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Landtagswahlen im OstenDiktatur der Mehrheit

AfD und BSW streben einen starken, autoritären Staat an, der durchgreift. Das spricht viele Menschen im Osten an, denn das kennen sie aus der DDR.

Eine „Diktatur der Mehrheit“ konstatierte bereits John Stuart Mill als große Gefahr der Demokratie Foto: Katja Gendikova

D ie DDR ist mittlerweile bunt und pluralistisch wie nie zuvor. Fast täglich erscheinen neue Publika­tio­nen, die eine faszinierende Gesellschaft malen. Der SED-Staat wird als Kulisse gezeichnet, um die sich die Gesellschaft anscheinend wenig gekümmert hat. In Spielfilmen kommt meist eine lustige, sich behauptende Gemeinschaft vor, die den Staat verachtet und sich von diesem nicht unterkriegen lässt. In den sozialen Medien gibt es unzählige Erinnerungsgruppen, in denen alles rosarot gezeichnet wird. Millionen schwelgen in Erinnerungen, die sie in eine Zeit zurückversetzen, die solidarisch, warm und vor allem eines war: sicher.

Wenn sich eine Mehrheit der Ostdeutschen an der Freiheitsrevolution 1989 gegen den SED-Staat beteiligt hätte, müsste man heute fragen, ob diese Mehrheit es bereut. Doch die Frage ist sinnlos, denn an der Freiheitsrevolution beteiligte sich nur eine Minderheit. Es ist eine Banalität: An Revolutionen beteiligen sich immer nur Minderheiten. Die große Mehrheit wartet ab und schlägt sich rasch und voller Überzeugung auf die Seite der Sieger. Das war 1989 nicht anders. Als Anfang November 1989 klar war, wohin die Reise gehen würde, entschied sich die Mehrheit, nun auch gegen den Staat dabei zu sein. Millionen aber blieben ihm treu – das wird gern vergessen.

Die echten Revolutionäre wollten Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Befreiten wollten volle Geschäfte und die D-Mark. Das ist nicht verwerflich, veränderte aber die Geschäftsgrundlage. Der tiefste Einschnitt in der ostdeutschen Revolutionsgeschichte war nicht der Mauerfall am 9. November oder der Wahltag am 18. März, sondern der 1. Juli 1990 – die Einführung der D-Mark in der DDR, verbunden mit der Übernahme der bundesdeutschen Wirtschafts-, Sozial- und Rechtsordnung.

Was nun passierte, hatten die Befreiten nicht erwartet. Sie bauten Trabis und Wartburgs, wollten aber selbst VW und Mercedes fahren. Sie kauften ihre eigenen Produkte nicht mehr. Der im ­Osten bis heute weitverbreitete Hass auf die Treuhand – die natürlich viele Fehler machte – war schon immer eine Form von Selbsthass. Wer auf die schnelle Einführung der D-Mark setzte – und das waren nun einmal etwa 80 Prozent der ­Menschen –, hätte auch damit rechnen ­können, dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. ­Haben damit viele gerechnet? Die meisten glaubten wohl, an ihnen würde der Kelch vorübergehen.

Ostdeutsche waren nicht nur Opfer

Den Einigungs- und Transformationsprozess begleiteten viele Fehler. Aber lief die Einigung so ab, wie es der Literaturprofessor Dirk Oschmann in seinem Wutseller „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ behauptet? Die Ostdeutschen nur als Opfer und Objekte der Geschichte? Nein, sie waren weder das eine noch das andere. Sie haben selbstbestimmt entschieden, dass das Westgeld so schnell wie möglich kommt. Damals haben besonnene Köpfe davor gewarnt, die Folgen der schnellen Einführung der D-Mark wären ­unüberschaubar und kaum beherrschbar. Das wollte kaum jemand hören. Im Osten galten die mahnenden Stimmen quasi als Kommunisten, im Westen wurden sie als vaterlandslose Gesellen abgetan, und gesamtdeutsch galten sie als Einheitsfeinde.

Die Masse der Ostdeutschen meinte 1990: Helmut, nimm uns an die Hand, und führe uns ins Wunderland

Die Ostler, die etwa aus der Bürgerbewegung kamen und vor der sofortigen Einführung der D-Mark warnten, unterschieden sich in einem Punkt tatsächlich grundlegend von der Mehrheit der DDR-Menschen: Sie besaßen ein anderes Staatsverständnis. Sie glaubten, dass Freiheit und Demokratie einen Staat benötigen, der die Einmischung in die eigenen Angelegenheiten nicht sanktioniert, sie hofften auf einen Staat, der nicht autoritär, nicht paternalistisch ist.

Die Masse der Ostdeutschen aber meinte 1990: „Helmut, nimm uns an die Hand, und führe uns ins Wunderland.“ Sie wollten alles sofort. Und der Bundeskanzler? Kohl versprach, es genau so zu richten: blühende Landschaften in drei, fünf, sieben Jahren. Woher sollte die Mehrheit der Ostdeutschen auch wissen, dass „­Vater Staat“ ein ­Konstrukt des 19. Jahrhunderts war und der Staat nicht zum Selbstzweck existiert, sondern die Rahmenbedingungen einer offenen Gesellschaft bietet? Die Westdeutschen mussten das nach 1945 auch erst mühsam erlernen.

Demokratie und Freiheit sind keine hohlen und leeren Begriffe. Aber sie müssen erlernt werden, immer wieder neu. Doch in den Jahren nach 1990 gingen Ost- wie Westdeutsche davon aus, Freiheit und Demokratie seien selbsterklärend. Sind sie aber nicht. Und niemand brachte den Ostdeutschen nahe, dass das Leben in der Freiheit weitaus anstrengender ist als in der Diktatur. Ständig muss man Entscheidungen treffen, „ich“ sagen, sich in seine Angelegenheiten einmischen. In der Diktatur übernimmt das alles der Staat. Die Regeln waren einfach und überschaubar: Tu einfach, was man dir sagt! Und „man“ ist der Staat.

Niemand bemerkte, dass die Mehrheit der Ostdeutschen nach 1990 genau dieses paternalistische Staatsverständnis weiterhin pflegte. Es war nicht nur Helmut Kohl, der sich entsprechend aufspielte. Die berühmtesten Ministerpräsidenten in Ostdeutschland nach 1990 – Kurt Biedenkopf in Sachsen, Bernhard Vogel in Thüringen, Manfred Stolpe in Brandenburg – agierten genau nach dem gleichen Muster: als paternalistische Herrscher, die ihre Landes„kinder“ umsorgten.

Es war Uwe Johnson, der bereits 1970 klarsichtig anhand ostdeutscher Flüchtlinge im Westen festhielt: Sie kamen in den Westen, und viele von ihnen redeten über den SED-Staat, als handele es sich um einen Teil ihrer Familie. Dieser Essay von Uwe Johnson gehört zum Klügsten, was je über Ostler im Westen geschrieben worden ist. Und er bleibt bis heute aktuell.

Autoritäre Staatsvorstellungen

Heute können wir beobachten – und das beobachten bislang kaum irgendwelche viel gefragten Beobachter –, dass grundlegende Unterschiede zwischen Ost und West vor allem darin bestehen, was vom Staat erwartet wird. Es gibt viele Differenzen zwischen Ost und West. Die wird es auch in vielen Jahren noch geben, und sie sind nicht einmal problematisch. Anders sieht es mit den staatspolitischen Vorstellungen aus. Im Osten überwiegen Staatsvorstellungen, die an autoritäre Modelle erinnern, an einen starken Staat. Das ist ein grundsätzliches Problem – zumal sich solche Vorstellungen wie ein Virus auch im Westen Europas verbreiten.

Und genau an dieser Stelle setzen AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an. Das eine oder andere mag beide Parteien voneinander unterscheiden, aber in einem zentralen Punkt sind sie sich einig: Sie erstreben einen starken, autoritären Staat, der die Gesellschaft einhegt, bevormundet und homogenisiert. Das sprechen die Führungsfiguren beider Strömungen aus. Die AfD weitaus offener als das BSW, aber auch hier benötigt man nur Grundkenntnisse politologischer Theorien, um das dekodieren zu können. Und daher ist auch ihre Nähe zu Russland oder China kein Zufall. AfD wie BSW streben das „Durchgreifen“ an, einen Staat, der sich an seinen eigenen Bedürfnissen orientiert und nicht an denen der Gesellschaft.

Was dabei herauskommen wird? Das ist schwer einzuschätzen. Wahrscheinlich eine „Diktatur der Mehrheit“, etwas, das John Stuart Mill oder ­Alexis de Tocqueville im 19. Jahrhundert bereits als eine sehr große Gefahr der Demokratie konstatierten. Ein Blick nach Ostdeutschland könnte ein Blick in die Zukunft sein: Genau das droht hier nämlich unter dem vermeintlichen Vorzeichen, die Demokratie retten zu wollen. Den meisten ist diese „Diktatur der Mehrheit“ gar nicht als Problem bewusst. Tatsächlich will im Osten nur eine winzige Minderheit die DDR zurückhaben, so, wie sie war.

Eine größere Minderheit sehnt sich nach einer DDR, wie sie erinnert wird, wie sie aber nie existiert hat. Die Mehrheit aber strebt einen Staat an, der stark und autoritär die Angelegenheiten im Sinne des „gesunden Menschenverstands“ (Lieblingsformulierung von Populisten wie Extremisten jeder Couleur) regelt und allein den Wünschen einer Mehrheit seinen Dienst erweist, verbunden mit der Unterdrückung von Minderheitenpositionen.

Keine Konsensgesellschaft, sondern gelebte Freiheit

Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies bald zu einer gesamtdeutschen und gesamteuropäischen Realität werden könnte. Das wäre ein später Sieg der DDR – und ein mit unübersehbaren Folgen verbundener für den Kreml. Die Freiheit lässt sich nur in der Freiheit verraten – wir könnten gerade Zeugen davon sein. Noch ist es nicht zu spät, um nicht wie anderswo hautnah und schmerzhaft zu erfahren, dass Freiheit wichtiger als Frieden ist, weil es ohne Freiheit keinen inneren und keinen äußeren Frieden geben kann.

Wir brauchen keine Diktatur der Mehrheit, keine Konsensgesellschaft, sondern gelebte Freiheit und Demokratie. Und das ist die faire, demokratische Aushandlungsarena, die Kompromisse sucht. In dieser Arena unterstellen sich die Kontrahenten gegenseitig, das Beste für alle zu wollen; als politische Gegner lehnen sie zwar Mittel, Methoden und Ziele der anderen gegenseitig zum Teil ab, aber sie behandeln sich gleichrangig als demokratische Partner.

Im Osten hingegen vereinen AfD und BSW mittlerweile etwa 50 Prozent der Menschen hinter sich mit ihrer Feindideologie – die lässt keine Kompromisse zu und strebt die völlige Neuordnung an. Das erinnert ebenfalls an die DDR und den Kreml. Dagegen kann nur helfen, dass die Demokraten gemeinsam gegen die potenziellen Mehrheitsdiktatoren zusammenstehen und koalitionsfähig bleiben.

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67 Kommentare

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  • Ich finde die Argumentation etwas holprig.

    "Die Ostler, die etwa aus der Bürgerbewegung kamen und vor der sofortigen Einführung der D-Mark warnten, unterschieden sich in einem Punkt tatsächlich grundlegend von der Mehrheit der DDR-Menschen: Sie besaßen ein anderes Staatsverständnis. Sie glaubten, dass Freiheit und Demokratie einen Staat benötigen, der die Einmischung in die eigenen Angelegenheiten nicht sanktioniert, sie hofften auf einen Staat, der nicht autoritär, nicht paternalistisch ist."

    Das halte ich für irrig. Warum war man autoritärer und paternalistischer, wenn man die schnelle Einheit wollte? Da gibt es keinen logischen Zusammenhang. Zudem widerspricht es auch den gemachten Erfahrungen.

    "Niemand bemerkte, dass die Mehrheit der Ostdeutschen nach 1990 genau dieses paternalistische Staatsverständnis weiterhin pflegte." - In Ostdeutschland, wo ich herkomme, gibt es paternalistische Erwartungen, aber die wurden durch 40 Jahre SED-Herrschaft geschaffen und gewiss nicht durch jene, die die schnelle Einheit wollten.

  • Die DDR gibt es seit 25 Jahren nicht mehr. Also "kennen" die die über ca. 35 sind das politische Sytem der DDR nicht mehr.. Aber gerade bei der AfD ist die Zahl der Jungwähler hoch und bei den Grünen niedrig. Die kannten die DDR nicht.

    • @Martin Sauer:

      Nichtsdestotrotz werden Werte, Erwartungen an den Staat, eine Gesellschaftsstruktur und Vorstellungen, wie Gesellschaft sein soll, tradiert.

  • "Das eine oder andere mag beide Parteien voneinander unterscheiden, aber in einem zentralen Punkt sind sie sich einig: Sie erstreben einen starken, autoritären Staat, der die Gesellschaft einhegt, bevormundet und homogenisiert. Das sprechen die Führungsfiguren beider Strömungen aus. " Hier hätte ich eigentlich einige Zitate dieser Führungsfiguren erwartet, um die Hypothese zu belegen und um dann zu vergleichen, ob BSW und AFD tatsächlich dasselbe wollen..



    "Im Osten hingegen vereinen AfD und BSW mittlerweile etwa 50 Prozent der Menschen hinter sich mit ihrer Feindideologie – die lässt keine Kompromisse zu und strebt die völlige Neuordnung an."



    Auch hier fehlen mir jegliche Belege zum Begriff "Feindideologie" wie auch dazu, dass das BSW eine völlige Neuordnung anstrebe und wie diese aussehen solle.

  • eine so genannte "starke Hand" vermisst man mittlerweile wirklich

    allein was ich täglich durch unsere 30er Zone mit 70 rasen sehe, schlägt jedem Fass den Boden aus - es geht gar nicht so um die sicherlich als überstark empfundene "große" Kriminalität, es ist die Regel- und Maßlosigkeit und der neoliberale Egoismus im Ganzen, der tagtäglich nervt

  • Vieles an der Analyse halt ich für einleuchtend, was mir allerdings fehlt, ist ei Verweis auf die Jahrzehnte währende neoliberale Abstinenz des Staates, die, als er begann wieder spürbarer zu werden (siehe Corona) zu extremen Abwehrbewegungen innerhalb eines zunehmend libertären Teils der Bevölkerung (in Ost und West) geführt hat. Man muss konstatieren, dass sich diese Bewegung verselbstständigt hat...



    Abgesehen davon glaube ich ebenso wie Stephan Mau, dass wir ein Demokratie-Update benötigen, wo deutlich mehr demokratische Mitbestimmung zum Beispiel in Form verbindlicher Bürger-Räte möglich ist, um das Vertrauen in demokratische Strukturen zu stärken. Die meisten Parteien haben eine gwisse unansehnliche ideologische Verkrustung. Auch wirkt die parlamentarische Demokratie durch kontinuierliche Kompromisse handlungsschwach und sich selbst hemmend, was die Demokratieskepsis weiter verstärkt. Die Politik der Ampel ist dafür exemplarisch.

    • @Nathaniel:

      Eben, es wird Zeit, dass wir mehr demokratische Bürgerräte wagen sollen, um den Menschen wirklich ein Gefühl von Demokratie zu geben, dass wir was ändern können.

      • @Ice-T:

        Wenn es nur bei einem 'Gefühl'con Demokratie bleibt, dann geht das wohl nach hinten los.



        Warum nicht echte Demokratie? Ebenso finde ich Bürgerräte zwar eine charmante Idee, aber wenn man das überall einführt und die Politiker dann letztendlich doch für die Entscheidungen verantwortlich macht, bleibt mindestens ein schaler Geschmack.



        Dann vllt doch lieber mehr Elemente direkter Demokratie einbauen.

  • Wir sollten nicht vergessen, dass auf



    die Diktatur 1933-1945 ohne Übergang



    und ohne Neuanfang 1946 -1989 die



    "Diktatur des realexistierenden Sozialismus" folgte-



    Fast 3 Generationen "Diktatur" haben



    die Menschen in der EX DDR zu den



    Persönlichkeiten geformt ...die wir



    heute beobachten können.



    ca 60 Jahre kann man im kollektiven



    Gedächtnis nicht in ein paar Jahren



    verändern.



    Hans Stein 28 07 2024

  • Kennt jemand diesen Essay von Uwe Johnson?

  • "AfD und BSW streben einen starken, autoritären Staat an, der durchgreift. "

    Ich würde mir hier ein wenig mehr Differenzierung wünschen. BSW strebt in keinster Weise einen autoritären Staat, sondern nur einen starken. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Gerade Meinungsfreiheit, spielt ja im Gegensatz zur AFD, eine große Rolle.

  • Wäre doch gelacht, wenn man die Ossis nicht noch mindestens 100 Jahre dissen könnte. Wir im ach so liberalen Westen haben natürlich die Wahrheit gepachtet. Verdammte Demokratie, da wählen die im Osten einfach wen sie wollen, anstatt auf Linie zu bleiben.

  • Ich wäre mal gespannt wie sich die Demokratie hier nachdem 2 WK ohne Wirtschaftswunder abgespielt hätte. Wenn es nichts gegeben hätte zum verteilen. Wenn die Siegermächte alles aufgekauft hätten und die besten Leute abgezogen hätte .

    • @Mr Ambivalent:

      Das sind müßige Spekulationen. Tatsache ist, dass es nun 34 Jahre her sind und Ostdeutschland ein höheres BIP hat als zb fast alle Regionen Spaniens, das auch erst zehn Jahre vor Ostdeutschland in die Demokratie entlassen wurde.

  • Alter Schwede was ist das denn? Als über 40 jähriger, der in der DDR geboren wurde und im osten von Berlin wohnt seit jeher, finde ich den Artikel unerträglich. Niemand, absolut! niemand in meiner Familie oder im Freundes und Bekanntenkreis möchte eine DDR zurück. Auch keine DDR 2.0 oder DDR light. Mal ein kleiner Wink an die schreibende Zunft. Seit Jahren die Schlagzeilen über die Ossis die die Naz's wählen. Die fremdenfeindlichen, die diktatursüchtigen und so weiter. Die Artikel kamen schon als die AFD vielerorts im Osten noch bei knapp 10% lagen.



    Bei der diesjährigen Europawahl hat die AFD 12,6 Prozent geholt in BAYERN!



    Wo sind die Leitartikel über die bösen, ungebildeten, fremdenfeinlichen und diktatursüchtigen Bayern Wessis?

    • @Klaus Gissing:

      In Ostbayern hat die AFD rund 18 % geholt.

  • Elitismus vrs. Volksherrschaft

    Zitat: „Eine „Diktatur der Mehrheit“ konstatierte bereits John Stuart Mill als große Gefahr der Demokratie“.

    Der Rekurs auf John S. Mill als Autoritätsreferenz ist bemerkenswert, war doch der Spiritus rector des englischen Liberalismus’ aus Furcht vor dem Pöbel ein entschiedener Gegner des allgemeinen und Verfechter des Mehrklassenwahlrechts, das nur der gebildeten Elite zustehen sollte. Alles andere führe zur Ochlokratie, also zur Herrschaft des Plebs, im 19. Jh. oft auch als Laokratiebezeichnet, wörtlich „Volksherrschaft“.

    Inzwischen wurde dieses elitistische Wording durch die kaum weniger dünkelhafte Diskursfigur „Populismus“ etwas verhüllt.

    Hinter dieser herablassenden Denkweise verbirgt sich das Grundmotiv im Kampf gegen die Gegner der vier im Bund promiskuitiven, d. h. wechselseitig koalitionsfähigen Parteien, die sich gegenseitig keinerlei Unvereinbarkeitsregel unterwerfen: Es handelt sich um ungebildete Pöbel, die schlicht nicht alle Tassen im Schrank haben. So einfach ist das. (Diese XXL-Koalition bringt nach den Umfragen kaum noch zwei Drittel auf die Wählerwaage. Bei der jüngsten BT-Wahl waren es noch drei Viertel...)

  • Ausgezeichneter Kommentar.

  • Hm. Was Sie ausführen, Herr Kowalczuk, ist sicher eine Facette des Ganzen.

    Eine meines Erachtens viel gewichtigere ist: die Ossis hatten das Pech, direkt während des Durchmarschs des Neoliberalismus zu landen.

    1990 beendete Margaret Thatcher (die angeblich immer ein Buch von Hayek in ihrer berühmten Handtasche trug) ihren Job beendete, die Gewerkschaften zu zertrümmern und den Anfang des Endes des beeindruckenden britischen Gesundheitssystems einleitete (das qualvolle Ende können wir jetzt live betrachten).

    Ihre Ausführung erklärt kaum, dass die meisten der anderen "westlichen" Länder ihre AfD haben, von UK über Frankreich, Spanien, Italien, der USA, Polen, Ungarn... was weiss ich.

    Viele davon haben keine "Ossis".

    Die Wurzel des Problems liegt im Neoliberalismus.

    Tara Zara ("Against the World") zitiert in ihrer Conclusion Karl Polányi, dass Faschismus die Antwort auf die Demütiungen, die durch wirtschaftlichen Liberalismus und Globalisierung auferlegt wurden.

    Aktuell wie nie.

    • @tomás zerolo:

      Im Osten wurden aus ideologischen Gründen fast alle Betriebe zuerschlagen statt die fähigen in die Markwirtschaft zu führen. Vorher wurden ihre Produkte in sämtlichen Katalogen des Westens billig angeboten. Konkurrenten mussten beseitigt werden, mit voller Absicht und Kenntnis um die Folgen. Das vergessen die Ossis nie.

    • @tomás zerolo:

      Sehe ich auch so, bei uns im Westen wurde der Neoliberalismus in den 70ern eingeführt.

  • Man müsste mal die AfD-Wähler im Osten fragen. Vermutlich würden sie sagen, dass sie keinen autoritären Staat wollen. Vermutlich würden sie sich dagegen verwahren, von paternalistischen Herrschern zu träumen. Sie würden sagen, dass die AfD eine liberale Partei ist. Sie würden sagen, dass es in Wirklichkeit die liberale Demokratie ist, die autoritäre Politik macht. Sie würden als Beispiele das Heizungsgesetz, den Verfassungsschutz und jüngst das Compactverbot anführen. Sie würden sagen, dass Du gewaltig Ärger bekommst, wenn du als rechtsextreme Person gelesen wirst (natürlich würden sie das etwas anders ausdrücken). Ich kann das alles nur vermuten, ich kenne keine AfD Wähler aus dem Osten. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir auf unterschiedlichen Planeten leben.

  • 6G
    615049 (Profil gelöscht)

    Nichts mit Diskussion und gemeinsamer Gestaltung. Die riesige Arbeitslosigkeit war Schock und vortan Disziplinierungsinstrument. Und es ist nachweisbar, dass die Regierung Kohl samt Entourage alles getan hat, dass möglichst alles Ostdeutsche verschwindet bzw. wirkungslos wird. Thomas Krüger (BpB) und Thomas Oberender (Berliner Festspiele) und noch manche andere nannten das vor ca. 2 Jahren kulturelle Kolonisation. Eine verheerende und leider passende Vokabel.

    Richtig ist, dass die ostdeutsche Mehrheit auf Konsum und Westmark scharf waren. Die Leimspur eben.

    Aber gab es wirklich eine andere Möglichkeit, nachdem die Mauer weg war?



    Nicht nur die paar Bürgerrechtler hats doch weggefegt. Auch die kritischen Geister in der SED.

    Lieber Freiheit und Krieg?



    Na dann, kann ich da nur sagen.

    Georg Schramm hat vor Jahren gesagt:Die Grünen werden noch feststellen müssen, dass der Kalte Krieg ihre friedlichste Zeit war. Alle anderen wahrscheinlich auch.

    In einer Umfrage zur mil. Verteidigungsbereitschaft der Deutschen outeten sich ca. 40% als Flüchtlinge bzw. Verweigerer. Interessante Zahlen, die durchaus was über die gelobte Demokratie sagen.



    Jede fraumann frage sich selbst.

  • Korrekte Analyse, aber diese Entwicklungen, nicht nur im Osten der Republik, sind kein neues Phänomen.

    Die Mechanismen die sich dahinter verbergen sind spätestens seit Adornos Studien zum autoritären Charakter bekannt. Es fehlt die Selbstständigkeit. Selbständiges Nachdenken um die eigene Unmündigkeit zu überwinden. Adorno hat als Ausweg auf Bildung und Erziehung zur Müdigkeit gesetzt.

    Ich denke jedoch, dass in einer Zeit in der viele nur noch über ihr Smartphone mit der Außenwelt verbunden sind klassische Bildungsansätze keine Abhilfe schaffen werden. Adorno hat dieses als Erfahrungsverlust bezeichnet.

    Es wird daher der offenen Gesellschaft nichts anderes übrigbleiben, als den Verfechtern des Autoritären mit Entschlossenheit entgegenzutreten.

    Oder um es mit dem in diesen Tagen häufig zitierten Karl Popper auszudrücken "Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz."

    • @Sam Spade:

      Zum Verschwinden der Toleranz führt es aber auch, wenn eine angebliche Mitte sich im ständigen Kampf gegen äußere Feinde wähnt und dabei Dissens zum Extremismus erklärt. Der Schritt von dem (routiniert platten) Popper zu McCarthy ist kleiner als man denkt - und die Feindideologie, die der Artikel so großzügig anderen attestiert ein zunehmend dominantes Moment eines selbst ins Autoritäre umschlagenden Liberalismus. Statt zu Popper rate ich also zu Lipset - oder auch nur zu Mt 7,3.

    • @Sam Spade:

      anschließe mich & “Erziehung zur Müdigkeit“ geht zu vorgerückter Stunde in Ordnung naturellement -

  • 6G
    615049 (Profil gelöscht)

    Bleibt man mal sachlich, dann lässt sich sagen, dass "die" Demokratie zu den Ostdeutschen auf gänzlich andere Art als zu den Westdeutschen kam.



    Damals waren die tausend Jahre, an denen beinah alle Deutschen sehr erheblich beteiligt waren, noch in bester Erinnerung. Die Ruinen waren ja noch zu sehen. Natürlich nicht die in Polen oder der SU. Die waren egal.



    Dann kam der Freispruch durch die Amis und durch Adenauer. Dann der Marshallplan und das Wirtschaftswunder. Und schon war es weitgehend weg, das ja wohl doch hier und da vorhandene Schuldgefühl für die Beteiligung an den deutschen Verbrechen.

    Und wie die "Demokratie" in die DDR kam, hat man ja erleben können.



    Da wurde doch nichts ausgehandelt. Da wurde übernommen, ausgekauft, vorgeschrieben. Fertig.

    Alle Zeitungen, die für den jungen ostdeutschen Demokratieprozess dringend notwendig gewesen wären, waren innerhalb kürzester Zeit in westdeutscher Hand. Führungspositionen, Immobilien usw. ebenfalls. Die Treuhand war kein kleiner Betriebsunfall!!!

  • Ja wie?! Wata remake - wa!

    “AfD und BSW streben einen starken, autoritären Staat an, der durchgreift. Das spricht viele Menschen im Osten an, denn das kennen sie aus der DDR.“

    Schonn. Aber als Farce! Newahr



    Es war Kurt Schumacher -



    Der via DDR schon von den - “Rotlackierten Faschisten“ sprach! Woll



    Normal

    • @Lowandorder:

      Da halte ich mal mit Umberto Ecco gegen.

      Ecco sagt, Faschismus ist keine Frage der Ideologie, sondern der Wahl der Mittel.

      Ecco meint, die italienischen Faschisten hatten gar keine Ideologie. Die mussten sie erst aus dem Deutschen Reich importieren.

      Schumacher käme aus dieser Perspektive nur mit dem True-Scotsmen-Argument um die Ecke.

    • @Lowandorder:

      Na ja, vielleicht hätte der Kurt doch Schumacher werden ... äh ... bleiben sollen und damit bei seinen Leisten.

  • Im Osten herrscht bei vielen ein Verständnis von Staat, dass etwa so aussieht: der Staat soll wie früher alles regeln, einen aber nicht behelligen. Demokratie ist, wenn die da oben Angst vor einem haben und springen, wenn es zB mal zu einer Demo kommt. Tun sie das nicht, dann ist man berechtigt, den Druck und die Angst zu erhöhen und zB mit Galgen für Politiker herumzulaufen oder Politiker verbal und körperlich zu bedrohen. Dass Demokratie Kompromiss bedeutet und meistens eben gerade nicht, dass man alles bekommt, was man will, verstehen einige nicht.

  • "Wir wollen die demokratische Willensbildung wiederbeleben, demokratische Mitbestimmung ausweiten und persönliche Freiheit schützen. Rechtsextreme, rassistische und gewaltbereite Ideologien jeder Art lehnen wir ab. Cancel Culture, Konformitätsdruck und die zunehmende Verengung des Meinungsspektrums sind unvereinbar mit den Grundsätzen einer freien Gesellschaft. Das Gleiche gilt für den neuen politischen Autoritarismus, der sich anmaßt, Menschen zu erziehen und ihren Lebensstil oder ihre Sprache zu reglementieren. Wir verurteilen Versuche zur umfassenden Überwachung und Manipulation der Menschen durch Konzerne, Geheimdienste und Regierungen."

    Zitiert aus dem Programm des BSW, im Netz leicht zu finden.

    Noch zur "Feindideologie". Die sehe ich nun gerade nicht beim BSW. Dort gibt es nur politische Polemik der Art, wie sie zu Zeiten von Wehner und Strauß üblich war.

    "Feindideologie" ist es vielmehr, wenn in außenpolitischen Fragen Andersdenkende als 5. Kolonne, Putinfreunde und Landesverräter diffamiert werden. Solch eine diffamierende Polemik gegen das BSW ist gang und gäbe.

    Seitens des BSW werden Sie keine vergleichbaren Ausfälligkeiten in umgekehrter Richtung finden

  • Ja das Universum, unsere Mutter Natur und die liebe Demokratie sind schon sehr komplex.



    Da sind die Schwarz - Weiß Lösungen von den Linken +Rechten Rattenfänger v Hameln natürlich sehr verlockend für manche, die nicht akzeptieren können oder wollen, daß das Leben



    alle Farben enthält und viel viel seltener,



    manchmal auch Schwarz und Weiß.

  • Eine sehr schlüssige Analyse, und man kann Ilko-Sascha Kowalczuk eigentlich nur dankbar dafür sein für die Unermüdlichkeit und Vehemenz, mit der er sich regelmäßig den von den Oschmännern und Hoyers gebastelten Narrativen entgegenwirft - inklusive ihrer publizistischen Stimme RT Berlin, wo man sich mittlerweile nicht mal mehr entblödet, Egon Krenz zu bejubeln www.berliner-zeitu...uberger-li.2238101

    Dennoch zwei Ergänzungen: 1. Das Defizit demokratischer Erfahrung ist nicht allein die Folge der DDR, auch das Regime davor war ja nun alles andere als demokratisch und die Weimarer Republik ist ja auch schon als "Demokratie ohne Demokraten" beschrieben worden.



    2. Die existentiellen Erfahrungen gleich mehrerer DDR-Generationen in den 1990er Jahren, die eine grundsätzliche Skepsis gegenüber allen weiteren Veränderungen nach sich zogen. Durchaus vergleichbar mit den raschen Umbrüchen des 19. Jhs., die ja gerade in Deutschland zu einer verbreiteten Ablehnung der gesellschaftlichen Folgen der Moderne geführt haben.

  • "AfD und BSW streben einen starken, autoritären Staat an, der durchgreift."

    Bei der illegalen Migration mag das stimmen.



    Aber ansonsten...?

    Hätte mir wenigstens mal 1-2 Forderungen der Parteien als möglichen Beleg für diese Behauptung gewünscht.

    • @drafi:

      Illegale Migration ist doch ein bescheuertes Wort. Die meist Migration wird doch (in Europa und anderswo) einfach illegalisiert. Fertich. Schon sinds Verbrecher und nicht Flüchtlinge.

      Stichwort autoritär aus dem Europawahlprogramm AFD:



      EU-Parlament abschaffen



      Festung Europa



      Remigration



      Zurück zu Recht, Wohlstand und sozialem Frieden in Europa durch Wiedereinführung



      nationaler Währungen



      Automobilindustrie als Leitindustrie erhalten



      Keine ökosozialistische Umverteilung



      Stopp aller Corona-Impfungen



      Abtreibungen müssen zur Ausnahme werden (als ob sie denn die Regel seien!)



      Gender-Ideologie stoppen



      Keine Schuld- und Schamkultur

      Alles autoritäre Projekte, zum Teil paradoxer weise auch dort, wo mehr Freiheit für Presse und Wissenschaft gefordert wird. Zwar wird dann von 'Ideologiefreiheit' und 'Technologieoffenheit' gesprochen, beides ist aber doch offensichtlich hoch ideologisch, wenn etwa Techniken autorität verteidigt werden, deren Zeit längst abgelaufen ist, oder eben alles was andersdenkende verlautbaren als Ideologie diffamiert und verboten wird (siehe gendern, da spielt ja schon die CDU inzwischen Sprachverbotspolizei)

    • @drafi:

      Das kann man beim BSW faktisch nicht belegen.

    • @drafi:

      „Genderwahnsinn“

      „Klimahysterie“

      „Lifestyle-Linke“

      Das sind nur drei Schlagworte, die sowohl von BSW als auch AfD stammen könnten und ausdrücken sollen, dass Staat und Gesellschaft sich gefälligst nicht nach Minderheiten oder was dafür empfunden wird, richten sollen. Der Staat soll mit „dem gesunden Volksempfinden“ regieren und gefälligst für Ruhe sorgen.

    • @drafi:

      Geht doch noch viel weiter darüber hinaus. Queere Menschen, Feministinnen, Umwelt- und Klimaschützer, halt alle die nicht "normal" (Fußball, Bier, Vattermutterkindhaus, Auto) sind sollen "weg".

  • Da träumen aber viele auch von einem demokratischen Westen wie er nie existiert hatte, nicht existiert und gar nie funktionieren wird.

    • @Wee:

      Niemand muß vom demokratischen Westen träumen, der Westen ist demokratisch, auch wenn es einzelne Menschen gibt die das in Frage stellen oder dagegen arbeiten.

    • @Wee:

      wie wahr!

  • Sehr gutes Essay, wirklich. Danke dafür. Dennoch erklärt es nicht die Rechtsradikalität im Osten. Starker Staat ist die eine Sache. Die Nachfolge der Nationalsozialisten anzutreten, im vollen Bewußtsein der Greultaten, Massaker und Vernichtungsorgien, das ist eine ganz andere Sache und fordert eine Reaktion des deutschen Staates heraus, der das nicht zulassen darf, von seinem Grundgesetz her. Ein Verbot der AFD wäre ein eindeutiges Zeichen des gewünschten starken Staates!

    • @shitstormcowboy:

      Meiner Meinung nach hätte man schon in den 90ern viel härter durchgreifen müssen. Nach Lichtenhagen hätte man zB alle Beteiligten, auch die Beifall klatschenden Nachbarn, wegen schweren Landfriedensbruchs und Zurschaustellung von Hitlergruß u.a. mehrere Jahre lang ins Gefängnis stecken müssen. Stattdessen hat man das Asylrecht verschärft und die Täter bestätigt. Natürlich gab es damals einen riesigen Aufschrei, Lichterketten usw., aber in erster Linie hätte der Staat genau so hart auftreten müssen, wie es autoritäre Persönlichkeiten sich immer wünschen.

      • @Suryo:

        Was heißt hart? Dem StgB folgend, so wird ein Schuh draus!

  • "Dagegen kann nur helfen, dass die Demokraten gemeinsam gegen die potenziellen Mehrheitsdiktatoren zusammenstehen und koalitionsfähig bleiben."

    Wird nicht funktionieren, solange ein Merz die Grünen als Hauptgegner sieht und ein Lindner mit Hilfe dieses Autoritarismus die kapitalen Interessen seiner Kernklientel wahren und zementieren kann.

    • @BrendanB:

      Eine AFD-Verhinderungskoalition der guten Demokraten würde nur deren Theorie vom Altparteienkartell bestätigen , und sie zu Märtyrern machen. Es würde wahrscheinlich das Ende der Demokratie einläuten.

      • @Jan Grobe:

        Ja ja, alles was man macht, hilft nur der AgD. Ignoriert man sie, missachtet man ihre Wähler und schließt sie aus, was sie stärker macht. Stellt man sie und macht deutlich, was für eine Quarktruppe das ist, hofiert man sie und gibt ihnen medialen Raum, der sie nur stärker macht.

  • unglaublich - in was für einer herabwürdigenden Art und Weise in diesem Artikel über die Bürger Ostdeutschlands geschrieben wird!

  • Als Ossi finde ich es schon spannend wie solche eindimensionalen Essays ihren Weg in die TAZ finden. Sich mit China und Russland gut zu stellen sichert das wirtschaftliche Überleben des Landes und ohne eine funktionierende Wirtschaft wird Demokratie schnell zum Luxusgut. Viele die ich kennen wünschen sich keinen starken Staat, sondern einen der seine eigenen Gesetze einhält.

    • @Jörg Radestock:

      Als ebenfalls Ossi frage ich mich, wie (und warum!) man sich mit einem Land gutstellen will, dessen Regierung selbsterklärterweise unser Land und System hasst und unsere Sicherheit und Souveränität bedroht.

      Wenn Moskau seinen Willen kriegt, wird in Deutschland die AfD herrschen (nicht "regieren")...da können Sie mal sehen wie die Gesetze einhalten.

    • @Jörg Radestock:

      ".. wie solche eindimensionalen Essays ihren Weg in die TAZ finden"

      Eigenartig. Dasselbe habe ich mich bezogen auf ihren Kommentar auch gefragt.

      Putins Russland braucht keiner! Und wirtschaftliche Beziehungen erst dann, wenn er sich in Den Haag für seine Kriegsverbrechen verantwortet und Russland eine neue und gemäßigtere Regierung hat.

    • @Jörg Radestock:

      Das werden AfD und BSW sicher nicht tun, die eigenen Gesetze einhalten, die Wähler werden das spät erkennen.

    • @Jörg Radestock:

      Sich mit Russland „gut zu stellen“ gefährdet die Existenz von Frieden und Freiheit. Dieses Land ist nun mal die größte Bedrohung.

  • Ich frage mich, wo bitte das BSW einen autoritären Staat anstrebt – der Artikel bleibt Belege ja schuldig. Das BSW ist natürlich etatistischer als z.B. die Grünen, aber in einem altmodisch-sozialdemokratischen Sinne. Ob das wiederum die individuelle Freiheit einschränkt oder fördert ist eine andere Frage (eher libertäre Politik-Konzepte z.B. mögen den Staat ablehnen – die Freiheit, der sie dienen, ist aber doch eher diejenige der Eliten – der Durchschnittsmalocher dürfte im sozialdemokratischen Fürsorgestaat freier leben als im deregulierten Raubtierkapitalismus). Man kann diesen nostalgischen Traum vom Wohlfahrtsstaat immer noch kritisieren (und die Antwort Frage, wie man mit dem Verlust seiner Voraussetzung – nämlich einer überlegenen Industrie – umgeht, bleibt Wagenknecht ja auch schuldig) – aber die Diskussion sollte eben fair geführt werden; hier bleibt der Autor hinter seiner eigenen Forderung zurück, wenn er einer „faire, demokratische Aushandlungsarena, die Kompromisse sucht“ spricht, gleichzeitig aber einer Partei, die ein wenig vom Konsens der gegenwärtigen Mitte abweicht, eine „Feindideologie“ unterstellt und sie mit DDR, Russland und China unter einen Hut steckt.

    • @O.F.:

      Das BSW ist, wenn es so etwas gibt, eine links-reaktionäre Partei. Gendern, LGBT, Menschenrechte und Völkerrecht (Russland!), Migration, Klimawandel - das ist für das BSW letztlich alles westlicher Firlefanz von “Lifestyle-Linken“, der man die Kraft des gesunden Volksempfindens („Vernunft“) entgegensetzt. Das eigene Volk kommt zuerst, und das will es eben warm haben dank billigem Gas. Also hat Deutschland sich gefälligst gut mit Russland zu stellen. Alleine daran sieht man doch schon die autoritäre Einstellung. Freiheitlich eingestellte Menschen, die den Wert individueller Rechte schätzen, können dieses Russland doch nur verabscheuen.

    • @O.F.:

      "Ich frage mich, wo bitte das BSW einen autoritären Staat anstrebt – der Artikel bleibt Belege ja schuldig. "

      Es drängt sich hier ein wenig der Verdacht auf, dass es hier um ein " framing" geht, dass AFD BSW quasi ähnlich sind. Erstens stimmt das nicht und zweitens wird es Wähler auch nicht vom Wählen der BSW anhalten.

  • "Demokratie und Freiheit sind keine hohlen und leeren Begriffe. Aber sie müssen erlernt werden, immer wieder neu. Doch in den Jahren nach 1990 gingen Ost- wie Westdeutsche davon aus, Freiheit und Demokratie seien selbsterklärend. Sind sie aber nicht. Und niemand brachte den Ostdeutschen nahe, dass das Leben in der Freiheit weitaus anstrengender ist als in der Diktatur."

    Da ist viel Wahres dran. Womöglich hätte es einer "Reeducation" bedurft, wie im Westen nach 1945.

    So geimpft hatten die Westdeutschen dann jahrzehntelang Zeit, sich an die Demokratie zu gewöhnen. Was im Großen und Ganzen ja auch geklappt hat.

    Dass dieses Rad jetzt wieder zurückgedreht wird, das ist eine andere Geschichte, die sich zudem nicht nur in Deutschland zuträgt.

  • Was für ein unglaublicher Danebenartikel.



    Ich muss ja höflich bleiben!

    Das BSW ist auch im Westen zweistellig.



    Das gibt Hoffnung!



    Hört doch auf mit diesem draufhauen auf Ossis.

    • @D. MEIN:

      Das BSW ist auch im Westen zweistellig.

      Dann wird es Zeit alle demokratischen Mittel aufzuwenden, um diese Partei und auch die AFD überflüssig zu machen.

      • @weather2018:

        Dann macht das doch mal mit Argumenten? Aber es passiert ja nicht. Es wird nicht argumentiert. Haben wir doch während Corona sehr gut sehen können, wie gekonnt Kritiker der Maßnahmen ignoriert wurden.

    • @D. MEIN:

      Auch wenn ich aus dem Osten komme finde ich diesen Artikel auch etwas unpassend. Inhaltlich nicht plausibel und das generelle "Ossi-Bashing" finde ich auch unpassend.

    • @D. MEIN:

      Dann zeigen sie uns doch gern mal auf, was an diesem Artikel faktisch falsch ist. Bin gespannt...

    • @D. MEIN:

      Wo wird denn in dem Essay auf die "Ossis draufgehauen"? Ich konnte nichts dergleichen in diesem sehr klugen, von einem Kenner verfassten Essay entdecken.

      • @Bussard:

        Als Ossi empfinde ich das auch als Draufhauen. Ich bin gewiss kein SED/PDS/BSW-Fan. Ich habe mich vor 20 Jahren immer aufgeregt, wenn die PDS (so hieß sie damals) immer als "Stimme des Ostens" vorgestellt wurde. Ich war auch immer allergisch gegen Ostalgie, aber auch gegen das Gegenteil, alles abschätzig zu behandeln, also auch vollkommen unpolitische Dinge.

        Was im Artikel stattfindet ist eine Massenpsychologisierung, die an der Realität scheitert. Es werden zwei Parteien genannten. BSW ist Fleisch vom Fleische der Linken. Warum wir die Linke im Artikel nicht genauso behandelt wie die BSW? Bei BSW legt man weniger Wert auf Gender und Woke, Wagenknechts richtungsweisendes Buch: "Die Selbstgerechten".

        Das wichtigste politische Thema der letzten 4,5 Jahre war Corona. Während Corona hat man den Ossis vorgeworfen, die Maßnahmen nicht richtig zu befolgen, also Antiautoritarismus. Jetzt wird ihnen das Gegenteil vorgeworfen. Wie kann man die letzten 4,5 Jahre so konsequent ignorieren?

    • @D. MEIN:

      Niemand haut in dem Artikel auf die "Ossis", davon mal ab wünsche ich mir entsprechende Analysen zum Westen. Hier laufen auch genug Menschen rum, die der Meinung sind, dass die Demokratie mit einem "starken Führer" viel zackiger laufen würde, was ich auch beängstigend finde.