Die Verständnisfrage: Skifoarn ist nur einmal im Jahr
Warum fahren Menschen jetzt noch Ski, fragt ein Journalist aus Leipzig. Ein bisschen Luxus muss sein, antwortet eine Studentin aus Berlin.
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.
Franz Hempel, 26, Journalist aus Leipzig, fragt:
Liebe Skifahrer:innen, euer Sport ist ein Desaster fürs Klima. Warum könnt ihr es nicht lassen?
***
Rebecca Fuchs, 28, Studentin aus Berlin, antwortet:
Die Frage kommt total gelegen, weil ich in zwei Wochen wieder in den Skiurlaub fahre und aktuell voller Vorfreude bin. Beim Skifahren geht es mir persönlich um das Gesamtpaket, aber vor allem um die Berge. Es ist nicht nur die Aussicht, sondern dieses ganz besondere Gefühl, wenn man beim Skifahren durch den Schnee gleitet. Das ist unbeschreiblich, diese Art von Freiheit zu erleben, während man dem Himmel so nah ist.
Ich komme aus Berlin und bin in Brandenburg aufgewachsen, hier gibt es keine Berge in der Nähe. Ich sage immer gerne, dass es in Berlin wirklich alles gibt, außer die Berge und das Meer – und dahin kann man ja in den Urlaub fahren. Wenn ich in den Skiurlaub fahre, weiß ich, dass ich in den Bergen schlechten Empfang habe und deshalb in diesem Zeitraum wunderbar abschalten kann. Ich lebe dann nur im Moment, und das tut wahnsinnig gut.
Sonst mache ich keinen Luxusurlaub. Das ist die einzige Woche im Jahr, in der ich so viel Geld ausgebe und das dann aber richtig zelebriere. Da gehört für mich dann alles dazu: Skifahren, essen gehen, Champagner trinken, abends in die Sauna und danach noch gemeinsam mit Freunden Karten spielen.
Natürlich ist da eine gewisse kognitive Dissonanz, das gebe ich ganz offen zu. Es gibt viele Dinge, die wir machen, obwohl wir wissen, dass sie schlecht sind. Ich bin mir der Problematik auch deshalb bewusst, weil ich nebenbei noch Geografie auf Lehramt studiere. In meinem Studium habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, inwiefern Skifahren schädlich ist. Trotzdem frage ich mich, warum ich damit anfangen soll, mich zu verändern, während alle anderen weitermachen wie bisher. Andere fahren weiter Ski, steigen in ein Flugzeug oder machen eine Kreuzfahrt.
Mit gutem Beispiel voranzugehen ist schwer
Ich finde es sehr schwer, diese Ungerechtigkeit auszuhalten und zu bemerken, dass man sich selbst anstrengt und auf Dinge verzichtet, während andere Personen das nicht machen. Ich kann nicht die Erste in meinem Freundeskreis sein, die sagt: „Ich fahre nicht mit.“ Ich würde es nicht aushalten, zu Hause zu bleiben, während meine Freunde wahnsinnigen Spaß ohne mich haben.
Es fällt mir schwer, mit einem guten Beispiel voranzugehen und nicht zu wissen, ob jemand anderes nachzieht. Das ist egoistisch, aber ich bin auch nur ein Mensch. Wenn wir als Gesellschaft kollektiv auf das Skifahren verzichten würden, wäre ich zwar geknickt, würde die Entscheidung aber unterstützen.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Normalerweise blende ich die negativen Seiten und Auswirkungen meines Verhaltens nicht aus. Aber beim Skifahren kann ich das. Ich habe meine Verantwortung in den letzten Jahren verdrängt. Mir ist aber wichtig, dass man in der Debatte bedenkt, dass jeder Mensch in verschiedenen Bereichen mal mehr und mal weniger moralisch handelt. Skifahren ist eines meiner Laster, dafür halte ich mich in anderen Bereichen stärker zurück. Damit kann ich relativ gut leben.
Ich fahre in zwei Wochen ganz sicher in den Skiurlaub, wahrscheinlich auch nächstes Jahr wieder. Ob ich das in fünf oder zehn Jahren noch mache, das weiß ich nicht.
Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum, um alles in der Welt, sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn Sie eine Gruppe Menschen besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.
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