CSU-Klausurtagung in Kloster Seeon​: Dobrindt droht Berlin​

Zum Jahresauftakt teilt die CSU kräftig aus. Und für das unfähige Berlin hat sich Landesgruppenchef Dobrindt gleich mal eine Strafexpedition überlegt.

Markus Söder und Alexander Dobrindt geben ein Statement ab

Markus Söder und Alexander Dobrindt beim Auftakt der Winterklausur der CSU im Bundestag Foto: Sven Hoppe/dpa

KLOSTER SEEON taz | Lambrecht muss weg, Berlin geht überhaupt nicht und Wokeness noch weniger. Und Leopard-Panzer für die Ukraine wären schön. Zum Auftakt der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Kloster Seeon fahren Alexander Dobrindt und Markus Söder gleich mal das ganze Programm auf. Trägheit in der Opposition wollen sich die Christsozialen offenbar nicht vorwerfen lassen.

Es ist Punkt 14 Uhr, als CSU-Landesgruppen-Chef Dobrindt und sein Gast Söder in den Hof des ehemaligen Klostergebäudes treten, ein gutes neues Jahr wünschen und gleich in medias res gehen. Erstmals seit drei Jahren treffen sich die CSU-Bundestagsabgeordneten zum Jahresauftakt wieder hier im oberbayerischen Kloster Seeon, während der Pandemie gab es stattdessen lediglich Schmalspurtagungen in Berlin.

Wie das Programm der Klausur, so ist auch das Auftaktstatement ein Parforceritt durch die Bundespolitik, freilich mit ein paar Schwerpunkten und reichlich Kritik an der regierenden Ampel: Die Grünen seien das Blackout-Risiko Nummer eins, schimpft etwa Söder, und Robert Habeck solle sich mal erinnern, dass er Wirtschafts- und nicht Klimaminister sei. Die FDP wiederum nicke nur ab, was SPD und Grüne beschlössen. Aber eigentlich sieht Söder ganz andere Mächte, die in der Bundesrepublik den Ton angeben, die NGOs: „Greenpeace und Attac steuern die deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik.“ Achja, und der Ampel fehle es an Bereitschaft, in Forschung zu investieren. Ein Rundumschlag, alles dabei, alles nicht wirklich neu.

Hart gehen beide mit Bundeskanzler Olaf Scholz ins Gericht, Dobrindt wiederholt ein Wortspiel, das er in den vergangenen Tagen bereits in jedes sich bietende Mikrofon gesprochen hat: Eine Zeitenwende habe Scholz versprochen, eine Zeitverschwendung habe er stattdessen organisiert.

„Lambrecht klebt mehr am Amt als mancher am Boden“

Die Entscheidung der Bundesregierung, Marder-Panzer in die Ukraine zu liefern, sei zwar richtig, komme aber zu spät. Zudem müsse jetzt der zweite Schritt folgen: die Lieferung von Leopard-Panzern. Scholz biete sich hier die Chance, selbst zu handeln und den Leopard anzubieten, sagt Dobrindt. Aber: „Es ist immer wieder das gleiche Muster: Es wird zu lange abgewartet – bis zu einem Zeitpunkt, wo man politisch nicht mehr anders kann. Und dann erst handelt man. Ich glaube, in Europa wird zu Recht unter deutscher Führung etwas anderes verstanden.“ Den Leopard solle die Rüstungsindustrie aus ihren Beständen liefern, den Leopard II die Bundeswehr aus den ihren.

Wortreich fordern Dobrindt und sein Parteichef erneut einen Rücktritt oder eine Entlassung von Christine Lambrecht. „Die Frage ist nicht, wann muss sie gehen, sondern: Warum ist sie noch da?“, so der Landesgruppenchef. Die Verteidigungsministerin sei ihrem Amt nicht gewachsen, das habe sich schon lange gezeigt; das glücklose Grußvideo in der Silvesternacht, sei da nur ein weiteres Element in der Pannenserie gewesen. Offenbar sei sie selbst sich der Bedeutung ihres Amtes nicht bewusst. Es gebe nun die dringende Notwendigkeit, personelle Entscheidungen zu treffen.

Auch Söder moniert Scholz’ Führungsschwäche und macht diese vor allem an Lambrechts Verbleib im Amt fest: „Lambrecht klebt mehr am Amt als mancher am Boden“, witzelt der bayerische Ministerpräsident. Scholz müsse sie nun „in den verdienten Ruhestand begleiten“.

Die Sonne ist bereits hinter dem Klostertürmchen verschwunden. Söder steht sichtbar fröstelnd mit den Händen in den Jackentaschen vor dem Mikrofonständer. Aber natürlich kommen die beiden Politiker auch auf das aktuelle Aufregerthema Nummer eins der Union zu sprechen: die Silvesternacht in Berlin. Dort waren zum Jahreswechsel Polizisten und Feuerwehrleute angegriffen worden, unter anderem mit Feuerwerksraketen und Böllern. Ähnliche Vorfälle gab es auch in anderen Städten, das Ausmaß jedoch war in Berlin weitaus am größten.

Dreimal so viel Straftaten in Berlin wie in Bayern

Er habe die „Gewaltexzesse mit Schrecken verfolgt“, erzählt Dobrindt. Nun gehe es nicht um Integration, sondern um Strafe. Neben der Strafe für die Randalierer, schwebt dem Politiker jedoch auch eine mögliche Strafe für die Stadt Berlin vor. Dass die CSU von dem bestehenden System des Länderfinanzausgleichs wenig hält und Bayern ihrer Ansicht nach zu tief für die weniger finanzstarken Bundesländer in die Tasche greifen muss, ist nicht neu. Dobrindts jetziger Vorschlag aber doch: Man könne den Länderfinanzausgleich schließlich auch als Instrument für Sanktionen gegen Berlin einsetzen.

Wenn die Hauptstadt es nicht schaffe, für Recht und Ordnung auf ihren Straßen zu sorgen, müsse sie mit finanziellen Konsequenzen rechnen, so der Chef der Landesgruppe. Auf die Nachfrage, wie er sich das denn vorstelle, verwies er auf Europa: „In Europa wissen wir, dass die Rechtsstaatlichkeit in allen Ländern umgesetzt werden muss. Wenn das nicht in dem Maße stattfindet, wie die Gemeinschaft das erfordert, dann kann das finanzielle Sanktionen haben.“ Was in Europa gehe, müsse auch in Deutschland möglich sein. Berlin also als das Ungarn der Bundesrepublik, das vom demokratischen Rest des Landes zur Räson gebracht werden muss?

Söder geht auf den originellen Vorschlag Dobrindts nicht ein, konstatiert jedoch, dass Exzesse wie in Berlin woanders kaum möglich seien und lässt en passant noch einfließen, dass in Relation zur Einwohnerzahl in Berlin dreimal so viele Straftaten begangen würden wie in Bayern. Gewaltexzesse in Berlin hätten ja auch ein „gewisses System“ und würden dadurch ermuntert, dass sich Staat und Politik zurückzögen. Dabei seien die Ereignisse in der Silvesternacht nur ein typisches Beispiel für die Zustände in der Hauptstadt: „Der Staat Berlin funktioniert nicht.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.