende der Fahnenstange erreicht.

    Bisschen beschämend.

    • @Schleicher:

      Bisschen beschämend ist ihr Kommentar ;)

      In der Taz wird das Handeln von Israelsregierung mehr als einmal scharf und heftig kritisiert aber eben auch andere Meinung zu dem Thema veröffentlicht. Die Motivation ist ihres Seitenhiebes erschließt sich mir vor diesen Hintergrund nicht .

      Oder stört es sie dass nicht nur ihre eigene Meinung in der Taz veröffentlicht wird ? Das wäre dann aber wiederum sehr nah an einen bestimmten Ministerpräsidenten dran, mit dem sie vermutlich keine Bühne teilen möchten ;)

    • @Schleicher:

      Diesen Vorwurf kann man der TAZ ganz gewiß nicht machen. Was soll das?

    • @Schleicher:

      Liberalismus in nuce...

  • Was die Sicherheit der eigenen Daten angeht ist es seit den 2000ern leider sehr schwierig sich zu schützen. Sicherheitsbehörden brauchen längst gar keinen Zugriff mehr auf physische Geräte, Spähprogramme lassen sich einfach wie nie auf Smartphones aus der Ferne aufspielen und man hat bereits alle Kontaktdaten, Gespräche Nachrichten mitgeschnitten plus kann das Smartphone zur mobilen Wanze umfunktionieren um auch analoge Gespräche abzuhören. Konfiszierung und Zerstörung von Mobilgeräten ist also inzwischen reine Abschreckung und Schikane, keine Spionage / Überwachung mehr.

  • Ja, ähnliches erlebte ich selbst ( schon Mitte und Ende der 90er im Rahmen wissenschaftlicher Interviewreihen) hatte aber keine sensiblen Daten und vorallem keine Kontaktdaten zu Gesprächspartner:innen auf dem Leihgerät, weil ich von Kollegas vorgewarnt war und ich hörte es auf Nachfrage von viele weiteren, auch von Medienschaffenden. Der eigentliche Skandal war, dass derartige Schikane und Einschüchterung selten öffentlich gemacht wurden und man damit allein gelassen wurde. Die Politik der Staatsräson brachte und bringt auch viele Unis und Medienhäuser dazu, derartige Vorfälle die in der Summe längst systematisch sind, nicht zu veröffentlichen im naiven Glauben an die Staatsräson und dem Tabu systematischer Kritik an undemokratischen israelischen Praktiken. Daher freue ich mich besonders, dass dieser Vorfall veröffentlicht wurde! Trotz der Wahrscheinlichkeit, dass die Korrepondentin nun deshalb bei der nächsten Einreise nach Israel Probleme oder kein Visum bekommen wird.

  • wann bemerkt die welt endlich, dass israel kein normaler demokratischer staat ist? er wird geführt von teils radikalisierten zionisten, die so ideologisch verbrämt sind, dass viele den bezug zur realität verloren haben. sie bekommen immer noch so viel unterstützung aus vielen westlichen ländern, dass sie sich immer immer im recht wähnen. die gefahr der verstärkung in ihrer eigenen echokammer hat die kritischen stimmen zu klein werden lassen. die gesellschaft driftet ab. die letzten umfragen sprechen bände - 82% aller jüdischen israelis unterstützen die vertreibung, 47% die tötung aller palestinenser in gaza. das ist nur noch wahnsinn.



    www.middleeasteye....stinians-gaza-poll



    und was dort am flughafen passiert ist, ist wieder nur ein indikator des levels des entitlements. uns ist 1998 bei der einzigen israelreise ähnliches passiert, da ging es um eine elektrische zahnbürste statt um ein laptop, verhöre, stripsearch, fast flug verpasst.



    wer das verhalten von siedlern (die noch nicht mal israelische staatsbürger sein müssen) in der wetbank sieht, fragt sich, wie so ein absurdes verhalten, psycholgisch betrachtet, enstehen konnte.

    • @the real günni:

      Als Erinnerung: das, was dort am Flughafen passiert, ist in den USA auch schon lange ein Risiko (schon vor Trump), wenn man auf einer Gefährderliste steht.

      Die Quelle der Zahlen ist Hareetz:



      archive.is/VgB0W

      Dort stehen auch die gestellten Fragen: sie sind so gestellt, dass bei Religiösen eine möglichst hohe Zustimmung erzielt wird. Nämlich mit Rückbezug auf das alte Testament. Gab dazu Forschung: wenn Religiösen Leuten gesagt wird, etwas wäre aus der Bibel motiviert, stimmen viel mehr zu.

      Beleg: www.deutschlandfun...und-bibel-100.html

      Wer so fragt, will also eine möglichst hohe Zustimmung erzielen.

      Das war 2021 -- vor dem 7.10.. Da waren übrigens Juden (auch in Israel) ein Outlier, weil ihre Zustimmung zu Gewalt niedriger war als die aller anderen. Und in Palästina sah es da schon übel aus:

      > während in Palästina insgesamt die Toleranz gegenüber Gewalthandlungen sich auf einem hohen Niveau bewegte: 41 Prozent der Muslime stimmten tödlicher Gewalt zu, mit Schriftzitat sogar 78 Prozent.

      • @Arne Babenhauserheide:

        "Wer so fragt, will also eine möglichst hohe Zustimmung erzielen."



        Das mag sein, nur dürfen Sie nicht vergessen, dass auch ein Netanjahu "möglichst hohe Zustimmung erzielen" will, die religiöse Rhetorik beherrscht und mit den gleichen Referenzen um Unterstützung für seine abscheulichen Verbrechen in der israelischen Gesellschaft wirbt und das offenbar recht erfolgreich. Ich würde also sagen, die Fragen sind, im Kontext dieses Konflikts, genau richtig gestellt.



        "Gab dazu Forschung: wenn Religiösen Leuten gesagt wird, etwas wäre aus der Bibel motiviert, stimmen viel mehr zu."



        Auch das kann ich glauben, es wäre aber ein Armutszeugnis, dass einfache Bezugnahme auf einen antiken Text die Zustimmung zu etwas erhöht, in diesem Fall, da wir von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid sprechen ist es auch eine moralische Bankrotterklärung der Befragten.

  • Israel ist offensichtlich ein Unrechtsstaat, deshalb ist die Ignoranz gegenüber den Rechten von Journalisten und der Pressefreiheit nicht weiter überraschend.

    • @Holger Decloux:

      Ich kann wir vorstellen, dass die israelischen Gesetze so rigoros sind.

      Dann wäre Israel kein Unrechtsstaat.

      "Offensichtlich " gibt es bei der Frage nicht, wenn man das israelische Recht nicht kennt.

      • @rero:

        Zumindest dann nicht, wenn man rein rechtspositivistisch und ausschließlich auf der Ebene nationalen Rechts argumentiert; dann allerdings wäre der Begriff Unrechtsstaat obsolet...

  • Israel ist offenbar in Sachen Zensur nicht einen Deut besser als der Iran.

    • @torrez:

      Bislang sehe ich Israel nicht im Rang der Pressefreiheit auf einem dreistelligen Platz, wie es beim Iran der Fall ist.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Israel ist dafür das am besten durchleuchtete und analysierte Land der Welt. Über kein anderes Land weiß ein großer Teil der Weltbevölkerung und auch ein Großteil der Foristen hier im Detail so viel wie über Israel. Nicht über Russland, China, Katar, nicht über Nordkorea, Iran, Südafrika oder Nicaragua.

        Selbstverständlich ist dieses große Wissen und diese Expertise nur der Sorge um das Land Israel und seiner Bevölkerung geschuldet.

        • @BrendanB:

          Na ja, Russland, China, Katar, Nordkorea, Iran, Südafrika oder Nicaragua halten ja auch nicht seit 60 Jahren wie im Westjordanland fremdes Land besetzt. Südafrika z.B. hat es geschafft vor ein paar Jahrzehnten die Apartheid zu überwinden.

          Es liegt an Israel sich da aus der medialen Schusslinie zu begeben. Man kann nicht erwarten, dass die Medien nicht mehr berichten nur weil man lange genug Menschenrechte verletzt hat.

        • @BrendanB:

          ;-)

      • @Troll Eulenspiegel:

        Für 2025 wird Israel auf Rang 112 geführt im letzten Jahr 101! Sieht dreistellig aus für mich. Seit 2010 tümmeln sie sich im 80er und 90er Bereich auf der Rangliste, was für eine Demokratie auch nicht gerade ein Aushängeschild ist. de.m.wikipedia.org...der_Pressefreiheit



        Und wenn man sich so anschaut was die derzeitige Regierung allein in den letzten Monaten zur Einschränkung der Pressefreiheit getan hat und auch noch vorhat, dann stehen düstere Zeiten bevor. Das immer nur klein zu reden und zu relativieren hilft gar nicht, vor allem nicht denjenigen vor Ort, die ihre Demokratie bewahren wollen.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Israel ist bei Reporter ohne Grenzen 2025 auf Platz 112, also näher beim Iran (176) als bei Deutschland (11).

      • @Troll Eulenspiegel:

        Angesichts der über 170 durch die IDF getöteten Journalisten in Gaza zwischen Oktober 2023 und Heute sowie der 2024 über 70% weltweit getöteten Journalisten durch die IDF in Gaza ein erstaunlicher Sachstand.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Muss man halt die Augen aufmachen, wenn man sehen will. Israel ist auf einem dreistelligen Platz (#112) in 2025. Und ob Rang #163 für die palestinensischen Gebiete nicht eigentlich auch zumindest teilweise Israel anzurechnen sind, können wir gerne diskutieren.

        www.reporter-ohne-...te-2025-ueberblick

        • @EffeJoSiebenZwo:

          Können wir gerne nur wird dabei herauskommen dass die Palästinenser schon selbst dafür verantwortlich sind, zumindest wenn man sie als handelnde Subjekte ernstnimmt :)

          Dann können wir aber auch das Fass aufmachen, ob Israels Rechtsruck und die damit verbundene schlechte Pressefreiheit nicht auch zumindest teilweise ob das Handeln der Palästinenser zurückgeht :)

          • @Rabenbote:

            'nur wird dabei herauskommen dass die Palästinenser schon selbst dafür verantwortlich sind'

            Ernsthaft? Jeder der in Gaza und in der West Bank von der IDF getöteten Journalist:innen war also Terrorist:in? Vielen Dank für den Einblick in Ihr Denken, aber für mich ist das wohl überwiegend eine lethale Strategie zur Vermeiden 'schlechter Presse'.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Reporter ohne Grenzen verortet Israel in der Rangliste der Pressefreiheit schon länger im dreistelligen Bereich...

        • @O.F.:

          Und trotzdem bei weitem nicht so weit unten und mit so wenig Punkten wie den Rest der Staaten in dieser Region ;D

          • @Rabenbote:

            Keiner der anderen Staaten ist allerdings unmittelbar für den Tod von über 170 Journalisten allein in diesem Jahr verantwortlich...

  • Um die Daten auf dem Laptop auszulesen braucht man ihn nicht zu zerstören, ich denke das bekommen die Israelis auch so hin. Die sind ja recht bekannt oder berüchtigt für ihre Spyware (z.B. Pegasus) und andere Überwachungs- und Spionage Praktiken (z.B. Unit 8200), die gerade was das Eindrängen in die Privatspähre von Palästinensern angeht, teilweise rechtswidrig sind, da ohne Genehmigung oder richterlichen Beschluss.



    Die Zerstörung des Laptops, so kann man nur vermuten, diente vielleicht tatsächlich nur dazu, dass die Journalisten eben nicht mehr auf ihre Daten zugreifen kann und damit der Behinderung ihrer Arbeit bzw. Schikane, wie es ja etliche Journalisten dort erleben.

  • Der taz-Korrespondentin wird am Flughafen in Tel Aviv der Laptop abgenommen. 9 Tage später bekommt sie ihn wieder, schwer lädiert. Die taz legt Beschwerde ein.



    ---



    Was, vor langer Zeit, nur bei Reisen nach Russland, China, usw. üblich war ist seit Jahrzehnten, doch Standard!



    IT vor der Reise neu aufsetzen & im Zielland über gesicherte VPN die auf dem Heimatserver gespeicherten Infos, neu aufspielen.

    Pressefreiheit in Israel? Ein weites Feld!

    Ohne "gekryptete" Platte mit GELI usw. würde ich mich dort nicht mehr bewegen, gar arbeiten! :-(

    Auch Mail ohne GPGP zu nutzen ist dort mMn. in unserem Job fahrlässig!

    Verstehe die TAZ Rules für ihre Auslandskorrespondenten nicht?



    Der Glaube an das "Gute in Regierungen" ist zwar tapfer, aber leider auch mMn. ein wenig naiv!

    • @Sikasuu:

      Yep! Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen!

  • Warum überrascht?



    Laut Pressefreiheitsbericht 2025 liegt Israel im Ranking hinter Staaten wie: Armenien, Albanien, Rumänien, Sierra Leone, Bolivien und sogar Thailand.

    • @Keine Sonne:

      Ja, Israel liegt im aktuellen Ranking der Pressefreiheit auf Platz 102 mit 51,06 Punkten und steht damit nicht so gut da, wie es für eine Demokratie sein sollte. Das naheliegendste EU-Land wäre Griechenland auf Rang 89 mit 55,37 Punkten.

      Aber die naheliegenden Nachbarländer Israels zu verwenden, hat wohl nicht so gut gepasst:

      Libanon: Rang 132 mit 42,62 Punkten



      Jordanien: Rang 147 mit 35,25 Punkten



      Palästinensische Gebiete: Rang 163 mit 27,41 Punkten



      Ägypten: Rang 170 mit 24,74 Punkten



      Iran: Rang 176 mit 16,22 Punkten



      Syrien: Rang 177 mit 15,82 Punkten

      www.reporter-ohne-...efreiheit_2025.pdf

      • @serious?:

        Sind die umliegenden Länder Demokratien? Nein. Von daher sollte man da wohl keine Vergleiche ziehen außer man will sich mit Autokratien/ Diktaturen vergleichen. Wenn man sich schon als Demokratie bezeichnet, sollte man sich was seine Werte angeht und auch die Pressefreiheit doch mit anderen Demokratien messen und vergleichen.

  • Da muss man nichts "untersuchen"! Denn es ist klar, dass alles kopiert wurde was verfügbar war. Die Festplatte(n) wurden ausgebaut und gespiegelt, das ist Standard in diesen Fällen. Nicht nur in Israel, sondern auch in den USA und anderen Ländern. Genauso wie Handys ausgelesen werden.



    Alle Geräte, die mehr als 15 Minuten außer Sichtweite sind, muss man verloren geben, sie sind kompromitiert.



    Die TAZ tut gut daran, einige zugänge jetzt anders abzusichern!



    Und nein: Das ist keine Paranoia... Dank "KI" kann man die Datenmengen inzwischen nämlich auch durchsuchen.

    • @realnessuno:

      Und das ist nicht erst jetzt so, sondern war schon vor Trump der Fall, wenn man in einer Gefährderdatei stand.

    • @realnessuno:

      Dafür braucht es keine KI. Es ist eine Frage der Prozessor- und I/O-Geschwindigkeit sowie der zu scannenden Datenmenge (Größe der Festplatte/SSD) und hängt damit zusammen, ob die Daten bereits indiziert sind (was heutige Betriebssysteme in default-Einstellung tun).

  • "Sonderbehandlung" vielleicht etwas suboptimaler Begriff?

  • Die Entwicklung in Israel ist erschreckend und vor allem abschreckend. Mit Demokratie hat das alles nichts mehr zu tun. Es werden wohl viele einen Bogen um das Land machen.

  • Es ist aber auch ziemlich verantwortungslos, mit heiklen Daten auf dem Laptop durch den israelischen Zoll zu gehen. Umso mehr, als dass jede Journalistin davon ausgehen muss, dass sie auf einer Liste steht. (Das gilt natürlich auch für eine ganze Reihe anderer Staaten, nicht zuletzt z.B. auch für die USA.)

  • Die Eingriffe in die Pressefreiheit werden immer unerträglicher. Den israelistischen Sicherheitsbehörden ist natürlich zuzutrauen, dass sie an alle Daten herangekommen sind und das die Beschädigungen nur die oberflächliche Warnung für später sind.



    Nebenpunkte:



    - wurde der Laptop ersetzt?



    - warum nimmt man den Arbeitslaptop mit, wenn zwei Tage Durchatmen angesagt sind?



    - Das genutzte Illustrationsbild zeigt mindestens vier klar identifizierbare Leute. Ist das von öffentlichem Interesse?

    • @fly:

      Die Journalistin sollte einen Preis für ihre Texte bekommen. Dabei wird sie ebendiese sicherlich brauchen, vielleicht zusammen mit etwas Bildmaterial, da nimmt sie natürlich ihren Laptop mit?

    • @fly:

      Whataboutism vom Feinsten.



      Warum sollte sich die Journalistin erklären müssen ?

    • @fly:

      Inwiefern braucht es eine Erklärung warum man einen Laptop dabei hat?

      • @Klobrille:

        Es geht nicht um einen Laptop, sondern um den Arbeitslaptop mit vertraulichen Daten.

        • @Mendou:

          Ja ich weiß, macht aber keinen Unterschied. Es bedarf keiner Begründung warum er mitgeführt wurde.

          • @Klobrille:

            Wenn dadurch durch die bekannte Praxis im Zielland sensible Daten in Gefahr gebracht werden, dann braucht es eine gute Begründung.

            Gilt auch schon seit vielen Jahren bei Reisen in die USA.

          • @Klobrille:

            Doch braucht es, wenn da offensichtlich ungesicherte vertrauliche Daten und Logins drauf sind. Journalistin sollte doch eigentlich die grundlegendsten Regeln kennen. Sie hätte ohne Probleme einen anderen Laptop mitnehmen können, auf dem keine solche Daten sind.



            Würdest du als Whistleblower eine Journalistin wählen, die bewusst einen Laptop voller vertraulicher Daten der Gefahr ausgesetzt hat beschlagnahmt zu werden?

  • Was Ihrer Israel-Korrespondentin hier passiert ist, ist wirklich sehr ärgerlich. Warum genau das geschehen ist, wird man womöglich nie sicher wissen können. Möglicherweise handelt es sich um einen Einschüchterungsversuch, um kritische Berichterstattung über Israel zu vermeiden? Das Gerät forensisch untersuchen zu lassen ist jedenfalls eine gute Idee, denke ich.

    Bei zwei Stellen im Artikel musste ich allerdings stutzen:

    "Aber für uns ist die Vorstellung unerträglich, dass jemand unser Redaktionsgeheimnis gebrochen hat." Technische gesehen ist es einfach bzw. trivial, so etwas im Vornherein zu verhindern, und in weiten Teilen der IT-Industrie ist das seit vielen Jahren gängige Praxis. Etwa mit Festplattenverschlüsselung. Wenn wirklich sensible Daten auf einem Gerät sind, sollte man es beim Reisen dann abgeschlatet haben, damit keine Daten (unverschlüsselt) im Arbeitsspeicher sind. Etc.

  • - Kein Geraet verlaesst die Firma unverschluesselt.



    - Ist das Geraet am Flughafen in Abwesenheit eines Mitarbeiters kontrolliert worden, ist das Geraet zu ersetzen.



    - Zur Authentifizierung sind Passwoerter zu nutzen. Auf keinen Fall biometrische Checks da jene einfacher erzwungen werden koennen.



    - Sensible Daten sind primaer in einer deutschen und verschluesselten Cloud zu speichern. Zugriff erfolgt nur mit 2-Faktor und Uebertragungsverschluesselung. Von auslaendischen Anbietern ist abzusehen.

  • "Ein Zugriff auf die Daten bleibt unmöglich"

    Ich finde die Zwischenüberschrift unglücklich gewählt. Ich dachte erst, den israelischen Behörden sei der Zugriff unmöglich gewesen - was ja dezidiert unbekannt ist.

    • @Marvienkäfer:

      Entweder das, oder die Aussage zum gebrochenen Redaktionsgeheimnis ist irreführend.