Bonus fürs Energiesparen: Bei den Reichen ansetzen

Die FDP fordert einen Energiesparbonus für Hartz-IV-Empfänger*innen. Was gut klingt, geht bei Menschen mit wenig Geld an der Realität vorbei.

Gaszähler

Eher im Kalten sitzen als hungern? Für Hartz-IV-Empfänger*innen könnte das im Winter die Frage sein Foto: Joerg Sarbach/ap

Nicht jede Idee aus der FDP ist komplett daneben, nicht mal dann, wenn es um Hartz IV geht. So ist es zum Beispiel beim Vorschlag vom Wochenende wonach ALG-II-Empfänger*innen einen Bonus erhalten sollen, wenn sie ihren Gasverbrauch senken. Die Social-Media-Empörung war zwar erwartbar groß, die Problemanalyse ist aber erst mal nicht ganz falsch: Deutschland muss massiv Gas sparen.

Da Appelle alleine selten ausreichen, hat der Preis eine entscheidende Lenkungswirkung. Bei Haushalten, deren Heizkosten der Staat bezahlt, wirkt dieser Faktor aber nicht. Die Lösung, die FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler vorschlägt, hat sogar eine gerechte Komponente: Bisher sollen nur Unternehmen belohnt werden, wenn sie ihren Verbrauch senken. Ein Auktionsmodell der Ampel, das für die Industrie einen zweiten Sparanreiz neben den hohen Marktpreisen schafft, startet im Oktober.

Mit dem Bonus für Hartz-IV-Empfänger*innen würden erstmals auch Privathaushalte eine solche Belohnung bekommen. Jetzt zum Aber: Schon heute heizen Hartz-IV-Empfänger*innen nicht übermäßig verschwenderisch, denn wenn ihr Verbrauch überdurchschnittlich hoch ist, können ihnen die Jobcenter einen Teil der Kosten aufdrücken. Das Einsparpotenzial ist also überschaubar.

Angesichts der mickrigen Hartz-IV-Regelsätze und der ebenfalls steigenden Supermarkt-Preise besteht dafür die Gefahr, dass Betroffene die Heizung nicht nur um eine Stufe runter drehen würden, sondern gleich ganz im Kalten sitzen, um mithilfe des Bonus zumindest halbwegs über die Runden zu kommen. Ganz unbegründet ist die Empörung über den FDP-Vorschlag an der Stelle dann doch wieder nicht.

Anders wäre das, wenn schon die regulären Bezüge das Existenzminimum wirklich sichern würden und der Gassparbonus on top käme. Das Geld für höhere Sätze ließe sie sich von denen holen, bei denen das Energiesparpotenzial tatsächlich hoch ist: von den Reichen, die sehr viel größere Räume beheizen.

Bei ihnen entfalten die hohen Gaspreise ja ebenso wenig Lenkungswirkung wie bei den Hartz-IV-Empfänger*innen. Ihre Heizrechnungen bezahlen sie zwar selbst. Sie können die Kostensteigerungen aber locker verschmerzen – und würden auch dann nicht vor die Hunde gehen, wenn der Staat auf weit überdurchschnittlichen Gasverbrauch eine Sonderabgabe zugunsten der Armen erheben würde.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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