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Der Westen und RusslandRegime Change – was sonst?

Essay von Claus Leggewie

Die einzige Lösung für Frieden ist ein Regime Change in Russland. Dieser muss zugleich den Übergang in eine postfossile Weltwirtschaft einleiten.

Biden forderte einen Regierungswechsel. Was es in Russland braucht, ist ein Regimewechsel Illustration: Katja Gendikowa

U S-Präsident Joe Biden wird gerade für einen Satz mit Kopfschütteln bedacht, der richtiger und wahrer gar nicht sein könnte: Bleibt Wladimir Putin an der Macht, wird die Welt keine Ruhe haben. Putin darf auch sein eigenes Land nicht länger in den Abgrund führen, er kann niemals der Verhandlungsführer über eine „Friedenslösung“ mit und in der Ukraine sein, er gehört vielmehr vor ein Kriegsverbrechertribunal, und die Milliarden, die er mit seinen Spießgesellen zusammengerafft hat, müssen für Reparationszahlungen reserviert sein.

Das sei naiv? Ja sicher, und zwar im Sinne von Immanuel Kants Definition von Naivität als „Ausbruch der der Menschheit ursprünglich natürlichen Aufrichtigkeit wider die zur andern Natur gewordene Verstellungskunst.“ Verstellung war und ist das Kennzeichen aller Verhandlungs- und Kooperationsangebote, die dem Diktator auch nach dem 24. Februar 2022 unterbreitet wurden. Sie entspringen einer sich „realistisch“ nennenden Denkschule der internationalen Politik, die selbst nach Putins Großangriff auf die institutionellen Grundlagen unserer Weltordnung geostrategische „Realitäten“ wie Russlands Großmachtanspruch anzuerkennen bereit ist.

Claus Leggewie ist Ludwig Börne-­Professor an der Universität Gießen und befasst sich mit Problemen der Demokratisierung weltweit. 2021 erschien von ihm, zusammen mit Paweł Karolewski: „Die Visegrád-Connection“ (Wagenbach).

Regime Change ist diesem Denken der Gottseibeiuns. Was Biden reklamiert hat, ist übrigens nicht einmal das. Er hat lediglich die Auswechslung der Spitzenposition im Kreml beschworen, also einen Regierungswechsel. Regimewechsel wäre allein die tiefgreifende Demokratisierung der Russischen Föderation, die neben freien und fairen Wahlen die Unabhängigkeit der Justiz und der Medien, der Wissenschaft und Kunst beinhaltete – Elemente, die nach der oberflächlichen Demokratisierung Russlands nach 1991 allesamt wieder unterdrückt worden sind. Eine per Wahlentscheid ermittelte Mehrheit erschien ausreichend, und darauf berufen sich alle anderen Autokraten, die es Putin nachgetan haben, um ihren Demokraturen den Anschein von Legitimität zu geben. „Kompetitiver Autoritarismus“ ist der Fachterminus für diesen Taschenspielertrick lupenreiner Demokraten.

Regimewechsel waren in der Geschichte an der Tagesordnung und sie hatten stets zwei Seiten: den Druck von außen und den Wandel von innen. Ein Regimewechsel, dem wir Heutigen übrigens unsere ganze physische und politische Existenz verdanken, war 1945 Resultat einer kriegerischen Intervention der Antihitlerkoalition, die völlig konträre Weltanschauungen vereinte. Regime endeten auch infolge kontinuierlicher Sanktionen, wie das Apartheid-Regime in Südafrika, welche wiederum die innere Opposition stärkten. Häufig wechselte ein Regime unter dem Druck der Straße, wie zuletzt und allzu rasch konterkariert im „Arabischen Frühling“. Schon der Zusammenbruch der Sowjetunion, der bedeutendste Regimewechsel nach 1945, war Folge eines breiten zivilen Ungehorsams – und zwar in der ČSSR und in Polen. Die folgenden Majdan-Aufstände und bunten Blumen-Revolutionen sind das eigentliche Motiv von Putins vermeintlich irrationalem Handeln. Eher die Ausnahme sind schließlich Regimewechsel durch friedliche Wahlen, deren Ergebnisse von den Herrschenden hingenommen werden – das hofft man jetzt in Ungarn, bald in der Türkei und demnächst in Brasilien zu erleben.

taz am wochenende

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In der etablierten Diplomatie und Politikwissenschaft sind Regimewechsel verpönt, weil sie eine Einmischung in „innere Angelegenheiten“ eines anderen Staates darstellen und gegen das im Völkerrecht geheiligte Prinzip der nationalen Souveränität verstoßen. Verpönt sind sie auch, weil sie allzu oft ein schieres imperialistisches Machtstreben verbrämten; die vom CIA unterstützten Staatsstreiche in Lateinamerika sind Legion, ebenso die von der Sowjetunion und dem postsowjetischen Russland inszenierten Machtwechsel und der von der VR China erzwungene Regimewechsel in Hongkong. Unter solchen Vorzeichen ist Regimewechsel selbstredend verwerflich, denn es ging – idealtypisch in dem von Moskau veranlassten Februarumsturz 1948 in der Tschechoslowakei und in dem von den USA und Großbritannien 1953 orchestrierten Putsch gegen die progressive Regierung Mohammed Mossadeghs im Iran – allein darum, frei gewählte Regierungen durch Diktatoren wie den Schah und die stalinistische Gottwald-KP in Prag zu ersetzen. Ein Tiefpunkt war der von den USA unterstützte Sturz der frei gewählten Regierung Salvador Allendes in Chile 1973, mit Tausenden von Ermordeten und Zehntausenden von Gefolterten.

Man sieht: Regimewechsel sind ein zweischneidiges Schwert. Die realistische Schule der internationalen Beziehungen führt pragmatische Argumente an, wenn sie Interventionen von außen ablehnt. Das aktuelle Standardbeispiel ist Afghanistan: Selbst wenn man den Sturz der Taliban normativ und moralisch für richtig hielt – er hat eben nachweislich nicht funktioniert. Die Taliban sind erneut an der Macht und können ihr als Gottes Auftrag deklariertes Teufelswerk fortsetzen. Das andere Beispiel eines erfolglosen Regime Change war die (übrigens auch von den größten Falken in den USA nie ganz offen geforderte) Absetzung Saddam Husseins im Irak, die den Mittleren Osten in ein riesiges Chaos stürzte.

Daraus hat der Mainstream der internationalen Beziehungen ein regelrechtes Axiom gemacht, wie zuletzt der Chicagoer Politologe Alexander Downes in seinem Buch „Catastrophic Success. Why Foreign-Imposed Regime Change Goes Wrong“ von2021. Downes hat darin 120 Fälle von außen bewirkter Ablösungen von Regierungschefs zwischen 1816 und 2011 analysiert, doch dieser Statistik fehlt der normative Rahmen, der die Dynamik, Legitimität und Qualität des jeweiligen Regime Change einfängt. Besonders entkernt und objektivistisch sind solche Analysen, wenn der Übergang von Diktatur in Demokratie (und vice versa) neutral als „Transition“ charakterisiert wird.

Denn demnach könnte ausgerechnet ein Paria wie Putin, der sich mit einem Angriffskrieg, mit Kriegsverbrechen und Völkermord in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt hat, weiterhin Autonomie reklamieren, auch wenn er weitere Grenzverletzungen und Okkupationen schon unverhohlen androht. „Realisten“ führen zu seinen Gunsten wieder ein pragmatisches Argument an: Mit wem sonst sollte man einen (faulen) Frieden schließen, wenn nicht mit der bestehenden russischen Regierung? Dass Biden aus seinem Herzen keine Mördergrube machte, wird in der Weltpresse als Provokation eingestuft – als hätte Putin je äußere Anreize für seine Verbrechen benötigt und solche nicht vielmehr erfunden.

Man kennt den Trick: Was er anderen vorwirft, hier also Regimewechsel, hat der Kremlchef selbst höchst aktiv betrieben, indem russische Cyberagenten und Trolle Donald Trump gegen Hillary Clinton aufrüsteten, indem Moskau Rechtsradikale von Marine Le Pen über Alexander Gauland bis Matteo Salvini und Viktor Orbán zur Spaltung der Europäischen Union animierte und Brexiteers wie Nigel Farage zum Erfolg verhalf. Umgekehrt verhinderte Putin überfällige, von Demokratiebewegungen reklamierte Regimewechsel wie in Syrien und Belarus zur Unterstützung von Seinesgleichen.

Zu erwarten, mit dem angeschlagenen Putin (oder einem gleichgesinnten Ersatzmann) einen echten, dauerhaften Frieden aushandeln zu können – das ist im schlechtesten Sinne naiv. Und das gegen Regimewechsel gern angeführt prinzipielle Argument, Demokratieexport verbiete sich per se, weil andere Völker „unsere“ Demokratie überhaupt nicht wollten oder nicht reif dafür wären (oder gar kulturell anders gepolt seien), ist eine Verhöhnung aller, die dort unter Einsatz ihres Lebens für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte streiten.

Nur in einem hat der russische Präsident recht: Nicht die Vereinigten Staaten entscheiden über das Regime in der Russischen Föderation, sondern das russische Volk. Bidens Worte richteten sich deshalb in erster Linie an jene Teile der russischen Bevölkerung, die von Putin die Nase voll haben und nicht länger als Geisel für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit herhalten wollen. Diese Adressierung gibt den Modus des unabweislichen Regimewechsels in Moskau vor, nämlich das Zusammenwirken weiter verschärfter Sanktionen mit der Formierung einer inneren Eliten-Opposition und der Politisierung der in Russland seit mehr als einem Jahrzehnt gärenden lokalen Proteste. Sie richteten sich gegen Umweltkatastrophen, Verarmung und Alltagsbeschwerden, hatten aber aufgrund der Unterdrückung der politischen Opposition keine Bündelung und Führung gefunden.

Die wichtigste Aufgabe der Klima- und Friedensdiplomatie besteht nicht in der Anbahnung des Verrats an der Ukraine, sondern in der geduldigen Zerlegung des Blocks, den Russland und China mit dem BRICS-Bündnis im „globalen Süden“ aufgebaut haben. Denn bei dem anderen überfälligen „Regimewechsel“, nämlich der Transformation in eine postfossile Weltwirtschaft, ist auf Regime, die Rohstoffe aus dem Boden holen und die Bodenrenten oligarchisch verteilen, kein Verlass. Im Übergang in eine menschen- und naturfreundliche Welt ist Blockfreiheit keine Option mehr, denn zwischen Rohstoffexport und Autokratie besteht ein enger Zusammenhang. Die Chance, die Putins Aggression zynischerweise auf Kosten des ukrainischen Volkes bietet, besteht darin, mit einem viel weiter reichenden Regimewechsel eine globale Klimapolitik zu ermöglichen, die repressionsfrei nur unter demokratischen Verhältnissen gelingen kann.

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53 Kommentare

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  • "denn zwischen Rohstoffexport und Autokratie besteht ein enger Zusammenhang."

    Die USA sind einer größten Erdölexporteure der Welt.

  • In Deutschland zeigt sich wieder der Russenhass



    Mit dem Krieg in der Ukraine brechen in Deutschland langlebige Ressentiments 
auf, die an Klischees
 der Adenauer-Zeit erinnern: „Der Russe“ ist wieder das Feindbild.

    Bekannte aus dem Schuldienst in Berlin erzählten in den ersten Tagen des Ukraine-Krieges, längere Zeit schon mit handfesten Konflikten zwischen ukrainischen und russischen Kindern konfrontiert zu sein. Ich hielt das für nachvollziehbar, was mir aber den Atem verschlug: Dass nicht nur in Deutschland lebenden Künstlern und Wissenschaftlern Bekenntnisse abgefordert werden, sondern dies auch von Russisch sprechenden Kindern verlangt wird, obwohl Lehrer zu strikter Neutralität verpflichtet sind. Mittlerweile fanden zwei Brandanschläge gegen die Internationale Lomonossow-Schule in Berlin statt, die von Kindern aus 20 Nationen besucht wird. Solcherart Enthemmung kann als Folge medialer Kriegsrhetorik gedeutet werden.

    www.freitag.de/aut...feinbild-der-russe

    • @jeggert:

      Die Überlegungen dazu, dass es mit der derzeitigen russischen Führung weder normale diplomatische Beziehungen, noch eine verlässliche Friedensordnung in Europa geben kann sind nun wirklich kein "Russenhass", sondern die logische und notwendige Konsequenz aus dem Angriffskrieg und den zunehmenden Berichten über schlimmste Kriegsverbrechen. Diese Dinge sind faktisch und real, keine Ressentiments und die Verantwortung für diese Verbrechen liegt einzig und allein im Kremel.

  • Wie wäre es denn, mal auf die Anglizismen zu verzichten ... und ganz unspektakulär von "Regimewechsel" zu sprechen statt wichtigtuerisch von "Regime Change". Die Konnotationen sind dann möglicherweise - wie uns Leggewies Essay nahelegt (jedenfalls habe ich ihn so gelesen) - , ein linkes Trigger-Thema hätte sich (weitgehend, nicht ganz) erledigt und man könnte nüchtern feststellen, dass Regimewechsel in demokratischen Gesellschaften jedenfalls ganz normale Vorgaenge sind ... keck formuliert haben wir hierzulande am 26.9. auch so etwas wie einen Regimewechsel erlebt: das Ende der Aera Merkel.



    Nicht-demokratische Gesellschaften haben damit jedoch ein größeres Problem ... das wird auch in Putin-Russland nicht anders sein. Des Pudels Kern ist also, wer den notwendigen Regimewechsel in Russland herbeiführen sollte.



    Und vor allem: was folgt danach? Vor dieser Frage weichen die Regime-Change-Enthusiasten permanent aus ... ob es sich um den Arabischen Frühling handelte oder jetzt um Russland in der Nach-Putin-Aera.



    Aber vielleicht ist die Antwort aus westlicher Perspektive auch ganz einfach: ein alkoholisierter Trottel nach Jelzin-Art, mit dem es sich schön Schlitten fahren lässt.

  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    Wie wäre es das Unternehmen "BARBAROSSA" erneut zu aktivieren.



    So verstehe ich das Thema.

    • @65522 (Profil gelöscht):

      Dann haben Sie es nicht verstanden.

      • 6G
        65522 (Profil gelöscht)
        @dites-mois:

        @dites-moisnaja sie haben Recht, die Ideologie wurde bereits überarbeitet.



        Ist besser so und Barbarossa benötigen wir nicht mehr, eventuell sollte die Nato die Pläne des Unternehmen Zitadelle in der Rückhand behalten, wenn der Regime Wechsel im Gange ist. Ich bin für ein neutrales Russland, mit demokratischen Strukturen und dass es den Menschen besser geht und dann der ganzen Welt (natürlich einschließlich China, Nord-Korea und Kuba und wie sie alle heißen). Putin hat sowieso keinen Plan und wenn kann nichts Gescheites dabei heraus außer das für seine Befindlichkeiten Menschen sterben müssen. Sie sehen, ich bin Lernfähig. Ich wollte nur sagen, wir bewegen uns auf historischen Gelände, was kein Freibrief sein kann. Ich habe einen Regime Chanche hinter mir, bei dem andere mir die Freiheit bringen mussten, Tote gab es dabei wenigstens nicht, das konnten wir verhindern.

    • @65522 (Profil gelöscht):

      Dann verstehen sie es offensichtlich nicht richtig. Den Unterschied zwischen einem Angriffs- und Vernichtungskrieg, Landesverteidigung oder einer militärischen Intervention die keine Eroberungen zum Ziel hat, sondern Kriegsverbrechen zu verhindern, ist aber auch wirklich nicht so ganz einfach zu verstehen. Probieren sie es noch einmal, irgendwann fällt der Groschen.



      Mit dem heute bekannt gewordenen Massaker von Butscha stellt sich aber in der Tat die Frage neu ob die eher passive Unterstützung der Ukraine durch den Westen noch angemessen und ausreichend ist oder ob man diesem Wahnsinn nicht mit vereinten militärischen Kräften aufhalten muss.



      www.spiegel.de/aus...-888e-6b08c9587388

  • Wir kriegen nicht mal ein temporäres Tempolimit auf deutschen Autobahnen hin, aber klar globale Regimewechsel und postfossile Weltwirtschaft, das schaffen wir.



    Was wir jetzt bekommen werden, ist erstmal die Rückkehr des kalten Krieges, und wenn wir Glück haben, kommt irgendwann ein zweiter Willy Brandt um die Ecke und mit noch mehr Glück hören dann die Leute wirklich zu.

    • @Leichtmatrose:

      Besser als ein Brandt-Wiedergänger wäre vermutlich eine Nadeschda Ljubowna, die die Sache von der anderen Seite her in die Hand nimmt!

      Auch wenn es nervenzerfetzend schwer auszuhalten ist, grundlegende Veränderungen brauchen Zeit und den richtigen Zeitpunkt und vorher machen sie einen Haufen Arbeit.



      Die nur an die Politik zu delegieren ist nicht zielführend, wie das Beispiel Tempolimit zeigt.

      Es wird uns also nichts anderes übrig bleiben, als in vielen kleinen zivilen Projekten zu versuchen einen Weg in eine friedliche und nachhaltigere Zukunft zu bahnen.

      Leider scheinen garantierte Grundrechte und ein auskömmliches Leben aber gern zu einer unangemessenen Sattheit und einem ignoranten Phlegma, was das Jenseits des eigenen Tellerrandes angeht, zu führen.

      Merke, Freiheit, Demokratie und eine lebenswerte Zukunft sind keine Selbstläufer, die per Geburt erlangt und auf ewig erhalten werden.

    • RS
      Ria Sauter
      @Leichtmatrose:

      Respekt für diese glasklare Zusammenfassung!

    • @Leichtmatrose:

      "Wir kriegen nicht mal ein temporäres Tempolimit auf deutschen Autobahnen hin, aber klar globale Regimewechsel und postfossile Weltwirtschaft, das schaffen wir."



      Den Satz rahme ich mir auch ein!

  • „Böse zu sein ist einfach. Dazu braucht es keine Anstrengung. Wenn man ein guter Mensch sein will, muss man sich Mühe geben.“ (Tanja Maljartschuk, „Biografie eines zufälligen Wunders“ / 2013). In effektive Mühe werden in Deutschland und im gesamten Westen nicht annähernd genügend staatliche Ressourcen investiert. Dazu u. a. auch Leinemann: Höhenrausch, Eppler: Kavalleriepferde beim Hornsignal, Bong: Wir sind viel zu zurückhaltend. www.spiegel.de/kul...rag-a-1145962.html

  • Danke Herr Leggewie.

    Wenn sie jetzt noch diesen missverständlichen Satz:

    "Eine per Wahlentscheid ermittelte Mehrheit"

    korrigieren zu:

    "Eine per Wahlfälschung ermittelte Mehrheit"

    dann unterschreibe ich alles.

  • Ein Sturz Putins wäre kein Regimechange, da eine antiliberale Kleptokratie das Land Physisch (Polizei, Justiz, Verwaltung) Wirtschaftlich(Oligarchen) und ideologisch ( Medien+ Kirche) fest in ihren Klauen hält und russische Diktaturen dazu neigen, ihren Schöpfer zu überdauern.



    Das heißt, das Realpolitik nicht Politik des geringsten Wuderstandes bei maximalem Opportunismus sein kann,sondern unter stringenter Beibehaltung moralischer Grundsätze das realistisch Mögliche erreichen können wollen muss



    Dazu gehört allerdings auch ein gewissern Chauvinismus. Also die Überzeugung von der Überlegenheit des eigenen "way of Life" .



    Nicht im Sinne, das es nichts Besseres geben könne ( im Gegenteil, zu unserm "way of Life" gehört dies unabdingbar dazu) Sondern, dass es nirgens sonst auf unserem Planeten ein bessere real existierende Gesellschaft gibt.



    Ganz realistisch - nirgends gibt mehr Freiheit, also die tatsächliche Fãhigkeit sein Leben selbst zu gestalten, wie in in der EU.

    • @Euromeyer:

      Großartige Ergänzung zu Leggewies an sich völlig richtigem Gedankengang! Schon der Personenkreis, der zusammen mit Putin in den Knast (oder meinetwegen auch in die Röhre) wandern müsste, um den Putinisnus zu beseitigen, wäre wohl riesig . .

  • In der globalen Klimapolitik ist China,und zwar repressiv- progressiv.



    Und anders programmiert als Russland noch und die USA ,als Trump dran war!!

    Es gibt sie ,die Keile ,die man zwischen Peking und Moskau treiben kann.

    Regimechange,Statebuilding, Transformation in Demokratie, Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder weltweit-davon rückt ja Amerika nicht erst mit Biden mehr und mehr ab.



    Sehr naiv ist es ,zu glauben,man hätte ohne Putins brutalstes Eingreifen in Syrien dort nun eine liberale Demokratie samt Rechtsstaatlichkeit und Säkularisierung.



    Rechtfertigt wurde ja explizit die brutale Niederschlagung des Protestes in Syrien



    Auch mit Assads Diagnose vorab,die dem Land ,seinen Menschen und Bürgern jede DemokratieFähigkeit abgesprochen hat.



    Damit hatte er sogar wahrscheinlich recht.



    Und sehr wahrscheinlich wären ohne Putins Militär heute Islamisten in Syrien an der Macht,bzw es würde wie in Lybien ewig Ein buergerkriegsaehnlicher Zustand ohne Ende herrschen . Selbst Tunesien ist wohl wieder in diktatorischen Verhältnissen gelandet. Gut geschrieben,gut geträumt,aber naiv in Teilen.

  • Ich denke der "Regime Change" in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg ist in einer Hinsicht mit dem jetzt in Russland angestrebten vergleichbar:

    Er war nur möglich, als Deutschland militärisch vollständig besiegt war.



    Um das derzeitige Regime in Russland zu stürzen muss man Russland militärisch besiegen und zur Kapitulation zwingen. Das heißt aber nicht nur die russische Armee aus der Ukraine wieder raustreiben, sondern die russische Armee wirklich vollständig besiegen, also den relevanten Teil Russlands besetzen! Das gehört zur Wahrheit dieser Gedanken, die gerne mit blumigen Worten umschrieben werden und die es immer tunlichst vermeiden, die notwendigen Voraussetzungen zu erwähnen, dazu.



    Dazu gibt es jetzt natürlich noch eine Schlüsselfrage: Wer? Wer soll das bewerkstelligen? Die Ukraine? Obwohl der Widerstand gegen die Invasion wirklich erfolgreich ist, ob man auch offensiv diese Erfolge feiern könnte, ist zu beweifeln. Also wer sonst? Es käme wohl nur die NATO mit realistischen Erfolgsaussichten in Frage.

    Was sie also fordern ist, dass die NATO eine Armee aufstellt, die Russland angreift und besiegt.

    • @TeeTS:

      Eine militärische Niederwerfung Russlands ist ein aussichtsloser Traum, das hat doch schon unter Napoleon und Hitler nicht funktioniert, also lange bevor es Atomwaffen gab. Die zweitgrößte Atommacht der Welt militärisch niederwerfen zu wollen, ist noch absurder.

      Theoretisch ausdenken darf man sich das ja (in Kriegszeiten neigen die Menschen leider zu solchen aberwitzigen Kriegszieldiskussionen), aber da von "realistischen Erfolgsaussichten" zu schwafeln, ist nicht akzeptabel.

      Du hättest bei einem solchen Unterfangen auch sämtliche Russen gegen dich, denn auch die guten Russen sind im Vaterländischen Krieg natürlich gegen die Invasoren.

      Regime Change in Russland ist grundsätzlich wünschenswert und bitter nötig, aber geht halt nicht von außen, und von innen momentan auch nicht. Immerhin hat Putins idiotischer Krieg zu einer Schwächung des Regimes geführt, die Verschärfung der Repression ist ja nur ein Symptom dafür. Ein Regime Change ist damit vielleicht etwas eher vorstellbar als vor dem Krieg. Wenn die Ukrainekatastrophe zu einer ähnlichen innerrussischen Dynamik führt wie der Krimkrieg, wäre ein künftiges Reformregime wie unter Alexander II. denkbar. Ist aber auch nur ein Wunschtraum, wenn auch etwas realistischer, aber was wirklich daraus wird, weiß man nicht.

      • @Günter Picart:

        Zweitgrößte? Russland ist sogar die größte Atommacht, hat mehr nukleare Sprengköpfe als die USA!

    • @TeeTS:

      Russland militärisch so zu besiegen wie Nazi-Deutschland besiegt wurde, ist nicht realistisch. Putin operiert zwar ohne Zweifel mit Nazi-Methoden in der Ukraine (so wie es in Tschetschenien und Syrien bereits der Fall war), seine Atomwaffen schützen ihn allerdings. Die Blaupause für das weitere Vorgehen gegen Putin muss daher der kalte Krieg sein: Eindämmung, Rüstungswettlauf, Sanktionen (von mir aus auch Wirtschaftskrieg). Konsequent angewendet, werden sie das Ende des Putinismus herbeiführen. Russland ist wirtschaftlich ein Fliegengewicht, ein Koloss auf tönernen Füßen. Sofort allerdings muss die Ukraine mehr Militärhilfe bekommen inkl. Offensivwaffen, die es erlauben, die Invasoren aus dem Land zu vertreiben und Putin eine empfindliche militärische Niederlage beizubringen, die er politisch nicht überleben wird.

    • @TeeTS:

      "Um das derzeitige Regime in Russland zu stürzen muss man Russland militärisch besiegen"



      Woher die Gewissheit, dass das mit Sanktionen nicht zu erreichen ist? Zumal in der Hinsicht auch noch mehr ginge als das was bisher beschlossen wurde. Etwa Embargos auf Öl, Gas, Industriemetalle, endlich ein vollständiger SWIFT-Ausschluss, statt einem der sich nur gegen eine handvoll Banken richtet.

      • @Ingo Bernable:

        Ist es für uns nicht bequemer - und für die Rüstungsindustrie lukrativer -, dass wir der Ukraine Waffen liefern statt Sanktionen beschließen, die auch uns ökonomisch hart treffen?



        Ich weiß, das ist ein zynisches Argument, zugleich bin ich mir jedoch sicher, dass die Mehrheit unserer Landsleute so denkt.

        • @Abdurchdiemitte:

          Die Ukraine wird aber, trotz aller Waffenlieferungen, wohl kaum Moskau besetzen, sofern man dazu nicht die NATO mobilisieren möchte, bleiben eben Sanktionen.

  • Natürlich ist es undenkbar Putin weiterhin als legitimen Präsidenten (s)eines Volkes zu akzeptieren. Man stelle sich nur vor er kommt wirklich zum G20 Gipfel...

    Und jeder der bis drei Zählen kann, weiß auch dass das ganze "Unternehmen" nicht von der russischen Bevölkerung gedeckt ist...die Mehrheit der Russen weiß nämlich sehr wohl, dass mit der "Spezialoperation" etwas nicht stimmen kann..allerdings übt man sich hier vorsichtshalber in einer Mischung aus Verdrängung und Leugnung.

    Zusammen gefasst: Putin betreibt gerade eine mörderische Mafia-Aktion und gehört als Schwerverbrecher vor den Internationalen Gerichtshof.

    Die Frage ist nur, wie bekommt man ihn dahin. Und an dieser Stelle gilt dann die zweite Aussage, dass nur die russische Bevölkerung ihn in dieser Weise entmachten kann.

    Dieser Gedanke läßt, wenn man ihn ernst nimmt, nur einen Schluß zu: der Westen muss einen Weg finden Putin nicht länger als Präsidenten zu akzeptieren, sondern die russische Bevölkerung als den eigentlichen Sovereign anzusehen. Natürlich ist dieses Unterfangen nicht ohne Weiteres realisierbar, aber es gibt durchaus Szenarien in denen dies denkbar erscheint. Beispielsweise könnte der Westen der russischen Bevölkerung die Botschaft zukommen lassen: wir betrachten Putin nicht länger als legitimen Präsidenten und verhandeln auch nicht mit ihm, wenn ihr also wollt, daß die Sanktionen enden, dann seht zu dass ihr Putin entmachtet...

    Zugegeben dieser Ansatz stellt ein absolutes Novum dar. Er bildet aber die politische Wirklichkeit Russlands ab und ist es Wert weiter entwickelt zu werden. Denn alles Andere hieße einen barbarischen Massenmörder weiter als Präsidenten zu akzeptieren...in meinen Augen ein absolutes NoGo...

    • @Wunderwelt:

      Nur, eine Kleinigkeit. Was, wenn das russische Volk Putin haben will?



      Auch wenn vieles Propaganda ist: Im Donbas starben viele Menschen und das geht sicher nicht nur auf Russen und Aufständische zurück. Hier zu intervenieren oder diesen Menschen "die Rückkehr zu ermöglichen" wäre ggf. für Russen durchaus erstrebenswert. Der Westen hat mit dem Kosovo einen Präzedenzfall geschaffen.



      Und ob die Russen es wirklich toll finden, dass die NATO vor Ihrer Haustür aufmarschieren will, das wage ich zu bezweifeln. Russland hat eine lange Tradition von Invasionen durchlebt und lange Tradition von Widerstand.



      Wenn es Putin gelingt, den Krieg als "Widerstand gegen westliche Arroganz und Rücksichtslosigkeit" zu verkaufen, sowie als ein "Stoppen der NATO", dann bleibt er wohl.

    • @Wunderwelt:

      "Und jeder der bis drei Zählen kann, weiß auch dass das ganze "Unternehmen" nicht von der russischen Bevölkerung gedeckt ist"



      In Umfragen stellt sich das leider anders dar:



      www.spiegel.de/aus...-b390-e69bd0d233fe

      • @Ingo Bernable:

        O.k. 81% der Russen unterstützten den Angriffskrieg der Ukraine...titelt der Spiegel..

        Das ungefiltert zu übernehmen ist aber nun mehr als fragwürdig.. Wie glauben Sie kommt im momentanen Russland so ein Umfragewert zustande..?? Ich bitte Sie...

        Hier noch ein kleiner Quellentipp: die neuste Folge von Tracks (Arte) die von ins Ausland geflüchteten russischen Kulturschaffenden berichtet... Da finden sich wirklich glaubhafte Einschätzungen...sozusagen die echten Einblicke..

        • @Wunderwelt:

          Ich würde eher nicht davon ausgehen, dass "ins Ausland geflüchteten russischen Kulturschaffende", die intellektuelle Elite also, repräsentativ für die breite Bevölkerung sind. Natürlich gibt es Repression und mangelnde Meinungsfreiheit in Russland, aber das Narrativ von "Putins Krieg" halte ich für ebenso naiv wie falsch. Die Geschichte, dass es am Ende nur der Mann an der Spitze war der all das alleine verantwortet und all die einfachen Menschen von all dem nichts wussten, der Propaganda erlegen und verführt waren oder eben nur Befehle ausführten, kennen wir aus der eigenen Geschichte nur allzu gut.

  • Danke für diesen Beitrag. Und die "postfossile Weltwirtschaft" als Ziel/ Vision. Klasse,

  • Wer könnte also helfen? Nicht einmal James Bond, der den Bösewicht eliminiert und danach am Ende des Filmes den Eindruck vermittelt, nun sei die Welt wieder in Ordnung. Aber in Moskau wären dann immer noch die Mittäter übrig, von denen jeder selbst darauf brennt, Putins „Werk“ fortzusetzen.



    Vielleicht schafft es ein Gorbi jun. an die Spitze und krempelt das System von Grund auf um? Aber selbst Gorbi sen. hat damals unter wesentlich einfacheren Bedingungen "Glasnost & Perestroika" nicht auf Dauer geschafft!

    • @Pfanni:

      Gorbi war ein langfristiges Produkt der Entspannungspolitik. Hätte der Westen nicht die NATO nicht bis Russlands Grenzen bringen wollen (und es gab viele Warnungen, u.a. George F. Kennan, McNamara, Kissinger...)



      wäre dies evtl. Putins Nachfolger Medwedew geworden.



      Aber so...

  • Dass die Welt ohne Putin eine bessere wäre - geschenkt! Angesichts seiner systematischen Täuschereien und Lügen fehlt vermutlich den meisten die Phantasie, wie eine Verhandlungslösung aussehen sollte, die, kaum dass die Tinte trocken ist, nicht umgehend vom jetzigen russischen Regime sabotiert werden würde. Ob Russland allerdings ohne Putin besser wird, da habe ich so meine Zweifel; den umfassenden gesellschaftlichen Aufbruch hin zu einer Demokratie sehe ich derzeit nicht.



    Daher sollte man sich auf das Naheliegende konzentrieren: Die Ukraine militärisch so zu stärken, dass sie es schaffen, die Invasoren wieder aus dem Land zu drängen. Damit wäre schon sehr viel erreicht.



    PS. Noch zur Erinnerung für Claus Leggewie: Zum Zusammenbruch der Sowjetunion haben damals nicht nur die Bürger Polens und der CSSR, sondern auch die der DDR beigetragen.

    • @Schalamow:

      "Ob Russland allerdings ohne Putin besser wird, da habe ich so meine Zweifel; den umfassenden gesellschaftlichen Aufbruch hin zu einer Demokratie sehe ich derzeit nicht."

      ...erinnern Sie sich noch an die Zeit in der bis zu einer Million Bürger Moskaus weiße Tücher an ihren Autos befestigt hatten - als Zeichen des Protests gegen Putins Regime und als Ausdruck des Willens nach politischer Veränderung.?

      Zudem ist Putin nur deshalb wieder gewählt worden, weil es Fälschungen der Wahlergebnisse gegeben hat..

      Der Wille Russland zu einer echten Demokratie zu machen ist also mindestens in größerem Ausmass vorhanden.!!

      Zudem bin ich auch überzeugt, dass sollte Putin " kurzfristig ausfallen", der Krieg innerhalb von drei Tagen vorbei wäre, weil niemand außer ihm und einer kleinen Zahl von Hardlinern irgendeinen Sinn darin sieht (auch und sogar erst recht nicht die sog. Oligarchen).

      • @Wunderwelt:

        Natürlich gibt es viele, vor allem auch jüngere Russen, die eine Demokratie wollen und natürlich muss man immer in Rechnung stellen, dass es in Russland schon seit längerem kaum noch unabhängige Medien gibt (und jetzt gar nicht).



        Aber ich erinnere mich leider auch noch an eine Gestalt wie Wladimir Schirinowski, einen Trump-ähnlichen, gefährlichen Politclown, der in der Jelzin-Ära erhebliche Wahlerfolge hatte.

    • @Schalamow:

      Im Kern verständliche Argumentation.



      Aber zwei Punkte:



      - Ein Abkommen muss so sein, dass beide gut damit leben können, dann wird es auch alt.



      - Putin hat schlicht viel mehr Feuerkraft. D.h. er kann die Ukraine so lange in einen Schutthaufen verwandeln, bis die Ukrainer einfach Zugeständnisse machen müssen.



      Deren - recht kleines - BIP ist wohl 40% geschrumpft.

      • @Kartöfellchen:

        1. Mal abgesehen davon, dass zuvorderstl die Ukrainer entscheiden müssen, was für sie akzeptabel ist, sind die bislang geäußerten Forderungen Russlands derart abstrus, dass ich mir eine Einigung kaum vorstellen kann. Russland hat durch den Überfall nicht nur bestimmte Verhandlungslösungen grundsätzlich verbaut, sondern sich selbst in eine Lage manövriert, dass Putin den Krieg nur mit einem Ergebnis beenden kann, das sich national und international irgendwie als "Erfolg" vermarkten lässt - was wiederum für den Rest Europas, die Ukraine eingeschlossen, völlig inakzeptabel ist.



        2. Was Russland in der Ukraine kann oder nicht kann, hängt wesentlich von der Fähigkeit der Ukrainer zur Gegenwehr ab. Ich darf hier mal an der praktisch vergessenen Krieg 1979 zwischen China und Vietnam erinnern, denn die Chinesen trotz Anfangserfolgen und numerischer Überlegenheit letztlich sang- und klanglos einstellen mussten.

    • @Schalamow:

      "Ob Russland allerdings ohne Putin besser wird, da habe ich so meine Zweifel"



      Vorhersagen kann das natürlich niemand aber es wäre immerhin eine Chance. Wenn man davon ausgeht, dass eine nachfolgende Regierung irgendwo zufällig zwischen Totalitarismus und perfekter Demokratie verortet wäre, wäre es, ausgehend von den Zuständen in Putins Russland sogar eine sehr große Chance.

      • @Ingo Bernable:

        Keine Frage, ohne Putin bestünde immerhin die Chance auf ein demokratischeres Russland. Aber ob der zweite Anlauf besser klappt als der erste unter Jelzin? Ich wäre da gerne optimistisch, sehe aber momentan nichts, was das rechtfertigen würde.



        Irritiert bin ich vor allem von Leggewies Vokabular. Wenn man schon von regime change spricht, dann erwarte ich, dass er zumindest ansatzweise eine Strategie dafür skizziert. Und ein wenig mehr Bescheidenheit angesichts der Fülle grandios gescheiterter Vorläufer von Afghanistan über Libyen bis hin zum Irak. Dass dann ganz nebenbei auch gleich noch das Weltklima gerettet werden soll ...

    • @Schalamow:

      Keiner der drei von Ihnen genannten Staaten war Teil der Sowjetunion...

  • „ Die wichtigste Aufgabe der Klima- und Friedensdiplomatie besteht nicht in der Anbahnung des Verrats an der Ukraine, sondern in der geduldigen Zerlegung des Blocks, den Russland und China mit dem BRICS-Bündnis im „globalen Süden“ aufgebaut haben. Denn bei dem anderen überfälligen „Regimewechsel“, nämlich der Transformation in eine postfossile Weltwirtschaft, ist auf Regime, die Rohstoffe aus dem Boden holen und die Bodenrenten oligarchisch verteilen, kein Verlass.“ Wow, der kapitalistische Wertewesten als verlässlicher Transformator zum Guten - ist das jetzt die „Wirklichkeit, die in ihrer Vielfältigkeit zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten ist.“ oder wie oder was?

    • @guzman:

      Ja.



      So schmerzhaft es für Sie zu sein scheint: Weil (leider) nur im 'kapitalistischen Wertewesten' die wichtigste Voraussetzung, nämlich die notwendige Freiheit, die 'Wirklichkeit, (die) in ihrer Vielfältigkeit zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten (ist)', weitgehend etabliert ist.



      Wo sonst könnte ein offener Diskurs wie hier stattfinden?

  • 1. Wer die Regelbasierte Ordnung gut findet, der sollte wissen, dass es die Russen und nur die Russen sind, die bestimmen, wer ihr Präsident ist.



    Und die Regime-Changer haben diese regelbasierte Ordnung ja bereits ständig beschädigt. Von daher: Das ist Heuchelei.



    Und, nebenbei: Ich würde es gut finden, wenn Putin morgen in den Ruhestand geht. Ist aber nicht unsere Sache.



    Ich erinnere mich noch an das Geheule wegen angeblich gestohlener Wahl (Clinton vs. Trump).



    2. Der Konflikt um die Ukraine beginnt mit einem Regime-Change 2014. Janokovich, mehrheitlich in der Ostukraine gewählt, wird im Pro-Westlichen Kiew gestürzt. Mit dabei auch Viktoria Nuland, die mal eben so bespricht, wer in der Regierung sein sollte oder nicht.



    Deswegen finde ich die Realisten auch so sympathisch: Beachte die Folgen.

    • @Kartöfellchen:

      "dass es die Russen und nur die Russen sind, die bestimmen, wer ihr Präsident ist."



      Gleichzeitig ist es aber eine völlig legitime Reaktion des Westens sich zu der Entscheidung der Russ*innen an Putin festzuhalten oder auch nicht zu verhalten.



      "Und die Regime-Changer haben diese regelbasierte Ordnung ja bereits ständig beschädigt. Von daher: Das ist Heuchelei."



      Also freie Bahn für Diktatoren und Tyrannen aller Art? Soll man noch die schlimmste Unterdrückung als innere Angelegenheit betrachten? Das ist unterlassene Hilfeleistung.



      "Mit dabei auch Viktoria Nuland, die mal eben so bespricht, wer in der Regierung sein sollte oder nicht."



      Soweit ich mich über dieses abgehörte Telefonat informieren konnte, scheint es zwar durchaus unangemessen bis geschmacklos gewesen zu sein, letztlich hat sie aber ihre (persönliche) Meinung durchblicken lassen. Belege dafür, dass damit eine tatsächliche Einflussnahme auf die Kandidaten oder den Ausgang der Wahl verbunden waren finde ich jedoch nicht. Natürlich wird dieser Vorfall dennoch von der russischen Propaganda genüsslich ausgeschlachtet.

  • Hört sich sehr schlüssig an, und die Illustration -



    Traumhaft!



    Russen für Russen und Alle für Jeden

  • Mich machen solche Kommentare ratlos; ich will mich gar nicht an den Vereinfachung und der Doppelmoral abarbeiten (gebe aber zu bedenken, dass man in nicht zu kleinen Teilen der Welt ganze andere Politiker als Putin als Gefahr für Sicherheit und Frieden wahrnimmt); der entscheidende Punkt ist und bleibt aber der: es gibt keine Aussicht auf einen Regime-Change in Russland - an dieser Tatsache ändert sich nichts, wenn man das Wort realistisch in Anführungszeichen setzt. Auch wenn Teile der deutschen Öffentlichkeit das nicht hören wollen: wir werden uns in absehbarer Zeit wieder mit Russland arrangieren müssen und uns auch mit der derzeitigen politischen Führung an einen Tisch setzen. Das geht einfacher, wenn man sich im Vorfeld nicht an möglichst radikalen Forderungen berauscht. Warum das im Falle Russlands undenkbar sein sollte, sehe ich ohnehin nicht ein - schließlich haben wir auch sonst wenig Probleme mit diplomatischen Beziehungen zu Staaten, deren rechtliche und moralische Bilanz eher durchwachsen ist. Einige davon sind sogar Mitglied der Nato...

    • @O.F.:

      "es gibt keine Aussicht auf einen Regime-Change in Russland"

      Das dachte man 1988 über die DDR und den Ostblock auch - und plötzlich kam alles anders...

    • @O.F.:

      "wir werden uns in absehbarer Zeit wieder mit Russland arrangieren müssen"



      Warum? Auch in dieser Frage gilt der Primat der Politik. Wir müssen gar nichts und Putin ist aufgund inzwischen so vieler Faktoren als Verhandlungspartner verbrannt, dass Gespräche mit ihm, gar ein Wiederherstellen eines diplomatischen Normalzustands in den internationalen Beziehungen auch die daran beteiligten Akteure auf westlicher Seite politisch beschädigen würden.



      "schließlich haben wir auch sonst wenig Probleme mit diplomatischen Beziehungen zu Staaten, deren rechtliche und moralische Bilanz eher durchwachsen ist."



      Ist das nun eine Kritik daran, dass dem so ist, oder doch eher der Aufruf dazu deswegen auch in Bezug auf Putin auch noch die minimalsten moralischen Standards zu verwerfen? Beides gleichzeitig lässt sich nicht widerspruchsfrei vertreten.

      • @Ingo Bernable:

        1. Der Primat der Politik bedeutet allerdings nicht, dass man Wunschdenken mit der Realität verwechseln kann; und in letzterer ist Russland nun einmal als Machtfaktor viel zu wichtig, um die Beziehungen auf Sparflamme laufen zu lassen. Neben den auf absehbare Zeiten kaum zu reduzierenden Abhängigkeiten erinnere ich auch daran, dass Russland Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist - man wird also bei kommenden Krisen auf Kooperation angewiesen sein. Ob man das nun hören will oder nicht, die Beziehungen werden sich wieder normalisieren, wenn der Krieg in der Ukraine vorbei ist.



        2. Es ist eine Kritik an einer selektiven Instrumentalisierung von Moral durch Politik und Medien und an der unreflektierten Übernahme solcher durchschaubarer Propaganda durch eine die deutsche Öffentlichkeit. Wer mit Staaten kooperiert, die selbst nicht besser agieren als Russland bzw. selbst in Kriege und Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist, sollte sich mit allzu viel moralischer Großspurigkeit zurückhalten.

        • @O.F.:

          Sie halten Kriege und Menschenrechtsverletzungen also für den akzeptablen Normalzustand internationaler Politik. Ich sehe das zwar anders, aber gerade dann wenn man dieser Sichtweise anhängt wäre die logische Konsequenz daraus doch Putin (und Andere) von der Macht zu entfernen weil jemand der bereit ist jedewede Absprache zu brechen und einen zunehmend irrlichternden politischen Kurs fährt eben ein massives Risiko darstellt. Wenn man ohnehin alle moralischen Ansprüche an politisches Handeln aufgegeben hat, kämen hier jenseits eines NATO-Russland-Krieges etwa auch eine Geheimdienstoperation oder eine gezielte Cruise Missile in Betracht.

          • @Ingo Bernable:

            Ich finde es bedauerlich (und auch bezeichnend), dass Sie mit Unterstellungen arbeiten, statt sachlich auf mein Argument einzugehen: ich habe nicht gesagt, dass ich Kriege und Menschenrechtsletzungen für akzeptabel halte, sondern lediglich prognostiziert, dass man nach dem Ende des Krieges wieder das Gespräch mit der russischen Regierung suchen wird, einfach weil Russland als Machtfaktor nicht zu ignorieren ist (und ein vom Westen in die Wege eingeleiter Regime-Change ebenso unwahrscheinlich ist wie Mordanschläge auf russische Politiker - kleine Erinnerung: ein Cruise Missile auf den Präsidenten einer Nuklearmacht könnte fatale Folgen haben...)



            Übrigens: wenn man sich auf Moral beruft, sollte man diese nicht instrumentalisieren; simple Manichäismen, in denen immer der aktuelle außenpolitische Gegner das Böse verkörpert, sind kein moralische Urteil, sondern schlichtweg Propaganda; ich erinnere gerne daran, dass Kriege und Menschenrechtsverletzungen auch westlichen Politikern nicht fremd sind - wieso also eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland unmöglich sein sollte, während man gleichzeitig das Verhältnis zu den USA, FR und dem UK pflegt, in einem Verteidigungsbündnis mit der Türkei ist und auch sonst beide Augen fest zudrückt. wenn es um die eigenen Verbündeten geht, leuchtet mir jedenfalls nicht ein. Moral, die nur greift, wenn sie in die außenpolitische Agenda passt, ist keine.

            • @O.F.:

              Ich fange an zu rätseln was sie eigentlich mitteilen wollen. Sie halten also riege und Menschenrechtsletzungen nicht für akzeptabel, stellen aber fest, dass sie in West wie Ost gängige Praxis ist. (Wobei ich mir schon die Frage erlauben würde wo westliche Militäraktionen, trotz aller berechtigten Kritik die man an diversen Aspekten dieser üben kann, auch nur annähernd ähnliche Auswüchse gezeitigt haben wie das was die russischen Truppen derzeit in der Ukraine anrichten.) Und auf was wollen uns damit sagen? Dass man lieber erstmal schamerfüllt Abu-Ghraib aufarbeiten sollte bevor man hinsichtlich der gerade jetzt ablaufenden Kriegsverbrechen Partei ergreift?

  • Danke!