piwik no script img

Apartheidsvorwurf gegen IsraelGlaubwürdigkeit verspielt

Judith Poppe
Kommentar von Judith Poppe

Amnesty International macht Israel Apartheid zum Vorwurf. Dem Bericht mangelt es an Sensibilität und Genauigkeit.

Grenzkontrolle für Palästinenser in Qalandiya, Westbank Foto: Baz Ratner/reuters

D er am Dienstag veröffentlichte Bericht von Amnesty International unter dem Titel „Israels Apartheid gegen die Palästinenser“ mag nicht antisemitisch motiviert sein. Doch er sollte angesichts von erneut wachsendem Antisemitismus mehr Sensibilität zeigen. Und Genauigkeit. Beides ist nicht der Fall.

Ein Bei­spiel:­ Laut Bericht würden sämtliche Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen unter Apartheid leiden, unabhängig davon, wo sie leben: im Westjordanland, im abgeriegelten Gaza oder als palästinensisch-israelische Staatsbürger in Israel. Auch die im Krieg 1948 Geflohenen oder Vertriebenen zählt die Menschenrechtsorganisation dazu.

Der Begriff Apartheid kann auf die Lebensbedingungen im Westjordanland angewandt werden, ohne dass es abwegig scheint: die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen leben dort seit 1967 unter israelischer Militärherrschaft. Jedoch zu behaupten, dass die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in Israel unter einem Apartheidsregime leben, ist absurd – auch wenn auch sie ohne Frage unter Diskriminierung leiden.

Als Beispiel dafür dient das 2018 erlassene Nationalstaatsgesetz, nach dem Israel die „nationale Heimstätte des jüdischen Volkes“ ist und das Arabische als offizielle Sprache neben dem Hebräischen keinen Platz mehr hat. Doch die palästinensischen Israelis sind abgesehen davon den Gesetzen nach jüdischen Israelis völlig gleichgestellt, haben die israelische Staatsbürgerschaft und stellen unter anderem zwei Minister in der neuen Regierung.

Ein Detail, könnte man meinen. Doch auch wenn es natürlich Diskriminierung gibt, die Lebensbedingungen von Palästinensern über einen Kamm zu scheren, ist im besten Fall undifferenzierte Nachlässigkeit und im schlimmsten Fall Absicht – um ein möglichst dämonisches Bild von Israel herstellen zu können.

Amnesty International verspielt damit seine Glaubwürdigkeit und so könnte der Duktus des Berichts der Sache der Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen eher schaden als nutzen. Dabei hätten sie, denen internationale Unterstützung immer mehr abhandenkommt, diese dringend nötig. Es sollte allerdings keine sein, die Wasser auf die Mühlen der Antisemiten gießt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Judith Poppe
Auslandsredakteurin
Jahrgang 1979, Auslandsredakteurin, zuvor von 2019 bis 2023 Korrespondentin für Israel und die palästinensischen Gebiete.
Mehr zum Thema

64 Kommentare

 / 
  • In dem Bericht von Amnesty International werden zahlreiche hochgradig leid- und schmerzbesetzte Sachverhalte benannt, wie z.B. die Trennung von Familien. Amnesty International kommt zu dem Schluss, dass die Gesamtheit der geschilderten Vorgänge, ihr systematischer und geplanter Charakter für die vorgenommene Einordnung sprechen.

    In dem kurzen Kommentar der Autorin vermisse ich jede Auseinandersetzung mit den Vorwürfen und deren möglichen Folgen für die Betroffenen.

    Wie würde die Autorin urteilen, wenn Sie nicht als selbst (wie wir hier alle) Privilegierte schriebe, sondern als Betroffene, die von ihrer Familie getrennt wäre?

    Die Frage, die zu beantworten ist, ist die, ob die Betroffenen ihre Leben als unterdrückt, nicht frei und nicht gleichwertig erleben und wenn dies der Fall ist, ob es hierfür Belege gibt.

    Amnesty International, Human Rights Watch (die oft auch in der taz zitiert und gelobt werden, wenn es um andere Staaten und Völker geht), sowie ein erheblicher Teil der israelischen Linken ebenso wie die Mehrheit der Palästinenser geben hierauf eine vergleichbare Antwort.

    Mit dieser Antwort sollten sich alle Akteure auseinandersetzen und zwar mit dem Ziel, dass diese Antwort künftig von Menschenrechtsorganisationen nicht mehr gegeben werden braucht und kann, weil es dafür kein Ansatzpunkte gibt.

    Wir sollten uns davor hüten, Leid von Menschen auszublenden und es einem "das Ziel rechtfertigt das Mittel" unterzuordnen. Wir müssen unsere Frend:innen und Verbündete genauso streng, wenn nicht strenger beurteilen, als unsere Gegner, wenn wir wirklich für Menschlichkeit und Menschenrechte eintreten und diese nicht nur strategisch nutzen wollen.

    Diese Aspekte fehlen mir in dem Kommentar.

  • Also, stellen wir uns vor in der brandenburgischen Provinz würde eine jüdische Familie hinziehen. Die Nachbarn würden sie meiden. Sie hätten kleine Kinder, mit denen niemand spielen dürfte. Die Kinder kommen ins schulpflichtige Alter und die Schule würde sie nicht aufnehmen wollen. Der Bürgermeister würde sagen, man wolle da keine Juden. Das Schulamt würde sich ebenso äußern. Es gäbe doch in Berlin genug jüdische Schulen, dort könnten die Kinder hingehen. Absurd? Hier ja, auch in der brandenburgischen Provinz. In Israel ist eine derartige Behandlung der israelischen Araber völlig normal, erst recht seit dem Nationalstaatsgesetz, das lokalen Verwaltungen derartige Praktiken erleichtert.

    • @E.Zeh:

      Ich weiß nicht, ob das, was Sie als "normal" für Israel beschreiben, nicht genauso fiktiv ist wie Ihre "also stellen wir uns vor...."-Ausführungen. Yoseph Haddad, ein arabischer Israeli, der beim IDF diente, hält den Apartheid-Vorwurf für unsinnig:

      www.nd-aktuell.de/...ber-in-israel.html

      • @Elena Levi:

        "In der israelischen Medienöffentlichkeit hat der Amnesty-Bericht eine interessantere Debatte ausgelöst. Der Kolumnist Gideon Levy hält die Aufregung um die Analyse für absurd. Er fragt: „Was ist Sheikh Jarrah – wenn nicht Apartheid?“ Der Ost-Jerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah beherbergt Nachkommen palästinensischer Geflüchteter, die 1948 vertrieben wurden und bis heute von Räumung bedroht sind. Levy fragt: „Was ist das Nationalstaatsgesetz – wenn nicht Apartheid?“



        [...]



        Unter israelischer Souveränität hat sich hier ein Gebiet herausgebildet, in dem es de facto zwei verschiedene, nach ethnischen Kriterien differenzierte Rechtssysteme gibt, seit über 54 Jahren. Man muss diese Situation nicht Apartheid nennen. Dass sie Apartheid-ähnliche Zustände angenommen hat, lässt sich allerdings nur schwer weg rationalisieren."

        www.berliner-zeitu...iner-ist-li.209638

        • @Jonas Goldstein:

          Auch an Sie die Bitte,



          lesen Sie es durch und kneifen danach die Augen zusammen.....wo sich die Realität des Elends der Palästinenser abspielt. Wo ist hier der laute Ruf Apartheid?

          lizaswelt.tumblr.c.../971768405/libanon

          but nobody cares

  • Die Mellah beschreibt uns Georges Bensoussan in -Die juden der arabischen Welt-. Die jüdischen Flüchtlinge wurden nicht erst nach 1948 „wenig willkommen“ geheißen, wie es uns Michael Mallmann und Martin Cüppers in ihrem Buch -Halbmond und Hakenkreuz, Das Dritte Reich, die Araber und die Palästinenser- beschreiben. Über die Vertreibung der Juden aus den arabischen Staaten nach dem Holocaust in Europa wurde vielfältig berichtet.



    Was in Europa geschah schrieb uns Daniel Goldhagen auf. Vorher wurden die Juden in der Konferenz von Evian endgültig alleine gelassen.



    Nach allem haben sich die Juden entschieden eine zusammenhängende und wehrhafte community zu bilden. Unsere NGO's wachen nun darüber, dass die Juden die Menschenrechte einhalten. Keine Fehler dürfen Sie sich erlauben....und wenn in Einzelfällen jüdische Bewohner in Middle East den arabischen Bewohnern dort unrecht tun, schicken unsere NGO's ihre besten Kinder, damit sie der ganzen Welt von Apartheid erzählen. Ginge es den Leuten von der ai wirklich um die Palästinenser, müssten sie aufhören zu ignorieren, dass die Palästinenser am meisten durch ihre eigenen Machthaber leiden. Hören wir hier, ab Min 19 : www.youtube.com/watch?v=d9P448DXZLU



    Einfach mal den schmalen Grad wahrzunehmen, wie die jüdische community zwischen dem eigenen Überleben und den berechtigten Ansprüchen aller in Palästina lebenden Bevölkerungsgruppen, vorbildlich meistert, ohne dabei perfekt zu sein, kann man nicht verlangen, wo doch die nicht enden wollende innere Unruhe des Ressentiments den Verstand vernebelt. Perfekt müssen die Juden sein, sonst ist es Apartheid, wobei freilich das Elend der Palästinenser im Libanon oder in Syrien diesen Reflex nicht auslöst.

  • Die Frage, die im Raum steht, ist doch: ist Apartheid ein Begriff, der nur ganz eng mit Südafrika in Verbindung gebracht werden kann, oder kann er auch in weiterer Definition als bewusster Akt einer Regierungspolitik verstanden werden, die andere Ethnien abtrennt und fortgesetzt unter Repressionen leiden lässt?

    Darauf habe ich keine klare Antworten gefunden. Es wäre aber sinnvoll, hier klare Begriffsdefinitionen, sowie Abgrenzugen von anderen zu haben, um nicht allein wegen der Unterschiedlichkeit des Begriffsverständnisses in Bedrängnis zu geraten, während das eigentliche Thema, die Politik Israels gegen die Palästinenser:innen, sowie die völlige Abkehr von der Zweistaatenlösung in den Hintergrund gerät.

    • @Lesebrille:

      Die Palästinenser:innen mit israelischer Staatsbürgerschaft sind nicht gleichberechtigt, da liegt Fr. Poppe falsch. Es gibt mehr als 60 Gesetze die sie diskriminieren. Auf der Website von Adalah, dem Legal Center for Arab MinorityRights in Israel (www.adalah.org/en/content/view/7771) kann es nachgelesen werden und auch innerhalb des Berichts von Amnesty International, z.B. auf Seite 75, 82, 220 etc. (www.amnesty.org/en...e15/5141/2022/en/), dort kann man den gesamten Bericht herunterladen.

      • @Martha:

        Na, dann hoffe ich mal, dass Frau Poppe Ihren Kommentar korrigiert und damit journalistsiche Professionalität beweist!

    • @Lesebrille:

      Seite 44 in dem Bericht wird Ihre Frage zur Apartheid beantwortet.



      Hier können Sie ihn als PDF herunterladen:



      www.amnesty.org/en...stem-of-apartheid/

      • @Martha:

        Dankeschön.

  • Das Glaubwüridgkeitsdefizit liegt bei in meinen Augen eher bei denen, die reflexartig Menschenrechtsorganisationen wie AI diffamieren, sobald sich deren Kritik nicht gegen die jeweils präferierten Gegner richtet (eine Unart, die man bei allen politischen Lagern beobachten kann).



    Umso trauriger ist es, wenn solche Relativierung unmittelbar nach dem Erscheinen eines Berichtes laut werden, dessen Umgang eigentlich eine gewisse Lesezeit voraussetzen sollte...

  • Jetzt könnten Sie uns natürlich verraten, wieviel Arabisch bei offiziellen Stellen in Israel gesprochen wird (seit 2018 wohl gar nicht mehr!), und dass Häuslebauer ihre "Heimstätte" nur als Juden bekommen. Demokratisch und gerecht ist Israel jedenfalls nicht und genau das beklagt ai.

    • @Kappert Joachim:

      Vielleicht darf ich das übernehmen? Bei einer Debatte in der Knesset am 5.1.2022 hat der Abgeordnete Walid Taha arabisch gesprochen - seine Muttersprache. Das gab zwar heftige Proteste der Opposition, der Ministerpräsident ging allerdings dazwischen und hat Walid Taha verteidigt:



      www.spiegel.de/aus...-ac1a-f1b29679bd23



      Und nein, AI beklagt gar nix. AI verleumdet Israel systematisch und genau das will AI auch.

  • "Doch die palästinensischen Israelis sind abgesehen davon den Gesetzen nach jüdischen Israelis völlig gleichgestellt"

    "Während der Bau neuer Wohnungen in den israelischen Siedlungen in Ostjerusalem lebhaft voranschreitet, gilt es als riesige Ausnahme, wenn ein Araber in der Stadt ein Haus bauen darf." taz.de/Kommentar-W...erusalem/!5547527/

    ... wo sind Araber da "völlig gleich gestellt" ?

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, dadurch wird etwas die Glaubwürdigkeit des Kommentars von Frau Poppe getrübt. Auch die Intention AI mit solch einem kurzen Kommentar die Glaubwürdigkeit absprechen zu wollen, ist etwas sehr seltsam.

    • @Rudolf Fissner:

      In dem verlinkten Artikelist nicht die Rede von israelischen Staatsbürgern.

  • Großartiger Kommentar von Frau Hoppe !



    Es gibt auch Menschen ,die aus den Palästinensergebieten nach Israel flüchten ,seien es Schwule, Lesben,Transsexuelle*....um dort ein selbstbestimmtes Leben führen zu können , -nur mal als Denkanstoss !



    AI wird zunehmend von Haltung und Moral bestimmt und blendet die Realität aus.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Barthelmes Peter:

      "AI wird zunehmend von Haltung und Moral bestimmt "

      Oh, die zwei Dinge sind heutzutage verwerflich? Na dann sind wir in der Barbarei.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Glücklich der, der in einem Rechtsstaat lebt und nicht von "Moral" und "Haltung" abhängig ist. Wohin das führt kann man ja zum Beispiel in der Türkei und in China sehen.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Nun, die Fakten sollten schon noch stimmen, sonst werden Haltung und Moral etwas "hohl", also mehr Schein als Sein.

  • AI ist in der Vergangenheit schon des öfteren mit seltsamen Statements aufgefallen.



    Ich erinnere nur an AIs dubiosen (um es sehr diplomatisch zu formulieren) Umgang mit dem Fall Nawalny, der im Kreml sicherlich für so manche geleerte Sektflasche gesorgt hat.

  • Weil auch hier bereits viele (und es werden sicher noch mehr) ahnungslose Kommentare das Wort Apartheid missbrauchen, mache ich mal auf die südafrikanische Perspektive aufmerksam (Spoiler-Alert: die hätten das Wort gerne zurück): www.iz3w.org/zeits...pulismus/apartheid

    • @Peter Pasetti:

      Spannender Artikel. ty für den Link. 👍

  • Michael Sfard ist ein bekannter israelischer Menschenrechtsanwalt. Warum sollte man ihn nicht zu dem Thema hören? Sind kritische Stimmen nicht mehr zugelassen, damit sie nicht zu hören bekommen, was sie nicht hören wollen?

  • Nunja - diese Begrifflichkeiten - sind mir grundsätzlich ziemlich Jacke.



    Anders - wenn sich reale Vorgänge unter Straftatbestände - zB Apartheid -taz.de/Vorwurf-der...n-Israel/!5832739/ Jannis Hagmann=> )



    subsumieren lassen & es dazu naturellement kein Zufall ist - daß Israel - erst ja - dann nein - dem Römischen Status von 1988 nicht beigetreten ist. But

    “ Als Beispiel dafür dient das 2018 erlassene Nationalstaatsgesetz, nach dem Israel die „nationale Heimstätte des jüdischen Volkes“ ist und das Arabische als offizielle Sprache neben dem Hebräischen keinen Platz mehr hat. Doch die palästinensischen Israelis sind abgesehen davon den Gesetzen nach jüdischen Israelis völlig gleichgestellt,…

    “…ABGESEHEN DAVON…“ - zu dieser Sorte von abgefeimter Argumentation zum Nationalstaatsgesetz Israels zitier ich erneut mal meinen völkerrechtsgestählten international renommierten (SS-Massaker - Reperationsforderungen) RA Freund&Weggefährten: “Wenn ich mir dieses Gesetz so durchlese & sage - das erinnert mich in weiten Teilen an die Nürnberger Rassegesetze. Dann könnt ihr mich gern einen Antisemiten nennen. Stimmen tut es aber doch!“



    &



    Wenn dann von der Autorin im Nachklapp “… und stellen unter anderem zwei Minister in der neuen Regierung.…“ - angeführt wird.



    Erinnert mich sojet - als mal langjährig ua für Asyl Türkei zuständiger Richter - an die dort sattsam bekannte Argumentationsschiene - & nicht erst vom Langen - vor allem via Kurden •

    Soweit mal

  • ich täte vorschlagen,dass frau Hoppe zum thema apartheid in Israel+den OPT mal Michael Sfard interviewt.

    • @christine rölke-sommer:

      Sfard sagt nichts anderes als Frau Poppe. Auch er sieht nur im Westjordanland Lebensbedingungen, die Apartheidstrukturen haben. Eine Pauschalisierung, wie Sie und AI es offensichtlich vornehmen, indem die Lebenssituation der Palästinenser in Israel insgesamt als Apartheid bezeichnet wird, nimmt Sfard nicht vor. Zumindest nicht in dem Artikel, den ich von ihm gerade gelesen habe.

      www.theguardian.co...cupied-territories

    • @christine rölke-sommer:

      Der nachfolgenden Aussage von Frau Poppe ist in dieser Diskussion über das vermeintliche "Apartheidregime" in Israel nichts hinzuzufügen:



      "Der Begriff Apartheid kann auf die Lebensbedingungen im Westjordanland angewandt werden, ohne dass es abwegig scheint: die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen leben dort seit 1967 unter israelischer Militärherrschaft. Jedoch zu behaupten, dass die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in Israel unter einem Apartheidsregime leben, ist absurd – auch wenn auch sie ohne Frage unter Diskriminierung leiden." Sie sollten also schon sachlich argumentieren und vor allem nicht relativieren. Die Anwendung des Begriffs "Apartheid" auf Israel ist für mich genauso antisemitisch motiviert wie die Gleichstellung von israelischer Politik im Umgang mit Palästinensern und dem Umgang Nazi-Deutschlands mit den deutschen bzw. europäischen Juden. Gibt es in Israel Rassegesetze? Irgendwelche Orte, die von Palästinenser:innen nicht betreten werden dürfen? Ich lehne jegliche Diskriminierung ab, nicht nur von Palästinensern in Israel, sondern auch die von Schwulen in arabischen Ländern. Insofern wünschte ich mir, dass nicht nur Sie den Nahostkonflikt etwas differenzierter und objektiver betrachten würden, sondern auch AI, BDS, etc.

    • @christine rölke-sommer:

      Witzige Geschichte.

      Ich bin überrascht, solche Töne von Frau Poppe zu hören.

      Sie schlagen Frau Poppe Frau vor, wen Sie interviewen soll, damit Sie das zu hören bekommen, was Sie hören wollen.

      • @Jim Hawkins:

        aha. Sie haben Michael Sfard bereits interviewt?

  • Danke für den differenzierten Artikel.

    Habe ich in den letzten Jahren mal von eine Studie von Amnesty zu Tibet gelesen? Oder dass die Organisation den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu aufrief, Sanktionen gegen China zu verhängen?

    Tibet, ein Land wo 1,2 Millionen Menschen in dem Genozid durch China starben?

    Die Tibeter aus dem Land gemobbt werden? Die Besetzung durch China die Hölle für die Menschen ist?

    Sorry, liebe Leute von Amnesty, früher habe ich eure Arbeit verehrt.

    Mittlerweile kommen mir immer mehr Zweifel.

    Mir fällt da auch gleich Nawalny ein, dem ihr in einer extrem kritischen Situation im Stich gelassen und gegen ihn gearbeitet habt. So etwas verzeihe ich nicht.

    Und jetzt Israel? Fällt euch nichts besseres ein?

    Am 29. November 1947 rief die Vollversammlung der Vereinten Nationen zur Teilung des britischen Mandatsgebiets Palästina auf (Resolution 181). Das Land sollte in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufgeteilt werden. Die Mehrheitliche Empfehlung einer Teilung wurde mit 33 zu 13 Stimmen bei zehn Stimmenthaltungen angenommen. Die Resolution wurde von den Juden in Palästina angenommen, von den Arabern in Palästina und den arabischen Staaten jedoch abgelehnt.

    Seitdem läuft das Unglück, und Araber schüren Feindschaft und Kriege. Und sicherlich geht es viel Palästinensern nicht gut.

    Iran droht widerholt mit totaler Vernichtung.

    Israel ist winzig klein, so groß wie Hessen, bei doppelter Bevölkerung.

    Immer mehr Juden müssen zuziehen, weil der Antisemitismus weltweit zu nimmt.

    Israel hat riesige Probleme

    Sorry, Amnesty, in meinen Augen werdet ihr zunehmend unseriös.

    • @shantivanille:

      Amnesty hat sich in seinem Bericht nun um die lage der palästinenser:innen Israel/Palästina gekümmert und nicht um Tibet. Das ist auch legitim.



      Israel ist die größte Militärmacht im Nahen Osten und hat Atomwaffen. Es ist flächenmäßig doppelt so groß wie der viel winzigere Libanon der noch riesigere Probleme hat.

    • @shantivanille:

      Ihre Argumentation, abgesehen vom fachlich falschen (siehe Kommentar von Lesebrille), bezieht sich nur darauf zu sagen das es Israel auch schlecht geht, dies entschuldigt oder legitimiert aber nicht im geringsten das eigene Fehlverhalten, was übrigens nicht nur von AI angeprangert wird.

    • @shantivanille:

      Ich habe gerade Amnesty International Tibet gegoogelt - das dauerte keine Minute - und bekomme unter anderem Folgendes: www.amnesty.de/200...verletzungen-tibet und www.amnesty.de/inf...-report/china-2020

      Das sieht so gar nicht nach Nichts aus. Also bevor Sie ein nichtssagendes "Sorry" anbieten, um eine Abwertung vorzunehmen, sollten Sie sich informieren, ob Ihre Vorwürfe tatsächlich korrekt sind.

    • @shantivanille:

      AI äußert sich regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen überall auf der Welt, in Ost und West, in Diktaturen und in Demokratien (die ihren eigenen Ansprüchen auch nicht immer gerecht werden). Auch zu China werden Sie problemlos zahlreiche Berichte und Stellungnahmen finden. Ihre Kritik geht also ins Leere - AI kommt lediglich seinem Anliegen nach: Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, egal wo Sie passieren.

      • @O.F.:

        Und alle werden in derselben Aufmerksamkeit und demselben Gestus kommentiert wie die Vorwürfe, die gegen Israel gerichtet sind, n'est-ca pas?

        Es gab drei Artikel zu dem Thema in der taz, alle waren oder sind in den Kommentar-Charts.

        Das ist immer so bei Israel. Und nur bei Israel.

        www.zeit.de/politi...Fwww.google.com%2F

        • @Jim Hawkins:

          Gäähn ... wenn der eine Vorwurf falsifiziert wird, wird flugs ein Neuer erhoben. Und der wird dann möglichst so schwammig wie möglich formuliert. Oder hat - wie hier - mit dem Thema nicht das Geringste zu tun. Altbekannte klassische Desinformations-Mechanismen sind das. Wichtig dabei ist allerdings für bestimmte Kreise ohnehin nur eines: Kritik an der Politik Israels ist immer zu delegitimieren.

          • @Kaboom:

            Welche Kreise meinen Sie denn?

        • @Jim Hawkins:

          es sei nochmal drauf hingewiesen: Warum sind die Artikel in den Kommentar- Charts? Weil sich da auch so viele diskussionsfreudige Israelverteidiger finden, die der LeserInnenschaft erzählen wollen, in Israel gäbe es im Prinzip auch keine gravierenderen Probleme als in allen anderen Demokratien auch, nur die boswilligen Antisemiten wollten immer nur auf die Juden einschlagen. Klar, dass das Widerspruch erzeugt. Verteidiger der myanmarischen Militärdiktatur die jmd hierzulande eine Diskussion an die Backe nageln wollen finden sich einfach schwer. Russland erregt in den letzten Jahren immer mal wieder ähnliche Aufmerksamkeitswerte, auch weil da so viel aus Sankt Petersburg mitdiskutieren... Die Apartheiddiskussion zeigt sehr deutlich dass das Thema Antisemitismus missbraucht wird um nicht über die Besatzung diskutieren zu müssen. Unbestreitbar gibt es Antisemitismus, aber er wird mutwillig mit der Kritik an der Besatzung vermischt um diese abzubügeln. Den größten Bock hat heute Lobo zum Thema geschossen der bei seinem Kommentar zum Thema scheinbar sein Hirn vorher abgegeben hat.

          Apropos Zeit: Eva Menasse hat dort vor ein paar Tagen auch noch mal drauf hingewiesen, dass das Thema hierzulande vollkommen instrumentalisiert und überdreht diskutiert wird. Offensichtlich sei auch dass ein paar wenige aus der inzw angejahrten Fraktion der Antideutschen, über die Redaktionen verteilt, das Thema gekapert hätten, den Ton vorgeben, die Politik assistiert u sich einfach zu wenige dem entgegengestellt hätten, das Thema kaum noch vernünftig diskutiert werden kann. Es ist nur allzu offensichtlich. Ja Ja, werden Sie jetzt wieder sagen, aber was ist denn mit den vielen Israelkritiken, die durften doch, oder nicht? Klar durften die, wurden dafür aber auch mit Antisemitismusvorwürfen überschüttet. Allzuviele wollen sich das natürlich nicht geben. Auch Goethe- Institute und Amnesty müssen sich jetzt schon als Antisemiten schmähen lassen. So weit sind wir.

          • @ingrid werner:

            Genau. So weit ist es gekommen, weil der Begriff "Antisemitismus" missbraucht wird.

            Und, wie der Staat Israel verfügt er damit über ein Alleinstellungsmerkmal.

            Wie oft in solchen Kontexten ist es so, dass es natürlich nicht so ist, wie es aussieht, sondern es verbirgt sich ein bestimmtes Interesse dahinter.

            Jeder Artikel aus dieser Thematik klettert flott die Kommentar-Charts hoch, weil tapfere Menschen wie Sie, die erhobenen Vorwürfe entkräften und das wahre Interesse dahinter freilegen.

            Russland, Myanmar, wunderbar.

        • @Jim Hawkins:

          P.S. Amnesty ist übrigens nicht Kommentar-Charts-Gedöns, auch nicht "deutsche Medien" wie im Zeit-Artikel erwähnt.

        • @Jim Hawkins:

          Was wollen Sie damit zum 278 Seiten langen Bericht von AI mit den unzähligen Fallbeispielen und tausenden von Quellenangaben sagen?

          Das man ihn unter den Teppich kehren sollte?

          www.amnesty.org/en...de15/5141/2022/en/

          • @Rudolf Fissner:

            Sie sind wirklich ein witziger Mitforist.

            Unter den Teppich kehren? Als wäre jemals irgendein Vorwurf, den man gegen Israel erhoben hat, mochte er auch noch so abstrus oder verlogen sein, unter den Teppich gekehrt worden wäre.

            Allerdings habe ich ihn, so ganz privat, unter meinen Wohnzimmerteppich gekehrt. Weil er da hingehört.

            Ich kenne die Methode, warum sollte ich mir also die Langversion antun?

            Ich befasse mich auch nicht mit "Beweisen", die darlegen, dass Corona nicht existiert oder dass der "große Austausch" stattfindet.

            Freuen Sie sich doch einfach darüber, dass sie jetzt einen 278 Seiten langen Beleg haben.

            Den Sie eigentlich gar nicht gebraucht haben. Aber schick ist es schon.

            • @Jim Hawkins:

              Unter den Teppich kehren die AI Berichte andere Länder ebenso. Bleibt nur zu hoffen, dass in Deutschland sich nicht erneut so eine Einstellung breit macht, dann wird es nicht nur für mich ungemütlich hier!



              Und AI mit Querdenkern und Rechtsradikalen zu vergleichen ist nicht gerade seriös.

            • @Jim Hawkins:

              Lieber Jim, danke!!!!

  • Hm, da macht amnesty international einen 280 Seiten langen Bericht, in dem sie es sich eben nicht leicht machen, sondern basierend auf der Apartheid Definition im internationalen Recht: "The crime against humanity of apartheid is committed when serious human rights violations are



    committed in the context, and with the specific intent, of maintaining a regime or system of prolonged and



    cruel discriminatory control of one or more racial groups by another"

    Dabei schert ai nicht alles über einen Kamm sondern bemüht sich um eine ausführliche Darstellung auch der Unterschiede zwischen der Situation in Israel und den besetzten Gebieten.

    Könnte mensch ja eigentlich auch mal ernst nehmen.

  • “Doch die palästinensischen Israelis sind abgesehen davon den Gesetzen nach jüdischen Israelis völlig gleichgestellt'”

    Stimmt nicht. Dürfen sie ihre Verwandten nach Israel bringen? Haben sie "right of return" Dürfen Sie Håuser im Siedlungen kaufen? usw.

    Apartheid ist das richtige Wort

    • @Auskenner:

      Fordern Sie das "Right of Return", das Recht auf Rückkehr in deutscher Sprache, auch für die deutschen Vertriebenen und ihre Nachkommen ? Polen und Tschechien würden sich bestimmt über Ihre Ansichten freuen ? Ironie aus !



      Das Recht auf Rückehr fordert nicht nur das Recht der Vertrieben von 1948 , sondern auch ihrer Nachkommen bis zum heutigen Tage.

      • @Barthelmes Peter:

        Nun sollte man sich ohnehin davor hüten, mit historischen Analogien zu argumentieren, die dann doch nicht wirklich aufgehen, hier wurde Ihr Argument allerdings auch von der politischen Realität eingeholt: durch die EU-Freizügigkeit gibt es de facto ein Rückkehrrecht auch für deutsche Vertriebene und ihre Nachkommen.

  • Ich lese seit den 1970ern davon, dass Menschen im Westjordanland einer Art Rechtslosigkeit durch Israel ausgesetzt werden. Und ich wäre vorsichtig mit solchen Argumentation, da stellen sie einen Minister oder so etwas. Ismet Inonü war Kurde und Staatspräsident, Turgut Özal war Kurde und Premierminister und Staatspräsident, die Frau von Erdogan stammt aus einer kurdischen Stadt, das macht aus der Türkei kein Land, das Kurden gut behandelt, sondern es gibt endlose Belege für Diskriminierung und Verfolgung. In Deutschland ist Israel einfach ein extrem unangenehmes Thema und das wirkt sich auch darauf aus, wie über die Probleme dieses Staates geredet wird. Ich habe in meinem Land kaum was unangenehmeres gesehen, als die paar Tage West-Bank und durch Jerusalem durch. Wie auch immer das am Ende bezeichnet wird. Desmond Tutu hat Israel als Apartheit bezeichnet, mir ist das Wort nicht so wichtig, aber es gibt dort eine endlose Reihe von Verstößen gegen die Menschenwürde, die Palästinensern widerfährt.

    • @Andreas_2020:

      anschließe mich. Danke. Hab Ihrs erst im Nachhinein ☕️ ☕️ ☕️ gelesen. Mein jüngster Sohnemann hat mir unlängst via - couch&breakfast - wieder ähnliches berichtet.

    • @Andreas_2020:

      Niemand hat behauptet, dass die Palästinenser in Israel nicht benachteiligt oder diskriminiert werden. Aber Diskriminierung ist nicht das gleiche wie Apartheid. Ich empfehle die Lektüre von Geschichtsbüchern oder notfalls Wikipedia.

      • @MartinSemm:

        Wenn ich Menschen den Zugang zu gleicher Bildung, gleicher Medizin, gleichen Rechten, verwehre, ihnen den Zugang zu Wasser erschwere, ihre Häuser enteigne und sogar eine Mauer um sie baue, dann würde ich schon sagen, dass ich dabei bin, Menschen abzutrennen und das nur, wie es Israels rechte Politik gegenüber den Palästinenser:innen ist: weil diese eine andere Ethnie sind.

        Ich kann darunter, wenn ich das Apartheidssystem Südafrikas nicht als Einmaligkeit und damit sehr eng definiere, sehr wohl eine Form der Apartheid sehen.

      • @MartinSemm:

        Weshalb AI auch auf 280 Seiten dokumentiert, warum es angemessen ist von Apartheid zu sprechen; ich frage mich, wieviele der AI-Kritiker sich die Mühe gemacht haben, diesen gerade erst erschienen Bericht auch zu lesen.

  • Vielen Dank für den Kommentar.

    Wenn ich ehrlich bin, hätte ich diese Position von Frau Poppe nicht erwartet. Also bin in diesem Fall der Bornierte.

    • @Jim Hawkins:

      Da fehlt das "ich" zwischen "bin" und "in".

  • Ich fand das Statement von Yachad UK (links, 2 Staaten orientiert, jüdisch) ganz gut:



    twitter.com/Yachad...3186329609/photo/1

  • Grundsätzlich stimme ich dem Artikel zu, AI sollte gerade bei der Beurteilung emotional aufgeladener Konflikte auf äußerste Präzision achten. Allerdings habe ich den Original-Bericht nicht gelesen.

    Dennoch scheint es tatsächlich einige Probleme auch innerhalb Israels zu geben, beispielsweise durch das Fehlen einer Zivilehe, weshalb Menschen verschiedener Religionen anscheinend nicht im Land einfach so heiraten können (sondern nur innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft). Solche durchaus auch aus israel-freundlicher Sicht kritisierbare, aber wohl von den Orthodoxen verteidigte Bestimmungen festigen Parallelgesellschaften und begünstigen Diskriminierung. Vielleicht war sowas gemeint.