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Aufrüstung der BundeswehrDas große Sprechen

Inmitten des Kriegs gegen die Ukraine lässt der Sound der Wehrhaftigkeit kaum Platz für Diskussionen. Klimafeindliche Rüstung geht kritiklos durch.

Verabschiedung eines Schiffs der deutschen Marine Foto: BildFunkMV/imago

M üssen jetzt alle gleich denken, meinen, fühlen? Krieg hat eine kollektivierende Wirkung, im Guten wie im Schlechten. Wunderbar das Ausmaß an Anteilnahme; so kann Solidarität aussehen, wenn sie nicht beeinträchtigt wird durch Spaltungen und rassistische Vorbehalte, wenn sie europäischen Menschen gilt, Unsrigen – vielleicht gestern noch nicht ganz unsrig, aber doch heute. Und ja, gewiss, auch ich habe demonstriert, gespendet, Empathie gezeigt.

Aber da ist eine neue Art von Pandemie, sie ist geistig-politischer Art, ein mentales Strammstehen, das sich über Nacht unter jenen verbreitet hat, die öffentlich Stimme haben. Das Große Sprechen, nennen wir es so. Es erklärt aus dem Heute des Kriegs rückwirkend die letzten 30 Jahre, als hätte es nie Alternativen zu der Situation gegeben, in der sich Europa heute befindet, und als wäre Putin schon in der Wiege ein Kriegsverbrecher gewesen.

Nein, ich relativiere seine Schuld nicht; dies ist ein durch nichts zu rechtfertigender Angriffskrieg. Aber ich finde nach wie vor, dass bei der Auflösung des Warschauer Pakts die Chance vertan wurde, gleichfalls die Nato aufzulösen. In Alternativen zu denken, nach vorne ebenso wie rückblickend, passt nicht in den neuen Sound der Wehrhaftigkeit.

Im Großen Sprechen mischen sich altbekannte rechte Schlagworte (zu viel Genderkram, Wokeness, Kirchentag) mit einer neuen unterwürfigen Kultur der Selbstbeschuldigung bei Demokraten, Grünen, Linken. Dazu das Windgebläse des medialen Überbietungswettbewerbs: Wo ist noch eine heilige Kuh aus Vorkriegszeiten, die wir schlachten können? Eine EU-Atommacht läge auf der Hand, lese ich.

Bild: privat
Charlotte Wiedemann

Sie befasst sich als Auslandsreporterin und Buchautorin mit Gesellschaften außerhalb Europas und deren Auseinandersetzungen mit dem Westen. Zuletzt erschien „Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis“ (Propyläen 2022).

Antimilitarismus auf der Anklagebank

Als Folge des Kriegs sitzen nun Zivilität und Antimilitarismus auf der Anklagebank – welch fatales Echo auf Putins Welt. Warum so wenig Kritik an einem Aufrüstungsvorhaben, das kurzfristig niemandem in der Ukraine hilft, aber parlamentarische Entscheidungsgewalt über Jahre außer Kraft setzt? Klimafeindliche Rüstung als Verfassungsziel? Hat jemand dafür grün gewählt? Wer gestern noch Bedenken gegen bewaffnete Drohnen hatte, lässt sich heute stummschalten, ohne Not.

Nicht Putins Invasion, sondern die Reaktion darauf bringt eine Zeitenwende, einen Paradigmenwechsel in die falsche Richtung – sofern es der neuen, diversen Friedensbewegung nicht gelingt, andere Prioritäten zu setzen, gegen das eisenhaltige Große Sprechen. Die Verehrung des Militärischen geht einher mit dem Herbeireden einer neuen bipolaren Weltordnung. Sie ist proamerikanisch, antirussisch, antichinesisch, und alle übrigen Erdbewohner sollen sich irgendwo hinten einreihen.

Der Überfall auf die Ukraine ist ein Einschnitt und eine Tragödie. Aber er markiert weder „The Return of History“ noch den alles entscheidenden Epochenwechsel. Sondern er ist Teil des bitteren Kampfes um eine neue Weltordnung, der längst im Gange ist, auf vielen Schauplätzen und mit einer Riege von Akteuren. Europa ist nicht mehr die Bühne der Welt, wo sich alles entscheidet. Und Aufrüstung wird den strukturellen Abstieg des Westens im globalen Gefüge nicht aufhalten können – ein Abstieg, der ja die Basis des neuen globalen Ringens um Einflusssphären ist.

In Mali ist Putin ein Held

Und die bis gestern prioritär behandelten Feindbilder waren darauf durchaus eine Antwort. Die sogenannte Mullah-Bombe wurde lange als größte Bedrohung des Weltfriedens gehandelt. Iran schaut nun mehr nach China und Indien, erwartet vom Westen weniger als 2015. Nicht in die Knie gegangen durch Sanktionen, ist Iran ein Beispiel für die kurze Reichweite bipolarer Weltdeutung.

Oder Westafrika: Die Eindämmung von Terrorismus und Migration aus dem Sahel wurde als Top-Thema europäischer Sicherheit definiert. Der Feind kam seit 9/11 statt aus Moskau aus dem Islam und dem globalen Süden, irreguläre Kriege bestimmten die Zukunft, hieß es allenthalben. Geleitet vom Primat des Militärischen wurde das Vorgehen in Mali zum Fiasko. Nun versucht Frankreich, das Scheitern seiner teuren Spezialkräfte – sie kosteten pro Jahr doppelt so viel wie Mali für seine ganze Sicherheitspolitik zur Verfügung hat – auf Machenschaften Moskaus und Putin-Sympathien der malischen Führung abzuwälzen.

In deutschen Ukraine-Sondersendungen sah man mehrfach ein verschwommenes Bild von 2020, von jenen Offizieren, die gerade die Macht in Mali übernommen hatten. Ein Videostill ohne Ton suggeriert: So sehen Putins afrikanische Freunde aus. Mit Ton würde man hören, wie die Militärs in diesem Moment den französischen Soldaten ihre „Waffenbrüderschaft“ versicherten. Inzwischen haben sie sich der antifranzösischen Stimmung der Straße angeschlossen, die genährt wurde durch Enttäuschung ebenso wie durch Wut über französische Arroganz.

Als Folge des Kriegs sitzen nun Zivilität und Antimilitarismus auf der Anklagebank – welch fatales Echo auf Putins Welt

Malis Erwartung, es könne zugleich mit dem Westen und mit Russland kooperieren, war naiv, hatte aber Gründe: Die tonangebenden Offiziere wurden hier wie dort ausgebildet, in Europa, den USA, Russland, China. Das malische Staatsfernsehen blendete triumphierend Kamala Harris’ Rede von der Münchner Sicherheitskonferenz ein, als sie das Recht auf freie Wahl militärischer Bündnispartner betonte. Natürlich meinte Harris die Ukraine, nicht Mali.

Der Kampf um mehr Souveränität, der einige Länder Westafrikas gerade umtreibt, äußert sich bei manchen jungen Männern durchaus als Putin-Verehrung. Sie sehen in ihm nicht den steinreichen Führer einer globalen weißen Rechten, sondern er ist der starke Mann, in dem die eigene Schwäche aufgehoben scheint. Er zeigt einem Westen, einem Europa, das der junge Schwarze nur unter Gefahr des Ertrinkens erreichen kann, die Faust. Die Szene erinnert uns daran, was alles nötig ist, um den Altermondialismus nicht durch das Große Sprechen ersticken zu lassen.

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50 Kommentare

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  • Tausend Dank für diesen Kommentar!!! Es tut gut zu lesen, dass es auch noch andere Stimmen gibt und PRO-Aufrüstung nicht das einzig legitime Meinungsbild ist!



    Sehr klug geschrieben in einer so emotionsgeladenen Zeit.

  • Okay: Argumente dafür dagegen. Alle möglichen Beispiele, Geschichtsbücher, etc.

    Letztendlich aber bleibt die Frage, welche Position man einnehmen will:



    Alternative 1: Aus einer Position der Stärke die Lage so gestalten, dass es für die anderen die bessere Wahl ist, zu verhandeln.



    Alternative 2: Bewusst eine eigene Position der Schwäche akzeptieren, mit der möglichen Folge, unter der Herrschaft des Stärkeren dessen Vorgaben erfüllen zu müssen.

    Diese Wahl muss jeder selber treffen. Der eine wählt die 1, der andere die 2.

  • Wir fühlen uns von Russland bedroht, was aufgrund der aktuellen Situation ohne Zweifel berechtigt ist. Gleichzeitig gestehen wir Russland aber nicht zu, sich von uns bedroht zu fühlen. In der Schule sollen unsere Kinder lernen, sich in die Perspektive anderer zu versetzen, um mögliche Konflikte oder Probleme vielleicht besser lösen zu können. Erwachsene haben das offensichtlich nicht nötig, wie auch hier zum Teil im Forum deutlich wird. Wer auch nur im Ansatz versucht, die Perspektive mal zu wechseln, gilt gleich im besten Fall als Putin-VersteherIn im schlimmsten Fall als HochverräterIn. Das wirft allerdings dann auch ein bezeichnendes Bild auf unsere Debattenkultur. Deshalb noch einmal ein Dankeschön an die Autorin.

    • @Novemberverbrecher:

      Der klitzekleine Unterschied zwischen unserer gefühlten Bedrohung und derjenigen der Russen: Wie reagiert der Bedrohte auf diese Bedrohung? Antwort: siehe Ukraine.

      Und noch ne Frage zu wie auch immer berechtigten Sicherheitsinteressen: Wie siehts eigentlich mit denen der Ukraine aus? Sind die eigentlich auch relevant? Sakasmus Ende.

  • Ganz herzlichen Dank für diesen treffenden Kommentar Frau Wiedemann. Ich bewundere Ihre Sachlichkeit und Ihr Reflexionsvermögen in dieser schwierigen Situation.

  • Ich kann auch nur sagen: Danke!

  • Danke! Danke! Danke!

    Auch ein Dank an die TAZ, dass so ein Text noch Platz gefunden hat.

    Ich hoffe die FFFs erkennen, dass sie mit ihrem Anliegen gegen das militärische Anliegen, das über Nacht ein 100 Milliarden-Sondervermögen entstehen ließ, dramatisch im Hintertreffen sind und dass sie umso stärker an ihr Ziel, einer Zukunft mit erneuerbaren Energien, glauben und hart, wirklich hart dafür arbeiten.

  • Endlich mal ein vernünftiger Kommentar... die meisten anderen Kommentatoren in der taz scheinen ja in eine Art kollektive Hysterie verfallen zu sein, in der plötzlich alles alternativlos erscheint, was gestern noch undenkbar oder zumindest diskutierbar war.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @NoMeansNo:

      Ich kann nicht glauben, was zur Zeit passiert. Alle Brücken werden abgerissen. Es macht sich, so wie es aussieht, niemand mehr Gedanken, wie es nach dieser Eskalition weitergehen soll.



      Am Rande wg. Waffenlieferungen generell: ist es nicht skurril, dass nun womöglich russische Flugzeuge mit den Waffen aus eigener Produktion abgeschossen werden?

  • Oh, auch die Bundeswehr wird sich mehr und mehr ebenso für regenerative Energien interessieren, zumindest als Ersatzmöglichkeit wenn fossile Rohstoffe ausfallen: Bei der Marine sind moderne Dampfturbinenantriebe denkbar, die laufen mit Rohöl, Kohle aber eben auch Biomasse wie etwa Pflanzenkohle aus Stroh, Holzresten usw. Dieselmotoren in Panzern könnten neben synthetischen Kraftstoffen auch für reines Pflanzenöl ausgelegt sein, Benziner auch für Ethanol, Erd- oder Biogas. Dazu klappbare großflächige Solarmodule mit leistungsfähigen LiIon-Akkus zur autarken Stromversorgung…wird alles bestimmt kommen, da den Streitkräften die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern durchaus bewusst ist.

    • @Saile:

      Effektiv ist das nur wenn die Karosserie aus Pappmaschee ist.

    • @Saile:

      Ergänzung: grüner Wasserstoff

  • sehr guter artikel, welcher die gesamtsituation und meine sichtweise der dinge treffend beschreibt...

    wen kann man denn in zukunft noch wählen? als langjähriger linkenwähler (ich denke mir da seit jahren die fraktion wagenknecht einfach weg) meine ich diese frage durchaus ernst, da ich weder kleinstparteien wählen will, noch die grünen (die gegenwart hat hier meine ablehnende haltung gegenüber den grünen bestätigt). auch ein hoffnungsvoll anmutender herr kühnert hat sich mit seinen aussagen der letzten tage erstmal disqualifiziert...da bleibt dann quasi nix mehr übrig, oder?

  • „ein mentales Strammstehen, das sich über Nacht unter jenen verbreitet hat, die öffentlich Stimme haben“, ganz genau so habe ich das in den letzten Tagen auch wahrgenommen. Wie war das, „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch…“, tja was? Militaristische Friedensverteidiger?



    Irgendwie, als ob sie schon lange danach gegiert hätten, und auf einmal ist es über alle Zweifel moralisch erhaben. Nicht jetzt hart auf diesen Angriffskrieg zu reagieren, wer wollte da dagegen sein, sondern sofort langfristig den Kalten Krieg zu planen. Und das noch ins Grundgesetz zu schreiben. Wie ekelhaft.

    • @Ruhig Blut:

      Ahaa, dachte unten schon jemand an Willi Zwo.

  • Ich keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche... ähmm... Ukrainer:innen.



    So klingt es unisono in allen Medien. Deshalb danke für diesen Kommentar.

    Militärbudget 2020 laut www.statista.com:



    - Russland 61,7 Milliarden $

    Nato Europa



    - GB 59,2



    - Deutschland 52,8



    - Frankreich 52,7



    - Italien28,9

    ( USA 778)

    Die anderen europäischen Natomitglieder kämen noch dazu.

    Sicher sehen die Zahlen 2021 etwas anders aus, aber sicher wird auch klar sein, dass Russland bedeutend weniger für Rüstung ausgeben (kann) als die NATO.



    Selbst ohne die USA.



    Und da der Deutsche ja vorrangig Fußballweisheiten versteht: Geld schießt Tore. (Hier: Leute tot)



    Und da wir also der militärische FC Bayern sind - Warum brauchen wir noch mehr Kohle für Aufrüstung?



    Wieso sollen 100 Milliarden in D extra ausgegeben werden?



    Achja. Ist alternativlos! Wir haben jetzt ne Mutti mit Glatze.

    P.S. Wenn unsere Armeen so unterfinanziert und wehrlos sind, ist unklar, wie sie dann überall auf der Welt herumschwirren können.

    P.P.S. Hey Olaf! Nimm eine Milliarde von den 100 und Gib sie unseren Schulen. Zuwenig aber ein Anfang.

    • @Nansen:

      Die reinen Summen der Budgets zu vergleichen führt aber etwas in die Irre. Der Unterhalt eines Soldaten ist in den anderen Ländern einfach deutlich teurer als in Russland. Mit dem russischen Budget lässt sich eine Mannstärke finanzieren für die sie bei uns die zigfache Summe ausgeben müssten.

      • @Šarru-kīnu:

        Aha. Der Russe überrennt uns also mit einem Bruchteil des Natobudgets.



        Werden die 100 Milliarden denn nun reichen oder sollten wir noch etwas aufstocken? Oder wäre es eine Idee, für die Aufstellung von ein paar Divisionen Kanonenfutter Minijobber einzusetzen? Zur Kostensenkung, versteht sich.



        Ich verstehe gar nicht, warum v.d. Leyens Berater nicht darauf gekommen sind.

    • @Nansen:

      Ihre Rechnung ist ja nun absolut obsolet. Nach der Entscheidung der UNO Vollversammlung stehen bis auf 4 Länder alle Länder der Welt gegen Russland. Sozusagen fast die gesamten Militärausgaben der Welt gegen Russland

      Der von Ihnen verballhornte Satz müsste daher wohl beginnen mit 2Ich kenne nur noch die Welt ..."

      • @Rudolf Fissner:

        Dann braucht es die 100 Milliarden also nicht mehr?

  • Hallo,



    darf man zur Abwechslung einmal an verschiedene Dinge erinnern, die bestimmten Ländern der ehemaligen Sowjetunion offensichtlich besser im Gedächtnis haften ?



    Da sind die Panzer in Ostberlin 1953 [ 1 ], in Ungarn 1956 [ 2 ], in Prag 1968 [ 3 ], im Baltikum 1991 [ 4 ] und da sind die Stichworte Abchasien und Südossetien seit 2008 [ 5 ]. An die Besetzung der Halbinsel Krim muß wohl nicht eigens erinnert werden.

    Dumm ist darüber hinaus, daß das gelegentlich kolportierte mündliche Versprechen, die Nato werde sich nicht östlich ausdehnen, gegenüber der noch bestehenden Sowjetunion gemacht worden sein soll - was dann jedoch merkwürdigerweise keinen Niederschlag in den Verträgen fand.



    Die Teilrepubliken erinnerten sich nach Auflösung der Sowjetunion dann wohl, bei wem sie sicherer aufgehoben sein würden - und Rußland anerkannte deren Recht auf freie Bündniswahl [ 6 ]. Überdies finden es Finnland und Schweden jetzt auch nicht so toll, wenn Putin ihnen dieses Recht abspricht.



    Wer mehr Zeit investieren mag, findet auch hier [ 7 ] einiges, was geschichtliche Fakten von Legenden separiert.

    [ 1 ] de.wikipedia.org/w..._vom_17._Juni_1953



    [ 2 ] de.wikipedia.org/w...cher_Volksaufstand



    [ 3 ] de.wikipedia.org/w...ager_Fr%C3%BChling



    [ 4 ] de.wikipedia.org/w...Kaukasuskrieg_2008



    [ 5 ] de.wikipedia.org/w...nabh%C3%A4ngigkeit



    [ 6 ] de.wikipedia.org/w...Russland-Grundakte



    [ 7 ] www.dekoder.org/de

    Netter Gruß,



    Thomas Dräger, D-67098

    • @Thomas Dräger:

      sorry - hab' mich verschrieben: "erinnerten sich nach Auflösung des Warschauer Paktes" sollte es heißen.

      Thomas Dräger, D-67098

  • einzig guter Artikel in der taz bis jetzt zu dem Thema

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Der Warschauer Pakt wurde aufegölst weil die Länder unter Zwang daran teilnehmen mussten.

    Die NATO ist freiwillig, warum sollte man eine freiwillige Organisation auflösen?

    Damit Putin und andere leichteres Spiel haben? Gute Idee!

  • Nur wegen ein bisschen Krieg muss man doch nicht die eigene Position überdenken. Was hätte die Auflösung der Nato zu der heutigen Situation beigetragen. Putin wäre evtl mit der Ukraine fertig und könnte sich anderen Staaten in seiner Einflusssphäre zuwenden. Es wäre wichtig über die unterschiedlichen Handlungsansätze von Warschauer Pakt und Nato zu sehen. Die Ukraine verteidigt sich selbst gegen Putin, die Auflösung der Nato wäre für Putin kein Hinderungsgrund sondern eine Einladung gewesen. Es geht um die Restauration der Großmacht, das ist der Antrieb. In Mali geht es um eine Befriedung von außen, die durch das Völkerrecht kaum möglich ist. Da den Staaten Souveränität zugesprochen wird. Die schwarz weiß Rhetorik proamerikanisch und antirussisch hilft doch nichts. Ich war von Frau Baerbocks Antrittsrede mit der Verknüpfung von Wirtschaft, Menschenrechten, Völkerrecht und Klimapolitik sehr überrascht. Das sie als Realo*a schnell in der Umsetzung an Parteiprinzipien stoßen mußte. Wir müssen das Handeln der USA kritisch begleiten und uns von ihr emanzipieren. Die größeren Probleme sind auf allen Feldern China und Russland.

    • @jogi19:

      Naja nicht nur Putin hat die Nato Ost Erweiterungen kritisiert. Gorbatschow hat dies ja auch gemacht.

      Putin hatte Wahlen in Russland gewonnen, in einem Russland was sich sehr dekomkratisiert hat. Über die Jahre wurde er immer mehr Hardliner und Autokrat. Und hat demokratische Strukturen abgeschafft.

      Ihre Hypothese, dass alles so gekommen ist, wie es gekommen ist, inklusive Einmarsch in die Ukraine ist doch nicht haltbar.

      Kein Mensch kann doch wissen, ob Putin überhaupt Wahlen gewonnen hätte, wäre es zu einer Auflösung der Nato gekommen wäre. Oder eventuell wäre er auch wieder abgewählt worden. Oder wäre moderater.

      Verstehen Sie mich nicht falsch, die Welt/Rußland müsste nicht zwangsweise besser sein wenn in den 90igern die Nato aufgelöst wurde. Kein Putin könnte ja auch bedeuten, dass ein noch schlimmerer Mensch die Macht übernommen hätte. Oder ein wesentlich demokratischerer Mensch.

      Was Sie machen ist:



      * Wir haben ein Gedankenexperiment, in dem die geo-politische Weltordnung in der Vergangenheit eine andere gewesen ist.



      * In Ihrer Interpretation hat dies aber keine Auswirkungen. Die Akteure, deren Charakter und deren Aktionen sind die gleichen.

      Letztendlich, auch wenn ich die Intention des Artikels gut finde, sollten wir uns Momentan weniger in "Was wäre wenn" Gedankenspielen verlieren. Gerade was die Verangenheit betrifft. Die Vergangenheit ist geschrieben und der Krieg ist da. Jetzt muss die Lage gelöst werden, so wie sie ist.

      Die USA unter Biden finde ich sogar gar nicht so schlimm. Um auf Ihr letztes Statement einzugehen. Ja China und Rußland haben beide wesentlich schlimmere Systeme/Staatsoberhäupter. Biden gefällt mir auch mehr als manches EU Staatsoberhaupt :).

      Aber wehe der Welt, wenn Biden durch Trump abgelöst wird. Der hat das Zeug und den Willen, mittels Bürgerkrieg jede demokratische Struktur abzuschaffen. Dann hat die Welt das allerschlimmste faschistoide Oberhaupt was nur denkbar ist. Mit der stärksten Armee.

  • Vielen Dank für die Kolumne!



    Zu den Antworten möchte ich sagen bzw. fragen: Schon vergessen, es gab Zeiten in Deutschland, in denen über eine Neutralität Deutschlands vor dem Hintergrund der Geschichte und Verantwortung diskutiert wurde? Schon vergessen, aus welchen Gründen gegen Atomkraftwerke ... und Aufrüstung demonstriert wurde? Sicherlich nicht, um Russalnd oder die damalige Sowjetunion zu umarmen.



    Schon vergessen, Waffen sind sog. totes Kapital? Schon vergessen, es gibt Ansätze der restorative justice? Schon vergessen, Deeskalation ist das Stichwort, und nicht Auge um Auge, Zahn um Zahn oder wie das heißt? Schon vergessen, was Kriege bedeuten? Die Liste des Vergessens ließe sich angesichts der bisherigen Kommentare endlos fortsetzen.



    Ich kann nur zur Vorsicht und der krtischen Distanz angesichts der emotionalisierten Berichterstattung raten. Egal, wie es ausgeht, wir werden mit allen diesen Staaten, die wir derzeit abstrus finden, leben und ein Arrangement mit ihnen finden müssen.



    Ich habe mir die Bundestagsdebatte am Sonntag angeschaut, habe mich vor dem Hintergrund der bisherigen Berichterstattung gefragt, ob wir in Zukunft eine Debatte sehen werden, in der für die Beteiligung an einem Krieg bzw. die Mobilmachung geworben wird.

  • Wenn alle NATO-Staaten jetzt so aufrüsten wollen wie Deutschland, hätte die NATO bald 50-mal so viel Rüstung wie Russland!? Wollen wir das?

    • @Kappert Joachim:

      Deutschland hat vielleicht mehr Nachholbedarf.

  • Wir haben im Paradies gelebt und nicht aus dem Fenster geschaut. Wir haben geglaubt, Frieden sei selbstverständlich und müsse nicht verteidigt werden. Wir haben geglaubt, alle Probleme ließen sich diplomatisch lösen. Offenbar halten manche noch krampfhaft an diesem Glauben fest.



    So sehr ich mir eine entmilitarisierte Welt wünsche, abrüsten geht nur gemeinsam. Einseitiges Abrüsten führt nur, dass man sich militarisierten Staaten gegenüber bloß stellt.



    Es geht nicht um Verehrung des militärischen, es geht um Respekt denen gegenüber, die sich selbst und Andere verteidigen oder sich darauf vorbereiten. Invasionen sind nicht weniger widerlich geworden.



    Um den Frieden zu wahren muss sichergestellt sein, dass Andere sich nicht trauen, einen Krieg zu beginnen. Und das haben wir versäumt.

  • Die Wahrheit ist nicht nur Schwarz und Weiss, vielen Dank für diesen Artikel, endlich wird der Konflikt mal in Relationen gesetzt und vernünftig beleuchtet. Sie sprechen mir aus der Seele!

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @And Res:

      "Sie sprechen mir aus der Seele!"



      ...und nicht nur Sie.

  • Es geht nicht um "mentales Strammstehen", sondern dass die Bundeswehr in einen Zustand versetzt wird, wo eine ernsthafte konventionelle Abschreckung gegenüber Angriffkriegern im Kreml auch glaubhaft ist.

  • Die Bundeswehr modernisieren, um im Notfall verteidigungsfähig zu sein, macht erst einmal Sinn. Aber im Grundgesetz hat das nichts zu suchen.



    Überhaupt: das Problem mit dem Apparat Bundeswehr ist lediglich ein Symptom an der Oberfläche. Die wahren Probleme liegen tiefer, dessen sollte man sich bewusst sein. Eine Transformation des veralteten, unendlich drögen und verstaubten Verwaltungsapparats wäre durchaus dringend angesagt.

    Und man stelle sich erst vor, was 100 Millarden Euro im Jahr für die Bildung erreicht werden könnte! Endlich eine Sanierung und Modernisierung der Schulen. Vermittlung von Medienkompetenz und dem Wissen, das nötig ist, um in dieser Welt zurecht zu kommen und gut leben zu können. Darunter würde ich auch die Kompetenz fassen, mit Konflikten umzugehen.



    Nicht zuletzt ist in einer gut funktionierenden Demokratie auch Teilhabe wichtig, d.h. Ausschluss von derselben durch Behinderung, ethn. Zugehörigkeit oder Armut.



    Hier mit finanziellen Mitteln ordentlich beizusteuern, wäre auf Dauer wesentlich nachhaltiger. Ich hätte nicht dagegen, satte Mittel für Bildung, Armutsbekämpfung und die Ermögichung von Teilhabe im Grundgesetz zu verankern.



    Aber niemals die Ausgaben fürs Militär.

  • Ein wunderbarer Artikel. Weil er dem Unbehagen, der Fassungslosigkeit und der Wut über die aktuelle Situation Worte verleiht.



    Ja, auch dafür steht die TAZ zum Glück noch, auch wenn hier in den vergangenen Tage einige verstörende Beiträge zu lesen waren,

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Deswegen les' ich taz!

  • Die Kolumne (?) wirft verschiedene Brocken auf, ohne sie in einen Zusammenhang zu stellen - zumindest keinen der sich mir unmittelbar erschließt. Den Beginn kann ich noch nachvollziehen, das wird aber ein immer diffuserer Brei.

    Auf der einen Seite wird dem Militarismus vorgeworfen, dass sich "Im Großen Sprechen mischen sich altbekannte rechte Schlagworte (zu viel Genderkram, Wokeness, Kirchentag)", um dann auf verpasste Chancen von vor 30 Jahren (!) abstellen, um ganz zum Schluss auf Mali und afrikanische Länder zu kommen, bei denen junge Männer Putin-Verehrer seien. Mir ist Putin bislang jedoch nicht als der Verfechter für "Genderkram, Wokeness, Kirchentag" aufgefallen, so dass sich der Kreis für mich nicht schließt. Ganz im Gegenteil. Die Freiheit des einzelnen wird am ehesten vom Westen verteidigt.

    Für mich bleibt das ungute Gefühl, dass der Artikel - auch wenn er anderes behauptet - den Angriffskrieg Putins verständlich machen möchte, um ihn damit zu rechtfertigen.

    • @Strolch:

      Den Anfang finde ich auch am besten, ich kann auch die Kritik der Schwierigkeit dem Artikel zu folgen verstehen.

      Aber ich sehe hier null Rechtfertigung für Putins Angriffskrieg. Aufgabe von realpolitischem Pazifismus ist es doch unter anderem, aufklärerisch polarisiertem Denken entgegenzuwirken. Und in meinen Augen versucht das die Autorin. Könnte besser geschrieben sein, aber es ist auch ein mehr als schwieriges Thema.

      Ausser diesem Kommentar habe ich vorher versucht, auch ein Nato kritisches Statement abzugeben. Bei 1500 Worten muss man wohl genau überlegen, was man schreiben kann, ohne als Pro Putin abgestempelt zu werden.

      Ich hoffe ich hab den Spagat ein wenig geschafft. Durch nichts ist der Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen. Durch nichts ist Putins autokratisches Handeln gegen die eigene Bevölkerung zu rechtferigen.

      Meine persönlichen russischen Helden sind ja nach wie vor Pussy Riot. Muss nicht jedermanns Sache sein, aber nur um es noch einmal klar zu stellen. Ich bin weder pro Putin, noch pro generell Autokratie.

      Aber mit Autokraten zu verhandeln, ist nach wie vor Gebot der Stunde. Ich kann mir als Mensch wünschen, dass Putin in der Hölle schmort, ich befürworte ebenfalls die Sanktionen. Aber wenn die Peitsche nicht mit ein wenig Zuckerbrot garniert wird, gibt es für die Ukrainische Bevölkerung gar keine Hoffnung mehr.

      p.s.: Ob ich hier von nem Leser als Pro Putin dargestellt werde, hängt wohl auch davon ab, ob mein voriger Kommentar diesmal durchkommt :).

  • Der Artikel ist ein wenig rätselhaft.



    Die Klimafeindliche Rüstung kommt gar nicht vor. Das alles kritiklos ist, stimmt auch nicht. Mali sei Putin freundlich, später sind es einzelne junge Männer, die nach dem Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund, agieren. Wobei keiner von denen zu ihm emigieren möchte. Und wofür steht "Kirchentag"? Für "Brötchen-über-der-Spüle-Aufschneider"?

    • @fly:

      Den Klimaaspekt habe ich hier auch ein wenig vermisst. Ich bin mal so frei und füge einen Link hinzu [1]. Wir sehen eine Tabelle, welche den Co2 Ausstoss der Nationen beinhaltet. Interessant ist hier der HilterDeutschland Zeitraum. Mobil Machung für den Totalen Krieg.

      Unten ist ein Slider für die Jahre, D zu finden überlasse ich dem gewillten Leser selbst. Co2 Ausstoss hat sich auch ohne Kriegsvorbereitungen erhöht, auch in der Weimarer Repulbik finden wir hier Anstiege.

      Aber der Zuwachs nach 1933 ist enorm. Würde ja aus der Tabelle einen Statistitk Scatter Plot mache, aber den kann ich hier ja eh nciht einfügen.

      [1] ourworldindata.org...le&time=1934..2020

    • 0G
      05989 (Profil gelöscht)
      @fly:

      "Die Klimafeindliche Rüstung kommt gar nicht vor."

      Ich denke, dass der Originalkommentar länger war und das mit ein, zwei Sätzen aufgenommen hatte. Da es aber für die Argumentationslinie eigentlich unbedeutend ist, flog's raus - blieb' aber im Vorspann stehen...

      Es geht natürlich darum, dass nicht nur Rüstung und letztendlich die bestimmungsgemäße Verwendung der Rüstungsgüter nicht gut für Umwelt ist, sondern dass bereits bei der Anschaffung die finanziellen Ressourcen in Konkurrenz stehen mit den Investitionen, die wir für die Dekarbonisierung dringend bräuchten.

      Volkswirtschaft ist nicht Betriebswirtschaft, aber man kann einen Euro zur gleichen Zeit trotzdem nur einmal ausgeben.

      In einer multipolaren Welt, die den Krieg eigentlich nicht mehr zur Konfliktlösung brauchen sollte, ist Militär sowas wie der Haushaltsvorstand, der das Familieneinkommen versäuft.

  • Danke! Ich bin sehr froh, dass es doch ein paar Stimmen gegen diesen undurchdachten Wahnsinn gibt!

    ich hoffe, nur, dass diese militaristische Idiotie, die absolut niemandem hilft, im Bundestag irgendwie gestoppt werden kann.

  • Bei einem russischen Angriff auf die Nato wäre Deutschland momentan kaum in der Lage, auf diesen wirksam zu reagieren. Die Bundeswehr ist in einem ziemlich maroden Zustand, es fehlt sogar an den grundlegensten Dingen. In der Welt, in der wir leben, ist Pazifismus (leider) nur dann möglich, wenn er wehrhaft ist. Zwischen diesen Polen muss ein Ausgleich gefunden werden - Pazifismus auf der einen Seite, notwendige Wehrhaftigkeit auf der anderen.

  • Pazifist ist Diktators Liebling - Wo stünden wir mit Putin, wenn wir die Nato aufgelöst hätten? Ginge das heilige Russische Reich von Zar Putin jetzt schon bis Brüssel? Putin ist ein Autokrat und Nationalismus aus dem letzen Jahrhundert, der offensichtlich nur die Sprache der Macht versteht.

  • „Das große Sprechen“ wird vor allem vom „großen Sprecher“ Söder heute wieder mal besonders angeführt. Er kapert die Situation auf dem Aschermittwochstreffen gleich mal in widerlichster Weise, u.a. für seine Rüstungsforderumgen.

  • danke- das spitzenpersonal der grünen ist eben leider nicht klimafreundlich und friedensfeundlich, sondern transatlantisch. jetzt freu ich mich auf ein bürgergeld, das weder gerechtist, noch armut bekämpft, sondern gräben zementiert (wer vermögen hat, darf behalten, wer hohe miete hat, wird bezahlt- diese personen werden über die runden kommen indem sie ihr vermögen aufbrauchen dürfen, der rest muss hungern, auch wenn er eine billige miete hat) und natürlich fdp freundlich ist, damit unternehmer mies bezahlen dürfen, darf der harzter nun mehr behalten, wieder müssen die die zb nicht arbeiten können hungern. das ist alles diskriminierend, klassistisch, behindertenfeindlich- aber wen kratzt das....

  • Der Artikel bringt mein ganzes Unwohlsein in diesem Konflikt nach oben.



    Die allgemeine Situation über den Krieg sehr gut beschrieben...

  • "Klimafeindliche Rüstung geht kritiklos durch."

    Also ich bin gegen Krieg und halte von Rüstung nichts, und auch wenn es technisch tolle Möglichkeiten gibt, möchte ich als Ingenieur nichts für Waffen entwickeln.

    Andererseits, mit verrückten Diktatoren wie Putin als Nachbar, muss ich das nicht diskutieren oder kritisieren: Wir müssen uns selbst verteidigen können. Wir müssen schlagkräftig sein. Optimal wäre es wenn man Leute wie Putin stoppen und zur Rechenschaft ziehen könnte.

    Das ist imho, frei nach Mutti, alternativlos.

  • Danke. Es tut gut, eine andere Sichtweise, als die schwarz-weiße, zu lesen.

  • ...wenigsten ein wenig Zukunfts-Vernunft in der taz...