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BürgergeldUnion und SPD setzen auf Härte gegen Arbeitsverweigerer

Die Ausgaben für die Grundsicherung sind 2024 erneut gestiegen. Wer das System ausnutzt, solle das spüren, heißt es aus der Koalition.

Das bisherige Bürgergeldsystem soll zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende umgebaut werden, so der Koalitionsvertrag Foto: dpa

Berlin dpa | Die steigenden Ausgaben für das Bürgergeld befeuern die Debatte um Veränderungen bei der Grundsicherung. Bundespolitiker von Union und SPD kündigten mehr Härte gegen Arbeitsverweigerer an. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, die Ausgaben von rund 47 Milliarden Euro pro Jahr für Bürgergeldzahlungen seien zu hoch: „Diese Zahl muss runter.“

Die Bürgergeldausgaben sind im vergangenen Jahr um rund 4 Milliarden Euro auf 46,9 Milliarden Euro gestiegen. 5,5 Millionen Menschen erhielten die Sozialleistung. Das geht aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der AfD im Bundestag hervor. Die schwarz-rote Koalition will die Ausgaben senken. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass das bisherige Bürgergeldsystem zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende umgebaut werden soll.

Im „Morgenmagazin“ des ZDF sagte der sächsische Ministerpräsident Kretschmer am Montag, jeder kenne Menschen, die Geld bekämen, es aber nicht bräuchten. Das gelte in besonderer Weise für Schutzsuchende. Der CDU-Politiker verwies darauf, dass Menschen aus der Ukraine in Deutschland seltener in Arbeit seien als zum Beispiel in Frankreich, Polen und Tschechien. Das liege aber nicht an den Ukrainerinnen und Ukrainern, „sondern das liegt an unseren eigenen selbstgemachten Regeln“, die für alle geändert werden müssten, forderte Kretschmer.

Kein Bürgergeld für Menschen aus der Ukraine

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) verwies im Deutschlandfunk darauf, dass neu ankommende Menschen aus der Ukraine künftig kein Bürgergeld mehr erhalten sollen. Über weitere einzelne Vorschläge für Einsparungen wolle er nicht öffentlich diskutieren. Die Debatte um den Bürgergeld-Anspruch für Menschen aus der Ukraine hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erneut angestoßen, der sich am Sonntag im ZDF dafür aussprach, „am besten“ auch jenen kein Bürgergeld mehr zu zahlen, die bereits in Deutschland sind.

Zum Bürgergeld sagte Söder grundsätzlich: „Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass jeder Arbeit annehmen muss, der arbeiten kann.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Montag): „Wer das System ausnutzt, dem muss mit klaren Sanktionen begegnet werden.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban sagte dem Redaktionsnetzwerk, die von der schwarz-roten Bundesregierung geplante neue Grundsicherung könne es nur noch für jene geben, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind. „Nicht für die, die nicht arbeiten wollen“, fügte er hinzu.

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17 Kommentare

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  • Was Bürger dieses Landes angeht, mal wieder ein typischer Fall populistischer konservativer Symbolpolitik.



    Aber hey, die Bekämpfung von Missbrauch beim Bürgergeld, die vor ein paar Jahren bei 0,81€ pro Kopf und Jahr lag, ist diesen Leuten natürlich wichtiger, als die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die bekanntlich bei rund 1200 € pro Kopf und Jahr liegt (es gibt durchaus auch höhere Schätzungen).

  • Auch ein blinder Söder findet mal ein Korn. Das Problem der Schwarzarbeit wird aber weiterhin ausgeblendet. Es ist durchaus lukrativ, Bürgergeld zu beziehen (zwecks sozialer Absicherung) und das Haupteinkommen über nicht angemeldete Arbeit zu beziehen. Wegen ein paar Rentenpunkten arbeitet doch keine Putzkraft oder Gärtner.

    • @Frankenfurter:

      Erzählen Sie doch bitte unbedingt, was Sie sonst noch so alles zu Wissen glauben? Die Gärtner die ich kenne, arbeiten tatsächlich genau der Rente wegen. Pauschale Aussagen wie Ihre unterstellen Armen Menschen nur das schlechte. Bedauerlicherweise darf ich hier nicht schreiben was ich mit asozialen Menschen gerne machen würde.

  • Wann ist es eigentlich aus der Mode gekommen, Arbeitslosigkeit durch Wirtschaftspolitik zu bekämpfen statt durch Einsparungen?

    • @Wonko the Sane:

      Na dann mal her mit Ihren Vorschlägen.



      Als Exportnation ist es nicht leicht eben mal schnell industriel umzuschwenken.



      Wie sollen z.B. deutsche Waren im Welthandel konkurrieren wenn die Kosten hier im Land immer weiter steigen und andere Länder günstiger produzieren oder mit massiven Subventionen den Markt beherrschen?

      Als Beispiel sei das E-Auto genannt.



      Kein E-Auto weltweit wird kostendeckend produziert.



      China als Staat pumpt soviel Geld in die Produktion, da kann kein Land mithalten.

  • Oh ja, ich kenne, genau wie sächsische Ministerpräsident Kretschmer, einige Leute, die Geld bekommen, es aber nicht brauchen. Das sind aber keine Bürgergeldempfänger, sondern eher Menschen im obersten Bereich der Einkommensverteilung.

    • @Aurego:

      Dann bitte ein Beispiel für reiche Leute die Geld vom Staat bekommen.



      Ich rede vom bekommen und nicht vom nicht bezahlen von Steuern etc. Das sollte definitiv geahndet werden ist aber kein bekommen.

  • Offen gestanden kotzt es mich an, dass in unseren Kreisen immer nur von leistungslos Lebenden die Rede ist!

    Am oberen und unteren Rand der Gesellschaft lacht man sich kaputt über die Deppen, die alles am verdauen halten.



    Einigermaßen ausgebildete Facharbeiter werden als „Besserverdiener“ geframed und gnadenlos abgemolken, während sie kaum ihr Häuschen abstottern können und trotz größtem Einsatz kaum eine Chance haben, jemals wirklich in der „Mittelschicht“ anzukommen.

    Es ist einfach nur noch widerlich. Linke Parteien waren einmal die Parteien der Arbeiterklasse. Zumindest gaben sie das wenigstens vor. Wer heute arbeitet, hat niemanden mehr, der ihn vertritt.

    • @Hungerboomer:

      Die Gewinner des "Systems" sind die obersten 10% der Einkommens- bzw. Vermögensverteilung. Das war aber schon immer so. Um in diese Gruppe zu gelangen, sollte man ein Bruttohaushaltseinkommen von wenigstens 100.000€/Jahr generieren. Wenn man bei Null anfängt (also nichts geerbt hat), muss man dazu i. d. R. ein lukratives Fach studiert haben. Diese Gruppe (früher nannte man das "Bildungsbürgertum") bleibt dann größtenteils unter sich. In der Vermögensverteilung noch darüber stehen die Unternehmer, von denen viele jedoch nicht ganz bei Null begonnen, sondern oft ein Unternehmen von den Eltern übernommen haben, oder die Erben großer Vermögen. Startup-Gründer aus armen Elternhäusern gibt es zwar, aber sie sind eine Ausnahme.

    • @Hungerboomer:

      Es ist ein fataler Fehler, Arbeitslose gegen Arbeitende auszuspielen. Am unteren Rand lacht wirklich niemand. Ein solides Sozialsystem stärkt auch die Verhandlungsposition der Arbeitenden, sich nicht jeden Quatsch gefallen lassen zu müssen. Andersrum ist das ständige Drangsalieren von Arbeitslosen eine ganz gezielte Strategie, um die Löhne der Arbeitenden zu drücken.

      • @Wonko the Sane:

        Ein solides Sozialsystem stärkt auch die Verhandlungsposition der Arbeitenden, sich nicht jeden Quatsch gefallen lassen zu müssen.

        Auch das muss erst einmal geschaffen, bzw. in unserem Fall gehalten werden.

        Ich weiß nicht in welchem Land Sie leben, aber ich wurde während meiner Arbeitslosigkeit in kleinster Weise drangsaliert.

        Oder bedeute drangsaliert für Sie schon, ein Job vorgeschlagen zu bekommen, der einem selbst nicht passt, oder angeblich unter seiner, Ihrer Würde ist?

      • @Wonko the Sane:

        Sehe ich genauso.

  • Gerne wüsste ich die Beträge, die dem Staat- also uns allen- verlorengehen durch die Steuervermeidung der Superreichen, Erbschaftssteuer und dergl. wenig lustigen Dinge mehr. Diese Leute schaden uns allen mehr, als die paar Hanseln, die das Bürgergeld wirklich zu Unrecht beziehen. Das ist eine kleine Minderheit, die Schadenssumme dürfte vergleichsweise gering sein - ganz gewiss aber gegenüber den unsozialen Steuermachenschaften. Wer von sPD, csDU fordert denn hier "Gerechtigkeit", "Hartes Vorgehen" ??

  • Seit 1997 ist die im GG festgeschriebe Vermögenssteuer ausgesetzt. Wer die massiven Folgen und Zusammenhänge, die sich aus dieser Unterlassung der Erhebung, dieser für unsere Gesellschaft wichtigen Einnahmen, noch immer nicht verstanden hat, sei ein Blick in die Mediathek von ARD / NDR neuste Folge von Reschke-TV empfohlen.



    Bürgergeld sollte den aktuellen Lebenshaltungskosten angepasst werden, ansonsten kann man einen Anstieg der Kriminalität in Deutschland nicht ausschließen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Nicht zu vergessen: Die Vermögenssteuer wurde ausgesetzt, weil die zu versteuernden Werte der Immobilien zu NIEDRIG angesetzt waren.

  • Es ist unerträglich, wenn nicht im gleichen Atemzug auf unsere Persönlichkeiten, wie z.B. die Steuerflüchtlinge, Profifussballer, Steuerhinterzieher, ausschließlich nur Erben ohne zu arbeiten usw. usw. hingewiesen wird!

  • Ja, da hat der Herr Söder ja so recht, wann hört er endlich auf mit dummen Reden zu nerven und Essen zu posten und geht seiner Arbeit nach.