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Räumung eines Camps an der FU BerlinProtestbefreite Universität

Propalästinensische Studierende besetzen einen Innenhof an der Freien Universität. Kurz darauf wird geräumt. Lehrkräfte solidarisieren sich mit den Protesten.

Polizei, Protest und Gegenprotest: Szene aus dem Theaterhof der FU Berlin am Dienstagmittag Foto: Annegret Hilse/reuters

Berlin taz | Gegen 13.30 Uhr ist es soweit: Die Polizei beginnt mit der Räumung des propalästinensischen Protestcamps an der Freien Universität (FU) Berlin. Die De­mons­tran­t*in­nen sitzen auf dem Boden, eng ineinander verhakt. Nach und nach ziehen Polizisten Personen einzeln raus, teils unter Anwendung von Schmerzgriffen, und führen sie vom Gelände – alles unter lautstarkem Protest. An den Fenstern der angrenzenden Räume der Uni klopfen, skandieren und klatschen weiterhin Stu­den­t*in­nen zur Unterstützung der Besetzer*innen.

Am Dienstagmorgen hatten hier, im Theaterhof der „Rost- und Silberlaube“ der FU in Dahlem, etwa 150 Studierende Zelte, Bänke und einen kleinen Pavillon aufgestellt und Transparente aufgehängt. Fast alle tragen Kufijas; in der Mitte der Freifläche steht eine Frau mit Megafon. „We are the students, let's stop the bombing now“, ruft sie, gefolgt vom umstrittenen Sprechchor „From the River to the Sea, Palestine will be free“. Die Menge jubelt und applaudiert.

An einer Wand bringen die Protestierenden eine Liste mit Namen von in Gaza getöteten Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen an. Unter dem Pavillon wird ein kleiner Infostand eingerichtet, es gibt Äpfel, Tee und Informationsbroschüren zu den Themen „Occupying Berlin Universities“ und „Intifada, Widerstand überall in diesem Land“.

Die Person an dem Stand sagt der taz: „Eigentlich haben wir gerade eingeladene Red­ne­r:in­nen für Diskussionsrunden, aber sie werden von der Polizei nicht durchgelassen.“ Eine weitere Protestierende ist aufgebracht. Sie sagt, sie habe nicht gedacht, „dass in Deutschland die Demokratie so dünnhäutig ist. Kulturelle und Bildungseinrichtungen beziehen faschistische Positionen.“

Schnell formiert sich auch Gegenprotest

Doch nicht allen gefällt, was hier passiert: In Hörweite steht ein Person, sie hat eine Israelfahne um sich gebunden. Sie wolle sich nicht einschüchtern lassen, aber in Anbetracht dessen, was hier in der Universität vor sich gehe, habe sie als Jüdin große Angst, sagt sie. „Der Antisemitismus, der in der Uni offen zur Schau getragen wird, ist unerträglich.“ Auch aus dem Fenster eines an den Innenhof grenzenden Raums hat jemand eine Israelflagge gehängt.

„Die Situation für jüdische Studierende wird zunehmend unsicher“, ­kritisiert auch Noam Petri, Vizepräsident der Jüdischen Studierendenunion, gegenüber der taz. Petri berichtet, viele jüdische und proisraelische Kom­mi­li­to­n:in­nen würden Drohnachrichten ­erhalten. „Die Situation hat sich nicht beruhigt, davor warnen wir schon lange.“

Gruppe fordert „akademischen Boykott“ Israels

Auf der Social-Media-Plattform Instagram hatte die propalästinensische Gruppe „Student Coalition Berlin“ (SCB) vor der Besetzung einen umfassenden Forderungskatalog veröffentlicht. Unter anderem solle die Universität für einen sofortigen Waffenstillstand und Stopp deutscher Rüstungsexporte einstehen.

Auch verlangt die Gruppe einen umfassenden kulturellen und akademischen Boykott Israels – was auch ein Ende der wissenschaftlichen Kooperationen der FU mit israelischen Universitäten bedeuten würde. SCB kündigte an, „keine Verhandlungen oder Kompromisse“ akzeptieren zu wollen.

Eine FU-Sprecherin erklärte gegenüber der taz, die Protestierenden hätten am Dienstagmorgen auch versucht, in Räume und Hörsäle einzudringen. Nachdem die Be­set­ze­r:in­nen Verhandlungen abgelehnt hätten, habe die Universitätsleitung bereits am Vormittag die Räumung des Camps veranlasst.

„Diese Form des Protests ist nicht auf Dialog ausgerichtet. Wir stehen für eine wissenschaftlichen Dialog zur Verfügung – aber nicht auf diese Weise“, sagte Universitätspräsident Günter Ziegler. Ziegler stellte klar, dass die FU einen akademischen Boykott Israel „entschieden ablehnt“.

Lehrkräfte kritisieren Unileitung

Zahlreiche Lehrkräfte üben wiederum an dieser Haltung Kritik. „Es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er auf Dialog ausgerichtet ist“, heißt es in einem Statement, das rund 100 Lehrkräfte von Berliner und anderen Hochschulen unterzeichnet haben. „Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt.“

Angesichts der sich zuspitzenden Lage in Gaza „sollte die Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden auch für jene nachvollziehbar sein, die nicht alle konkrete Forderungen teilen oder die gewählte Aktionsform für nicht geeignet halten“. Die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen forderten die Leitungen der Berliner Universitäten auf von einer polizeilichen oder auch strafrechtlichen Verfolgung ihrer Studierenden abzusehen. „Der Dialog mit den Studierenden und der Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit sollte oberste Priorität haben.“ Mit Polizeieinsätzen auf dem Campus sei dies nicht vereinbar.

Und doch kommt es genau so: Ab Mittag umstellt die Polizei den Theaterhof, auch auf den angrenzenden Dächern haben sich Beamte positioniert. Nur anderthalb Stunden nach Beginn der Räumung ist der Theaterhof leer. Zelte, Decken, Plakate und das Megafon der Protestierenden liegen zusammengeschoben am Rand der Freifläche. Wie die Polizei später mitteilte, wurden 79 Personen festgenommen und nach Identitätsfeststellungen entlassen. 80 Ermittlungsverfahren sowie 79 Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden eingeleitet.

Vor dem Eingang zum Gebäude haben sich in der Zwischenzeit proisraelische De­mons­tran­t*in­nen zu einer Gegenkundgebung versammelt. Die etwa 35 Personen tragen Israelfahnen und Plakate, etwa mit der Aufschrift „Jewish Lives Matter“. Gegenüber stehen die verbliebenen propalästinensischen Demonstrant*innen. Die Polizei versucht, sie des Geländes zu verweisen.

Spannungen seit Monaten spürbar

Das schnelle und repressive Vorgehen der Universitätsleitung gegen die Besetzung kommt wenig überraschend. Bereits am Freitag hatte die Humboldt-Universität ein propalästinensisches Sit-in von rund 150 Personen auf der Wiese vor dem Hauptgebäude in Mitte nach wenigen Stunden räumen lassen. Die Polizei erklärte, es seien 37 Ermittlungsverfahren wegen möglicher Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet worden.

An der Freien Universität hingegen war es in den vergangenen Monaten ruhig geblieben, obwohl Spannungen zwischen propalästinensischen und proisraelischen Studierenden spürbar waren. Im Dezember hatten propalästinensische Ak­ti­vis­t*in­nen einen Hörsaal besetzt, der ebenfalls schnell geräumt wurde. Damals kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen proisraelischen und propalästinensischen Studierenden.

Besonders der jüdische FU-Studierende Lahav Shapira geriet währenddessen auf der Social-Media-Plattform X in den Fokus propalästinensischer Aktivist:innen. Im Januar verprügelte ein Kommilitone Shapira und verletzte ihn schwer. Die Polizei vermutet, dass das Motiv für den Angriff die vorangegangene Auseinandersetzung über den Gazakrieg war.

Infolge des Angriffs beschloss der Senat im April eine beispiellose Verschärfung des Hochschulgesetzes, die in Zukunft auch Exmatrikulationen aus politischen Gründen ermöglichen soll. Sowohl hochschulpolitische Gruppen als auch zahlreiche Aka­de­mi­ke­r:in­nen kritisierten diesen Schritt als Gefahr für die Meinungsfreiheit an den Berliner Universitäten.

Schwappt die Protestwelle aus den USA nach Deutschland?

Hinter dem harten Durchgreifen am Dienstag steht wohl auch die Angst der Behörden, die Protestwelle an den US-amerikanischen Universitäten könnte nach Deutschland überschwappen. So besetzten Studierende der New Yorker Columbia University über mehrere Wochen eine Wiese, um gegen die Verstrickungen ihrer Universität im Gaza­krieg zu protestieren. Anfang Mai ließ die Uni das Camp mit einem martialischen Polizeiaufgebot räumen.

Die Aktionsform fand landes-, inzwischen auch weltweit Nachahmer*innen. Außer in Berlin gab es am Dienstag auch an der Uni Wien einen Versuch propalästinensischer Aktivist:innen, ein Protestcamp zu errichten. An der Uni Leipzig besetzten Studierende den Audimax. In Amsterdam räumte die Polizei ein am Montag errichtetes Camp mit schwerem Gerät.

Aktualisiert: 8. Mai, 15.38 Uhr.

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43 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Danke für eure Kommentare, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    Mich wundert, dass man weder in den Fakultäten, noch in der Regierung auf die Idee kommt, von Fakultätsleitung geführte Diskussionen zwischen Vertretern der Israel-Politik freundlichen und der Israel-Politik feindlichen Seite anzubieten.



    Wenn seitens der Bundesregierung, von beispiellos einseitigen Kampagnen der grossen Medienhäuser flankiert, Kritiker von Israels Politik - inklusive Israelischer Staatsbürger die Kritik an der eigenen Regierung üben - als Antisemiten oder dieses Narrativ nun ablösend, als Israel-Hasser, diffamieren, ist das eher förderlich für eine Verhärtung der Fronten, als Lösungsorientiert.



    Niemand sollte nirgendwo ob seiner Ethnie, seiner Religion, Bilfungsstand, nameit...Angst vor Andersartigen, Andersdenkenden, etc haben müssen.



    Davon abgesehen, wöre es ein überfälliges Zeichen des Säkularen Staates, wenn wir unsere Sichtweisen auf Fakten gründen würden und Religion dort liessen, wo diese hongehört. In den Herzen der Menschen.



    Der Nahostkonflikt hat nur soweit Bezug zu Religion, als die Ansiedlung von jüdisch Gläubigen sich auf ein sehr altes, durch Jahrhundete mündlich überliefertes und von jeher Partikularinteressen dienendem Religiösen Buch beruft.



    Sieht man sich davon befreite Fakten an, geht es um seit Jahrzehnten fortwährende Landnahme ohne Gegenleistung und eine Gewalt befeuernde Politik, die von westlichen Staaten goutiert wird, weil sich damals kein Land bereit erklärte jüdische Flüchtlinge in grossen Kontigenten aufzunehmen. Das von England verwaltete Gebiet zwischen Jordan und Meer wurde unter Terror einem Volk zugeschlagen, dass von allen anderen Völkern über Jahrhunderte misshandelt wurde.



    Der Prozess dessen war schlecht gemacht und ist offensichtlich nicht beendet.



    Das sollten wir diskutieren, wenn Dort einmal friedliche Koexistenz stattfinden soll.



    Und Universitäten scheinen mir dafür der ideale Raum zu sein.

  • 6G
    600539 (Profil gelöscht)

    Gaza ist nicht Vietnam und Israel nicht die USA .



    So aggressiv und ausgrenzend das Gebaren dieser Schreihälse furchteinflössend .



    Null Diskurs bereit , null Geschichtsverständnis bloss Nach - Gebrülle. Mega peinlich unser akademischer Nachwuchs .

    Wenn man Terror und Gewalt gutheisst als Mittel der Auflehnung, zweifele eich enorm an diesen verwirrten Jugendlichen . Die traurig aber wahr



    unsere Zukunft darstellen .



    Wieviele davon sind eigentlich wirklich eingeschriebene Studenten .

    Dank an die Universitätsleitung für das sofortige unterbinden . Damit es nicht ganz so ausartet wie auf der Columbia . und anderen US Uni`s .

    Eine Schande für unsere ach so liberale Gesellschaft das man wieder direkte Assoziationen hat mit 1933; als an der selben Stelle in Berlin , den jüdischen Kommilitonen der Zugang zu Universität ( Humboldt ) verwehrt wurde . Wie es weiterging wissen wir .

    Noch lehnt sich eine Handvoll jüdischer Studierender auf ( die mal wieder alle stellvertretend für den Staat Israel und sein Vorgehen stehen) , aber die meisten jüdischen Kommilitonen trauen sich nicht mehr an Ihre Uni .

  • Friedliche Proteste und Streitkultur sind absolut legitim. Universitäten waren schon immer ein Ort für derartige Auseinandersetzungen. Wichtig ist dabei, dass auch die andere Seite Gehör findet und es nicht in einer Meinungsdiktatur endet. Die Grenze ist, wo die Gewaltfreiheit endet und Andersdenkende bedroht oder attackiert werden. Und ähnlich wie bei den Demonstrationen für ein Kalifat, gilt es die Parolen auszuhalten. Aber nicht alle!

    Verbote sollten eigentlich in einer Demokratie das letzte Mittel sein welches zur Anwendung kommt. Denn meistens ist das Ergebnis solcher Verbote, dass sie bestehende Vorurteile befördern und zu einer "jetzt erst recht" Mentalität beitragen.

    • @Sam Spade:

      Ich bin bei Ihnen, wenn es um friedliche Proteste und Streitkultur geht.

      Laut Artikel haben die Protestierenden Forderungen gestellt, die nicht verhandelbar sein und wo es keine Kompromisse gebe. Das ist keine Streitkultur, das ist ein Diktat. Bei so einem klaren Defizit an Streitkultur war die Ausübung des Hausrechts durch die Universitätsleitung dringend erforderlich.

      Die Studenten können gern eine Kundgebung im öffentlichen Raum anmelden aber es gibt kein grundgesetzlich verbrieftes Recht zur Besetzung von Universitätsräumlichkeiten.

  • Das soll ein "friedlicher Protest" gewesen sein??? Räume "gewaltfrei besetzen", Hochschulangehörigen eine Agitpropveranstaltung aufzwingen, "forscht nicht mkit Juden" schreien, die Vernichtung Israels fordern - all das ist unerträgliche Hasspropaganda.

  • Wer zu "keinen Verhandlungen oder Kompromissen bereit ist", hat die Demokratie per se nicht verstanden. Egal worums geht.



    Und wer angesichts dieser Prämisse und bereits verübter Gewalt bei Gegenmaßnahmen die Meinungsfreiheit bedroht sieht, der offenbart dazu ein intelektuelles Defizit, das einer Uni nicht würdig ist. Mehr gibts dazu kaum zu sagen.

  • „Es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er auf Dialog ausgerichtet ist“, heißt es in einem Statement, das rund 100 Lehrkräfte von Berliner und anderen Hochschulen unterzeichnet haben."

    „Der Dialog mit den Studierenden und der Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit sollte oberste Priorität haben.“

    Whow, das ist Doppeldenk!



    de.wikipedia.org/wiki/Doppeldenk

    • @Mustardmaster:

      In der Tat. Haben die nicht gelesen, was sie da unterschrieben haben?

  • Die Lehrenden, die diesen Aufruf unterzeichnet haben, sollten sich selbst mal kritisch hinterfragen, welchen akademischen Nachwuchs sie dort verteidigen, der keinerlei Kompromisse duldet und einen Forderungskatalog aufgestellt hat, der vor historischen Unwahrheiten nur so strotzt.

    • @Karla Columna:

      Welcher Forderungskatalog?

  • Ohh liebe taz. „From the River to the Sea, Palestine will be free“ nur als umstritten zu bezeichnen, ist schon ein Ding. Wenn irgendwas irgendwie von links kommt, wird halt die rosarote Brille angezogen.

    Warum wird wegen der verschärften Hausordnung so rumgemacht? Wer einen Kommilitonen aus politischen Gründen angreift, hat in der Studierendenschaft nichts zu suchen!

    • @Andi S:

      "free" würde bedeuten, dass alle Bewohner dort die gleichen Rechte und Freiheiten haben. Z.B. dass man in besetzten Gebieten den direkten Weg zu seinem Acker vor der Haustür fahren darf ohne kilometerlange Unwege fahren zu müssen. Nett wäre es auch für die Menschen dort, wenn das Recht auf eine Staatsbürgerschaft auch für sie gelten würde.

      • @Rudolf Fissner:

        Glauben Sie wirklich, dass viele das darunter verstehen? Ich persönlich nicht! Meiner Meinung nach handelt es sich um eine Chiffre, die den Staat Israel die Existenz abspricht.

  • Auch wenn ich mich hier unbeliebt mache: ich bin bei den unterzeichnenden Lehrkräften.

    Rote Linie sollte immer Gewalt sein. Gewaltfreien Protest mit Gewalt zu räumen ist fals und dumm.

    Die Auseinandersetzung ist nun mal schwer. Auf beiden Seiten gibt es Maximalisten -- die einen, die das Massaker des 7. Oktobers als legitimen Teil eines Befreiungskampfes sehen, die anderen, die das Töten von über 30000 Menschen noch als "Selbstverteidigung" betrachten.

    Und auf beiden Seiten die Kriegsgewinnler -- die Hamas, die Gaza damit noch fester in den Würgegriff halten kann und die radikale Siedlerbewegung, die derweil in der West Bank machen, was sie wollen und schliesslich von einer Vertreibung (oder Ermordung) aller Palästinenser*innen träumen. Letztere sitzen mit in der Regierung.

    Bei dieser Situation sollten wir Proteste an den Unis aushalten.

    • @tomás zerolo:

      Die Studenten riefen zur Intifada aus. Sie sollten eigentlich wissen, was die Intifada war.

      Und wir sollten nicht nur die Universität betrachten: In dieser Stadt wurden am vergangenen Freitag zwei Menschen angegriffen, weil sie Juden waren. Die Artikel sind in der taz zu finden. Da brauchen wir keine Studenten, die aus den Räumlichkeiten einer Universität zur Intifada (Tötung von Juden) aufrufen.

      Mein Dank an die FU-Leitung.

    • @tomás zerolo:

      Zunächst: Sie haben meinen Respekt, sich offen zur Unterzeichnung zu bekennen. Ich hätte diesen Brief nie unterzeichnet.

      Formal betrachten haben Sie natürlich Recht: Friedlicher Protest muss möglich sein. Allerdings sind diese Proteste in den letzten sechs Monaten doch nie friedlich gelaufen. Es gab immer Personen (Juden), die beleidigt und atakiert wurden. Dies sehenden Auges zu akzeptieren und zu sagen, "dem würde ich ja nie zustimmen, ich bin nur für friedliche Proteste", erinnert mich sehr an den Satz "Ich wasche meine Hände in Unschuld".

      Zudem Sie schreiben: "Sollten wir Proteste an den Unis aushalten". Würden Sie das auch einem jüdischen Studenten sagen, der Angst hat, die Uni zu betreten?

    • @tomás zerolo:

      Ich bin da ganz bei ihnen. Das liegt auch daran, dass ich mir eben auch immer Gedanken mache um die Zukunft. Diesmal ist es ein pro- palästinensischer Protest und das nächste Mal? Hier kommen mir in den letzten Monaten vom Berliner Senat aber auch der Bundesregierung zu häufig ad hoc Reaktionen, Vorschläge, Verbote etc. bei denen es erstens zweifelhaft ist ob man damit Antisemitismus bekämpfen kann und bei denen die Gefahr besteht das zum einen Grundrechte eingeschränkt werden wie z.B. die Meinungsfreiheit aber bei denen auch fraglich ist ob sie verfassungskonform sind oder diskriminierend. www.lehrer-news.de...gt-bei-den-schulen



      Und eigentlich sollte man aus den USA gelernt haben, man könnte nämlich leicht argumentieren, das die gewaltsame Auflösung des Protests an der Columbia erst die massive Ausweitung auf andere Unis im Land verursacht hat.

      • @Momo Bar:

        Ja dann denken Sie doch bitte weiter: was passiert beim nächsten Mal? Dann kommen vielleicht rechtsradikale Schreihälse, brüllen alles nieder, bedrohen ausländische Kommilitonen, singen "Von der Maas bis an die Memel" und rufen zum Boykott aller Universitäten in Muslimischen Ländern auf.

        Ja, was machen Sie dann? Auch mit denen diskutieren? Lassen es einfach zu und unterzeichnen einen Aufruf, dass man diese Menschen doch bitte nicht von der Uni entfernen solle?

        Diesem Hass darf man als Demokrat nicht das Wort reden, Punkt.

        • @Fran Zose:

          Und wer bestimmt dann was Hass ist? Was Rassismus ist? Man kann sich ja rechtlich nicht mal auf eine Antisemitismus- Definition einigen, also keine die rechtlich gültig ist. Und es ist ein Unterschied ob man ein rechtsradikaler Schreihals ist wie sie sagen oder ausländische Kommilitonen bedroht- soweit ich weiß sind Drohungen sehr wohl strafbar und das ist dann auch nicht friedlicher Protest. Aber sehr wohl muss man als Demokratie nun mal auch Meinungen aushalten, die einem nicht passen. Gefällt es mir das hier Rechtsradikale demonstrieren, Corona Leugner, Impfgegner etc.? Nein, aber trotzdem haben sie das Recht dies zu tun solange sie friedlich sind und nicht zu Gewalt aufrufen. Vielen haben die Demos der Letzten Generation nicht gepasst- also wo anfangen? Verbieten wir das eine weil es uns nicht passt, dann müssen sie sich nicht wundern wenn ihre Demo irgendwann abgesagt wird, weil es jemand anderes es unerträglich findet. Finde ich die Art und Weise wie hier demonstriert wird gut? Nein denn Bereitschaft zum Dialog sollte immer da sein.

          • @Momo Bar:

            Ich weiß nicht ob Sie den Artikel gelesen haben, aber jüdische Kommilitonen wurden bedroht; vor nicht allzu langer Zeit wurde sogar einer krankenhausreif geschlagen. Und was ist der Aufruf zur Intifada wenn nicht der Aufruf zur Gewalt? Was Sie hier als friedlichen Protest verharmlosen zu suchen ist eben kein friedlicher Protest, es ist genau das was ich in meinem Beispiel beschrieben habe nur auf vermeintlich links gedreht. Auch dürfen die Leute gerne demonstrieren, anders als Sie es hier absichtlich (?) behaupten, solange sie dabei kein volksverhetzenden Parolen brüllen. Aber sie haben kein Recht eine Universität zu besetzen. Haben meines Wissens die von Ihnen angeführten Coronaleugner und Impfgegner nie getan.

            Und ja, Bereitschaft zum Dialog sollte es geben. Da es diesen Seitens der pro-palästinensischen Protestanten aber explizit nicht gibt (bitte lesen sie doch den Artikel), was machen Sie dann?

      • @Momo Bar:

        Nun, das ist eine mögliche Interpretation.



        Wenn wir jedoch dem New Yorker Bürgermeister Eric Adams (Demokrat) glauben können, dann sind diese Proteste von außen gesteuert.



        Und wenn wir Politico (auch nicht dafür bekannt rechte Aluhutträger zu sein) dann sind sie obendrein auch von außen finanziert:



        "Pro-Palestinian protesters are backed by a surprising source: Biden’s biggest donors "

        Da ist der Sprung nicht mehr weit dazu dass die Ausweitung eben nicht durch das auflösen des Camps an der Columbia University ausgelöst wurden, sondern ebenso von außen geseuert und finanziert werden,

    • @tomás zerolo:

      Finden Sie nicht, dass Gewalt auch in der Sprache liegen kann? Was soll das heißen "friedlicher Protest"? Wenn eindeutig nicht für Gespräche oder wirkliche Friedensansätze diskutiert wird aber dafür absolut israelfeindliches skandiert wird? Kein Verständnis!

  • Der eigentliche Skandal sind doch diese 100 Lehrkräfte, die diesen unsäglichen Brief unterschrieben haben: "Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt.“



    Es ist also 'friedlicher Protest' wenn lauthals "from the river to the sea", "Fuck you Israel" etc in Endlosschleife geschrien wird - weil nichts anderes ist passiert, davon gibt es unzählige Aufnahmen im Netz.



    x.com/NoamPetri/st...787761411440959631



    Man stelle sich vor Rechtsradikale würden mit derlei gewaltverherrlichenden Parolen zur Auslöschung des Staates Israel - weil auf nichts anderes zielt die Losung "from the river to the sea" ab - eine deutsche Uni besetzen... - da wäre ZURECHT der Teufel los.



    Wenn das aber eine gemischte Gruppe von äußerlich links und migrantisch erscheinenden Personen macht die auch noch Kufijas tragen, dann ist das NATÜRLICH als "friedlicher Protest" zu werten und "die Leitungen der Berliner Universitäten" sollen doch "von einer polizeilichen oder auch strafrechtlichen Verfolgung ihrer Studierenden" absehen...



    Bitte was? 🤨



    Diese Doppelmoral ist unerträglich.



    Israel ist nicht irgendein Land - Israel gehört zur deutschen Staatsräson. Wer seine Vernichtung fordert gehört mit der vollen Härte der zur Verfügung stehenden Gesetze belangt - ob mit Glatze oder Kufija.



    "Nie wieder ist jetzt" nicht nur gegen die Phantasien der AfD - nie wieder ist auch jetzt gegen jegliche Akteure!

  • "„We are the students, let's stop the bombing now“"



    Nur allzu verständlich und unterstützbar.



    „From the River to the Sea, Palestine will be free“, „Intifada, Widerstand überall in diesem Land“



    Zwingend beantwortet werden müsste die Frage, mit wem und wie befreit werden solle, wer dann frei UND gleich sein darf und was mit Israel geschehen solle. Mit u.a. Hamas unter, Tolerierung von Terror a la 7.10. und Auflösung Israels - definitiv ein No-Go."



    "Sie sagt, sie habe nicht gedacht, „dass in Deutschland die Demokratie so dünnhäutig ist. Kulturelle und Bildungseinrichtungen beziehen faschistische Positionen.“"



    Wenn Hamas und Co, der 7.10. von jenen abgefeiert würden, darf den protestierenden Student*innen berechtigterweise vorgeworfen werden, Faschismus zu unterstützen.

    • @Uranus:

      Ich bin (nie) Ihrer Meinung (auch wenn Ihre Positionen hilfreich sind, dass ich die meinen mal hinterfrage).



      Aber hier schliesse ich mich Ihnen zu 100% an.

  • „ keine Verhandlungen oder Kompromisse“ akzeptieren zu wollen.“

    So die Studenten. Und 100 Lehrkräfte (von wie vielen eigentlich?) so:

    „ Der Dialog mit den Studierenden und der Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit sollte oberste Priorität haben“

    Jetzt frage ich mich wie will man denn einen Dialog führen, wenn die eine Seite auf ihren Maximalforderungen besteht? Diese Leute wollen nicht diskutieren; es herrscht ein neuer totalitärer Geist der alles niederbrüllt was nicht dem eigenen und sei es noch so schrägen Weltbild entspricht.

    Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass man mit bestimmten Extremisten keinen Dialog führen sollte. Wenn es um Faschisten geht, ist sich die Linke darin doch auch einig. Leute die „From the River to the sea“ skandieren gehören für mich dazu, egal ob sie lange Haare oder Palituch tragen und vielleicht nicht biodeutsch aussehen.

    • @Fran Zose:

      Danke, sehe ich genauso.

  • Eine Studierende sagte, sie habe nicht gedacht, „dass in Deutschland die Demokratie so dünnhäutig ist. Kulturelle und Bildungseinrichtungen beziehen faschistische Positionen.“ Wenn man sich also der Hamas-Solidarität nicht anschließt, sonder sich darum sorgt, dass Universitäten ein sicherer Platz für Jüdinnen sein muss, ist man Faschist. Auch sonst werden Dialogangebote abgelehnt. Na holla, wenn das der akademische Nachwuchs sein soll, seh ich schwarz für die Bundesrepublik.

  • Das unausgesprochene Problem ist, dass kein arabisches Land die palästinensischen Terrorbataillone aufnehmen will. Auch nicht Katar. Dort dürfen nur die Chefs logieren. Daher brennt bei denen die Hütte.

  • Was ist das denn für ein Protest, wenn ich Gebäude besetzen will?

    Jahrzehntelanges Staatversagen haben dazu geführt, dass wir heute in Berlin wieder Antisemiten sehen. Aber, das sind ja linke. Nein, das darf nicht sein.

  • Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus hat sich die Sache mal angeschaut und das geht dann so:

    Frage der Interviewerin:

    "Was ist ein Zionist?"

    Antwort der Aktivistin:

    "Wenn du das fragst, bist du einer du Bitch."

    So geht Debatte.

    www.facebook.com/j...d=rS40aB7S9Ucbxw6v

  • Meinen Dank an die Leitung der FU für die Beendigung dieser Farce.

    Judenfreie Universitäten hatten wir schon einmal in Deutschland, es war keine Zeit für die Welt.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Wer setzt sich denn für judenfreie Universitäten ein? Und was ist mit den jüdischen Studenten, die sich an Protesten beteiligen?

      • @Moritz Pierwoss:

        Einfach mal zuhören, was die Studis rufen ... Intifada ist kein arabischer Volkstanz, sondern Massenmord an Juden.

        Jüdische Studenten bei den Protesten, ja die mag es geben. Es gibt auch Juden in der AfD, ändert sich das Profil der Partei dadurch?

      • @Moritz Pierwoss:

        Jemand der sagt, dass die Lösung die Intifada sei, der setzt sich dafür ein.

        Was soll mit diesen jüdischen Studenten sein? Es gibt auch PoCs in der AfD, verändern solche Token den Charakter dieser Partei?

        • @Paul Meier:

          Token ist ja wohl ein Begriff aus der Giftküche, der vor allem Schwarze getroffen hat die nicht ganz so extreme Standpunkte vertreten haben. Den Begriff haben auch einige meiner afrikanischen Freunde vor den Kopf geknallt bekommen, weil sie mich vor haltlosen Rassismusvorwürfen von Aktivisten verteidigt haben.

  • Zitat: "Der Dialog mit den Studierenden und der Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit sollte oberste Priorität haben.“ schreiben die Lehrkräfte.



    Zitat: SCB kündigte an, „keine Verhandlungen oder Kompromisse“ akzeptieren zu wollen.



    Wissen die unterzeichnenden Lehrkräfte eigentlich davon?

  • "SCB kündigte an, „keine Verhandlungen oder Kompromisse“ akzeptieren zu wollen"

    Natürlich nicht, dafür müssten sie ja in der Lage sein, Diskussionen zu führen.

    Dabei verhandelt doch sogar die Hamas.

    Vielleicht wissen sie das ja nicht, so wie sie viele andere Dinge nicht wissen.

    • @Jim Hawkins:

      Wenn SCB bzw. diese propalästinensischen Studenten tatsächlich diskutieren müssten, würde das wahrscheinlich ganz schnell in hysterisches Geschrei ausarten. Wer „From the River to …“brüllt, disqualifiziert sich selber.



      Haben die gleichen Gruppen auch nach den Massakern der Hamas demonstriert oder sich mit ihren jüdischen Kommilitonen solidarisch gezeigt?

      • @DocSnyder:

        Was keinerlei Kriterium ist. Warum stört Sie denn das Aushungern einer Bevölkerung oder das massenhafte Töten von Kindern nicht?

        • @Moritz Pierwoss:

          Warum wird nicht gegen beide Konfliktparteien (israelische Hardliner und Hamas) protestiert? Warum hört man nie Kritik an der Hamas? Warum sehe ich kein Plakat dass die Tötung von israelischen Kindern kritisiert? Startseite es vielleicht die Demonstranten nicht?

          Es ist die Einseitigkeit, mit der ein Komplexes Problem behandelt wird.

          Ein einseitiges "Israel ist schuld" riecht halt stark nach Antisemitismus. Wo es qualmt, da brennt es meistens auch.

        • @Moritz Pierwoss:

          Habe ich geschrieben, dass es mich nicht stört? Bei den o.g. Studenten ist der Übergang von Kritik an der Regierung Israels und der bloßen Existenz Israels oftmals fließend.



          Wenn demonstriert wird, sollte man genauso gegen die menschenverachtende Ideologie der terroristischen Hamas seine Stimme erheben. Leider wird man diesbezüglich weniger kritische Stimmen hören, weil diese von vielen der o.g. Studenten als „Freiheitskämpfer „ abgesehen werden und das Massaker der Hamas am 7. Oktober quasi irgendwie gerechtfertigt wäre bzw. nicht ohne Grund passiert ist.