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Debatte über das GendernÄsthetisch einwandfrei

Katrin Gottschalk
Kommentar von Katrin Gottschalk

Ein Gesetzentwurf probte das generische Femininum. Doch die Männer aus dem Innenministerium fühlen sich nicht mitgemeint.

Formuliert generisch feminin und manche wollen es nicht verstehen: Justizministerin Lambrecht Foto: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

D eutsche Sprache ist männliche Sprache. Wenn in einem Chor von 100 Personen 99 Frauen singen und ein Mann, ist es grammatikalisch korrekt, von Sängern zu sprechen. Mit diesem irren Beispiel formulierte die Linguistin Luise Pusch schon vor Jahrzehnten eine feministische Sprachkritik und brachte als Gegenoffensive das durchgängige Benutzen der weiblichen Form ins Spiel – das „umfassende Femininum“.

Jetzt gähnen manche, weil diese Debatte doch wirklich ein alter Hut ist. Ein Hut aber, der nun eine überraschende Trägerin gefunden hat: Das generische Femininum tauchte jüngst in einem Gesetzentwurf zum Sanierungs- und Insolvenzrecht aus dem Hause der Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) auf. Es war darin also etwa durchgängig von Geschäftsführerinnen und Verbraucherinnen die Rede. Es folgte natürlich Aufregung über den „Genderwahn“. Quelle: Twitter.

Gendern ist eine Form des Mitmeinens. Zuerst kam in den Achtzigern das Binnen-I. Mittlerweile gibt es auch Gendersternchen oder Doppelpunkt – also: Sän­ger*innen oder Sänger:innen. Diese Formen inkludieren Personen, die sich weder als Frau noch als Mann definieren. Gesprochen wird das in immer mehr Radiostationen mit einem „Knacklaut“. Die Hauptkritik daran: Das Gendern störe das Lesen und Hören.

Diese ästhetische Kritik prallt am generischen Femininum ab. Trotzdem hat das Bundesinnenministerium den Gesetzentwurf abgelehnt – er meine ja nur Frauen und sei damit „höchstwahrscheinlich verfassungswidrig“. In den „Allgemeinen Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften“ wird zwar gesagt, Frauen sollten bei Gesetzestexten mitgemeint werden – aber wenn es um juristische Personen geht, bitte im generischen Maskulinum. Doch das funktioniert so nicht.

Auswirkung auf die Berufswahl

Denn es gibt sie ja, die Forschung, die belegt, dass Leser*innen selten bei „Polizisten“ und „Wissenschaftlern“ sofort auch an Frauen denken. Das wirkt sich auch auf die Berufswahl von Kindern aus, wie eine belgische Studie von 2015 zeigt. Und es gibt eine Studie von 2007 von Friederike Braun und anderen, die widerlegt, geschlechtergerechte Sprache mache Texte unverständlich.

Liebe Männer, ihr seid herzlich eingeladen, euch beim generischen Femininum mitgemeint zu fühlen. Oder ihr erarbeitet gleich einen progressiven Sprachvorschlag mit nichtbinären Menschen, der alle Geschlechter anspricht und ästhetisch einwandfrei ist. Dann würde diese Sprachdebatte ein gutes Ende finden und keine*r müsste mehr gähnen.

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Katrin Gottschalk
Vize-Chefredakteurin
Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.
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57 Kommentare

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  • Auch wenn diese Tatsache gesellschaftliche Missstände während der letzten Jahrtausende grammatikalisch widerspiegelt: Es ist nunmal so, dass sehr häufig die maskuline Form kein spezifisch männliches Derivationssuffix enthält, während die feminine Form durchaus ein spezifisch weibliches trägt.

    Beispiel: Das Wort "Schreiner" enthält keine Endung, die nicht auch in dem Wort "Schreinerin" enthalten wäre, umgekehrt aber schon. Deshalb ist es schwieriger vermittelbar, dass mit "Schreinerinnen" auch Männer gemeint sein könnten, als dass mit "Schreiner" auch Frauen gemeint sein können. Die maskuline Form enthält eben kein spezifisches Suffix, weshalb sie sich als generische Form eher eignet als die feminine, die eine explizit weibliche Endung hat.

    Wollte man da echte Gerechtigkeit, müsste man die Sprache deutlich tiefgreifender manipulieren. Oder man geht gelassen damit um und lässt sie, wie sie ist. Wer ein wenig Ahnung von Sprachen hat, weiß, dass eine ganze Menge historischer Überbleibsel darin steckt, die man als Laie nicht mal erkennen würde und die dementsprechend hinsichtlich ihres Einflusses auf das Denken über die außersprachliche Wirklichkeit zu vernachlässigen sind.

  • Interessante Provokation mit interessanten Reaktionen, ja.

    Aber ist ein Gesetzesentwurf die richtige Stelle dafür? Hier würde ich ernsthafte Arbeit unter Berücksichtigung aller Fakten erwarten. Und Fakt ist nun mal, dass die deutsche Sprache nach allen offiziellen Regeln das generische Maskulinum benutzt, wenn alle geschlechtlichen Spielarten gemeint sein sollen. An dieser Stelle das generische Femininum zu benutzen, zeigt, dass hier Spielchen und Provokationen offenbar wichtiger scheinen als solide Gesetzesarbeit.

    Welches Gerechtigkeitsempfinden die Nutzung des Femininums für Intersexuelle und andere ausdrückt, könnte man auch drüber philosophieren.

    Wie heißt es doch so schön: das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

  • Melde mich nochmals zu Wort und verweise auch auf meinen Kommentar weiter unten.



    Grundsätzlich hab ich (männlich) kein Problem damit auch mit weiblichen Bezeichnungrn angesprochen zu werden. Aber es ist z. B. ein Hauptmann was ganz anderes als eine Hauptfrau und ich weiß nicht, ob man einem weiblichen Hauptmann einen Gefallen tut, wenn man ihn/sie als Hauptfrau anspricht.



    Im Englischen werden die überkommenen Bezeichnungen ohne Ansehen des Geschlechts, verwendet. Warum nicht auch im Deutschen? Warum darf eine Frau kein Dreher, Lehrer, Ingenieur oder Schriftsteller sein, obwohl die das selbe macht wie ein Mann?



    Genauso verstehe ich nicht, warum ein Mann keine Krankenschwester, Hausfrau odet Hebamme sein kann.



    Der Name der Tätigkeit sollte doch nicht vom Geschlecht der ausführenden Person abhängig sein! In meinen Augen widerspricht das sogar der ursprünglichen Absicht des Gendern. Statt der Befähigung zählt nur mehr das Geschlecht.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    der vorstoß ist sehr sympathisch, der ansatzlose, vernichtende gegenschlag zeigt, dass das thema noch immer aktuell ist.



    bitte mehr davon!

  • Für mich ist das ein ganz, ganz dramatisches Zeichen dafür, dass es in der Politik in keinster Weise um Inhalte oder Sachthemen geht sondern nurnoch um Dogmen und Duftmarken.

    Politik ist Politk und da geht es natürlich nicht vorwiegend um Sachthemen :-( . Aber hier wird ja gradezu ein Fanal gesetzt dass Sachthemen keine Rolle mehr spielen.

  • Machen wir es wie beim Wetter ein Jahr generisches Femininum und im Jahr drauf Maskulinum.

    • @Strolch:

      Sie diskriminieren das Neutrum.

      Insgesamt ein guter Vorschlag.

  • Ist das englische "teacher", "doctor" usw. eigentlich altmodisch oder modern? Und wer denkt bei Mörder zuerst an Mörder*in?

    • @Ludowig:

      Im englischen Sprachraum ist es anders als hier. Dort wird die Verwendung der weiblichen Form bei Berufsbezeichnungen grundsätzlich als Diskriminierung angesehen, weil der Eindruck entstehen kann, es handle sich um einen anderen Beruf als den der Männer. Wenn Sie eine Schauspielerin als "actress" bezeichnen und nicht als "actor", müssen Sie sich warm anziehen. Und auch in Deutschland werden Studentinnen bei erfolgreichem Abschluss ihres Studiums Master und nicht "Mistress".

    • @Ludowig:

      In den allgegenwärtigen Fernsehkrimis sind Mörderinnen mit den unterschiedlichsten Motiven zahlreich vertreten, m.E. kaum seltener als Mörder.

  • "Quelle: Twitter"

    Was für eine genial genaue Quellenangabe 🤣.

    Twitter ist für jedes Thema gut. Irgend jemand Unrelevanter regt sich dort immer auf.

  • Mag sein, dass bei "Polizisten" und "Wissenschaftlern" viele zuerst an Männer denken - auch bei "Ärzten" oder "Anwälten" dürfte das der Fall sein. Meines Erachtens ist das jedoch kein sprachliches Problem, sondern hat vielmehr damit zu tun, dass es sich hier um einstmalige Männerdomänen handelt. Gegenbeispiele: Bei Wörtern wie "Fußgänger" oder "Passagiere" denkt niemand an reine Männergruppen, die Wörter evozieren eine unbestimmte Menge an Personen; Frauen, Männer, Kinder, Alte, Junge ... Hier also erfüllt das generische Maskulinum seine Aufgabe, vom Geschlecht abzusehen (in dem Fall wird übrigens niemand "mitgemeint", alle werden gleichermaßen ohne Ansehen des Geschlechts gemeint). Ob das gen. M. das kann oder ob es irrtümlich für eine Bezeichnung von Männern gehalten wird, hängt vom außersprachlichen Kontext ab. Mein Vorschlag wäre daher eine pragmatische Handhabung: Doppelformen (oder meinetwegen Sternchen, großes I usw.) immer dann, wenn aufgrund des Kontextes die Gefahr eines Missverständnisses besteht. Bei Berufsbezeichnungen scheint das sinnvoll, auf vielen anderen Feldern jedoch nicht. (Und bei Pronomen wie "Jeder" ist es m.E. tatsächlich völliger Unsinn.)

    • @Marcel_L:

      Bei "Ärzten" denke ich an beide Geschlechter, da ich in meinem Alter mit Ärzten beiderlei Geschlechts aufgewachsen bin. Bei Lehrern denke ich zunächst an Frauen, da ich mehr weibliche Lehrer hatte. Bei "Erzieherausbildung" denke ich an Frauen, bei dem Wort "Erzieher" wiederum zunächst an Männer, da mir öfter Frauen im Leben begegnet sind, die sich als "Erzieherin" bezeichnet haben.



      Insofern gebe ich ihnen Recht damit, das die geschlechtliche Besetzung der Berufsgruppe entscheidender ist, als das Wort selbst.



      Ansonsten müsste ich "die Menschheit" weiblich denken und "der Baum" wäre männlich.

      Desweiteren gibt es eine Menge Sprachen die geschlechtsneutraler funktionieren, als die deutsche Sprache. Farsi zum Beispiel, die Sprache die im Iran und Afghanistan gesprochen wird, gleichzeitig eine der patriachalsten Gesellschaften überhaupt. Der Zusammenhang zwischen Geschlechtergerechtigkeit und Sprache, ist also keinesfalls so eindeutig, wie es im westlichen Bubble erscheinen mag.

      Was ich aber am schwierigsten finde; was ist eigentlich mit den Leuten die nicht andauernd auf ihr Geschlecht verwiesen werden wollen? Die Männer, Transpersonen und Frauen die modern leben und keine Lust auf ständige Geschelchterkonfrontation an jeder Ecke haben? Ich habe nicht das Gefühl das dieses ständige Hervorheben und unter die Lupe nehmen des Geschlechts und der herbeifantasierten oder realen Geschlechtsunterscheide irgendetwas besser gemacht haben. Im Gegenteil, auch der Umgang in meinem linken Freundeskreis fühlt sich immer verkrampfter, toxischer und "geschlechtlicher" an, als dies vor zehn Jahren der Fall war.

  • Mir wäre der Unterstrich am liebsten. Das * macht Probleme beim Abspeichern.



    Ansonsten sind auch alle mikrobiologischen Vorgänge mitgemeint!



    Gott = Dreieinigkeit, d.h. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind mitgemeint!

  • "Denn es gibt sie ja, die Forschung, die belegt, dass Leser*innen selten bei „Polizisten“ und „Wissenschaftlern“ sofort auch an Frauen denken."

    ^Zumindest bei Polizisten gibt es dafür jenseits aller Sprachforschung eine einfache und logische Erklärung dafür. Es gibt deutlich mehr männliche Polizisten. In der Wissenschaft im Gesamten verhält es sich ähnlich.

    Spannend zu diesem Thema fand ich die Aussagen von Frau Pollatschek in dieser Diskussion:www.youtube.com/wa...vUrxiEj9EkhO-AknC1

  • Ich bin Freund des Gendersternchens, weil es ein nett ist, Strategien, die von anderen mehr oder weniger Gleichgesinnten als erfolgversprechend angesehen werden, zu unterstützen. Wahrscheinlich ist es nutzlos, weil Heidi Klum und Millionen von YouTube-Influencer*innen existieren, vor deren Vorbild- und Diskursmacht die Emanzipation nur kapitulieren kann.



    Einige Hinweise zum Text:



    (1) "Gendern ist eine Form des Mitmeinens." äh, nein, es ist eine Form des Mitansprechens. Mitmeinen tut ja schon das generische Maskulinum, zumindest wenn man dessen Verteidiger*innen glaubt.



    (2) "Denn es gibt sie ja, die Forschung, die belegt, dass Leser*innen selten bei „Polizisten“ und „Wissenschaftlern“ sofort auch an Frauen denken." - Vorsicht mit der selektiven Aneignung von psycholinguistischen Forschungsergebnissen: Der Sprung von verzögert feuernden Synapsen in bestimmten Hirnarealen zu gesellschaftlichen Dynamiken ist zu weit (auch wenn beim Wettbewerb um Drittmittel, die Begrenztheit der Aussagekraft solcher Forschungsergebnisse gerne ausgelassen wird).

    • @My Sharona:

      1) Sie müssen mir ja nicht glauben, aber unserer Bundeskanzler ist gerade weiblich. Fragen Sie mal Teenager an welches Geschlecht diese bei dem Wort Bundeskanzler denken. Ich bin mir ziemlich sicher das viele an die ewige Kanzlerin denken werden , auch ganz ohne feminine Wortendung.

      Desweiteren bin ich kein Verteidiger des Maskulinum aus innerster Überzeugung aufgrund der "in Stein gemeißelten Richtigkeit" oder so einem Quatsch. Ich halte diese Fokusierung auf politisch korrekte Sprache für kontraproduktiv im Sinne der Sache. Es ist nicht dienlich und ist nicht effektiv im Kampf gegen verkrustete Geschlechterstrukturen.



      Grund zum Zweifeln gibt es genug und das Gegenteil von Gut ist immernoch....

  • wenn in texten über antikapitalismus von antikapitalistinnen statt von antikapitalisInnen antikapitalist:innen oder antikapitalist*innen die rede wäre würde Ich mich als antikapitalistischer mann damit nicht mitgemeint fühlen.und das wäre im hinblick auf meine verdienste auf dem gebiet des antikapitalismus ungerecht.



    das grosse binnen-I oder der doppelpunkt gefallen mir trotz ihrer funktionalen äquivalenz was das schriftbild angeht weniger gut als das gender-sternchen



    ******* ***** **** ***** ****************** *******************



    ******************** ***** ************** *** ******** ***** **************



    wie all diese vielen gendersternchen unterstreichen sollen

    ein sternchen ist zudem ein schönes symbol für die zukunft der menschheit

    denn wir menschen bestehen-wie die naturwissenschaftler*innen herausgefunden haben aus der asche der sterne und wenn wir die aktuelle krise der zivilisation überleben werden wir im laufe der zeit



    viele sterne am himmel nicht nur in einem ästhetischen sinne für uns leuchten lassen

    die gleichberechtigung der frauen trägt zur rettung der biospäre unseres blauen planeten viel bei.

    insofern ist das gendersternchen auch ein zeichen der hoffnung

    www.brigitte.de/ho...arte-10888786.html

    diese bedeutung hat auch die stern oder stella genannte karte des tarot

    • @satgurupseudologos:

      ganz Ihrer Meinung! Ebenso, was die unsägliche Vereinfachung bzw Verarmung der Sprache angeht.



      DANKE

    • @satgurupseudologos:

      Mir ist egal, so empfindlich bin ich in beide Richtungen nicht. Mich interessiert es wirklich nicht ob von Politkern oder Politkerinnen die Rede ist, ich denke an beide Geschlechter weil beide vertreten sind.

      Es irritiert allerdings, wenn auschließlich in der weiblichen Form gesprochen oder geschrieben wird, weil dies nicht natülich aus dem Sprachgebrauch heraus entstanden ist, sondern künstlich versucht wird die Sprache zu ändern. Was in wissenschaftlichen Texten noch legitm sein mag, würde aber spätestens beim bemühten Roman mit allerlei Zeichen und Andeutungen zum Graus werden. Das will niemand lesen.

      Übrigens mal ein Hinweis zur Verunsicherung: Bei Pflegekräften denke ich persönlich zunächst mal an Frauen, obwohl das Wort gescchlechtsneutral ist. Was könnte das bedeuten?

      • @Work_Life_Balance:

        Ich bin ja dafür der uno -eine wehrpflichtigenarmee zu geben und alle anderen armeen abzuschaffen.geschähe dies so müsste für diejenigen frauen und männer die den militärdienst aus gewissensgründen verweigern ein ziviler ersatzdienst angeboten werden.dieser könnte auch in pflegeheimen geleistet werden :gäbe es ihn dann würden Sie bei pflegekräften nicht "zunächst einmal an Frauen denken "

      • @Work_Life_Balance:

        DIE Pflegekraft ist doch eindeutig weiblich! Genau wie DIE Lehrkraft, oder DIE Führungskraft. Darum hat sich da bisher auch niemand drüber empört. War halt aus feministischer Sicht schon alles supi...

  • "Denn es gibt sie ja, die Forschung, die belegt, dass Leser*innen selten bei „Polizisten“ und „Wissenschaftlern“ sofort auch an Frauen denken."

    Was wir mit Begriffen assoziieren, steht nicht fest, es ist im Fluß.

    Wenn mehr Frauen 'Polizisten' werden, werden mehr Menschen bei 'Polizisten' auch an Frauen denken.

    Das generische Maskulinum - das auch jetzt schon für mehr und mehr Menschen die Frauen mit beinhaltet - , durch ein generisches Femininum ersetzen zu wollen - bei dem bisher niemand die Männer mitdenkt, mag als Gedankenexperiment interessant sein - läßt einen jedoch weniger als 'Gleichheit' denken, als an ein 'den Spieß herumdrehen'.

     

  • Wir leben in einer interessanten Zeit.

    So lange sich nicht eine "einheitliche gendergerechte Sprache" durchsetzt, irritiert jeder Versuch, der Veränderung. Aber genau diese Irritation soll uns ja bewusst machen, dass noch etwas zu tun ist. Also: her mit den Sternchen, den generischen Feminina, den Knacklauten [1] und was auch immer. Solange die Verunsicherung anhält hat Veränderung eine Chance.

    Und ja, wir sind schon lange dran. Ich habe auch Luise Pusch erlebt. Aber das Brett, das wir bohren ist auch ein ganz dickes.

    In diesem Fall... danke an Frau Lambrecht und ihre Frauschaft (Männer natürlich immer mitgemeint :-)

    [1] Ich lerne, dass das im Deutschen tatsächlich unter "Knacklaut" [2] geht, obwohl nach meinem Empfinden da gar nichts knackt. Frau lernt nie aus :-D

    [2] de.wikipedia.org/w...r_glottaler_Plosiv

    • @tomás zerolo:

      "Wir leben in einer interessanten Zeit."

      Das würde ich unterschreiben. Nur ist es in meinen Augen ganz sicher NICHT die heiße Debatte um die allerrichtigste Form der ausdrücklichen Abbildung aller Geschlechter in der deutschen Sprache, die unsere Zeit maßgeblich so interessant macht. Da gäbe es dann doch noch ein paar andere Dinge...

  • Ich bin klassische alte Schule.

    In die gehen Schülerinnen und Schüler.

    • @Jim Hawkins:

      Ja, das ist in der Tat alte Schule.

      Aktuell ist "SuS" angesagt.

      Auch Lehrerinnen haben keine Lust, laufend gendern zu müssen. Lieber eine Abkürzung.

      (Und das ist kein Scherz. Sie glauben nicht, wie lange ich beim ersten Mal gegrübelt habe, was die Lehrerin mit SuS meinen könnte.)

  • Das generische Feminininum ist mit Abstand die beste Idee zu dem Thema bislang. Alle anderen Versuche endeten in schlecht lesbaren, kaum auszusprechenden oder überfrachteten Texten. Das generische Maskulinum war und ist natürlich auch ok, denn es meint ja schon immer alle mit. Aber wenn man schon ein Zeichen setzen will, dann mit dieser einfachen und vor allem umsetzbaren Idee.

    • @Winnetaz:

      Ich habe nur ein Problem von "Polizistinnen und Täterinnen" anstelle von "Tätern und Polizisten" zu sprechen.



      Ästethisch ist das im Unterschied zu dem (_*/-)Hickhack tatsächlich geschrieben und gesprochen viel unproblematischer und lesbarer, das ist richtig.

      Ich möchte die deutsche Sprache nicht nochmal neu erlernen müssen. Es gibt soviel interessantere und dringlichere Aspekte im Bezug auf das Geschlecht als irgendwelche Wortendungen, die jedesmal den Unterschied noch hervorheben.

  • Dann bitte auch über den Artikel sprechen, der im Plural immer (mir fallen spontan zumindest keine Ausnahmen ein) feminin ist bspw. Die Sänger oder die Sängerinnen. Also müsste es das Sänger*:innen heißen.

    Und wenn das Geschlecht der Berufsbezeichnung wirklich soviel Einfluss auf die Berufswahl hat, müsste sich dies in sprachräumen ohne Geschlechtsform zeigen, bspw. In den englischssprachigen. Habe aber nicht den Eindruck, dass die Berufswahl dort viel anders ist und es dort einen signifikant höheren Frauenanteil bei Polizisten (hier macht das Gender Zeichen in der Mitte keinen Sinn, da es sonst nur ein Polizist:innen wäre) oder in MINT Berufen gibt. Habe aber auch keine Statistiken dazu.

  • Leute, habt Ihr ne’ Macke?



    Gewohnheiten sind Gewohnheiten und sehr, sehr schwer, um nicht zu sagen mühsam, wenn nicht sogar nur mit ein wenig Mühe zu ändern, um mal ganz streng nicht wissenschaftlich und dafür aber um so bauchtechnischer daherzureden. Das fällt uns doch allen, wenn wir mal ganz tief in uns reingucken, nicht so leicht!

    • @Franz Koch:

      Also einen Kommentar erst mal mit ner Beleidigung einzuleiten ist wirklich guter Stil, Chapeau.

      Und das es ein bisschen Mühe bedeutet, ist ja jetzt auch nicht verwerflich. Die meisten Sachen, die wir erlernen, sind mit Mühen verbunden, oder?

    • @Franz Koch:

      Genosse Traktorist,



      in der Revolution werden Gewohnheiten infrage gestellt.



      Es ist inzwischen seltener von Flüchtlingen, dafür von Geflüchteten die Rede.

  • Ich verstehe die Absicht. Die Ausführung ist in meinen Augen nicht zielführend.



    Auch im Englischen gab es früher die Geschlechtsuterschiede in Berufsbezeichnungen. Die wurde abgeschafft, da ja der Beruf/die Tätigkeit und nicht das Geschlecht der betroffenen Person (DIE Person!) wichtig sein sollte. Im Deutschen ist historisch oft auch eine gewisse Wertung durch das Wortgeschlecht gegeben. Da kann man dazu stehen wie man will, ist leider so. Und, auch drüber kann man streiten, gilt die männliche meist als höherwertig. So stellen Frauen ihr Licht unter den Scheffel, wenn sie sich mit weiblichen Berufsbezeichnungen begnügen. Das gibts aber auch umgekehrt. Ich (männlich) hab mich immer als Hausfrau vorgestellt, als ich für den Haushalt zuständig war. Erfahrungsgemäß wird einem HausMANN nicht die Kompetenz einer HausFRAU zugetraut.

  • Ich werde auf jeden Fall nur von Verbrechern,Betrügern,Mördern, Lügnern reden, damit Frauen garnicht erst auf die Idee kommen, um Verbrecherinnen etc. zu werden. Welcher Power haben eigentlich die genannten Studien, wie sind die Fragen gewesen, gibt es auch andere Ergebnisse , gab es Interessenkonflikte ? Interessant, dass in der DDR die Köchinnen zB gesagt haben „Ich bin Koch“ u kein Problem damit hatten, dort, wo mehr Frauen berufstätig waren als im Osten. Mist ist, dass * u : die Worte trennen u es keine Wortfertigstellungen gibt. Da wir die Worte ja komplett erfassen, haben wir jetzt nur noch weibliche Formen , könnten Sternchen auch weglassen, wenn wir dann das weibliche Generikum



    haben. Als souveräner Mann gönn ich den armen Frauen diese Freude ( Ironie) , viele Frauen meinen auch, auf das * verzichten zu können.

  • Alles Besser als * oder IN/ INNEN! Und? Bisher war es immer die männliche Form, nehmen wir für die nächsten 50/ 100 Jahre die weibliche Form. Und dann können die uns Folgenden weiter sehen.

  • ich hab mir den Entwurf durchgelesen.

    Es liest sich schlüssig und flüssig.

    Und vor allem GUT.

    Meine Empfehlung:



    Einfach einen Frontsatz voranstellen, dass alle Geschlechter gemeint seinen..

    Dann kann sich keine über Unklarheiten beschweren.

    • 1G
      19071 (Profil gelöscht)
      @Friderike Graebert:

      Dem kann ich ohne Probleme zustimmen.

  • "Ästhetisch einwandfrei" ist das überall angefügte `innen´ für meine Wahrnehmung so gar nicht. Schon deshalb nicht, weil `innen´ wie das Gegenteil von `außen´ daherkommt.



    Na ja und nach klassisch plump sexistischer "Lehre" ist das nach außen Gehende doch das "Maskuline" und das mehr zurückgezogen- Verinnerlichte das "Feminine". Dieses alberne angebimselte ´innen´ reproduziert also archaische Attribuierungen und will sie gar zur sprachlichen Norm erheben. Offenbar eine Verzweiflungstat, die auf Neue exemplarisch belegt, wie sehr Frauen offenbar durch Diskriminierung immer wieder dazu getrieben werden irrational gegen ihre eigenen Interessen zu agieren. Aber egal, ich finde ja sowieso, dass "Geschlechter" abgeschafft werden sollten. Irgendwie ist das doch obsolet und sowas von 20. Jh....

  • Statt alles zu vereinheitlichen, würde ich eine zusätzliche, explizit männliche Form dazuformen -- vielleicht durch eine Nachsilbe als Kontrast zur explizit weiblichen Form: Im Singular würden die Freundin (weiblich), der Freundan (männlich) und de Freund (neutral) gar nicht so unelegant klingen; im Plural die Freundinnen, Freundannen und Freunde ebenso klar unterscheidbar sein -- und ich glaube, mit so einer Lösung könnte man für progressive Sprachkritiker (neutral gemeint!) und konservative Stimmen einen Kompromiss finden.

  • Viel pragmatischer fände ich da, Maskulinum und Femininum vollständig abzuschaffen und wo möglich, nur noch Neutrum zu verwenden. Wo es kein Neutrum gibt, wird aus Gewohnheit Maskulinum zum Standard erklärt (an der Stelle ein neues Neutrum zu schaffen, wird sich noch weniger durchsetzen).



    Damit hätten wir uns einer immensen Komplexität des Deutschen entledigt, die andere Sprachen (Englisch ...) auch nicht brauchen.

    Ob ich damit Anhänger finde? Glaube ich kaum. Mal sehen, wie sich unsere Sprache weiterentwickelt.

    • @Martin Weber:

      Gut gedacht, nur.. so ist´s doch momentan... "Die Sänger" (plural, gemischtgeschlechtlich). Nur magst Du es nicht "generisches Maskulinum" nennen, sondern Neutrum. Was es tatsächlich ist, aber (weil es den Buchstaben nach) dem Maskulinum entspricht, eben so genannt wird. Da sind eben nicht "Frauen mitgemeint", sondern alle gleichermassen gemeint. Aber das geht eben den Anhängern des genderns nicht weit genug. Daher die Debatte.

    • @Martin Weber:

      Von der türkischen Sprache können wir lernen, dass weder Substantive, noch Personal- oder Possesivpronomen ein Geschlecht haben müssen. Trotzdem ist die Türkei kein Paradies für Frauen, was halt manche feministische Theorien widerlegt, denen zufolge die Sprache die gesellschaftliche Realität bedingen würden. Trotzdem fände ich eine konsequente "Neutralisierung" der deutschen Sprache gut. Die deutsche Sprache ist eh viel zu kompliziert. Sie zu Erlernen ist eine Zumutung. Vereinfachung wäre da gut. Also weg mit " der" und " die". Es gibt nur noch das "das". Etwa so: Das Lehrer unterrichtet das Schüler.

      • @vulkansturm:

        Das über das Türkische wusste ich nicht. Das ist ein sehr gutes Gegenargument zu der These, die Sprache bestimme die gesellschaftliche Realität. Die ja ohnehin abstrus klingt, wenn man von "Das Sein bestimmt das Bewusstsein" ausgeht.

      • @vulkansturm:

        die deutsche sprache ist nicht viel zu kompliziert.und wenn man komplexe gedanken mit ihr ausdrücken will dürfte jede sprache der welt ungefähr gleich kompliziert sein.



        für die vereinfachung von sprachen besteht kein bedarf



        die wirklichkeit ist komplex und kompliziert-warum sollte es nicht auch die sprache sein-in der wir über sie reden und die selbst auch ein teil der wirklichkeit ist

  • Alles schonmal dagewesen



    de.wikipedia.org/wiki/Lysistrata

  • Da sich das Innenministerium nicht an in weiblicher Form formulierte Gesetze halten möchte muss ich das dann wohl auch nicht mehr bei in männlicher Form formulierten. Dankeschön damit kann die Party ja nun beginnen. Wir Freuen sterben ja eh nicht so leicht an Corona. Ich Bier ja du Bier nein lieber Horst. Du wolltest es ja so.

    • @Steffi Wild:

      Sehr interessant, in der Tat. Laut Seehofer-Logik ist Deutschland daher Führungslos. Im GG (Art. 62) steht bekanntlich: "Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern."

      • @Orwell1984:

        was spräche dagegen das grundgesetz zu ändern um dem wunsch vieler frauen und männer nach einer die gleichberechtigung der geschlechter zum ausdruck bringenden sprache zu berücksichtigen

        der von Ihnen zitierte artikel des grundgesetzes würde dann so lauten:

        "Die Bundesregierung besteht aus der Bundeskanzler*in und den Bundesminister*innen"

        meinetwegen können wir übrigends die deutsche bundesregierung mitsamt der bundesrepublik deutschland abschaffen und aus der eu einen demokratischen sozialen und ökologischen bundesstaat machen in dem es eine europäische bundesregierung und eine europäische "Bundeskanzler*in " gibt.

        das wäre das ende der ruinösen in fast jeder hinsicht dysfunktionalen innereuropäischen standortkonkurrenz von staaten um kapital arbeitsplätze und steuereinnahmen

        in der verfassung des europäischen bundesstaates sollte meiner meinung nach weit vorn im grundrechtekapitel festgeschrieben werden dass alle bürger*innen der eu das grundrecht auf ein bedingungsloses grundeinkommen haben.

    • @Steffi Wild:

      Ist nicht so, dass sich das Ministerium nicht ans Gesetz halten will. Sondern so, dass das Gesetz für Gründer aller Geschlechter verbindlich formuliert sein muss. Wäre ja blöd, wenn sich zB ein queerer Gründer (der sich nicht weiblich fühlt) mit dem Argument vor Gericht durchsetzt, dass das Gesetz daher nicht zutrifft. Daher hat das Innenministerium wohl keine Wahl, als den handwerklich schlechten Entwurf zu stoppen. Beim generischen Maskulinum ist wenigstens "offiziell" klar, dass alle Geschlechter gleichermassen gemeint sind.

    • @Steffi Wild:

      Für nicht-binäre Menschen gelten dann weder die in männlicher Form formulierten, noch die in weiblicher Form formulierten?

  • ich finde das super, dass sie das so offen sagen! Jahrzehnte lang hatte keiner ein Problem damit, zu sagen, dass die Frauen doch bei den männlichen Formen immer mitgemeint waren - so nach dem Motto: "stellt euch nicht so an, ihr seid doch auch gemeint". War so klar, dass das Geschrei groß ist wenn es einmal anders herum läuft. Warum liebe Herren des Innenministeriums: ihr seid doch mitgemeint. Ist doch logisch und muss man doch gar nicht extra sagen ;) oder???

    • 1G
      19071 (Profil gelöscht)
      @RosaLux:

      Jahrzentelang war aber auch klar, das bei der weiblichen Form die Männer nicht mitgemeint sind. Da fällt die Umstellung dann nicht so leicht.

    • @RosaLux:

      Nun gibt es aber auch nicht- binäre Menschen. Denen ist weder mit einem generischen Maskulinum noch mit einem generischen Femininum gedient. Fair wäre eigentlich nur ein generisches Neutrum.

      • @vulkansturm:

        schon klar. Ich wollte nur auf die ewige Heuchelei aufmerksam machen, die dieser Aussage des Innenministeriums inne wohnt...

  • Ich finde den gender_gap immer noch am plausibelsten, weil er eben nur eine Lücke, die jemand füllen könnte, lässt. In Gegensatz zum Sternchen, der, grundsätzlich als Verniedlichung bezeichnet, auch herabwürdigend wirken könnte. Wenn man mir sagte, ich sei jetzt durch das Sternchen repräsentiert, würde ich mir irgendwie verarscht vorkommen. Zum Glück bin ich Cis-Mann. Das ist zur Zeit wohl das Einfachste...

  • Statt "es gibt eine Studie..." und "Liebe Männer..." und so Gedöns könnte der Vorschlag doch einfach lauten, diese "Allgemeinen Empfehlungen" zu ändern und fertig.