piwik no script img

Illustration: Hanna Harms

Rituelle GewaltEine ausgeblendete Realität

Rituelle Gewalt ist eine sehr brutale Form des Missbrauchs. Manche zweifeln ihre Existenz an. Julia Winter nicht. Sie hat sie erlebt.

A nmerkung der Redaktion: Nach der Veröffentlichung dieses Textes haben uns viele Zuschriften erreicht, dankbare, aber auch kritische. Wir haben den Text an einigen Stellen überarbeitet, um noch deutlicher zu machen, welche Fakten aus der Erzählung der Protagonistin wir prüfen konnten, und welche sich allein auf ihre Darstellung beziehen. Die Frage, inwieweit organisierte Tä­te­r*in­nen­netz­wer­ke rituellen sexuellen Missbrauch betreiben, wird zurzeit intensiv diskutiert. Wir werden diese Debatte weiter begleiten und in der taz abbilden.

Hinweis: In diesem Text werden Missbrauch und gewalttätige Übergriffe beschrieben. Seien Sie achtsam, wenn Sie das Thema betrifft.

Für Betroffene sexualisierter, organisierter und ritueller Gewalt gibt es das Hilfetelefon berta: 0800-3050750. https://nina-info.de/berta

Kopfsteinpflaster, ein Hauch von Kälte in der Luft. Es ist still an diesem Ort am Rande einer ostdeutschen Großstadt. Kaum ein Mensch ist auf den Straßen zu sehen. Hier hat sich Julia Winter entschlossen zu reden. Trotz der Angst und obwohl sie sich bedroht sieht.

An diesem Tag im Herbst 2022 und in den darauffolgenden Treffen wird Julia Winter ihre Geschichte offenlegen. Es ist eine Geschichte, die schwer zu ertragen ist. Sie handelt von Gewalt, die sie von Kindheit an erlitten hat. Winter sagt, sie sei jahrzehntelang gefoltert, gequält, missbraucht worden.

Die Tä­te­r:in­nen seien ihr eigener Vater und andere Verwandte, aber auch zahlende Kun­d:in­nen gewesen. Ihre Familie gehöre einer faschistoiden Gruppierung an; der massive Missbrauch sei mit einer Ideologie von Herrschaft und Unterwerfung einher gegangen. Es sei dabei vor allem um Macht und Geld gegangen.

Winter fällt es schwer, ihre Erlebnisse zu schildern. Am einfachsten geht es schriftlich. In Mails an die wochentaz berichtet sie von Folter durch Stromschläge, von regelmäßigen Vergewaltigungen, von einem absichtlich herbeigeführten Herzstillstand durch sadistische Gewalt. Wenn sie sich im Gespräch zu den Taten äußert, wirkt sie distanziert, fast emotionslos.

„Ich bin in eine Realität hineingeboren, die Missbrauch in vielfältigsten Formen ausübte“, sagt sie. Mit „Realität“ meint sie ihre Familie. Ihren Vater nennt sie nur ihren „Erzeuger“. Er habe sie mit Stromschlägen gefoltert, schreibt Julia Winter, dies habe ihn sexuell erregt. Er habe ihr dabei Elektroden in ihre Körperöffnungen oder unter die Fingernägel geschoben. Auf dem ausgebauten Dachboden habe er in einem verschlossenen Schrank ein Gerät gehabt. Er habe sie geknebelt und mit einem Regler die Stromstärke reguliert. Daraufhin habe er sie vergewaltigt.

Winter sagt, sie ist Betroffene ritueller Gewalt. Dieser Begriff meint eine spezielle Form der organisierten, sexualisierten Gewalt, bei der Tä­te­r:in­nen eine Art Glaubenssystem in faschistoiden, satanistischen oder religiösen Gruppen schaffen. Julia Winters Familie lebt eine faschistoide Ideologie, sagt Winter.

Die Betroffenen ritueller Gewalt werden manipuliert, berichten Therapeut:innen, die mit ihnen arbeiten. Den Betroffenen werde suggeriert, sie seien auserwählt und der Missbrauch sei eine Prüfung. Das führe dazu, dass sich die Betroffenen an die Gruppe binden.

Hohe Dunkelziffer

Es gibt kaum Zahlen zu ritueller Gewalt. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von Sexuellem Kindesmissbrauch kam in einem Gutachten im Auftrag der Bundesregierung im Jahr 2019 zu dem Schluss, dass rund zehn Prozent aller bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in organisierten oder rituellen Strukturen stattfinden. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.

Das lässt auch die Vielzahl der eingehenden Anrufe beim Hilfetelefon berta erahnen. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung (UBSKM) bietet es seit 2019 für Betroffene organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt an.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Allein in den ersten zwei Jahren hätten sich über 8.000 Menschen gemeldet, fast 5.500 Beratungsgespräche seien geführt worden, so die Missbrauchsbeauftragte. Die Gewalt und die Erfahrungen, die Betroffene schildern, sind laut Aufarbeitungskommission teilweise so drastisch, dass sie von Außenstehenden oft nicht für glaubwürdig gehalten werden. Auch deshalb schaffen es Fälle wie der von Julia Winter selten in die Öffentlichkeit.

In der Schweiz gab es in den vergangenen Jahren hingegen eine sehr medienwirksame Debatte über rituelle Gewalt, allerdings mit einer anderen Sichtweise auf das Thema. Ausgelöst wurde sie durch zwei Dokumentationen des öffentlich-rechtlichen Schweizer Senders SRF. Der Vorwurf in den Sendungen: Pa­ti­en­t:in­nen würden durch suggestive Befragung Missbrauch erinnern, der nie stattgefunden habe.

Die SRF-Journalist:innen beschuldigten vor allem einen Beratungsverein und den Oberarzt einer bekannten Schweizer Privatklinik, die sich auf Fälle schwerer Traumatisierung spezialisiert haben.

Nach außen hin waren wir eine Vorzeigefamilie

Julia Winter

Nach der Ausstrahlung der Filme beauftragte das Gesundheitsamt des Kantons Thurgau ein offizielles Gutachten zu der Arbeit in der Privatklinik. Das Gutachten bestätigte die Vorwürfe aus den Dokumentationen: Auf den Traumatherapie Stationen sei die „Verschwörungserzählung „rituelle Gewalt/Mind Control““ vorhanden. Mind Control bezeichnet die absichtsvolle, systematische Spaltung Betroffener in verschiedene Persönlichkeitsanteile. Heißt, dass es möglich sei, Kinder für den Missbrauch zu deutsch „mental zu kontrollieren“, also zu manipulieren.

Gegen die Chefärztin der Klinik wurde ein Strafverfahren eingeleitet, sie wurde freigestellt. Der Oberarzt verlor seinen Job. Die Klinikleitung entschuldigte sich. Pa­ti­en­t:in­nen der Klinik wiederum ergriffen Partei für die Klinik und die freigestellten Ärzt:innen. Sie kritisierten die „tendenziösen Medienberichte“. Im Januar 2023 strahlte das SRF eine dritte Dokumentation aus.

Leben unter neuer Identität

Julia Winter hat oft erlebt, dass ihr nicht geglaubt wird. Sie wird Mitte der Siebzigerjahre in Ostdeutschland geboren. Wo und wann soll hier nicht stehen, genauso wie der richtige Name von Julia Winter. Name und Ort sind der Redaktion bekannt. Mittlerweile hat sie ihren Geburtsnamen geändert und lebt in einer Stadt irgendwo in Deutschland. Trotzdem hat sie Angst, dass ihre Familie sie aufsucht.

Diese lebe noch heute in einem Einfamilienhaus in einem idyllischen Dorf in Ostdeutschland, erzählt Winter bei einem Treffen mit der taz. Ihre Verwandten genießen Ansehen im Ort, erzählt Winter. „Nach außen hin waren wir eine Vorzeigefamilie“, erinnert sie sich. „Wir Kinder galten als fromm, brav, hatten gute Schulnoten und ein Lächeln ins Gesicht getackert.“

Ab ihrem sechsten Lebensjahr habe sich Winter um den Haushalt und die depressive Mutter gekümmert: „Waschen, kochen, die Mutter überreden, etwas zu essen, ihr das Messer aus der Hand nehmen, wenn sie an ihren Pulsadern herumschnitt – das war alles meine Aufgabe.“

Ihren Vater beschreibt Winter als manipulativ, sadistisch und zugleich als einen angesehenen und einflussreichen Mann, der eine wichtige Position in der Kirchengemeinde innehatte. Er habe die Familie kontrolliert und auch die Mutter missbraucht. Winter selbst, so sagt sie, sei aus einer Vergewaltigung entstanden.

Illustration: Hanna Harms

Ihre ersten Erinnerungen im Alter von drei Jahren beschreibt sie so: „Meine Mutter saß nach einem Gewaltexzess meines Vaters auf der Couch. Ich habe einen Waschlappen geholt, um ihr zu helfen, weil sie verletzt war.“ Doch auch ihre Mutter erlebt Winter als unberechenbar: Manchmal habe sie mit allem, was sie in die Hand bekam, auf sie eingeschlagen. Liebe und Zuwendung habe Julia Winter nicht gekannt: „Mein Alltag war geprägt von Angst.“

Wenn Winter von der Gruppierung spricht, der auch ihre Familie angehöre, nennt sie diese einen „germano-faschistischen Kult“. Die Mitglieder betrachteten sich als Herrenmenschen, als Vertreter einer auserwählten und zum Herrschen bestimmten Rasse. Es existiere ein Zwang zum Gehorsam, jede Abweichung werde bestraft. Schwäche gelte als verwerflich, nur die Starken, die „Rasse-Reinen“ kämen in der Welt voran.

Um welche Gruppierung es sich genau handelt und wie viele Mitglieder sie hat, will Winter nicht sagen. Ihr Opa habe Kontakt zu Josef Mengele gehabt und öfter gesagt, „er sei froh, dass er das Wissen von ihm weitertragen darf“, so Winter. Mengele, der deutsche Arzt, führte zu NS-Zeiten medizinische Experimente an KZ-­In­sas­s:in­nen durch, darunter auch Folter. An Mengeles Methoden hätte sich auch die Gruppierung orientiert, um sie gefügig zu machen.

Julia Winter erinnert sich an einen Akt des Folterns, als sie noch Kind war: Sie sei nackt in eine Gefriertruhe gesteckt worden. „Es war dunkel und furchtbar kalt. Nach einer Weile wurde die Luft knapp, dann wurde ich bewusstlos.“ Die Erinnerung habe erst wieder eingesetzt, als ein Täter die Gefriertruhe geöffnet habe. Er habe sich als Retter dargestellt, sie müsse ihm von nun an gehorchen. Als er sie mit einem Ruck aus der Truhe gezogen habe, seien einige festgefrorene Stellen Haut abgerissen.

Aus Angst geschwiegen

„Einmal muss die Gewalt so schlimm gewesen sein, dass ich zum Arzt gebracht wurde, da war ich 14“, erzählt sie. Ihr Vater war dabei. Der Arzt habe gefragt, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei, aus Angst habe sie geschwiegen. Mit 16 habe sie zum ersten Mal versucht, sich umzubringen. Zwei weitere Suizidversuche seien gefolgt.

Was Julia Winter erzählt, lässt sich schwer überprüfen. Es gibt kaum Zeugen, die nicht selbst Tä­te­r:in­nen waren. Normalerweise gehört es zu einer ausgewogenen Berichterstattung und zur journalistischen Fairness, auch die anzuhören, gegen die Vorwürfe erhoben werden. Julia Winter lehnt das strikt ab. Auf keinen Fall will sie, dass die Redaktion Kontakt mit ihrer Familie aufnimmt.

In diesem Text stehen also ein Stück weit journalistische Sorgfaltspflicht gegen den Schutz der Betroffenen. Die Redaktion hat sich für den Schutz der Betroffenen entschieden, denn es gibt Hinweise und Belege, die Winters Erzählung stützen.

Da ist zum Beispiel ein Haushaltsbüchlein aus ihrer Kindheit. Julia Winter hat es zu einem Treffen mitgebracht: Ein kleines DIN-A5-Heft, es sieht abgenutzt aus und ist bis zur Hälfte in einer ordentlichen Kinderhandschrift beschrieben. Winter sagt, sie habe es zwischen ihrem 11. und ihrem 14. Lebensjahr geführt. Sie blättert es auf.

Darin verzeichnet sind ihre Ein- und Ausgaben: Geldgeschenke von Verwandten etwa und Belege über kleinere Besorgungen. Auch ein „Urlauberzimmer“ ist darin aufgeführt. Das sei ein Ort gewesen, an dem sie missbraucht wurde.

Die „Urlauber“, das waren ihre Vergewaltiger. „Nach dem Missbrauch musste ich das Zimmer selbst aufräumen und säubern, dafür habe ich ein Taschengeld von 5 DDR-Mark bekommen.“ In einer Zeile in dem Heft steht eine routinierte Handschrift, wie eine Unterschrift unter einem Dokument: „Mein Erzeuger zeichnete die Einträge gegen.“

Posing für die Kunden

Julia Winter hat außerdem ein Zeugnis mitgebracht, 7. Klasse, polytechnische Oberschule. Nur Einsen und Zweien. Doch eine Zahl sticht ins Auge und passt nicht in das Bild einer Vorzeigeschülerin: Fast 40 entschuldigte Fehltage stehen da. Winter erklärt die vielen Fehltage so: „Mein Erzeuger nahm mich während der Schulwochen häufig mit auf Geschäftsreisen.“

Dort sei sie an zahlende Kunden „abgegeben“ worden, die sie nach Verhandlung über den „Preis“ und „spezielle Wünsche“ vergewaltigten. Nach dem Missbrauch habe ihr Vater sie wieder abgeholt und nach Hause gebracht. Sie zeigt Fotos von früher: ein kleines Mädchen, süß, blond, im kurzen Röckchen. Diese „Posingbilder“ habe ihr Vater machen lassen, um bei den potenziellen Freiern damit zu werben.

Sabine Bender kennt Julia Winter schon seit ihrer Kindheit. Die beiden sind Mitte der Achtzigerjahre zusammen zur Schule gegangen. Sie sind bis heute befreundet. Auch Bender heißt eigentlich anders, zum Schutz von Winter trägt sie einen anderen Namen. Nur einmal sei sie damals bei Winter zu Hause gewesen.

„Mich hat schon gewundert, dass in Julias Zimmer ein Doppelbett stand. Als Kinderzimmer war der Raum nicht erkennbar.“ Ihre Eltern hätten nicht gewollt, dass sie wieder zu dieser Familie gehe, warum, hätten sie nicht gesagt. Julia Winter hat ihrer Freundin Bender erst spät von ihrer Geschichte erzählt. Noch immer kann Bender das kaum fassen. Sie ringt um Worte oder weint, wenn sie erzählt, wie Winter mit ihrer Herkunft lebt.

Julia Winter ist noch Jugendliche, als sie von zu Hause auszieht, um eine Ausbildung zu beginnen, so erzählt sie das der taz. Die Ausbildung habe der Vater bestimmt, die Gruppierung sie nicht in Ruhe gelassen, der Missbrauch und die Zwangsprostitution seien weiter gegangen.

Regelmäßig hätten die Mitglieder der Gruppe sie aufgesucht und mitgenommen. In den Phasen dazwischen habe sie sich in die Arbeit geschmissen. Das sei oft die einzige Möglichkeit gewesen, den Tä­te­r:in­nen zu entfliehen.

Anzeige gegen den Vater

Mit der Polizei sei Winter nur einmal in Kontakt gekommen. Ende der 1990er Jahre hatte sich ein thüringischer Pfarrer an das Bundeskriminalamt gewandt, so steht es in einem Schreiben der Staatsanwaltschaft von damals. Das BKA habe daraufhin wegen sexueller Nötigung gegen ihren Vater ermittelt. Winter sagt, dass sie bis heute nicht weiß, wer dieser Pfarrer war.

Zu dem Zeitpunkt ist Julia Winter Mitte 20 und schon ausgezogen, aber die Tä­te­r:in­nen hätten sie weiterhin missbraucht. Die Staatsanwaltschaft, so steht es in dem Schreiben, legte dem Beschuldigten sowie weiteren unbekannten Tätern zur Last, Winter mindestens seit 1983 bis in die 1990er Jahre in ihrem Heimatort und nicht näher bekannten Tatorten sexuell missbraucht zu haben.

Die Polizei habe Winter daraufhin vernommen. „Das war schon ein großer Kraftakt für mich“, erinnert sie sich. Die Beamten hätten ihr Fotos gezeigt, sie sollte Täter identifizieren, habe aber niemanden erkennen können. Die Po­li­zis­t:in­nen seien einfühlsam gewesen. „Aber ich wurde überflutet von den Erinnerungen, die mich unglaublich getriggert haben.“ Winter habe sich übergeben und die Vernehmung abbrechen müssen.

Die Staatsanwalt­schaft stellte das Verfahren gegen Winters Vater ein

Auch ihre Verletzungen wurden gerichtsmedizinisch untersucht. Man sieht bis heute noch Narben: Die Unterarme sind übersät mit Brandnarben, die von Zigaretten stammen müssen. Ganz nah beieinander, als solle es ein Muster ergeben. „Am Rücken habe ich auch welche“, sagt Winter.

Sie holt einen Brief heraus, den sie 2002 von der Staatsanwaltschaft ihres damaligen Wohnorts geschickt bekommen hatte. Er sieht aus wie frisch geöffnet. Die Staatsanwaltschaft kommt darin zu dem Schluss, dass die Verletzungen wahrscheinlich nicht selbst beigebracht worden seien.

Darin steht aber auch, dass das Verfahren eingestellt werde. In der Begründung heißt es: Beide Sachverständigengutachten, die zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Winters Aussagen veranlasst wurden, seien zu dem Ergebnis gelangt, „dass die Geschädigte an einer dissoziativen Identitätsstörung leide“.

Die „Explorierbarkeit der Zeugin“ sei „aufgrund ihrer psychischen Instabilität, derzeit nicht in hinreichendem Maße gegeben“, um Anklage zu erheben. Mit anderen Worten: Die Hauptbelastungszeugin ist derzeit nicht vernehmungsfähig, also stellen wir das Verfahren ein.

Die Staatsanwaltschaft bestätigt auf Anfrage der taz, dass es dieses Ermittlungsverfahren wirklich gab. Auch, dass es eingestellt wurde, „da ein hinreichender Tatverdacht im Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen nicht begründet werden konnte.“ Mehr Details will die Staatsanwaltschaft nicht nennen. Das Verfahren sei zu lange her, die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten müssten gewahrt bleiben.

Einen neuerlichen Versuch sich juristisch zu wehren, habe sie danach nicht mehr wagen wollen, sagt Julia Winter. Zu groß seien die Belastungen während der Vernehmung gewesen.

Dissoziative Identitätsstörung. Julia Winter lebt heute auch offiziell mit der Diagnose aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft von 2002.

Eva Roth ist Traumatherapeutin, sie arbeitet seit vielen Jahren mit Betroffenen von organisierter ritueller Gewalt. Auch sie heißt eigentlich anders. Roth hat Julia Winter zehn Jahre lang durch die Therapie begleitet. Als Therapeutin hat sie oft erlebt, dass Menschen, die so massive Gewalt erfahren haben wie Winter, eine solche Identitätsstörung entwickeln, erzählt sie.

„Wenn die eigene Familie missbraucht und misshandelt, lernt das Kind die Erfahrungen abzuspalten: in einen Persönlichkeitsanteil, der das Schlimme erlebt, und einen, der es nicht erlebt. Gibt es mehrere Tä­te­r:in­nen oder unterschiedliche Situationen, in denen das Kind den Missbrauch erlebt, entstehen mehrere Teilpersönlichkeiten.“

Die frühe Gewalt verhindere die Entwicklung des Gehirns. Bei den Kindern könne das Gefühl entstehen, mehrere Personen zu sein. „Sie wissen dann nur bruchstückhaft über ihren Alltag Bescheid, weil nicht immer alle Persönlichkeitsanteile bewusst sind und es somit viele Erinnerungslücken gibt“, sagt Roth.

Der Anteil, der den Alltag bestreitet, kann in besonderen Belastungen also Gedächtnislücken haben, ohne bewusstlos zu sein. Ein anderer übernimmt in dieser Zeit die Kontrolle über den Körper. Lange Zeit sprachen Ex­per­t:in­nen von einer Multiplen Persönlichkeitsstörung. Mittlerweile diagnostizieren Psy­cho­the­ra­peu­t:in­nen eine Dissoziative Identitätsstörung (DIS).

„Wie in Watte“

Bei fast 95 Prozent der Pa­ti­en­t:in­nen entstehe die Störung nach einer schweren frühkindlichen Traumatisierung durch sexuellen, physischen, psychischen und/oder rituellen Missbrauch vor allem im Elternhaus.

Wenn Julia Winter die Kontrolle über ihr Bewusstsein verliert, fühle es sich „wie in Watte“ an, sagt sie. „Es ist hell, es muss tags sein. Wie spät ist es? Warum stehe ich in der Küche, und was ist passiert?“, so beschreibt sie ihr Erleben mit dissoziativer Identität. „Das macht mir Angst.“

Diese Angst, der fortbestehende Missbrauch und die wiederkehrenden Erinnerungslücken seien der Grund gewesen, weshalb Winter in Therapie ging. Im Jahr 2008 – sie ist jetzt Anfang 30 – sucht sie eine Therapeutin auf, in den Anamnesebogen, der der taz vorliegt, schreibt sie: „Ich komme nicht klar mit dem, was ich selbst erlebt habe. Alles, was ich weiß, sind bislang nur Bruchstücke. Macht mir unglaubliche Angst, weil mir das jetzige Wissen schon zu viel ist und es mir schwer macht, Tag für Tag weiter zu leben.“ Sie schreibt auch, dass es zur Zeit mehrfach zu „ungewolltem Täterkontakt“ komme.

Für die Therapie dokumentiert Winter monatelang ihre Erinnerungslücken. „Sie hat akribisch angefangen, das aufzuschreiben“, erzählt ihre spätere Therapeutin Eva Roth. Beide merkten, dass die Amnesie vor allem die Wochenenden betraf. An den Wochenenden hätten die Täter sie oft aufgesucht, erzählt sie.

Julia Winter erzählt: „Ich erinnere Situationen, als ein Auto anhielt und ein Mitglied der Gruppierung aus dem Autofenster einen Satz sagte. Zunächst wirkte das harmlos. Aber danach war ich weg, ich wusste tagelang nichts mehr.“ Wenn sie wieder zu sich gekommen sei – meist in ihrer Wohnung – habe sie sich erholen müssen. Sie habe Schmerzen gehabt, Verletzungen, von denen sie nicht wusste, wo sie herkamen. Meist seien sie schon verarztet gewesen.

Die Therapeutin Eva Roth erklärt dies so: „Nach dem Missbrauch hat sie Verbandsmaterial von den Tätern bekommen. Ein Persönlichkeitsanteil nähte sich immer selbst, ihre Dammrisse zum Beispiel, wenn sie nach Hause gekommen ist. Dieser Anteil wusste genau, wie er das desinfiziert und versorgt.“ Rund um bestimmte Feiertage passierten zusätzlich heidnische Ri­tua­le, sagt die Therapeutin. Diese würden dann in den Dienst der Ideologie gestellt.

Beratungsstelle Karo

Die Hauptarbeit während der Therapie habe darin bestanden, den Kontakt zu den Tätern zu beenden, sagt Roth. Unter Folter habe Winter verinnerlicht, dass sie sterben würde, wenn sie wagte sich der Gruppierung zu widersetzen. Durch diese „Erziehung“ sei sie vermeintlich freiwillig immer wieder zu Tä­te­r:in­nen und sei im Sinne der Ideologie gehorsam gewesen.

Winter habe lernen müssen, gegen ihre inneren Zwänge anzukämpfen und sich nicht manipulieren zu lassen. Winter sagt, irgendwann sei es ihr gelungen, sich den Tä­te­r:in­nen zu entziehen. Diese hätten sie in Ruhe gelassen – obwohl sie gewusst hätten, wo sie lebt, so Winter.

Für Menschen, die wie Julia Winter systematisch ausgebeutet werden, gibt es nur wenige Beratungsstellen. Eine ist Karo e. V. im sächsischen Plauen. Der Verein kümmert sich seit 1994 vorwiegend um Frauen, die gezwungen werden, sich zu prostituieren und von Menschenhändlern wie Ware benutzt werden. Karo betreibt ein Schutzhaus und zwei Wohnungen speziell für Betroffene ritueller Gewalt.

Die Geschäftsstelle am Rande von Plauen liegt in einem Altbau in einem Wohngebiet. Die Haustür ist abgeschlossen, an der Hausecke hängt ein Leuchtkasten mit der Aufschrift „Babyklappe“, ein Pfeil weist in die Richtung, wo das Wärmebettchen zu finden ist. Im Flur hängen Bilder, die Frauen gemalt haben, die hier Zuflucht fanden. Es sind bunte, hoffnungsvolle Bilder, eines auch in Gedenken an eine durch die Gewalt Verstorbene.

Cathrin Schauer-Kelpin ist Sozialarbeiterin und leitet die Beratungsstelle. In ihrem Büro steht eine Couch, Schauer-Kelpin bietet Kuchen an. Gemütlich wirkt das. „Das erste Mal mit ritualisierter Gewalt in Kontakt gekommen bin ich 1998“, erzählt sie. Damals kam die erste Betroffene durch ihre Tür, deren Geschichte Schauer-Kelpin kaum habe glauben können.

Der ideologische Überbau organisierter Gewalt ist kein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal

Hinweise auf organisierte Netzwerke

In ihren 29 Jahren als Sozialarbeiterin hat sie zahlreiche ähnliche Berichte wie die von Julia Winter gehört. Wenn sie über ihre Erfahrungen spricht, wirkt sie abgeklärt. In ihrem Büro stehen Ordner dokumentierter Fälle organisierter und auch ritueller Gewalt.

An der Not der Betroffenen habe sich seitdem nicht viel geändert: Immer noch gibt es zu wenig adäquate Versorgung. Rituelle Gewalt würde noch zu oft für eine Verschwörungserzählung gehalten – das schütze die Täter, so Schauer-Kelpin. Die Menschen bräuchten bei dieser Form der Gewalt spezifischere Hilfen.

Sie seien darauf angewiesen, dass sich Helfende damit auskennen. Es bedürfe spezieller Therapien, unter anderem auch wegen der so häufig auftretenden Dissoziativen Identitätsstörung. Laut einer Studie der Aufarbeitungskommission beträgt die durchschnittliche Zeit professioneller Unterstützung von solchen Betroffenen 9 Jahre, während die Unterstützung sonst durchschnittlich 5 Jahre dauert.

„Die Betroffenen wollen oder können oft gar nicht anzeigen oder aussagen. Oft sind in der Vergangenheit schon Anzeigen und polizeiliche Vernehmungen gelaufen, die nicht optimal waren, bei denen ihnen nicht geglaubt wurde“, sagt Schauer-Kelpin. Die Gründe dafür seien immer wieder die Gleichen: mangelnde Beweislage, psychische Instabilität.

Das bestätigt auch Manfred Paulus. Mehr als 25 Jahre lang war er Kriminalhauptkommissar in Ulm, im Dezernat Sexualdelikte und Rotlichtkriminalität. Heute reist er durch ganz Europa, um über Pädokriminalität aufzuklären. Anzeigen seien sehr selten, sagt Paulus. Es gebe aber oft Hinweise auf organisierte Netzwerke ritueller Gewalt.

Auch Verurteilungen habe es gegeben, dann aber nur wegen sexuellen Missbrauchs, Körperverletzung oder Mordes. Der ideologische Überbau organisierter Gewalt ist kein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal und sei allenfalls von sekundärer Bedeutung – und das, sagt Paulus, obwohl sich Tä­te­r:in­nen mittlerweile auch international vernetzen, um Kinder zu jagen und auch auf ri­tuel­le Weise zu missbrauchen.

Einer der größten Fälle sexualisierter Gewalt in Deutschland wurde in Bergisch-Gladbach seit 2019 aufgedeckt. Doch auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft in Köln nur gegen Einzeltäter:innen.

„Satanic Panic“

Doch manche, die sich mit dem Thema beschäftigen, sind auf ganz andere Art alarmiert als Paulus oder Schauer-Kelpin. Nicht nur in der Schweiz hat die bereits erwähnte SRF-Dokumentation rituelle Gewalt infrage gestellt. Auch in Deutschland gibt es Vereine, die erklären, rituelle Gewalt sei ein längst widerlegtes Konstrukt aus den USA, das von einigen Psy­cho­the­ra­peu­t:in­nen kultiviert werde. „Satanic Panic“ ist so zu einem Stichwort geworden.

Das beschreibt die Angstmacherei insbesondere vor ritueller Gewalt durch Satanist:innen, für die es keine Anhaltspunkte gebe. Vereine wie die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V. (GWUP) stellen die rituellen Aspekte als eine Verschwörungserzählung dar.

Dieser Verein setzt sich kritisch mit pseudo- und parawissenschaftlichen Themen auseinander. Darunter fällt laut GWUP auch, dass Menschen durch organisierte Gruppen psychisch manipuliert und ausgebeutet werden könnten. Sie warnen vor Therapeut:innen, die das behandeln. Diese würden den Betroffenen Erinnerungen suggestiv einreden.

Für Julia Winter sind solche Aussagen schwer zu ertragen. „Es bedrückt mich, wenn ri­tuel­le Gewalt als Verschwörung abgetan wird“, sagt sie. Das sei „ein Totschlagargument“.

Eine sachliche Diskussion zu führen, ist gar nicht so einfach, denn es gibt kaum Forschung.

Für die Zukunft sei eine verbesserte Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft sowie eine intensivierte Forschungsarbeit unter psychosozialen Fachpersonen zu empfehlen, erklärt ein Projektteam des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, das als eines der wenigen zum Thema rituelle Gewalt forscht. An der Uniklinik Ulm sollte 2022 im Auftrag der UBSKM ein Forschungsprojekt starten, um die Anrufe des Hilfetelefons berta auszuwerten.

Die Ethikkommission lehnte das Projekt auch nach Überarbeitung definitiv ab. So etwas sei statistisch eher die Ausnahme, sagt der Ärztliche Direktor der Klinik. Die Kommission könne keine wissenschaftliche Fragestellung erkennen. Er habe der UBSKM empfohlen, das Projekt einer anderen Forschungseinrichtung vorzulegen, die keine Ethikkommission hat.

Sie will Öffentlichkeit

Mittlerweile kann Julia Winter ein halbwegs normales Leben führen, sagt sie. Ihre Freundin versucht sie seit Jahren zu unterstützen, doch mehr als Verständnis und Ablenkung zu bieten, ist ihr kaum möglich. Sie sagt: „Da ist ein Leben von Anfang an zerstört worden, und andere Leute, die laufen scheinheilig durch den kleinen Ort.“ Sie trifft Winters Familie heute noch ab und an, wenn sie ihre eigenen Eltern in dem Heimatort besucht. „Ich übe mich da in Selbstbeherrschung und sage nichts, außer freundlich Guten Tag.“ Zu groß sei die Angst, dass Julia noch mal etwas zustoße.

Julia Winters Therapeutin berichtet von einigen Pa­ti­en­t:in­nen aus ganz Deutschland, deren Geschichten sich ähnelten. Die Betroffenen seien Teil organisierter Netzwerke – vermutlich ähnlich wie in Bergisch-Gladbach.

Im Rahmen der Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs durch die Bundesregierung gibt es seit 2013 einen Hilfsfonds. Laut Jahresbericht von 2021 dieses Fonds sind 6,7 Prozent der An­trag­stel­le­r:in­nen Betroffene ritueller Gewalt mit gleichmäßiger Verteilung auf die Bundesländer.

Anfang 2022 hat Julia Winter ihre Geschichte in einem öffentlichen Vortrag bei einem Symposium erstmals geteilt. Kurz zuvor sei sie telefonisch bedroht worden. Den Vortrag hielt sie trotzdem. Denn sie will, dass das Thema bekannter wird.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

59 Kommentare

 / 
  • Paula , Moderatorin

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • 2018 hat ein Fachkreis, zu dem das BMFSFJ ExpertInnen und Betroffene eingeladen hatte, diese Stellungnahme veröffentlicht: www.bundeskoordini...sierte-gewalt.html

  • Liebe taz, es ist schön, dass ihr euch dem Thema Rituelle Gewalt annehmt und auch das Für und Wider gegenüberstellt, aber mit einem Vorwort einfach die journalistische Sorgfaltspflicht über Board werfen ist etwas enttäuschend, denn gerade hier, wenn Therapeut:innen überfordert sind und vielleicht auf Irrwegen und Missbrauchsüberlebende nicht die Therapie bekommen, die sie eigentlich dringend bräuchten und wenn es angeblich von juristischer Seite aus nur unzureichend geht, braucht es den guten Journalismus dringend!

    Schaut euch doch die Argumente der Kritiker:innen von Rituelle Gewalt an und prüft daraufhin mit unabhängigen Expert:innen. Die Gegenthese wäre doch hier: Sie hat wahrscheinlich unvorstellbare Gewalt erlebt, aber der rituelle Überbau und Teile der Symptomatik sind in Interaktion mit / durch die Therapeutin entstanden. Dann wären doch die Punkte zu prüfen, wo es absurd wird um den wahren Kern vom Falschen zu trennen:

    1. Gibt es überhaupt satanistische Kulte?

    2. Ihr lasst im Artikel kurz Mindcontroll anklingen. Geht das überhaupt? Was sagen eigentlich unabhängige Psycholog:innen dazu? Geht da doch mal zu den Profs nebenan.

    3. Diagnose der DIS ist ja schon hoch umstritten, was ist da eigentlich der Stand im wissenschaftlichen Diskurs? Und wäre damit überhaupt möglich, was hier beschrieben wird?

    4. Hatte sie die Erinnerungen alle schon vor der Therapie oder erst dort "erarbeitet"?

    • @Traumatherapeut:

      Danke!



      Ruth Lang Fuentes scheint hier als "Haltungsjournalistin" der satanic panic (wenn auch in neuem Gewand) die Tür zu öffnen. Im Herbst gab es schon einen anderen Textvon ihr hierzu, den ich ebenfalls im Kommentar und später auch als Mail an die Redaktion kritisiert habe.

      Es wäre wirklich fein, wenn die taz resp. die Autorin sich z.B. mit den Fachleuten der GWUP und der Sekteninfo NRW dazu auseinandersetzen würde. Zudem wurde gerade die Schweizer Variante in einem Klinikum gutachterlich offengelegt, nachdem der SRF kritisch, also journalistisch ordentlich ;), berichtete.

      Vielleicht könnte die taz auch einfach mal Lydia Benecke hierzu interviewen - oder andere, wissenschaftlich integer arbeitende Psycholog*innen und Kriminalist*innen.

      Ich finde es nicht mehr nur schade, sondern erschreckend, dass die taz, die ansonsten kritisch und fundiert und journalistisch ordentlich investigativ arbeitet, bei diesem Thema so einseitig Propaganda betreibt.

      • @hierbamala:

        Ja absolut!

  • Herr Paulus, seit 25 Jahren Kriminalhauptkommissar, sagt, es gebe "oft Hinweise auf organisierte Netzwerke ritueller Gewalt". Das ist eine ernst zu nehmende Aussage, die nicht von Betroffenen kommt, die man vielleicht wirken lassen sollte.

    In Zeiten des Internets sind Täter besser vernetzt denn je, Kinder für sie eine leichte Beute und Ware.



    Ich arbeite seit 20 Jahren als Therapeutin, sowohl ich als auch meine KollegInnen kennen Schicksale wie das hier beschriebene. Manchmal verfolgen einen die Details der sadistischen Handlungen noch tagelang. Man will einfach nicht glauben, dass so etwas geschieht. Und doch gibt es keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit, wenn man einen Menschen länger begleitet.

    Warum das Thema nicht bekannter ist? Weil es so deprimierend ist, weil man so wenig tun kann und die Abwehr gegen so ein Ausmaß von Gewalt und Grausamkeit (verständlicherweise) so groß ist.

    Und wenn Betroffene dann trotz noch immer realer Bedrohung durch die Täter Anzeige erstatten, erleben sie Retraumatisierungen durch überforderte Beamte oder Gutachter, die ihnen nicht glauben.



    Auch die zirkulären, wie im Artikel zitierten Sätze in Gutachten kenne ich zur Genüge: Rituelle Gewalt führt zur dissoziativen Identitätsstörung. Und das Verfahren wird eingestellt, weil die Betroffene an "einer dissoziativen Identitätsstörung leidet"? Wer würde da nicht resignieren?



    Es gibt meiner Erfahrung nach nichts, was Betroffene tun können, um glaubwürdig zu sein, egal ob sie gerade gesund oder krank sind, in Therapie oder nicht, sich an Details erinnern oder nicht – es wird ihnen zum Nachteil ausgelegt.

    Es ist ein erschütterndes Thema, selbst ich als Fachfrau brauche dazu immer wieder Abstand und habe sehr viel Respekt vor Menschen, die versuchen, etwas zu bewegen. Es braucht Mut, sich näher damit zu befassen und sich nicht mit pauschalen Zweifeln gegen das Unvorstellbare zu immunisieren.



    Deshalb auch mein Dank an die AutorInnen des Artikels.

  • Erschreckend, einfach erschreckend, was hier einem jungen Menschen widerfahren ist.



    Für mich zeigt der Artikel aber noch ein anderes Kapitel auf, über das man sonst eigentlich gar nicht so viel weiß oder erfährt: Es gab offensichtlich auch in der DDR Gruppierungen, die einem germano-faschistischen Kult nachgingen (ich würde am ehesten hier eine völkische Orientierung vermuten).



    Dennoch verwundert es mich, wie so etwas unbeeinträchtigt mit einem Überwachungsstaat (Stasi) und dessen politischer Ausrichtung einhergehen konnte. Für mich sehr überraschend bis kaum vorstellbar.



    Ein Thema, dass man durchaus mal näher beleuchten könnte.

  • @Marius: „Es ist doch nicht schwer, methodisch zwischen der Existenz von ritueller Gewalt als solcher und behaupteten Netzwerken in der gesellschaftlichen Elite zu unterscheiden.“

    Das sollte in der Tat nicht schwer sein – wird aber praktisch nie gemacht.

    Kaum jemand – auch die in dem Artikel genannten „Vereine“ nicht – bestreitet, dass es ritualisierte Gewalt in religiösen oder pseudoreligiösen Gruppierungen geben kann. Angezweifelt wird, dass diese Gruppen eine Organisationsstruktur sowie Mittel und Möglichkeiten haben, die eine Aufdeckung praktisch unmöglich machen soll. Das ist – wie bereits ausgeführt – nicht glaubhaft.

    @Lukas Felicitas: „Es gibt keinen Straftatbestand „rituelle Gewalt“, sondern die strafrechtliche Verfolgung von o.g. Einzeltaten.“

    Das ist für eine Strafverfolgung aber erst einmal völlig ausreichend. Um Anzeige zu erstatten und Ermittlungen anzustrengen, braucht man das Label „rituelle Gewalt“ doch gar nicht. Die „kultische Ideologie“ dahinter kann man seitens der Opfer/Betroffenen spätestens vor Gericht dann immer noch einbringen und vertiefen.

    @Sonntagssegler: „Üblicherweise geben die Opüfer ja keine ausführlichen Fernsehinterviews, so wie Prinz Harry.“

    Einige tun das durchaus. Gerade in jüngster Zeit finden sich bei Youtube eine Reihe von Videos, in denen angeblich oder tatsächlich Betroffene ihre Erlebnisse detailliert schildern. Bei Instragram kursiert derzeit sogar ein Aufruf, „Betroffenen“-Videos zu produzieren, um der aktuellen kritischen Berichterstattung – vor allem in der Schweiz – etwas „entgegenzusetzen“.

    Schade, dass diese Betroffenen mit ihrer Geschichte nicht stattdessen zur Polizei gehen oder wenigstens Privatermittler ihres Vertrauens damit beauftragen, die „Beweise“, von denen immer wieder die Rede ist, zu erbringen und vorzulegen.

  • Ich bin über eine Stelle im Artikel gestolpert, die mir wenig plausibel erscheint: Wenn ich den Artikel richtig gelesen habe, dann ist Frau Winter in der DDR geboren und aufgewachsen. Dazu passt aber die im Artikel genannte Angabe nicht, dass sie in der 7. Klasse in eine Realschule ging. Das müsste noch vor 1989 gewesen sein. In der DDR gab es aber keine Realschulen. Unplausibel ist m.E. auch, dass sie 40 entschuldigte Fehltage in der 7. Klasse hatte und die damit entschuldigt wurden, dass ihr Vater sie mit auf Geschäftsreisen genommen habe. Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass im DDR-Schulsystem soetwas unter dem Radar laufen konnte.

    • @Jürgen Amendt:

      dort steht " Sie wird Mitte der Siebzigerjahre in Ostdeutschland geboren. Wo und wann soll hier nicht stehen..."



      Kein Wort von DDR (ja Ostdeutschland in den 70ern war die DDR, logisch) aber auch kein Wort davon, dass sie dort aufgewachsen ist. und MITTE der 70er geboren ist, schätzen wir mal 75 oder 76, dann ist sie 1982 oder 83 eingeschult und kann somit rein rechnerisch sehr wohl eine Realschule besucht haben. Realschulen besucht man nach der Grundschule.

  • "Natürlich sind diese Schilderungen schwer auszuhalten. Aber wenn unsere Vernunft versucht, das Unvorstellbare zu blockieren ..."

    Das ist weder "unvorstellbar", noch wird versucht, solche Vorstellungen zu "blockieren".

    Warum sollten z.B. erfahrene Mordermittler oder Kriminalpsychologen, die sich seit Jahrzehnten mit allen nur vorstellbaren menschlichen Abgründen beschäftigen, hier etwas gedanklich "blockieren" oder als "unvorstellbar" abtun, nur weil diese Taten sich in einem angeblichen "Kult" ereignen und angeblichen "Riten" folgen?

    Die Taten selbst bleiben doch das, was sie sind - egal in welchem Umfeld sie geschehen. Das Argument, angeblicher "ritueller Missbrauch" würde gedanklich verdrängt, weil er "schwer auszuhalten" sei, stimmt also nicht.

    "Ich persönlich kann es kaum nachvollziehen, warum man Erzählungen wie diese als Verschwörungstheorie abtun sollte."

    Weil sie alle Elemente einer Verschwörungstheorie aufweisen, insbesondere die selbstimmunisierende angebliche Unbeweisbarkeit. Wir wissen von zahllosen echten, realen Verschwörungen sowie aus der Kriminologie, Psychologie und Geschichte, dass solche monströsen Verbrechen mit angeblich zahllosen Opfern in riesigen Täternetzwerken mit Tausenden Mitwissern über Jahre und Jahrzehnte hinweg völlig unmöglich geheim und verborgen bleiben würden.

    Wieso werden in viel größeren und mächtigeren und einflussreicheren Organisationen wie Zeugen Jehovas, Kirchen etc. permanent Missbrauchsfälle aufgedeckt - nur in den angeblichen "Kulten", wie sie im Artikel geschildert werden, nicht?

    Das ist nicht glaubhaft. Auch Satanisten, Nazis, Faschisten etc.pp. sind keine Übermenschen und "Superverschwörer", die sich dauerhaft jeder Strafverfolgung entziehen, jeden Mitwisser zum Schweigen bringen und jedes Opfer manipulieren können und die nie Streit oder Geldprobleme oder persönliche Geltungsbedürfnisse haben oder einfach aus dem Ganzen aussteigen wollen.

    • @Bernd Harder:

      >Weil sie alle Elemente einer Verschwörungstheorie aufweisen, insbesondere die selbstimmunisierende angebliche Unbeweisbarkeit.<

      Herr Harder, im Artikel wird beschrieben, warum sich TäterInnen, die Rituelle Gewalt betreiben, nicht einmal besondere Mühe geben müssen, um der Strafverfolgung zu entgehen. Was auch für die meisten anderen MissbrauchstäterInnen gilt.

      Siehe:



      >Darin steht aber auch, dass das Verfahren eingestellt werde. In der Begründung heißt es: Beide Sachverständigengutachten, die zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Winters Aussagen veranlasst wurden, seien zu dem Ergebnis gelangt, „dass die Geschädigte an einer dissoziativen Identitätsstörung leide“.

      Die „Explorierbarkeit der Zeugin“ sei „aufgrund ihrer psychischen Instabilität, derzeit nicht in hinreichendem Maße gegeben“, um Anklage zu erheben. Mit anderen Worten: Die Hauptbelastungszeugin ist derzeit nicht vernehmungsfähig, also stellen wir das Verfahren ein. Einen neuerlichen Versuch sich juristisch zu wehren, wollte Winter nicht wagen. Zu groß waren die Belastungen während der Vernehmung für sie.<

      Ein Ergebnis der Propaganda, die die False-Memory-Bewegung vor 4 Jahrzehnten in den USA startete. Bezeichnend: die False-Memory-Stiftung wurde von Evangelikalen gegründet, die damit abwehren wollten, gerichtlich zu Schadenersatz wegen Missbrauchstaten verurteilt zu werden.

    • @Bernd Harder:

      Ja genau. Deswegen blieb sowas EBEN DOCH Jahrelang unentdeckt und ungeklärt. "Permanent aufgedeckt" stimmt auch nicht.

      Man sollte ganz ganz vorsichtig sein mit solchen Äußerungen. Für Opfer ist das ein Spießrutenlauf, warum sollte man sich sowas ausdenken?!

      Meinungen wie diese sind übrigens nach wie vor der Grund dafür, dass Statistiken sagen, dass ein Kind im Schnitt 7!!!!!!!! erwachsene Personen ansprechen muss, bis EINER ihm glaubt! 7!!!!! Was denkst du wohl, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Missbrauchsopfer 7 Leuten anvertraut, wenn 6 davon ihm nicht glauben?!

      Aus eigener Erfahrung sage ich dir: NULL! Der erste hat mir als Kind nicht geglaubt, ich habe danach jahrelang NIE WIEDER zu jemandem gesprochen. Bis zu dem Zeitpunkt als weitere Opfer bekannt wurden, wobei es in meinem Fall "nur" sexueller und kein ritueller MIssbrauch ist.

      • @AlexMasterP:

        Die Kritik hier soll nicht dazu führen, dass Missbrauchsopfern nicht geglaubt und geholfen wird, sondern dass ihnen eben sinnvoll geholfen wird! Wenn das hier eine Verschwörungstheorie ist, dann werden dadurch vor allem Missbrauchsüberlebende geschädigt mit unsinniger Therapie. Siehe z.B. Onno van der Hart.

  • Jede wissenschaftliche Untersuchung benötigt ein positives Votum einer Ethikkommission (seriöse Fachzeitschriften veröffentlichen keine Studien, wenn kein Beleg vorgelegt wird). Dass der Ärztliche Direktor in Ulm empfohlen haben soll, das Projekt einer Forschungseinrichtung vorzulegen, die keine Ethikkommission hat, ist schwer nachzuvollziehen. JEDE (seriöse) Forschungseinrichtung hat eine Ethikkommission.

    • @Müller Sabine:

      Absolut! Sollte zu denken geben!

  • Dient hier eine Einzelfallanalyse als journalistischer Gradmesser, an welchem wissenschaftlich-kritische Sichtweisen gemessen werden sollen?

    Für eine Stellungnahme zu diesem Artikel siehe:

    dissoziationen.de/...ischer-gradmesser/

    • @Nora Sillan:

      Alleine eure Darstellung der Dissoziation zeigt das ihr von der Diagnose keine Ahnung habt. Ihr verbreitet Meinungen und keine Wissenschaft. Wie ihr ja wenigstens von euch bekannt gebt seit ihr weder studierte Psychologen oder Ärzte und habt auch keine wissenschaftliche Ausbildung. Allenfalls kann man euch Laien nennen, die sich eines Themas bemächtigen von dem sie keine oder nur geringe Ahnung haben. Es fehlt euch in allen Bereichen diesbezüglich an Erfahrung.

  • Einige Kommentare hier verdeutlichen sehr gut, warum Betroffenen solch extremer Gewalt die dringend notwendige Unterstützung der Gesellschaft fehlt. Wenn Leser dieses Artikels schon so vehement reagieren („Psychotalk“, „vermeintliche Opfer“, „Schmarrn“, „Schweigekartell“), wie muss es erst sein, wenn man im näheren Umfeld mit solchen Ungeheuerlichkeiten konfrontiert wäre? Natürlich sind diese Schilderungen schwer auszuhalten. Aber wenn unsere Vernunft versucht, das Unvorstellbare zu blockieren, sollte dann nicht unsere Empathie helfen, das Tabu zu überwinden und Verständnis für die Opfer zu entwickeln? Ich habe in den achtziger Jahren „Aufschrei“ von Truddi Chase gelesen und eine Ahnung davon bekommen, was eine multiple Persönlichkeit, wie es damals noch hieß, bedeutet. Dieses Buch kann ich sehr empfehlen, auch wenn es schon etwas älter ist, gerade den sich hier Empörenden. Ich mag mir nicht weiter ausmalen, wie solche gestörten Täter mit den heutigen digitalen Vernetzungsmöglichkeiten ihren Aktionsradius erweitern können. Eins ist mir klar: egal, wie man diese Verabredungen zur Gewalt nennt, ob „Satanistenzirkel“, „germano-faschistischer Kult“ oder „Katholische Kirche“, diesen Machtstrukturen gehört konsequent das Handwerk gelegt.

    • @Birgit Deter:

      Dass es extreme Fälle von Entführung und/oder Missbrauch wie den von Chase, Fritzl oder Kampbusch gibt bezweifelt ja niemand und man muss wohl leider davon ausgehen, dass es noch weitere derrtige Fälle gibt die bislang unentdeckt geblieben sind. Nur handelt es sich bei diesen Fällen idR aber um Einzeltäter oder allenfalls überschaubare Tätergruppen was die Geheimhaltung solcher Taten erleichtern dürfte, aber eben keine organisierten Strukturen faschistoider Satanisten. Geht man von den hier kolportierten Opferzahlen ggf. zzgl. eines Dunkelfeldes, müsste es allein hierzulande eine größere drei- bis vierstellige Anzahl solcher Kultgemeinschaften geben von denen bislang nicht eine einzige(!) ermittelt werden konnte.



      Weiter kann man feststellen, dass manche Kulthandlungen wie rituelle Vergewaltigungen oder auch das Opfern von Neugeborenen in der Geschichte immer wieder auftaucht, schon die alten Hebrär wafen es etwa den Verehrern anderer Gottheiten wie Baal oder Dagon vor, die alten Römer den frühen Christen aber auch den Karthagern, die Christen im Mittelalter den synkretistischen Überbleibseln vor-christlicher Religionen, ebenso wurden Juden aus antisemitischen Motiven immer wieder grausigste Rituale angedichtet, ... Wahr war von all dem natürlich nichts, dennoch haben sich derartige Zuschreibung ebenso wie Nazis, gerade auch in Gestalt eines Dr. Mengele, als das ultimativ Böse ins kulturelle Gedächtnis eingeschrieben. Ich vermute, dass diese seit Jahrtausenden kultivierten Narrative ein plausiblere Erklärung für derartige Berichte über solche völlig unentdeckbaren Kulte liefern, als deren tatsächliche Verbreitung.

  • Ich finde es gut, dass die taz sich diesem heiklen Thema widmet.

    Ein Punkt der mich im Artikel gestört hat, war die binäre Gegenüberstellung der Aussagen "Rituelle Gewalt ist real" und "Rituelle Gewalt ist ein Verschwörungsmythos". Der Artikel suggeriert fast es müsse entweder das eine oder das andere sein. Wäre da nicht mehr Differenzierung angebracht?

    Mir fällt es nicht schwer zu glauben, dass die im Artikel beschriebenen Verbrechen tatsächlich passiert sind. Und gleichzeitig erscheint es mir offensichtlich, dass das Konzept von Ritueller Gewalt oft in Verschwörungsmythen Verwendung findet, ob bei Pizza Gate, Q-Anon oder der klassisch antisemitischen Ritualmordlegende.

    Ich glaube es wäre für die Aufklärung über tatsächlich stattfindende Rituelle Gewalt förderlich, sich klar von solchen rechtsradikalen und/oder religiös-fundamentalistischen Verschwörungsmythen abzugrenzen. Denn diese repräsentieren doch eigentlich den typischen gesellschaftlichen Verdrängungsmechanismus, die Gefahr von sexualisierter Gewalt auf das absolut Fremde zu projizieren (satanistische Weltverschwörung, kriminelle Ausländer, etc.) und dabei auszublenden, dass die reale Gefahr für Kinder meist im Umfeld der eigenen Familie liegt.

    Die „satanic panic“ der 80er und 90er Jahre in den USA hatte ja z.B. eine ganz maßgeblich anti-feministische Färbung. Der massenhafte satanistische Missbrauch, so hieß es, würde vor allem in Kindergärten stattfinden und das Problem wären somit also letztlich auch die Mütter, die nicht in der klassischen Mutterrolle bleiben, sondern lieber arbeiten gehen wollten. Die kritische Aufarbeitung der „satanic panic“ und vergleichbarer Verschwörungsmythen ist aber auch leider teilweise in das gegenteilige Extrem gekippt, wo die Möglichkeit von realer Ritueller Gewalt vollkommen geleugnet wird.

    Kurz zusammengefasst:



    Sind alle Erzählungen über Rituelle Gewalt wahr? Höchstwahrscheinlich nicht.



    Sind alle Erzählungen über Rituelle Gewalt erfunden? Höchstwahrscheinlich nicht.

    • @Tobsen:

      Absolut! Die Verfechter dieses Konzepts sollten selbst das größte Interesse haben sich abzugrenzen von kruden Auswüchsen auf dem Kontinuum zur Verschwörungstheorie und die Kritik ernst nehmen anstatt in Freund/Feind-Denken zu verfallen. Denn das wäre ebenfalls typisches Muster von Verschwörungsglauben.

      • @Traumatherapeut:

        Das wird einem von den "Verfechtern" der Gegenseite leider nicht so leicht gemacht. Immer wenn man das Thema näher beleuchten möchte um es aus den Verschwörungsmythos raus zu buxieren kommt jemand aus der anderen Ecke und erzählt das die DIS eine Erfindung von Therapeuten ist die damit ihr Vermögen steigern wollen. Nach ihnen habe es einen Minderheit geschafft die WHO so sehr unter Druck zu setzen, das diese eine Diagnose (die im Gegensatz zur DIS für das "False-Memory-Syndrom" als eigenständigen Eintrag nicht existent ist) in den ICD mit aufgenommen haben soll. Also frage ich mich, ob die "Anti"- Verschwörungstheoretiker sich nicht selbst mit ihrer allumfassenden Ablehnungshaltung in eine Verschwörungstheorie befördern. Nur zu Schreien das sei alles "Satanic-Panic" und die Gegenseite damit abzuwürgen funktioniert nicht. Und dieses Copy and Paste - System das auch du erkennen lässt ist auch nicht hilfreich. Einige deiner Kommentare habe ich schon wortgetreu auf anderen Seiten und Foren zu dem Thema gefunden. Die Seite der Traumatherapeuten, die sich fachgerecht mit der DIS auseinandersetzt ist nicht leichtgläubig, geldgierig oder verrückt und negiert auch nicht Fehldiagnosen und schlechte Therapeuten. Die Gegenseite jedoch verneint die DIS. Schlechte Therapeuten gibt es auf beiden Seiten....wer weiß zu welcher Sorte du gehörst, wenn du überhaupt einer bist. Sich einen Beruf anstelle eines Nicknames auszusuchen hat ja auch schon was manipulierendes an sich, wie ich finde. Kein Nachweis über Profession und allgemeiner Ausbildung und sich dann über diejenigen beschweren die mit ihrem Namen für ihre Kenntnisse und Erfahrungen einstehen finde ich ziemlich unprofessionell, wenn es den stimmt.

      • @Traumatherapeut:

        Dem stimme ich zu. Aus triftigem Grund sind die hauptsächlichen BetreiberInnen des False-Memory-Mythos kirchliche oder kirchennahe Personen und Gruppen. Deren krude, auf opferfeindliche und täterfreundliche Vorstellungen basierende Thesen haben in der Vergangenheit nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch Polizeiarbeit, Justiz, Gutachterwesen und Therapie beeinflusst. Erst mit dem von Opfern ausgelösten Missbrauchstsunami änderte sich das.

        • @Angelika Oetken:

          Wenn es bei der proklammierten "Rituellen Gewalt" um den Missbrauch in der Kirche gehen würde, dann könnte ich das nachvollziehen. Aber geht es nicht. Es geht um Kulte, Sekten und möglichst die Manifestation des Bösen... Daher sehe ich vor allem Sekteninfo NRW als gute Instanz zur Aufklärung: sekten-info-nrw.de...l%E2%80%9C-theorie

  • Vielen Dank für diesen Artikel, der kaum zu ertragen war. Ich persönlich kann es kaum nachvollziehen, warum man Erzählungen wie diese als Verschwörungstheorie abtun sollte. Es ist doch nicht schwer, methodisch zwischen der Existenz von ritueller Gewalt als solcher und behaupteten Netzwerken in der gesellschaftlichen Elite zu unterstützen.

  • „Eine sachliche Diskussion zu führen, ist gar nicht so einfach, denn es gibt kaum Forschung“ – Das stimmt so nicht. Es sind zahlreiche Untersuchungen durchgeführt worden. In den USA wurden über 12000 Fälle von angeblicher Ritueller Gewalt untersucht und es gab keinerlei Hinweise. Gleiches in den USA und UK, zuletzt in den Niederlanden. Tatsache ist aber auch, dass hunderte Menschen unberechtigt beschuldigt wurden und unschuldig in Haft kamen. Dass die SRF Dokumentationen das Leid der Betroffenen geschildert haben, wäre zumindest eine Erwähnung wert gewesen.

  • Vielen Dank für den Beitrag. Es ist extrem wichtig, Platz für solche Probleme in den Medien zu finden.

  • Der Artikel bleibt jeglicher Antwort schuldig, dass irgendwas davon wahr sein könnte.



    Die hier beschriebenen Erlebnisse könnten wahr sein, könnten aber auch frei erfunden sein. Ich habe selbst damit zu kämpfen (und so auch die meisten meiner Freundinnen), dass eine Person in unserem Freundeskreis durchgedreht ist. Sie behauptet, sie sei rituell mißbraucht worden von uns allen, sagt aber auch, wir seien alle Teil einer Staatsverschwörung, der Sraat aufgrund unserer Befehle würde sie mit unsichtbaren Strahlen foltern etc.



    Rituelle Gewalt ist ein oft erwähnten Phänomen psychisch Kranker, dass die TAZ das plötzlich als Wahrheit deklariert halte ich für sehr gefährlich.

    • @Nickname 01:

      Hat diese Person denn auch Brandmale auf dem Rücken, die weder von einem Unfall noch von ihr selbst stammen können?

      • @Herma Huhn:

        Der Nachweis von Gewalt ist kein Nachweis Ritueller Gewalt.

  • Google Suche "satanic panic - echtes leiden, falsche Fakten" höchst informativ und und nüchtern wissenschaftlich. Also das genaue Gegenteil von diesem Journalistischen Machwerk hier

  • Der entscheidende Satz in diesem Text lautet: "Normalerweise gehört es zu einer ausgewogenen Berichterstattung und zur journalistischen Fairness, auch die anzuhören, gegen die Vorwürfe erhoben werden. J... In diesem Text stehen also ein Stück weit journalistische Sorgfaltspflicht gegen den Schutz der Betroffenen. Die Redaktion hat sich ... " gegen die Sorgfaltspflicht entschieden.

    Sorry, liebe taz, aber dieser Beitrag dümpelt auf BILD-Niveau (oder drunter) ... eine krude Mischung aus Mitleid, "Pizza-Gate", Qanon, Dr. Mengel, Psychotalk, Naivität und fehlender Fachkenntnis ... dient nicht der Aufklärung (oder Hilfe vermeintlicher Opfer). Die AutorInnen wären gut beraten gewesen, bevor sie solche Gruselstories ungeahnter Gräueltaten durch´s Dorf treiben, sich fachlich - bspw. durch die DGPPN - beraten zu lassen.



    Ohne fachliche Beratung kommt es zu solchen "Glanzleistungen" bzw. Tiefpunkten journalistischer Recherche:



    "Um welche Gruppierung es sich genau handelt und wie viele Mitglieder sie hat, will Winter nicht sagen. Ihr Opa habe Kontakt zu Mengele gehabt und öfter gesagt, „er sei froh, dass er das Wissen von ihm weitertragen darf“, so Winter. Mengele, der deutsche Arzt, führte zu NS-Zeiten medizinische Experimente an KZ-­In­sas­s:in­nen durch, darunter auch Folter. An Mengeles Methoden hätte sich auch die Gruppierung orientiert, um sie gefügig zu machen."



    heraus. Sorry, aber was für ein Schmarn!!! (solches zu sagen/schreiben verstößt i.d.R. gegen die PC, I know, aber hier bedarf es der klaren Worte).



    Solche Texte werden i.d.R. nicht kritisiert aufgrund der Sorge bzw, Unsicherheit, es könnte ja doch etwas dran sein ... Daher in aller Deutlichkeit: Aus fachlicher (medizinischer) Perspektive handelt es sich bei den "Psycho-Erklärungen" (betr "DIS") nicht um wissenschaftlich begründete Konzepte und Erklärungen, sondern um esoterische Küchenpsychologie. Liebe tazlerInnen, bitte ein wenig mehr Sorgfalt!

    • 6G
      662977 (Profil gelöscht)
      @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Wie Ingo Bernable schon erklärt hat, ist DIS eine fachlich anerkannte Diagnose (ICD 10 F44.81) und auch im neu erscheinenden ICD 11.



      Auch psychologische Fachgesellschaften beschäftigen sich damit: www.degpt.de/DeGPT...tologie_annex1.pdf

      • @662977 (Profil gelöscht):

        Anerkannt, aber höchst umstritten. Z.B. in Bezug darauf, ob sie ausschließlich durch Therapie selbst entsteht. Und zweitens, ob die Symptomatik tatsächlich so ausgeprägt ist, dass diese "Programmierung" hier möglich wäre. Ich denke nicht.

    • @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Dissoziative Identitätsstörung (DIS) ist im ICD als F44.81 geführt. Was an einer solchen Diagnose, wenn sie denn fachlich begründet gestellt wurde, soll also nicht wissenschaftlich sein?

    • 6G
      662977 (Profil gelöscht)
      @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Oder man kann sich hier informieren:www.degpt.de/DeGPT...tologie_annex1.pdf

    • @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Bin auch sehr verwundert. Seit ein paar Jahren geistert dieser Themenkomplex (scheinbar von einigen wenigen medial getrieben) durch die Presse. Scheinbar gibt es nichts valides und der Artikel bestätigt das leider…

      Bitte den Artikel als Meinungsstück deklarieren, mit sorgfältigen Journalismus hat das wenig zu tun.

  • Lydia Benecke hat vielfach ausführlich dargelegt warum es kleiner Netzwerke sexuellen Missbrauchs gibt, aber ein internationaler Nazi-Satanisten-Kult der alles vertuscht Unfug ist.

  • Ein großes Problem bei der Rezeption von Missbrauch in der Gesellschaft sehe ich darin, dass nur eine Minderheit die Folgen von Gewalt-Traumata wirklich versteht.

    Auch bei mir hat es sicher bis 50 gedauert (und die therapeutische Aufarbeitung meiner vergleichweise harmlosen Trigger erfordert), bis ich mal eine grobe Vorstellung davon hatte.

    Von Leuten ohne dieses Verständnis kann man eigentlich nicht erwarten, dass sie solche Artikel wirklich verstehen.

    • @Sonntagssegler:

      Ich komme aus dem Feld und halte einige psychologische Konzepte die hier dargestellt werden für fachlichen Unfug.

  • Einer Freundin von mir sind ähnliche Dinge und noch so viel unfassbare Sachen angetan worden.



    Und selbst viele Sozialarbeiter und Betreuer haben Probleme damit sich vorzustellen, dass ihre dis echt ist und diese krassen Dinge wirklich geschehen sind.



    Ich weiß wie ich manchmal verzweifelt bin weil mir Leute versucht haben auszureden ihr zu glauben.



    Wie viel schlimmer muss es für sie sein?

    Rituelle-Gewalt ist real. Nur weil wir uns nicht vorstellen wollen dass manche Dinge passieren heißt es nicht das weg schauen und ignorieren hilft.

    Nur weil ich keinen Horrorfilm kenne der so krass ist wie das was Menschen anderen Menschen antun ändert es nichts daran das es passiert.

    Vllt ist die ein oder andere Erzählung ein Flashback, aber das bedeutet sie hat trotzdem den Eindruck das es gerade passiert ist.

    Ich hoffe das sich für Menschen die rituelle Gewalt überleben in Zukunft etwas verändert.

    • 6G
      665119 (Profil gelöscht)
      @Badmonstercat:

      Hat es Ermittlungen gegeben? Wurden die Täter bestraft?

      • @665119 (Profil gelöscht):

        Lies dir doch mal die Kommentare derjenigen durch die erzählen die DIS gäbe es nicht. Und damit wird dann eine DIS-Patientin oder Patient vor Gericht konfrontiert und die Glaubwürdigkeit in Grund und Boden gestampft. Ermittlungsbehörden erheben dann Anklage, wenn sie eine Chance auf Verurteilung sehen. Wo keine Anklage erhoben wird, wird auch niemand bestraft. Hinweise müssen auch ersteinmal ernstgenommen werden, damit Ermittlungen eingeleitet werden.

  • Man kommt einfach nicht umhin festzustllen, dass hier eben doch erhebliche Fragen ungeklärt bleiben. Etwa wie es möglich ist, dass zwar regelmäßg alle paar Monate pädokriminelle Netzwerke auffliegen, man aber noch nie davon gehört hat, dass die Behörden einen solchen Zirkel von Nazi-Satanisten zerschlagen haben? Zumindest wäre doch anzunehmen das solche Kreise wenigstens gelegentlich als 'Beifang' aus anderen Delikten ins Visier der Ermittler*innen geraten sollten. In anderen Kontexten, etwa die massierten Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, haben sich die Betroffenen längst organisiert um die Täterkreise zur Rechenschaft zu ziehen und den maßgeblichen Strukturen ein Ende zu setzen, hier aber wird eine mindestens hohe vierstellige Zahl an Betroffenen konstatiert, die aber offenbar ausnahmslos derart traumatisert sind, dass sie ein lückenloses Schweigekartell bilden? Wie kann es sein, dass offenbar über Jahre und Jahrzehnte wenn schon nicht die Betroffenen, dann irgendjemand sonst im Umfeld auf das Treiben solcher satanistischer Nazi-Gruppen aufmerksam wird, wegen Fehlzeiten, Verletzungen, Verhaltensauffälligkeiten, Ehebetten in Kinderzimmern, eine Freundin die die Täter*innen offenbar noch heute regelmäßig trift und grüßt, die Hintergründe kennt aber auch nicht bereit scheint nachdrücklich Ermittlungen anzustoßen,... ; wenn nicht in diesm Fall, dann in einem der tausenden anderen? Wie plausibel ist die vorgebliche Tradierung der Rituale durch Mengele, der zwar fraglos extrem bestialische Menschenversuche unternahm, aber eben eher nicht durch das Abhalten schwarzer Messen?



    "Einer der größten Fälle sexualisierter Gewalt in Deutschland wurde in Bergisch-Gladbach seit 2019 aufgedeckt. Doch auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft in Köln nur gegen Einzeltäter:innen." Aber wo sind die Hinweise darauf, dass dieser Tatkomplex auch nur teilweise durch irgendeine kultische Ideologie motiviert war?

    • 6G
      662977 (Profil gelöscht)
      @Ingo Bernable:

      Eine Erklärung ist, dass die Polizei nur Einzelstraftaten verfolgen kann (Vergewaltigung, Herstellung und Vertrieb von Missbrauchsdarstellungen...). Es gibt keinen Straftatbestand "rituelle Gewalt", sondern die strafrechtliche Verfolgung von o.g. Einzeltaten. Und über die aufgedeckten Fälle der größeren Missbrauchskomplexe wissen wir nur, was im Hellfeld ermittelt werden konnte - meinem Kenntnisstand die Täter:innen, die aufgrund der hinterlassenen "Spuren im Netz" ermittelt wurden. Nur mal angenommen, hier stünde auch eine "kultische Ideologie" dahinter. Wie sollte die Polizei das ermitteln? Die Täter:innen würden dies sicher nicht freiwillig offenbaren. Wonach sollten sie suchen, wenn es keine Anhaltspunkte gibt, außer vielleicht kinderpornographisches Material auf dem Rechner? Und eine wie auch immer geartete Ideologie zu haben ist nicht strafbar.



      Außerdem steht in dem Artikel nichts vom Abhalten "schwarzer Messen". Wie kommen Sie darauf?

      • @662977 (Profil gelöscht):

        "Wie sollte die Polizei das ermitteln?"



        Wenn es, wie hier berichtet eigens eingerichtete Räumlichkeiten für rituelle Folterungen gibt, wäre wohl anzunehmen, dass so etwas, oder auch irgendwelche Kultgegenstände, bei einer Razzia gefunden werden und wenigstens Indizien darauf liefern, dass das Ganze in irgendeinem (pseudo-)religiösen Kontext stattfindet, ebenso sollte man meinen, dass ausgewertete Kommunikation unter den Tätern Rückschlüsse zulassen müsste, es bei solchen Kulten irgendwo doch Mitwisser geben müsste, Menschen im Umfeld die zumindest etwas ahnen oder auch einfach Täter die als Kronzeugen auspacken.



        "Außerdem steht in dem Artikel nichts vom Abhalten "schwarzer Messen". Wie kommen Sie darauf?"



        Man muss wohl davon ausgehen, dass faschistoide Satanisten ihren Glauben auch in irgendeiner Form praktizieren, sonst wären sie ja keine Satanisten.

        • 6G
          662977 (Profil gelöscht)
          @Ingo Bernable:

          In dem Artikel stand doch aber kein Wort von Satanisten! Der Begriff kam doch erst bei der Diskussion hier auf.

          • @662977 (Profil gelöscht):

            Soweit ich das sehe finden sich im Artikel durchaus Bezüge auf satanistische Zusammenhänge. Aber selbst wenn solch Kulte nicht satanistisch, sondern faschistoid, neu-heidnisch germanisch, etc. inspiriert sein sollten ändert das ja nichts am Kern des Arguments, dass auch das sich in irgendeiner konkreten Form von Beweisen oder wenigstens Indizien niederschlagen müsste.

    • @Ingo Bernable:

      Vor allem der Punkt "ich könnte alles auffliegen lassen, mit Namen, Orten, Daten. Will ich aber nicht" wirft mehr als eine Frage auf

    • @Ingo Bernable:

      Ich kann einige ihrer Fragen beantworten.

      Zunächst hilft es sehr, den Artikel sorgfältig und gutwillig zu lesen, denn es ist nicht das Ziel des Artikels. ausgerechnet Ihre Verständnislücken zu schließen.

      Wenn sie die normale Berichterstattung zum Missbrauch sorgfältig verfolgen, wiessen Sie, das die Dunkelziffer bei 90% oder höher liegt und das insbesondere dann, wenn der Missbrauch in der Familie stattfindet. Wenn dann noch der rituelle Anteil, der auch noch viele Formen haben kann, bei den Ermittlern nicht im Fokus steht, ist die Frage eigentlich schon beantwortet. Üblicherweise geben die Opüfer ja keine ausführlichen Fernsehinterviews, so wie Prinz Harry.

      Ihre Betroffenen öfentlichkeits - NEtzwerke sind Fälle, bei denen die Täter nicht aus der Familie stammen und wo es eine ausreichend große Anzahl von Betroffenen für einen gemeinsamen Täterkreis gibt.

      In Lüdge haben die Täter ihre Dienstleistung im Internet angeboten und die "Netzwerke" hat man auch nur über die Spuren im Internet verfolgen können.



      Wenn der Vater seine Tochter informell an Bekannte weitergibt, dann ergibt das keine verwertbaren Spuren, insbesondere nicht mehr nach mehreren Jahren und wenn das Opfer die Täter nur einmal gesehen hat.



      Daher kann man so ein "Netzwerk" auch nicht im Nachhinein noch ermitteln. Ich bin da etwas sprachlos.

      Der Verweis im Artikel auf Lüdge bezieht sich übrigens ausschießlich darauf, das er offenbar auch Teil eines internationalen organisierten Netzwerks war, das Netzwerk selbst aber nicht als solches wahrgenommen wird.

      • @Sonntagssegler:

        "Wenn sie die normale Berichterstattung zum Missbrauch sorgfältig verfolgen, wiessen Sie, das die Dunkelziffer bei 90% oder höher liegt und das insbesondere dann, wenn der Missbrauch in der Familie stattfindet."



        Das bezweifel ich auch gar nicht, hier geht es aber eben nicht um 'gewöhnlichen' Missbrauch, sondern um rituellen Missbrauch durch satanistische Nazi-Sekten mit allein tausenden Fällen im Hellfeld. Wenn von diesem Hellfeld auch nur 1% der Betroffenen bereit wären an Ermittlung und Aufklärung mitzuwirken, müssten inzwischen wenigstens einige Dutzend solcher Netzwerke zerschlagen sein und zwar wohl mit entsprechend spektakulärer Berichterstattung. Das ist aber eben nicht der Fall. Wie wahrscheinlich ist also die Annahme, dass diese faschistoiden Satans-Kulte durchweg zu einem perfekten Verbrechen in der Lage sind und zwar nicht nur einmal, sonder zig-tausendfach?

        • @Ingo Bernable:

          Von echten oder angeblichen Satanskulten verstehe ich nichts, aber ich komme aus einer evangelikalen Sekte, in der Gewalt an Kindern an der Tagesordnung ist, die auch ideologisch überbaut ist. Und obwohl Aussteiger:innen seit mehr als 20 Jahren die Behörden aufmerksam gemacht haben und man sich den Scheiß, den die verkündigen, jederzeit im Internet anhören kann, ducken die Behörden sich bis heute weg. Obwohl es inzwischen auch jede Menge Medienberichte darüber gibt (im Ausland). Die Sekte ist ein millionenschweres Unternehmen, die kaufen sich die Behörden (die Zentrale befindet sich in einem durch und durch korrupten Land). Von daher glaube ich sehr wohl an sowas wie "perfekte Verbrechen". Jedenfalls wenn diese Verbrechen einen dicken christlichen Anstrich haben. Da traut man sich dann erst recht nicht dran.

      • @Sonntagssegler:

        Wenn die sog. Dunkelziffer über 90 % beträgt, aber nicht 100 %, dann müsste der Artikel doch zumindest einen konkreten Fall ritueller Gewalt benennen können, der aufgeklärt wurde und zu einem Strafverfahren geführt hat.

  • Es muss davon ausgegangen werden, dass diese Verbrechen seit Jahrzehnten in Europa stattfinden.

    • @aujau:

      Wieso nur seit Jahrzehnten und nur in Europa?

      • @rero:

        Auch wieder wahr aber es fehlen Anhaltspunkte.

  • Danke für den Artikel, das muss an die Öffentlichkeit, auch damit Betroffene das finden können und ihnen das hoffentlich etwas hilft. Zussätzliche Info ggf. in der Doku " Höllenleben" vom WDR, einfach suchen

    • @Matthias Nord7:

      Der Kanal d.i.s.ding bei YouTube leistet auch super Aufklärung über die dissoziative Identitätsstörung