piwik no script img

Stimmung in der Ampel-KoalitionSie sind sich nicht mehr grün

Rot und Grün galten als engste Partner. Jetzt fühlen die Grünen sich im Stich gelassen, und die SPD beklagt grünen Moralismus. Was ist passiert?

Da war noch alles gut, oder? Baerbock und Esken bei der Unter­zeichnung des Koalitionsvertrags Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Als der Berliner CDU-Politiker Kai Wegner am Donnerstag mit Ach und Krach im dritten Wahlgang zum Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt gewählt wird und seine Wahl annimmt, greift sich die Grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kurz an die Stirn und verzieht das Gesicht. Eine Geste, in der alles liegt: Schmerz, Entsetzen und Verzweiflung. „Wir alle, Bettina“, twittert die grüne Bundestagsabgeordnete Canan Bayram kurz darauf. So sieht also das Ende aus.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Im Berliner Senat schwenkte nach der Wiederholungswahl im Februar bekanntlich die einstige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD um, ließ ihre rot-grün-rote Mehrheit links liegen und führte ihre Partei in eine Juniorpartnerschaft mit der CDU. Das Comeback der Großen Koalition – ausgerechnet im links-grünen Berlin.

Ein Unfall der Geschichte? Oder der Anfang einer neuen Ära von Zweierbündnissen mit der Union? Ein Fingerzeig auf künftige Koalitionen auch anderswo? Für Berlin zumindest hat Franziska Giffey ja von einer „Richtungsentscheidung“ gesprochen.

Nun ist Berlin nicht der Bund. Doch auch dort, in der Ampelkoalition, rumpelt es zwischen den einstigen Traumpartnern Grünen und SPD. Von einer „Entfremdung“ ist die Rede.

In der SPD ist man zunehmend genervt von den Grünen, klagt über moralischen Rigorismus und Gejammer, wenn mal nicht alle Punkte der grünen Wunschliste komplett umgesetzt werden. Andersherum fühlen sich viele Grüne von der SPD und Kanzler Olaf Scholz bei Konflikten mit der FDP im Stich gelassen.

Eine weitere Zeitenwende

Es knirscht vernehmbar im rot-grünen Getriebe. Ex-Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach das offen aus: „Die Scholz-SPD ist nicht mehr der natürliche Bündnispartner.“

Grüne und SPD streiten sich um einen viel zu kleinen Kuchen

Schon im letzten Jahr waren beide Parteien uneins, wie sehr man die Ukraine mit Waffen gegen den russischen Angreifer unterstützt. Während die Grünen am liebsten die Arsenale der Bundeswehr nach Kyjiw geschickt hätten, mahnten die Sozialdemokraten, namentlich der Kanzler, zur Vorsicht und vor der Gefahr eines Weltkrieges.

Aktuell geraten Grüne und SPD in einer weiteren Zeitenwende aneinander: dem Kampf gegen den Klimawandel. Dass Deutschland bis 2045 keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre blasen sollte, darin sind sich beide einig. Doch nicht über den Weg dahin, das Tempo und den Stil. Während Sozialdemokraten vom „missionarischen Eifer“ der Grünen sprechen, vermissen diese bei den Sozialdemokraten Entschlossenheit und Wumms.

Und es stimmt ja auch: Wenn es konkret wird, dann schlagen sich die Sozialdemokraten auf die Seite der FDP, beschleunigen den Ausbau von Straßen und weichen das Klimaschutzgesetz zugunsten des Verkehrsministeriums auf. Der einstige grüne Umweltminister Jürgen Trittin sprach in der taz von einem Konflikt zwischen Strukturkonservatismus und Veränderung.

Wie tief ist der Spalt?

Die Grünen wären in einem solchen Setting diejenigen, die bereit für den notwendigen Wandel sind. Die Sozialdemokraten stünden hingegen als jene da, die sich an alte Gepflogenheiten klammerten. Das von den Sozialdemokraten oft bemühte Argument, niemand dürfe durch die Transformation finanziell überfordert werden, funktioniert aus Grünen-Sicht vor allem als Abwehrreflex gegen Veränderungen.

Auch in der SPD sieht man die Unterschiede, kleidet sie aber in eine andere Erzählung. In dieser stehen die Grünen für ein Milieu, das sich in den urbanen Zentren schicke Altbauwohnungen leisten kann und möglichst viel Klimaschutz ohne Rücksicht auf Verluste will. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sieht bei den Grünen wie bei der FDP in der Klimapolitik eine klare Schwerpunktsetzung auf Marktelemente wie einen möglichst hohen CO2-Preis – was für viele Menschen höhere Preise und harte Einschnitte bedeuten würde. „Das werden wir verhindern, und zwar mit einem Mix aus Preisanreizen, Ordnungspolitik und staatlicher Förderung“, verspricht er.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die SPD als Anwältin der kleinen Leute, die aufs Auto angewiesen sind und ihre Gasheizung nicht mal eben durch eine Wärmepumpe ersetzen können? Die Reibereien zwischen SPD und Grünen wären somit auch ein Konflikt zwischen Provinz und Metropole, zwischen kleinen Leuten und Bürgertum.

Doch ist der Spalt wirklich so tief? Erstens ist es mitnichten so, dass die Grünen nicht auch staatliche Fördermittel und ordnungspolitische Elemente wollen. Gerade beim Austausch von Heizungen setzt der Wirtschaftsminister auf die ordnende Hand des Staates, mit dem Argument: Wir müssen die Leute zu ihrem Glück zwingen und verhindern, dass ihre Gasheizungen sie in ein paar Jahren wegen des CO2-Preises in den Ruin treiben.

Zweitens gibt es zwischen Grünen und SPD nach wie vor große inhaltliche Schnittmengen, gerade im So­zialen: Das Bürgergeld, den Mindestlohn und die Kindergrundsicherung wollen eigentlich beide.

Konkurrenten und Partner

Doch auch hier treten die Parteien eher als Wettbewerber denn als Partner auf. Bei der SPD macht man keinen Hehl daraus, dass man das von den Grünen geführte Familienministerium für unterverkauft hält. Die Grünen hingegen fühlen sich von der SPD oft allein gelassen – ob es um mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger:innen oder für Kinder aus armen Familien geht.

Es sind gerade die ähnlichen Ambi­tionen, die verhindern, dass man hier zusammenkommt. Grüne und SPD konkurrieren um das gleiche gesellschaftliche Spektrum, die sogenannte Mitte der Gesellschaft. Als die hessischen Grünen 2010 beschlossen, die Grünen sollten führende Kraft der linken Mitte in Bund, Land und Kommunen werden, wirkte das noch wie ein Witz. Als Hofreiter den Slogan 2018 aufgriff, fand man das in der SPD nicht mehr witzig, sondern begriff es als Kampfansage: Die Kellner wollen Chefkoch werden – wie frech! Heute sind sie wirklich fast auf Augenhöhe.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert spricht von „unterschwelliger Führungskonkurrenz“, die dafür sorge, „dass sachpolitische Konflikte häufiger eine machtpolitische Komponente bekommen“. Diese Rivalität verhindert, dass SPD und Grüne eine gute Arbeitsteilung hinbekommen. Diese sähe dem Politologen Wolfgang Schroeder zufolge so aus, dass die Grünen treibender Akteur der Klimawende sind, während die SPD sie für die kleinen und mittleren Schichten übersetzt. Eine Art Win-win-Situation.

Richtig Fahrt aufnehmen könnte ein rot-grünes Transformationsprojekt aber nur dann, wenn sich beide auch dafür starkmachen würden, das nötige Geld zu akquirieren. Eine sozial gerechte Transformation hin zu einer postfossilen Industrienation kostet Billionen. Zwar denken sowohl Grüne als auch SPD über eine Reform der Schuldenbremse nach, sie wollen Vermögende besteuern und Erben stärker in die Pflicht nehmen. Doch eine gemeinsame Strategie für Umverteilung fehlt. Stattdessen verweisen beide auf die Schranken des Koalitionsvertrags, den Finanzminister von der FDP – und die vermeintlichen Unzulänglichkeiten des jeweils anderen. Grüne und SPD machen sich im Streit um den viel zu kleinen Kuchen lieber gegenseitig fertig, als gemeinsam daran zu arbeiten, den Kuchen zu vergrößern.

Wenn zwei sich streiten…

Lachender Dritter ist die Union. In Umfragen hat sie mittlerweile einen komfortablen Vorsprung. Und nach den nächsten Wahlen könnten ihr in Zukunft mehr Optionen zur Verfügung stehen als bisher. In manchen Berliner Bezirken verbünden sich jetzt selbst die traditionell linken Grünen im Schatten der Landes-Groko mit den Christdemokraten. Und in Bremen, wo im Mai gewählt wird, regiert Rot-Grün-Rot zwar einigermaßen rund. Nach der Giffey-Erfahrung ist aber kaum anzunehmen, dass sich die Grünen dort nicht vorsorglich in alle Richtungen umschauen würden.

Im Bund sind natürlich ebenfalls Szenarien mit der Union denkbar. CDU-Chef Friedrich Merz ist im Moment zwar die Versicherung gegen ein schwarz-rotes oder schwarz-grünes Zweierbündnis – beteuern sowohl führende Grüne als auch SPDler. Anders sähe es aber aus, wenn die CDU 2025 mit einem liberaleren Spitzenkandidaten wie Hendrik Wüst oder Daniel Günther in den Bundestagwahlkampf zöge.

In Berlin haben Po­li­ti­ke­r:in­nen von Grünen und SPD in dieser Woche im kleinen Kreis über die Idee einer gemeinsamen „Begleitgruppe“ für die Landes-Groko gesprochen. Ein Forum, um im Gespräch zu bleiben und den rot-grünen Nukleus am Leben zu halten. Ein bisschen klingt es nach Selbsthilfegruppe.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

32 Kommentare

 / 
  • "Die Leute zu ihrem Glück zwingen" dazu hat Immanuel kant schon alles gesagt, was dazu zu sagen ist: „Niemand kann mich zwingen, auf die Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm gut dünkt, wenn er nur der Freiheit anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann (d.i. diesem Recht des anderen), nicht Abbruch tut. – Eine Regierung, die auf dem Prinzip des Wohlwollens gegen das Volk als eines Vaters gegen seine Kinder errichtet wäre, d.i. eine väterliche Regierung (imperium paternale), wo also die Untertanen als unmündige Kinder, die nicht unterscheiden können, was ihnen wahrhaftig nützlich oder schädlich ist, sich bloß passiv zu verhalten genötigt sind, um wie sie glücklich sein sollen, bloß von dem Urteile des Staatsoberhaupts, und, dass dieser es auch wolle, bloß von seiner Gütigkeit zu erwarten: ist der größte denkbare Despotismus (Verfassung, die alle Freiheiten der Untertanen, die alsdann gar keine Rechte haben, aufhebt).“ (Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, 1793) Ähnlich Wilhelm von Humboldt: „Das Prinzip, dass die Regierung für das Glück und Wohl, das physische und moralische, der Nation sorgen muss. Gerade der ärgste und drückendste Despotismus.“

    • @Lothar W. Pawliczak:

      Ok, es ist also nicht Aufgabe der Regierung für das Glück und das Wohl der 'Nation' zu sorgen, sondern Despotismus. Was aber ist dann die Aufgabe der Regierung? Und was würde Kant wohl zu der Frage sagen ob OK ist aus egoistischen Motiven des individuellen Lebensstandards das Leben zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen oder gar zu verunmöglichen?

      • @Ingo Bernable:

        Despoten (und solche, die es werden wollen) hatten sich schon immer gerne das Wohl des Volkes im Auge und beriefen sich gerne auf höhere Mächte.



        Der Versuch, sich auf eine reale Gefahr zu berufen (den Klimawandel) macht Möchtegern-Despoten nicht besser, sondern gefährlicher.



        BTW: Schon mal was vom Kategorischen Imperativ gehört? Oder von "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen"?

  • Das Problem mit der SPD ist und war, dass sie seit Jahrzehnten immer weiter nach rechts driftet. Mittlerweile besteht kein wirklicher Unterschied mehr zwischen CDU und SPD, was sich auch im Wählerverhalten widerspiegelt, wo Wähler beider Lager frei nach aktueller politischer Großwetterlage hin und herspringen. Programmatisch mag die SPD noch "sozial" sein, aber was bringt ein "soziales" Programm, wenn man in der Regierung nix "soziales" umsetzt? Die Ausrede, dass man ja auf den Regierungspartner Rücksicht nehmen muss ist halt auch bequem, und deswegen verlogen. Auch wegen der SPD gibt es in Deutschland ca. 14 Mio von Armut betroffene Menschen. Die Partei hat ja schließlich 20 Jahre regiert. Vergessen halt viele gerne.

    Im Endeffekt kann man nur sagen, dass keine der aktuellen Parteien im Bundestag das Thema soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Naturschutz, oder ein nachhaltiges Leben überhaupt in sinnvollem Maße angeht, weswegen all dieses Geplänkel zwischen SPD und Grün etc. ohnehin nur Sandkastenspielchen um nichts sind.

  • Die Grünen müssen akzeptieren, dass sie als 15%Partei nicht alles für sie Wünschenswerte durchbringen werden. Und dass sie mit jedem anderen Partner weniger durchbringen als mit der SPD.

  • "Das Comeback der Großen Koalition"?



    Wieviele Stimmen hat die SPD den Grünen voraus? Prozentual sind sie gleichauf. Wieso ist dann Schwarz-Rot eine größere Koalition als Rot-Grün-Rot?



    Die Rede von Schwarz-Rot als "Großer Koalition" ist alten Zeiten geschuldet und passt nun nimmermehr.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Das ist eine recht merkwürdige Art, den Konflikt in der "Ampel" nachzuvollziehen. Ich habe mal für euch in der Wikipedia nachgeschaut: Es gibt aktuell vier schwarz-grüne Landesregierungen. Ist vielleicht schon etwas länger Schwarz ein ganz normaler Bündnispartner von Grün? Bei Rot-Schwarz in Berlin ist wohl auch eher die ganz persönliche Lebensplanung von F. Giffey das Hauptmotiv.

  • Die SPD schläft den Schlaf der Gerechten. Sie findet den durch und durch korrupten Spaltpilz FDP witzig und die CDU für ihre Populismusschiene nützlich und merkt dabei nicht, wie sie sich selbst verzwergt. Denn kein Zukunftsthema lässt sich verwirklichen, wenn man einerseits Autofahrer nicht ärgern möchte und andererseits um Gottes Willen keine Abgaben oder Steuern für Spitzenverdiener will.

    • @hedele:

      "...korrupten Spaltpilz FDP ..."



      Sehr viel Wahrheit in wenigen Worten !

      Von mir dafür ein :+1:

    • @hedele:

      Scholz scheint Merkels aussitzen kopieren zu wollen

      • 6G
        676746 (Profil gelöscht)
        @schnarchnase:

        So sehe ich das auch. Wenn man den Stillstand im Blut hat, dann stört dann Bewegung. Lieber Technologie offen sein. Da muss man sich in keine Richtung bewegen. Und schon ist man wieder im Stillstand.

  • Die Olivgrünen würden doch jederzeit auch mit den Schwarzen koalieren. Und dann wird alles besser?

    • @Rolf B.:

      Ja!

  • Gleich, ob man bereit ist, den GRÜNEN Fehlerbegehung anzulasten oder nicht, bleibt die unvermeidbare und völlig logische Einsicht, dass SPD/CDUCSU stets die beiden Seiten der doch aber immer selben Medaillen sind. Wer an diesem Punkt angelangt ist, kann einfach die SPD nicht mehr wählen, wenn er CDUCSU nicht möchte. Da dies dem rechten Lager bewusst ist, ist zB Habeck-bashing eine willkommene Spaltungsstrategie. GRÜN muss stark aufpassen, nicht völlig zu einer zweiten SPD zu werden.

    • @Gerhard Krause:

      Ja, die Grünen sind in der Tat gefährdet eine zweite SPD zu werden. Es wird mehr und mehr sichtbar, dass bei denen auch die persönliche Karriere in den Vordergrund rückt. Das wird in Hamburg deutlich, wo sie grundgesetzwidrig gegen die eigenen Leute vorgehen, die bei der Abstimmung ihrem Gewissen gefolgt sind und nicht der Anweisung der Fraktuionsführung. Oder Hessen: da werden Autobahnen gebaut und Flughäfen erweitert - weil der Koalitionspartner es so will. Leider (!) gibt es solche Beispiele immer häufiger. Das ist im Grunde schon die Linie der SPD Kader: meine Karriere darf keinen Flecken kriegen...

      • @Perkele:

        Worauf wollen Sie hinaus mit der Behauptung, die grüne Fraktion der Hamburger Bürgerschaft würde "grundgesetzwidrig" handeln?



        Etwas auf Art. 38 GG? Dann sollten Sie mal die ersten fünf Wörter dieses Artikels lesen, Sie werden merken, dass das mit Hamburg nichts zu tun hat.



        Damit will ich das Vorgehen der Grünen in HH nicht rechtfertigen, aber die Behauptung, es wäre "grundgesetzwidrig" ist schlicht Humbug.

  • Vielen Dank für den Artikel. In meinen Augen geht es hier nicht um das Thema "Grüne oder SPD", sondern ob Deutschland auf den Pfad der Einhaltung des Grundgesetzes zurückkehrt oder nicht.



    Da hat die Vorgangerregierung auf dem Klimagipfel in Paris die völkerrechtlich verbindliche Aussage gamacht, dass Deutschland den Anteil mittragen wird, um die Erderwärmung auf 1,5% zu begrenzen; Im Jahr 2019 wurde diese Aussage in ein nationales Klimaschutzgesetz gegossen, welches die deutsche Klimaneutralität bis 2045 vorschreibt. Im Jahre 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Deutschland aufgrund bei weitem nicht ausreichender Massnahmen zur Einhaltung dieses Klimaschutz - Gesetzes das Gunrdgesetz bricht.



    Und jetzt redet die SPD zwar immer noch von dieser Klimaneutralität 2045 bringt aber (so gut wie) keine eigenen Pläne in die Debatte, im Gegenteil torpediert die meisten Pläne der Grünen.



    Meiner Meinung nach müssten die Grünen eine klare Frage an die SPD stellen: "Wollt ihr wieder zurück zur Einhaltung des Grundgesetzes oder wollt Ihr weiterhin das Grundgesetz brechen?" Falls es keine Antwort darauf gibt, sollten die Grüenen aus dieser Koalition austreten, und dem Wähler ganz klar mitteilen: "den Bruch des Grundgesetzes tragen wir nicht mit" Dann kann der Wähler entscheiden,

    • @Heinz Kuntze:

      Nein, die Ziele der UN Klimakonferenz sind genauso unverbindliche Absichtserklärungen wie UN Konventionen. Und bis jetzt hat Deutschland 43 % seines CO2 Ausstosses gesenkt. Auch die Merkelregierung hat die Vorgaben eingehalten.China Zb. will bis 2060 also in 35 jahren klimaneutral werden.

      • @Dortmunder:

        Die Merkelregierung hat nur ihre Vorgaben eingehalten weil Rot/Grün unter Fischer was unternommen hat und diese Effekte kommen immer mit einer zeitlichen Latenz zur Auswirkung.



        Merkel positive Klimapolitik anzurechnen ist grotesk.



        Ebenso wird März sich frech die Klimabemühungen der jetzigen Regierung auf die Fahnen schreiben und versuchen alle Massnahmen zurückzudrehen.

      • @Dortmunder:

        "Gegenüber 1990 sind die Kohlendioxid-Emissionen demnach um 36,8 % gesunken." [1] Wobei man allerings berücksichtigen sollte, dass das Referenzjahr ´90 für DE besonders günstig ist weil so die Effekte durch das Abschalten und Modernisieren der DDR-Industrie voll auf die Entwicklung durchschlagen und allein schon einen beachtlichen Teil der Reduktionen erklären. Am Ende wird aber allein entscheidend sein ob die Reduktionen ausreichen um die Klimaerwärmung auf ein noch beherrschbares Maß zu beschränken und aktuell würde DE weder die 1,5°-Grenze noch die bei 2° einhalten. Eine aktuelle Analyse sieht uns sogar, selbst bei Umsetzung aller geplanten Maßnahmen bis 2100 auf 4,4° zusteuern. [2] So zu tun als wäre alles OK und wir auf gutem und geradem Weg zur Klimaneutralität ist einfach nur weltfremd.



        "genauso unverbindliche Absichtserklärungen wie UN Konventionen"



        Ja, natürlich kann man auch UN-Charta, AEMR, Genfer Konvention, genauso wie sonstige bi- und multilaterale Abkommen brechen ohne dass irgendeine internationale Polizei anrückt um den Kanzler zu verhaften, gemeinhin gelten solche Abkommen aber wenn sie unterschrieben und ggf. ratifiziert sind durchaus als verbindlich, andernfalls könnte man sich all die Mühe für deren Aushandlung ja gleich sparen wenn deren Resultate ohnehin keinerlei bindende Wirkung hätten. Und neben dem internationalen Recht wäre da dann ja auch noch das Klima-Urteil des BVerfG.



        [1] www.umweltbundesam...id-emissionen-2022



        [2] www.zdf.de/nachric...ima-ziele-100.html

      • @Dortmunder:

        Die 43% waren aber die „Low Hanging Fruits“, die Coronazeit inbegriffen. Jetzt geht’s in die Eingemachten. Allerdings steigt der CO2 Ausstoß seit letztem Jahr wieder wegen der sich erholenden Wirtschaft.

  • 6G
    658767 (Profil gelöscht)

    Die Grünen wollen auf Grundlage einer höheren Moral die Gesellschaft auf Biegen und Brechen verändern. Das Treibmittel dazu höhere Belastungen für den Bürger, irgendwie sozial gerecht und massive Ausweitung der Schattenhaushalte (wir haben die Welt von unseren Kindern geerbt). Das stößt auf Widerstand. Schwarzgrün ist eine Chimäre, denn wenn die CDU zu weit nach links rückt, wird sie AFD ernten. Aus dieser Sackgasse weisen nur Kretschmanns und Palmers mit moderaten Ansätzen den Weg. Leider.

    • @658767 (Profil gelöscht):

      Immer wieder der gleiche Fehler. Die Grünen als Moralapostel betrachten, die sich selbst in höheren Sphären sehen und sich um die "kleinen Leute" nicht scheren , weil sie dem Großbürgertum angehören.



      Die Grünen sind genaugenommen auch noch viel zu lasch. Wir haben eigentlich absolut keine Zeit mehr und ohne irgendwelche, besser gesagt erhebliche, Einschränkungen und Veränderungen wird es nichts.



      Dass sich nicht mehr jeder den jährlichen Flug leisten können wird und auch nicht das Gasheizen zum Einglasfenster hinaus, nicht das alltägliche grund- und hirnlose Autofahren , wäre keine Folge unfairer Gesetzgebung, sondern einfach notwendig.



      Seht das doch mal ein. Das hat nichts mit Moral zu tun, sondern mit überleben.

      • @blutorange:

        Ganz perfekt auf den Punkt gebracht. Danke dafür.

    • @658767 (Profil gelöscht):

      "Die Grünen wollen auf Grundlage einer höheren Moral die Gesellschaft auf Biegen und Brechen verändern."



      Ist der Erhalt unserer Lebensgrundlage wirklich eine Frage "höherer Moral" oder nicht doch eher eine von schlichter Notwendigkeit und ist der Ziel dieser Veränderung nicht im Kern ein eines das letztlich im besten Sinne des Wortes konservativ ist?



      "Palmers mit moderaten Ansätzen"



      Wo bitte ist der Mann moderat? Die rassistischen Ausfälle, der ständige Populismus, das Agieren gegen das eigene Lager, ... Politiker die nur sich selbst verpflichtet sind, sich dabei aber nicht mal selbst unter Kontrolle haben werden uns kaum weiterbringen.

      • @Ingo Bernable:

        "Ist der Erhalt unserer Lebensgrundlage wirklich eine Frage "höherer Moral" oder nicht doch eher eine von schlichter Notwendigkeit"

        Deutschland trägt 2% zur CO2 Poduktion der Welt bei. Wenn wir das auf 1.5% reduzieren, und der Rest der Welt nicht folgt (sehr wahrscheinlich), dann findet das Ende der Welt trotzdem statt. Von daher ist es wirklich diese Frage der höheren Moral (wir sind die besseren Menschen,..) und nicht der "Notwendigkeit". Ganz abgesehen von der Tatsache dass die Durchschnittstemperatur der Erde schonmal 10 Grad höher war als heute. Das Resultat waren dann die Menschen...

        • @Gerald Müller:

          "der Rest der Welt nicht folgt (sehr wahrscheinlich)"



          Auch wenn das immer und imemr wieder behauptet wird ist es einfach nicht wahr. Und irgendwie müsste man doch eigentlich auch mal auf die Idee kommen zu hinterfragen warum man diese Behauptung einfach so übernimmt obwohl die Vorstellung, dass dem kompletten Rest der Welt das eigene Überleben komplett egal wäre und das Interesse an der Erhaltung der eigenen Lebensgrundlage lediglich eine kauzige, deutsche Marotte wäre bei näherer Betrachtung doch eigentlich ziemlich abwegig klingt. DE stellt übrigens etwa 1% der Weltbevölkerung, selbst 1,5% der globalen Emissionen würden also immer noch bedeuten, dass wir, nicht nur die eigene, sondern auch die Lebensgrundlage von Menschen im globalen Süden mit neutraler Klimabilanz, weit überproportional schädigen. Und selbst wenn wir die Emissionen auf 1% halbieren Würden wären sie immer noch, dann eben im 'fairen' Verhältnis zum globalen Durchschnitt, jenseits der planetaren Grenzen.



          "Ganz abgesehen von der Tatsache dass die Durchschnittstemperatur der Erde schonmal 10 Grad höher war als heute. Das Resultat waren dann die Menschen..."



          Falls das nicht nur eine plumpe Polemik ist, sie das wirklich glauben und auch kommenden Generationen einen Lebensstandard über dem des Paläolithikums zubilligen, kann man ihnen nur raten sich endlich einmal ernsthaft mit der Klimakatastrophe und deren von der Wissenschaft prognostizierten Folgen zu befassen.

      • @Ingo Bernable:

        immer noch besser als Kretschmann.

        zum. wenn man nur die aktive Politik betrachtet ist Palmer durchaus ein grünes Vorbild.

  • Sieht finster aus. Die Zeche zahlen... die "kleinen Leute", um die sich die SPD vermeintlich ach so viel Sorgen macht.

    Vergessen wir nicht: auch die FDP "entdeckt" gelegentlich die "kleinen Leute". Wenn's gerade opportun ist. Wie auch die AfD.

  • 6G
    675670 (Profil gelöscht)

    Die SPD ist eine Nichtpartei ohne Profil. Sie steht nur für ein weiter so, ist viel zu verbandelt mit der Autoindustrie und traut sich nicht, endlich Erbschafts-, Vermögens- und andere Steuern anzupassen. Da kam zuletzt mehr Innovation von der CDU, das muss man sich mal vorstellen.

    Ich frage mich immer, wenn ich die vielen Autos sehe und die Zahl der Flugreisen lese, wen diese „harten Einschnitte“ eigentlich betreffen sollen. Ich habe Schüler:innen, die sind nicht reich und fliegen dreimal im Jahr in Urlaub. Und wenn ich so in meinem Umfeld gucke, ist es auch nicht die upper class, die herumjetsettet. Insofern weiß ich nicht, was „große Einschnitte“ jetzt bedeutet. Nicht mehr in Urlaub fliegen? Nur noch ein Auto statt drei oder gar keins mehr? Dann ist es doch gut so und locker verkraftbar.

    • @675670 (Profil gelöscht):

      ZITAT:"Nur noch ein Auto statt drei oder gar keins mehr? Dann ist es doch gut so und locker verkraftbar."

      Voll daneben. Jedenfalls auf den Durschnittshaushalt, in dem 2 Personen leben, bezogen.

      Die Zeiten, in denen der Zweitwagen Luxus war sind schon seit einigen Jahrzehnten endgültig vorbei! Allenfalls für Singles mit geringem oder nur fast normalem Einkommen bleiben sie in der Regel Luxus. Heutzutage hat sich die Arbeitsreligion der SPD durchgesetzt und bei Paaren arbeitet der/die eine meist in der entgegengengesetzten Fahrtrichtung von Zuhause weg.

      Schön, dank Corona gibt es jetzt auch in nennenswertem Maße Home-Office, aber der Schreibtisch, der auch zuhause sein kann, ist für Home-Officer de facto oft nur ein Teil des Arbeitsplatzes. Sprich: Die Durchsetzung des Double-Income bei Paaren als Lebensentwurfs-Standard ist seit nun schon geschlagenen 50 Jahren in ungebrochener Entwicklung und Festigung. Heute kann also mit Fug und Recht behauptet werden, der durchschnittliche Haushalt mit zwei erwachsenen Personen benötigt zwei Autos, sofern nicht gute Nahverkehrswege oder das Triple "Fitness & Fahradwege & Arbeitsplatznähe" eine sinnvolle Alternative zum Erreichen des Arbeitsplatzes als auch alltäglicher Einkaufsquellen wie etwa Baumärkten und Sozialeinrichtungen wie Kindergärten, Musikschulen, Sportvereinen etc. sind. Das mit dem einen Auto oder gar garkeinem Auto ist auf den Haushalt bezogen also mit vielen Wenns verbunden. Dagegen hilft kein Aber!

  • Den Grüner "Moralismus" vorwerfen? Na ja. Dann schaue man sich mal den Umgang der Hamburger Bürgerschaftsfraktion der Grünen mit Miriam Block an. Die wird grundgesetzwidrig benachteiligt, weil sie ihrem Gewissen gefolgt ist. Ist das moralisch??