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„Palästina-Kongress“ in Berlin aufgelöstKampf um die Deutungshoheit

Nur zwei Stunden nach Beginn hatte die Polizei den umstrittenen „Palästina-Kongress“ aufgelöst. Über das Vorgehen tobt der Streit nun im Netz.

Teilnehmer versuchten vor Beginn des Palästina-Kongress, Journalisten am Filmen und Fotografieren zu hindern Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin taz | Es gibt viele Möglichkeiten, eine Veranstaltung zu verhindern. Man kann versuchen, sie zu verbieten. Man kann die Organisatoren unter Druck setzen und ihnen das Konto sperren lassen. Man kann das Bauamt, das Gewerbeamt und die Feuerwehr beauftragen, Gründe zu finden, warum die Veranstaltung nicht stattfinden kann. Man kann im Vorfeld massive Auflagen verfügen, um sie zu erschweren. Man kann Teilnehmer an der Anreise hindern oder daran, in den Veranstaltungssaal kommen. Und man kann einen Anlass suchen, um die Veranstaltung vorzeitig aufzulösen. All das haben der Senat und die Polizei in Berlin getan, um einen umstrittenen „Palästina-Kongress“ zu unterbinden.

Zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung stürmte die Polizei am Freitag den Saal, um einen Video-Vortrag zu unterbrechen, stellte zeitweise den Strom ab und forderte eine halbe Stunde später die rund 250 Anwesenden auf, den Raum zu verlassen.

Gegen den gerade erst per Video zugeschalteten 87-jährigen Autor und Forscher Salman Abu Sitta gebe es ein „politisches Betätigungsverbot“, erklärte eine Polizeisprecherin später der Öffentlichkeit. Es sei zu befürchten, dass es „antisemitische, gewaltverherrlichende und den Holocaust verleugnenden Redebeiträge“ geben könne. Die für drei Tage geplante Veranstaltung wurde deshalb ganz verboten.

Dem britisch-palästinensischen Chirurgen Ghassan Abu Sittah, Rektor der University of Glasgow, war zuvor am Berliner Flughafen die Einreise verweigert worden. Er hätte vor Ort als Redner auftreten sollen. Abu Sittah war im Oktober 2023 mit Ärzte ohne Grenzen nach Gaza gereist und wollte in Berlin darüber berichten, was er dort erlebt hatte. In einem dreistündigen Gespräch am Flughafen sei er gewarnt worden, er mache sich auch strafbar, wenn er sich online aus dem Ausland zu der Tagung zuschalten ließe, berichtete er anschließend.

Kritik an Varoufakis & Co

Der „Palästina-Kongress“ war schon hoch umstritten, bevor er begann. Angekündigt waren dort unter anderem der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und die frühere spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero von der linken Partei Podemos. Die Kritik an der Veranstaltung entzündete sich daran, dass schon in der Ankündigung von „Apartheid“ und einem „Genozid“ in Gaza gesprochen wurde. Außerdem hatten einige Teilnehmer den terroristischen Angriff der Hamas nicht verurteilt, darunter Yanis Varoufakis.

Boulevardmedien hatten deshalb monatelang gewarnt, in Berlin würden sich „Israel-Hasser“ und „Antisemiten“ treffen. Viele andere Medien hatten das aufgegriffen, die FAZ zog sogar Parallelen zur Wannseekonferenz. Politiker aller Parteien, von Union bis Linkspartei, hatten dagegen protestiert. Zu dem Treffen hatten diverse Gruppen und Initiativen eingeladen, die Berliner Innenverwaltung bezeichnet sie als „israelfeindliches Boykott-Spektrum“. Einer der Veranstalter war die Gruppe „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“, von denen etwa ein Dutzend Mitglieder – manche mit Kippa als Juden erkennbar – an der Veranstaltung teilnahmen.

Grund für die Polizei, den Video-Vortrag von Abu Sitta abzubrechen, war offenbar ein Blog-Beitrag des 87-jährigen vom Januar. Darin hatte dieser geschrieben, wäre er jünger, hätte er einer derjenigen sein können, die am 7. Oktober die Blockade des Gazastreifens durchbrachen. Beim Überfall der islamistischen Hamas waren etwa 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Als Redner war Sitta allerdings schon seit Monaten angekündigt, sein Vortrag also alles andere als überraschend. Dennoch griff die Polizei mit voller Härte durch, als sei akute Gefahr im Verzug.

Massives Polizeiaufgebot

Aus Vorsicht hatten die Veranstalter den Versammlungsort erst am Freitagmorgen bekannt gegeben: ein Hochzeitssaal in einem Gewerbegebiet im Bezirk Tempelhof. Schon vor Beginn fing die Berliner Polizei potentielle Besucher ab und sperrte die ganze Straße weiträumig, überall standen Polizeiwagen und Absperrgitter. Die Polizei hatte sich auf einen mehrtägigen Großeinsatz mit rund 2.500 Polizistinnen und Polizisten vorbereitet und dafür Verstärkung aus Nordrhein-Westfalen angefordert. Allein am Freitag sollen in Berlin rund 900 Beamte im Einsatz gewesen sein.

Dafür, dass die Polizei von Anfang an auf zermürbende Schikanen setzte, blieben die meisten Teilnehmer erstaunlich geduldig. Der Unmut äußerte sich nur ab und zu in Sprechchören. Die Menschen, die auf der Straße am Eintritt in den Saal gehindert wurden, skandierten „Viva Palestina“, „Israel bombardiert, Deutschland finanziert“ und „Wo wart ihr in Hanau?“. Und als der Strom abgestellt wurde, erschollen die Rufe, „Shame on you“, „Hoch die internationale Solidarität“, „Intifada“ und „Waffenruhe reicht nicht. Scholz und Baerbock vor Gericht“.

Über 800 Leute hatten sich laut Veranstalter eine Karte für die Veranstaltung gekauft. Der Zutritt wurde von der Polizei kurzfristig auf 250 begrenzt, viele wurden nicht eingelassen. Die Beamten hatten den Kongress kurzfristig als „öffentliche Versammlung“ eingestuft und deshalb Auflagen wie bei einer pro-palästinensischen Demonstration erlassen. Für die Presse gab es einen eigenen Bereich, in dem sich Journalisten von deutschen, türkischen und arabischen Medien sammelten.

Den Versuch einiger Aktivisten, ihnen mit Tüchern die Sicht zu versperren, wurde von der Polizei rasch unterbunden. Vor Beginn der Veranstaltung wurden die Auflagen der Polizei verlesen: auf Deutsch, Englisch und Arabisch, denn das Publikum war international. Untersagt wurde etwa das Verbrennen von Fahnen, Gewaltaufrufe gegen Israel und Symbole terroristischer Organisationen. Nichts davon war auf der Veranstaltung zu sehen und zu hören, nur viele Palästinensertücher und ein paar palästinensische Fahnen.

Kampf um die Deutungshoheit

Der einzige Gast, der zu Wort kam, war die US-amerikanische Journalistin und Aktivistin Hebh Jamal. Sie zitierte in ihrer Rede Edward Said und den Autor Ghassan Khanafani, nannte Israel einen faschistischen, siedlerkolonialen Staat“ und sagte, sie hätte sich das Ausmaß des Horrors in Gaza nicht vorstellen können. Als sie von einer 14-jährigen Angehörigen spricht, die dort mit ihren Bruder und 20 Mitgliedern ihrer Familie durch israelische Bomben umgekommen ist, kommen ihr die Tränen, sie stockt. Anschließend zitiert sie einen Polizeibericht, der über sie angefertigt worden sein soll, und berichtet, sie sei am Abend zuvor von einem Undercover-Polizisten verfolgt worden.

Kaum war die Veranstaltung beendet, begann in den Sozialen Medien der Kampf um die Deutungshoheit. Berlins Bürgermeister Kai Wegner schrieb, „wir haben klar gemacht, welche Regeln in Berlin gelten“. Bundesinnenministerium Nancy Faeser schrieb, „wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“ – ein absurdes Statement, zumal bei dem Kongress mehr jüdische Teilnehmer waren, als etwa im Vorstand der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ zu finden sind.

Linke Kritiker zeigten sich empört. „Der Faschismus ist zurück, und er braucht nicht einmal eine Regierung, um an die Macht zu kommen“, sagte Yannis Varoufakis in einem Video-Statement. „Ein Skandal“, schrieb der linke britische Autor Owen Jones. Auch Juristen äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen. Für Empörung sorgte vor allem das Einreiseverbot für den Rektor der Uni Glasgow, Abu Sittah, und die Verhaftung eines jüdischen Teilnehmers, der eine Kippa mit Melonen-Muster trug, dem Symbol der Palästina-Solidarität. Weil sich Beamte darüber lustig gemacht hatten, hatte er einem Beamten Antisemitismus vorgeworfen.

Die Polizei greift hart durch

Ein weiterer Teilnehmer berichtete, er habe eine Anzeige erhalten, weil er ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Free Palestine“ und einer stilisierten Faust in den palästinensischen Farben trug. Es musste es ausziehen und der Polizei als „Beweisstück“ überlassen: „Zum Glück hatte ich etwas darunter“. Eine spanische Journalistin berichtete, die Polizei habe ihr den Zutritt zu der Veranstaltung verwehrt. Auf dem Rückweg von der Veranstaltung wurden Studierende aus Wien für längere Zeit festgehalten.

Man muss die Ansichten und einzelne Äußerungen der Organisatoren und Teilnehmer des Kongresses in keinster Weise gutheißen, um den Eindruck zu gewinnen, hier habe der Staat eine ominöse Staatsraison mit den Mitteln eines Polizeistaats durchgesetzt. Die Veranstalter haben erst einmal Widerspruch gegen die Entscheidung der Polizei eingelegt und planen eventuell weitere rechtliche Schritte. Für Samstag ist laut Polizei Berlin eine Demonstration mit 1.500 Menschen gegen das Verbot des Kongresses angemeldet. Die Behörden rechnen mit spontanen Protestveranstaltungen.

„Putin und Netanjahu wären stolz auf die Berliner Polizei“, sagte Wieland Hoban von der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden“ zur taz. Auch die Einreiseverbote und die Kündigung seines Vereinskontos seien fragwürdig. „Rechtstaatlich ist das nicht.“

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37 Kommentare

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  • Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Mal ehrlich: wer hier die Behörden kritisiert, weil eine Veranstaltung aufgelöst wurde, die von Leuten wie Abu Sitta mitgetragen wird, muss genauso auf die Barrikaden gehen, wenn eine Veranstaltung mit Höcke verboten wird. Das sind ähnliche Weltanschauungen (wenn sie auch von A. Sitta noch expliziter geäussert worden sind als von Höcke)

  • Der Verein „Jüdische Stimme“ wird übrigens wegen Unterstützung der antisemitischen BDS-Kampagne und Verharmlosung des Holocaust kritisiert: iibsa.org/de/neuer...gerechten-frieden/

  • „Grund für die Polizei, den Video-Vortrag von Abu Sitta abzubrechen, war offenbar ein Blog-Beitrag des 87-jährigen vom Januar. Darin hatte dieser geschrieben, wäre er jünger, hätte er einer derjenigen sein können, die am 7. Oktober die Blockade des Gazastreifens durchbrachen.“



    Reicht das nicht aus, sich ganz klar auf die Seite des Rechtsstaats zu stellen, der hier zurecht durchgegriffen hat? Was muss eigentlich noch alles passieren, damit sich Linke endlich mal konsequent vom Antisemitismus und der Relativierung des Terrors distanzieren?

  • Danke für diesen Beitrag, der deutlich differenzierter ist als das reflexartige Heulen mit den Wölfen.

    • @HRMe:

      Sehen Sie, so unterschiedlich ist die Wahrnehmung.

      Ich erlebe in dem Artikel gerade ein reflexartiges Heulen von "Polizeistaat!", obwohl die Überprüfung der Maßnahmen gerichtlich stattfinden wird.

      Mir fehlt es deutlich an Differenzierung, weil der jeweilige Grund für die polizeilichen Maßnahmen überhaupt nicht dargestellt wird.

      Ich habe dazu differenziertere Artikel gelesen.

  • "um den Eindruck zu gewinnen, hier habe der Staat eine ominöse Staatsraison mit den Mitteln eines Polizeistaats durchgesetzt."

    Staatsraison bedeutet ja nichts anderes, als das der Staat die rechte des Einzelnen verletzt oder einschränkt, zum Wohle des Staates. Da bei der Ausführung die Rechtsstaatlichkeit ausser Kraft gesetzt würde, wären die Mittel der Exekutive per se die Mittel eines Polizeistaats.

    Da liegt nicht nur ein Widerspruch im Statement des Autors begründet sondern der Eindruck ist auch nicht zutreffend, da die Polizei die Veranstaltung abgebrochen hat, weil einer der Teilnehmer, trotz Betätigungsverbots in Deutschland, seinen Vortrag per Videobotschaft aus dem Ausland halten wollte.

    Was bitteschön soll an diesem Vorgang nicht rechtsstaatlich sein?

    Das der Kongress gleich ganz verboten wurde, steht auf einem anderen Blatt. Da wird zu prüfen sein, ob das mit geltendem Recht vereinbar ist.

    Ebenso die Vorbehalte der Politik. Da mag jede Gruppe ihre eigene Meinung zu so einem Kongress haben und auch gerne vertreten. Sie ist insofern aber unerheblich, da die Versammlungsfreiheit sowohl das Recht auf Demonstrationen als auch auf die Ausrichtung eines Kongresses garantiert, solange sie nicht gegen geltendes Recht verstößt.

    So geht Demokratie und so geht auch Rechtsstaat. Und mich würde es interessieren, ob der Artikel den gleichen Kontext hätte, wenn die Identitären, im gleichen Rahmen, mit Martin Sellner als Gastredner per Videoschalte, einen derartigen Kongress ausgerichtet hätten.

    Denn auch wenn jüdische und palästinensische Bürger während des Kongresses harmonisch Seite an Seite gesessen haben, so haben sich die Veranstalter im Vorfeld selbst eine hohe Bürde auferlegt, indem sie einen Gastredner eingeladen haben, der das Hamas Massaker würdigt mit "dem Mut und der Entschlossenheit.." (Zitat Der Spiegel) der terroristischen Angreifer. So jemanden sollte man nirgends öffentlich auftreten lassen, aber schon gar nicht in Deutschland.

    • @Sam Spade:

      Ich meine, auch wer zu einem anderen Zeitpunkt irgendetwas gesagt hat, was hier unerwünscht ist, sollte im Rahmen der Meinungsfreiheit immer und auch in Deutschland sprechen dürfen, solange er oder sie das hier nicht wiederholt.

      Wenn man das Zitate zu Israel genau hinterfragt, dann sind die Langtexte in der Regel nicht so eindeutig, wie das in den verkürzten "Zitaten" scheint. Das ist zumindest mein Eindruck.

      Das jemand wie Varoufakis erst einmal formal die Hamas verurteilen MUSS, bevor er hier reden darf, ist eigentlich unerhört.



      Ich habe die Hamas auch noch nicht öffentlich verurteilt, mich hat nämlich noch niemand explizit dazu aufgefordert.

      • @Sonntagssegler:

        Was im Rahmen der Meinungsfreiheit öffentlich geäußert werden kann und was nicht ist juristisch klar definiert. Die von mir aus dem Spiegel zitierte Äußerung von Abu Sitta stellt nach dem deutschen Strafrecht eine "Billigung einer Straftat" dar. Sie fällt nicht unter die Meinungsfreiheit sondern würde hierzulande strafrechtlich verfolgt. Betrachtet man den gesamten Block käme noch Volksverhetzung hinzu.

        Zudem lag gegen diese Person nicht nur ein Einreiseverbot sondern auch ein Betätigungsverbot vor.

        Und nein, es ist nicht selbstverständlich, dass Menschen die gegen die demokratische Grundordnung und das Strafrecht in Deutschland verstoßen ihre sogenannte "Meinung" öffentlich vertreten dürfen unter dem Aspekt, dass sie ihre von der Grundordnung abweichende Meinung lediglich im Ausland zum Ausdruck gebracht haben und diese dort nicht unter das Strafrecht fällt. Genau dafür gibt es das Betätigungsverbot.

        Und ob man die Hamas öffentlich oder im privaten verurteilt spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

    • @Sam Spade:

      "So geht Demokratie und so geht auch Rechtsstaat"

      Vielleicht merken Sie irgendwann auch noch mal selbst, wie glühend Sie es verteidigen, wenn liberale Demokratien mit repressiven Mitteln chauvinistischen Hass durchsetzen.

      • @Mit Keas Sachen kaputtmachen:

        Das ist eine ideologische Begründung von ihnen. Beziehen wir uns daher auf die Rechtsgrundlagen:

        Gegen einen Teilnehmer gab es ein Einreise-und Betätigungsverbot, derjenige wollte seinen Vortrag per Video aus dem Ausland übermitteln. Das stellt juristisch ein Verstoß gegen das Betätigungsverbot dar und daraufhin hat die Polizei die Veranstaltung aufgelöst. Rechtlich alles einwandfrei.

        Die Polizei hätte auch einfach den Vortrag unterbinden und die Veranstaltung weiterlaufen lassen können. Das zu bestimmen liegt im Ermessensspielraum der Polizei. Darüber ließe sich dann diskutieren.

        Der Gesetzesverstoss wurde jedoch vom Veranstalter begangen und wie der Volksmund schon sagt "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht". Steht auch so im Strafgesetzbuch, paragraf 17

      • @Mit Keas Sachen kaputtmachen:

        Sie merken anscheinend nicht, dass gegenwärtig eine liberale Demokratie gegen die hemmungslose Verbreitung antisemtischer Stereotype und Verharmlosung einer antisemtischen, genozidalen Terrororganisation vorgeht. Jetzt noch gleiches bei der sog. AfD und andere Putintrolle und wir sind auf dem richtigen Weg.

      • @Mit Keas Sachen kaputtmachen:

        Was für "chauvinistischen Hass"? Für chauvinistischen Hass steht der eingeladene Gastredner ... jeder der Organisatoren (man braucht sich nur seine FB-Seite anzusehen) wusste, dass er ein Befürworter des Hamas-Terrors ist. Gehört das für Sie zur Meinungsfreiheit?

  • "Linke Kritiker zeigten sich empört. „Der Faschismus ist zurück, und er braucht nicht einmal eine Regierung, um an die Macht zu kommen“, sagte Yannis Varoufakis in einem Video-Statement."

    Wer so etwas raushaut, hat "den Kampf um die Deutungshoheit", um den es sowieso nicht geht, schon verloren.

    Geht es auch eine Drachme kleiner?

    Den ganzen psycho-politischen Hintergrund dieser Veranstaltung hat Markus Heuer in der Jungle World herausgearbeitet:

    "Die psychischen Energien, die die gemeinschaftliche Verdrängung des am 7. Oktober offensichtlich Gewordenen erfordert, wie auch die Tatsache, dass die Bewegung sich dem Etappenziel nie so nahe gefühlt hat, Israel des Genozids zu überführen, vertiefen jedoch die Kluft zwischen dem Weltbild der Beteiligten und der Wirklichkeit zusätzlich. Das gelobte Land Palästina scheint derzeit näher denn je und gleichzeitig unerreichbar. Vor einigen Tagen kursierte auf X ein Videoausschnitt von einer Demonstration in Nordamerika, bei der die Menge »From the river to the sea – Palestine is almost free« skandierte, in der Mitte ein Banner mit der Aufschrift »by any means necessary«.

    Von der Unbedingtheit des Endziels, die »zionistische Entität« vom Erdboden zu tilgen, nicht lassen zu können, verleiht den Aktionen der Bewegung zudem immer offensichtlicher selbstzweckhaften Charakter. Anders wäre ja kaum auszuhalten, dass alles unterhalb des Siegs in der finalen Schlacht immer auch einen Beigeschmack von Niederlage hat.

    Von der sadistischen Freude an der Gewalt, die sich gegen Israel und seine Bewohner richtet, muss man deswegen ja nicht ablassen. Allerdings steht zu befürchten, dass bei den Feinden Israels weltweit das ohnehin schon geringe Potential für kritische Einsicht eher noch weiter schwindet, wenn die Motivation immer mehr der Bewegung als solcher und immer weniger dem Ziel gilt, dem sie dem Anspruch nach dient."

    jungle.world/artik...kult-um-palaestina

    • @Jim Hawkins:

      was da zitiert wird, liest sich nicht wie ein "herausarbeiten" von "hintergründen", sondern wie eine pauschalisierende zuschreibung, die mit denselben binären freund-feind-unterscheidungen arbeitet, wie das von ihr kritisierte gegenüber, das der übersichtlichkeit halber einfach immer, überall und vor allem ausnahmslos dort vermutet wird, wo von palästina die rede ist.

      ich lehne diese palästina-konferenz und die maximalistischen bis unsäglichen statements ihrer teilnehmer*innen komplett ab, kann aber mit dem treudeutschen anti-deutsch-geschwurbel solcher jungle-world-artikel, die arendt, adorno und benjamin vermutlich hätten erschaudern lassen, nichts anfangen. das ist weder kritische theorie noch analyse, sondern nur ein alle-mit-allen-in-einen-topf-geschmeisse, wo an die stelle des versuches von differenzierungen jenseits der üblichen spaltungslinie, der bloße wille zur homogenisierung und essenzialisierung getreten ist.

      mir wird schwindelig angesichts der niedrigschwelligkeit, mit der – so zumindest hat es den anschein – zahlreiche rechtsstaatliche prinzipien vom tisch gefegt worden sind, um die palästina-konferenz zu unterbinden. weniger aus sorge um ihre teilnehmer*innen, als vielmehr mit der bangen frage im kopf, was diese hemmungslosigkeit bedeuten mag, wenn möglicherweise bald schon nationalsozialisten in der brd regierungsbeteiligung erlangen.

      • @Pflasterstrand:

        Na ja nun, wenn ich mir die Webseiten der Organisationen dieses Kongresses und ihre Äußerungen in den sozialen Medien anschaue, dann weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich dieses Elend differenziert betrachten könnte.

        Vielleicht können Sie mir da auf die Sprünge helfen?

  • Ich würde zwar nie auf so eine Veranstaltung gehen. Aber ich meine, dass in einer Demokratie so eine Veranstaltung möglich sein muss. Besonders auch dann möglich sein muss, wenn jetzt eben nicht explizit gegen Auflagen verstoßen wurde. Die Redner waren angekündigt. Deren Meinung war bekannt. Ein Brite durfte nicht einreisen, warum weiß man nicht.



    Das alles ist nicht in Ordnung.



    Dazu bedarf es doch mehr. Mehr Gründe und vor allem richtige, nachvollziehbare Gründe so eine Veranstaltung auszulösen. Denn sie war ja genehmigt. Genehmigt auch mit den angekündigten Rednern. Und wenn die Veranstalter auch noch juristisch erfolgreich sind. Dann tauchen sie zwar wieder ab und haben trotzdem eine Veranstaltung verhindert. Aber der Demokratie leider geschadet.

  • Ob das "Rechtsstaatlich ist", oder nicht, wird sich zeigen.



    Der Vorwurf von "Polizeistaat Methoden " löst sich gleich in Luft auf, wenn die Veranstalter die Möglichkeit rechtlicher Schritte ( die in einem "Polizeistaat" wohl kaum zu Gebote ständen), prüfen.



    Auch ich finde die Begriffe "Apartheid" und "Genozid", in diesem Zusammenhang falsch.



    Die zur Staatsraison erhobene Sicherheit Israels und seiner BürgerInnen verstehe ich als eine Verpflichtung aus unserer Historischen Verantwortung.



    "Ominös" ist daran nichts.



    Dem Artikel, der als Bericht daherkommt, fehlt die Klassifizierung "Kommentar".

  • Der Berliner Senat schreckt nicht vor Polizeistaat-Methoden zurück, wenn es um Veranstaltungen für Palästina geht. Diese vollkommen überzogene Handlungsweise zeigt einen mangelnden Respekt für die Meinungsfreiheit und den Rechtsstaat. Die falsch verstandene Solidarität mit Israel einiger deutscher Politiker dient nicht dem Frieden in Nahost und gefährdet dazu noch das Zusammenleben in Deutschland.

    • @Kölner Norden:

      Fehlenden Respekt haben wenn schon die Veranstalter bewiesen z.B. mit dem Programmpunkt "76 Jahre Kolonialisierung Palästinas", was sich dahinter verbirgt brauche ich ja nicht explizit noch erwähnen. Oder mit einem Gastredner, der den Mut und die Entschlossenheit der terroristischen Angreifer am Tag des Hamas Massakers gewürdigt hat. Und in seinem Block noch anderes wirres Zeugs vom Stapel lässt.

      Extremisten, Faschisten, Rassisten, Antisemiten und anderen demagogischen Brandstiftern sollte der Staat die Grenzen aufzeigen und klarstellen, dass in Deutschland kein Platz für Hetze, Diskriminierung und sonstige Propaganda ist.

    • @Kölner Norden:

      "... wenn es um Veranstaltungen für Palästina geht."

      Redner einzuladen (wenn auch nur zu einem Videovortrag), die offen sagen, dass sie, wären sie jünger, sich an den Gräueln des 07.10.23 in Israel beteiligt hätten, finde ich, auch wenn es um "für Palästina" geht, kontraproduktiv.

      Ich verstehe auch nicht so ganz, wie man davon ausgehen kann, dass mit solchen Menschen die Gestaltung eines friedlichen Gemeinwesens/Bürgerwesens in Gaza, bei dem auch Homosexuelle, Frauen, Queers usw. nicht verfolgt werden, möglich sein soll.

      "... und gefährdet dazu noch das Zusammenleben in Deutschland."

      Ich weiß, dass ich nicht der Maßstab bin und nichts bewirken kann, aber bevor solche Leute, wie die Täter des 07.10.23 und deren Anhänger das Zusammenleben hier in Deutschland definieren, gefährde ich es lieber. Wenn wir diesen Leuten die Definitionsmacht für das gesellschaftliche und bürgerliche Zusammenleben, nicht nur in Deutschland, überlassen, gibt es meiner Meinung nach nichts mehr, was gefährdet werden könnte.

      Ich frage mich, weshalb Linke nach den Erfahrungen mit der iranischen (auch genannt islamischen) Revolution immer noch/wieder/erneut meinen, sie befänden sich auf der sicheren Seite. Sind sie meiner Einschätzung nach ebensowenig wie Homosexuelle, Frauen, Queers, Atheisten u.v.m..

      Mich erinnert die Haltung der Linken in Bezug auf den gegenwärtigen Krieg ohnehin sehr an deren Haltung in der o.g. iranischen Revolution.

      • @*Sabine*:

        Danke für Ihren Kommentar.

  • Danke für den Bericht.



    Ungeheuerlich, wozu der deutsche Staat wieder fähig ist. Nicht mal zur Zeit des Vietnamkrieges war die Repression dermaßen exzessiv.



    Eine angebl. linksliberale Regierung reiht sich nun ein in das Spektrum von autoritären Regimen, die die Meinungsfreiheit zu umstrittenen Themen nicht nehr duldet. Das erhöht die Politikverdrossenheit unter Menschenrechtsaktivisten und Linken, fördert die Wahlenthaltung und stärkt so indirekt die extreme Rechte. Deutschland bewegt sich in gefährlichen Gewässern.

    • @Rinaldo:

      Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit wird viel zu viel Schindluder betrieben. Es ist wünschenswert, dass Staat und Justiz dem einen Riegel vorschiebt sofern es rechtskonform ist. Und das war es in diesem Fall.

      • @Sam Spade:

        Der Einsatz war weder verhältnismässig noch "rechtskonform". Mal sehen, wie es das Gericht sieht. Übrigens noch ein kluger Satz und Ratschlag wie mit Polizeistaats- Praktiken umgehen: "nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächtervselber".

    • @Rinaldo:

      Im Bundesland Berlin gibt es eine linksliberale Regierung?

      • @Plewka Jürgen:

        Ne aber auf Bundesebene und die hat anscheinend mitgemischt bei der Polizeistaats-Aktion, siehe auch Kommentar von IM Faeser und Pressekonferenz

  • Nur weil Juden auch teilnehmen am Kongress, es absurd zu finden, dass ggf. Antisemitismus befördert wird, das ist natürlich rein gar kein Argument!



    Und wenn der Veranstalter einen Konferenzraum anbietet für 800 Teilnehmer der auch im besten Fall gerade nur die Hälfte aufnehmen kann, das provoziert nazürlich "Schikane!"wenns nicht klappt.



    Mir scheint grundsätzlich bei der Veranstaltung. Die Teilnehmer suchen Selbstvergewisserung, keine neuen Einsichten, wenn ich mir die Referentenliste so anschaue.

    • @Tom Farmer:

      Genau, wenn Deutschland sagt das ist Antisemitisch sollen die Juden die Klappe halten.

      • @Andreas J:

        Nee, aber wenn antisemitische Dinge passieren auf einer Konferenz, dann bleiben sie antisemitisch, und werden nicht 'neutral', nur weil irgendwo da hinten auch fünf jüdische Konferenzteilnehmer existieren.

      • @Andreas J:

        "Die Juden."

        Sie sind ein Spaßvogel. Die "Jüdische Stimme" ist ein winziger Verein, der nur sich selbst repräsentiert.

        Und, wie man anhand dieses Kongresses sehen kann, mit Leuten zusammenarbeitet, die durchgedrehte Antiimperialisten und Hamas-Verharmloser sind.

        Schauen Sie Mal die Webseiten dieser Leute an. Da wird es jedem aufgeklärten Menschen schlecht.

        • @Jim Hawkins:

          "Die “Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost” handelt auf der Grundlage der Gründungserklärung der “European Jews For A Just Peace” (EJJP), die im September 2002 in Amsterdam von 18 jüdischen Organisationen aus 9 europäischen Ländern verabschiedet wurde.". Hinzu kommen noch Jewish Voices for Peace in Amerika die eine ähnliche Plattform haben, sowie IfNotNow.

          • @Momo Bar:

            Und?

            Wie viele Mitglieder haben diese Organisationen?

            • @Jim Hawkins:

              Wieviele Mitglieder es gibt, ist eine Sache. Tatsache ist, daß es spätestens seit dem Libanon-Krieg eine jüdische Friedensbewegung innerhalb und außerhalb Israels gibt, die im wesentlichen so denkt. Viele Tausende, die ganz und gar nicht mit der Siedlungspolitik einverstanden sind. Ehemalige Soldaten (wie die meisten Israelis), die schlafraubende Erinnerungen haben (wie wahrscheinlich sehr viele andere, die nicht der Friedensbewegung angehörten, auch). Die teilweise ausgewandert sind (wie mein früherer Chef), damit ihre Kinder nicht soetwas machen müssen, wie jetzt den Einsatz in Gaza. Und die trotzdem vom Heimweh geplagt sind und über Charakterisierungen wie "Antizionist" oder gar "Antisemit" nur traurig den Kopf schütteln können.

              Vielleicht hat diese Bewegung am 7. Oktober einen Rückschlag erlitten, aber das ist nur temporär. Denken Sie nur an die vielen jungen Menschen, die jetzt an diesem Krieg teilnehmen und die Bilder von Tod und Zerstörung, welche die israelische Gesellschaft nicht anschauen will, in der Tiefe ihrer Psyche vergraben müssen.

              Dieser Krieg ist, so wie er geführt wird, falsch, das wissen auch hier alle, Sie auch! Wenn man anti-israelische Gefühle in Deutschland stimulieren will, dann muß man es nur so machen, wie der berliner Senat und auf Teufel-komm-raus jede israel-kritische Verlautbarung unterbinden.

            • @Jim Hawkins:

              Das können sie gut herausfinden aber allein Jewish Voices for Peace in Amerika hat über 700.000 Mitglieder. Es gibt noch sehr viel mehr Organisationen, die in Teilen ähnliche aber in manchen Punkten auch unterschiedliche Meinungen haben wie zum Beispiel T´ruah, Rabbis for Human Rights, Independent Jewish Voices (gibt es auch in mehreren Ländern), des Weiteren gibt es in mehreren Ländern jüdisch-palestinensische Gruppen auch hier in Deutschland. Es gibt jüdische Menschen, die den Zionismus aus religiöser oder auch politischer Überzeugung ablehnen und es gibt viele jüdische Menschen, welche die israelische Regierung kritisieren, die ja nunmal rechts bis rechtsextrem ist und es natürlich politisch moderate bis linke Menschen gibt, die damit nicht einverstanden sind. Das ist in jedem Land gleich. Auch finden sie eine Reihe jüdischer Menschen, welche die Politik in den besetzten Gebieten kritisieren. Das man hier in Deutschland jüdische Menschen scheinbar als Monolith betrachtet, die alle eine Meinung haben müssen ist doch mehr als fragwürdig.

  • "Man muss die Ansichten und einzelne Äußerungen der Organisatoren und Teilnehmer des Kongresses in keinster Weise gutheißen"

    Sehr viel Relativierung. Dazu bleibt mir nur zu sagen: Antisemitismus ist keine Meinung. Ich wäre froh, würde die Polizei immer so hart durchgreifen.



    Auch bei jenen, die Ukrainern die eigene Existenz absprechen.

    • @rakader:

      Der Kern des Problems des Nahostkonflikts liegt hier: Israel spricht den Palästinensern die Existenzberechtigung ab. Die israelische Regierung ist nicht bereit einen palästinensischen Staat anzuerkennen, weil sie sich das ganze Land aneignen will. Gerade im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine werden die doppelten Standards der deutschen Politk deutlich: während die Annexionspolitik Russlands verurteilt wird, lässt man Israel einfach machen was es will, Verstöße gegen das Völkerrecht und gegen die Menschenrechte werden ignoriert.