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Individualismus in der CoronakriseIch tu, was ich will

Der Geist der Solidarität scheint verflogen zu sein. Stattdessen macht sich nun ein Individualismus breit, der Menschenleben kosten könnte.

„Shoppen muss einfach sein“? – Individualismus vs. Solidarität in der C-Krise Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

In den Geschichtsbüchern, die Kinder in einigen Jahrzehnten gähnend aus ihren E-Ranzen ziehen, könnte stehen: „Mit der Pandemie der frühen 20er begannen Gesellschaften ihre Politik, Wirtschaft und Wissenschaft unmittelbarer aufs menschliche Leben auszurichten.“ Ein Satz, den die Schulkinder oft mit ihren intelligenten Textmarkern unterstreichen werden.

Oder aber die Geschichte lautet anders, nämlich so: „Nachdem sich die Gesellschaften einige Wochen zu Kontaktsperren verpflichtet hatten, begannen sie zu klagen wegen fehlender Möglichkeiten, zu dritt bummeln zu gehen. Seither gilt: Dass Alte und Vorerkrankte in der Ersten Welt hunderttausendfach an behandelbaren Infektionen sterben, ist der Preis, den wir gerne zahlen für quirlige Fußgängerzonen.“

Natürlich geht es nicht bloß ums Shopping. Der Lockdown hat Welleneffekte, es sind Existenzen gefährdet, angesparte Ruhestände oder das Auskommen im allernächsten Monat, das ist mir klar.

Es ist auch nicht der Frust, das Klagen und das Gesuche nach Auswegen per se, das mich diese Woche so enttäuscht hat. Sondern, dass die solidarische Stimmung offenbar verfliegt, das Impro-Unternehmertum, der radikale Umdenkgeist der ersten Pandemiewochen.

Die Verantwortung, Leben zu retten

Dass das Quäntchen moderner, menschlicher Sozialismus, das da bisweilen zu spüren war, einem ultraindividualistischen Liberalismussound zu weichen scheint, den prominente Stimmen aller politischer Milieus anschlagen und der in mancher Unterhaltung am Küchen- oder Browserfenster widerhallt. Einem aggressiven Liberalismus, der nicht fragt, was man selbst – in privilegierter Position – tun kann, um Not zu lindern. Sondern der darauf besteht, dass man tun dürfen muss, was immer man tun dürfen will. Der das Verbot um seinetwillen bekämpft – mit einem inhaltsleeren Freiheitsbegriff: Ich will tun, was immer man mir verwehrt.

Wahrhaftig nicht alles lief rosig bisher, aber da war kreatives Anpackertum, da war radikaler solidarischer Geist, der als unveräußerlich setzte, dass wir selbstverständlich auch die Schwächsten zu retten versuchen. Da war eine Stimmung, aus der heraus ein sinnvoller Exit zu planen gewesen wäre: der Exit aus einem System, das Leben von Jobs abhängig macht.

Wenn die nun einer Stimmung weicht, in der die Möglichkeiten unserer Medizin nicht zugleich auch unsere Verantwortung sind, Leben zu erhalten, dann... Nun, dann werden die Schulkinder das in ihren Geschichtsbüchern so nicht lesen. Denn die schreiben ja die Überlebenden.

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82 Kommentare

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  • 9G
    92290 (Profil gelöscht)

    " dass wir selbstverständlich auch die Schwächsten zu retten versuchen."

    Das ist absolut nicht wahr. Die Schwächsten haben weder von der herrschenden Politik noch von Otto-Normalbürger groß interessiert:

    Wo ist denn bitte der Aufschrei, dass in der Pandemie noch Waffen verlauft werden? Die ( zukünftigen) Toten zählen schon mal nicht. Was ist mit den Menschen in den Flüchtlingslagern? Was ist mit den Kindern in dysfunktiionalen Familien, die jetzt monatelang zuhause quasi eingesperrt sind?



    Da zählt nicht jedes Opfer.



    Es ist die selbe Heuchelei wie sonst auch. Der Unterschied ist nur, dass der Untertan jetzt wieder andersdenkende fröhlich denunzieren kann. Stets mit dem einen Argument, es zähle jedes Leben. Einfach nur lächerlich!

    • 9G
      92290 (Profil gelöscht)
      @92290 (Profil gelöscht):

      Korrektur:



      Die Schwächsten interessieren weder die herrschende Politik Otto-Normalbürger.

  • Ich stimme dem Kommentar nicht zu.



    Viele "Risikobürger/innen" - alte und kranke - sprechen genauso über die Auflockerung der verhängten Ver- und Gebote und möchten auch endlich mal wieder selbstständig einkaufen gehen oder in die Natur verreisen können. Und sei es nur der bescheidene Campingplatz am See.

    Was war das seit Mitte März für eine "Solidarität"? Alle hatten Angst und nähten zum Schluss ein paar Masken, mehr war das nicht.

    Jetzt reden sehr viele, die sonst viel konsumieren und sich wenig um ihre Gesundheit kümmern, plötzlich von Leben retten durch Einschränkungen und nennen das Solidarität?! Da kann ich nur lachen, wenn es nicht so traurig wäre.



    Viele Großeltern würden sicher lieber ein paar Jahre vorher sterben in Kauf nehmen als 10 Jahre ihre Enkel und Kinder jetzt nicht mehr sehen zu dürfen.

    Wo bitte sind alle diese Stimmen, wenn es um chronisch Kranke (und/oder Arme) geht, die es auch in Deutschland immer und viele gibt und die dadurch aus vielerlei Gründen dauerhaft eine eingeschränkte Lebensqualität haben?

    Die scheinbar Gesunden wollen doch, dass die Krankenkassen immer weniger Kosten übernehmen - sogar die Globuli, die nichts kosten sollen raus fliegen. Dass Ärzte und Pfleger nicht Geld für Zeit für Patienten bekommen, sondern nur pro Untersuchung mit teuren Geräten und pro Teller vor den Latz knallen?

    Das ist Dahinvegetieren für viele Menschen in Deutschland seit Jahren. Betrifft kranke und dadurch krank werdende Menschen teils genauso wie die unterbezahlten Pfleger/innen.

    Warum sollen wir uns jetzt plötzlich über die Folgen dieses eines Virus kümmern? Was ist mit dem ganzen anderen Kram aus dem Gesundheits- und Krankwerdebereich?

    Danke, Teddies für Kranke und Arme sind peinlich. Aber selbst die bekommt man aus Deutschland nur, wenn man weit weg unter akuten verheerenden Bedingungen lebt - kurzfristig werden dann auch bei so einer Gelegenheit die Wohnungen ausgemistet und man fühlt sich soooo gut, was zu geben.

    • @Hanne:

      Ziemliches Wirrwarr an Argumenten. Vielleicht noch die Düngemittelverordnung und die Radwege reinpacken.

      Und: wie bitte sollen Großeltern lieber Jahre vorher sterben, wie soll man das berechnen, wenn wir ein Datum gar nicht kennen, so einen bullshit habe ich selten gehört.

  • "Kreuzbergs Bürgermeisterin über den 1. Mai 'Das war eine wilde Coronaparty'

    Monika Herrmann, Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, über die Ereignisse in ihrem Bezirk, nachlassenden Sicherheitsabstand und egoistische Feiernde."

    www.tagesspiegel.d...arty/25796042.html

  • Ganz normale Höflichkeit und Rücksichtnahme werden inzwischen schon mal eben so mit „Solidarität“ verwechselt, obwohl es sich dabei um Selbstverständlichkeiten handelt. Solidarität geht über das Maß gesellschaftlicher Konventionen klar hinaus und ist daher immer weit mehr als nur eine Selbstverständlichkeit. Mittlerweile wird der Begriff der Solidarität hier ja für alles Mögliche und Unmögliche missbraucht. Wenn sich auch die politischen Prioritäten bei Corona ständig ändern mögen, so gibt es von Anfang an doch eine einfache Wahrheit - nur, wer infiziert ist, kann auch andere infizieren. Deshalb schützt sich vor allem selbst, wer andere nicht infizieren möchte. Durch die seltsame Mundschutzpflichtsdiskussionsorgie ist dieser doch recht einfach zu verstehende Zusammenhang leider völlig aus dem Blick geraten. Seither sind jetzt die anderen Schuld, die nicht den ganzen Tag mit Maske rumlaufen, wenn sich irgendwo wieder jemand infiziert hat. Die Eigenverantwortung wurde ohne Not aufgehoben und stattdessen eine allgemeine Pflicht eingeführt und diese kurzerhand mit „Solidarität“ ideologisch unterfüttert - als ob es nicht einen grundlegenden Gegensatz zwischen Pflicht und Solidarität gäbe.

  • War heute einkaufen und hab das Grausen gekriegt.



    Keiner hält mehr Abstand alle Regeln sind vergessen

    • 9G
      92290 (Profil gelöscht)
      @Opossum:

      Tja, so ist das. Man kann die Menschen soweit einschüchtern, dass sich kaum noch jemand traut öffentlichetwas gegen die Maßnahmen zu sagen.



      Am Verhalten zeigt sich dann aber, wie die Menschen die Lage wirklich einschätzen.



      Das werden auch die Oberlehrer und Konformisten nicht ändern könnnen.

      • @92290 (Profil gelöscht):

        Finde ihre Argumentation eigenartig.



        Diese Massnahmen haben uns vor ähnlichen Zuständen wie in Bergamo etc bewahrt. Wenn Sie jemals Kontakt zu Covid erkrankten gehabt hätten, würden Sie vermutlich solche Worte wie Oberlehrer und Konformisten in diesem Zusammenhang nicht in den Mund nehmen.



        Arbeiten Sie vielleicht ihren Nonkonformismus demnächst an weniger bedeutsamen Dingen ab.

    • @Opossum:

      Das war abzusehen und wurde mit vor der Pflicht einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen so auch mehrfach zu Bedenken gegeben.

      Außerdem liegt der seit einigen Wochen als Zielwert deklarierte R0-Wert seit Mitte März bereits unter/um 1,0 und fast niemand kennt jemanden, der tatsächlich sehr schwer in Deutschland erkrankt ist, wenn überhaupt an Covid-19, und Einkaufen geht auch mit begrenztem Einlass einfach nicht mit permanentem 2m-Abstand.

      • @Hanne:

        doch mit Rücksicht auf andere geht Einkaufen sehr wohl mit Abstand, dann bleibt der R0 Wert vielleicht auch länger unter 1.

    • @Opossum:

      Falsch. Ich halte Abstand.

    • @Opossum:

      Ach was Sie nicht sagen, hätte ja keiner für Möglich gehalten.



      Könnte das vielleicht auch an der Maskenpflicht liegen?



      War ja überhaupt nicht vorhersehbar.

  • Ist es wirklich die beschriebene Neo-Individualität, die Auslöser ist? Für mich ist vielmehr das Hü und Hot der Politik, nicht nachvollziehbare Beschränkungen die - je nach Portmonee - einzeln aufgehoben werden und die generellen Grundrechtseinschränkungen, die Gottseidank, nicht mehr die Gefolgsamkeit der Bürger erzeugt. Warum bekommen Konzerne mit Mrd.-Rücklagen Subventionen, während die Solo-Selbständigen herunterfallen? Je näher ein Selbständiger an der eigenen Rente ist und dafür vorgesorgt hat, desto eher muss er die Altersrücklagen für etwas nicht ganz nachvollziehbares aufbrauchen. Friseure mit engstem Kundenkontakt dürfen öffnen, Kita´s nicht. Die Familienbelastung ist enorm. Erst nutzt Mundschutz nicht viel, jetzt gibt´s Bussgeld wenn man keinen hat. Nee. lieber Reporter. Nur die Shopping-Wut ist es nicht. Es geht auch um unsere Freiheit. Und die wollen einige glücklicherweise noch verteidigen. ... und wenn´s nur für´s bummeln ist.

    • @Pukatze:

      Toll! Und die Freiheit mit einem dröhnenden Motorrad alle anderen zu stören, mit dem SUV den RAdweg zu schneiden, mit dem E-Bike Rentner mit Gehstock umnieten, macht ja nix, sterben ja eh bald, die Freiheit mit 280 nachts übern KuDamm zu brettern und sowieso über die Autobahn.... prima Freiheit.

      • @Maria Burger:

        Und Ihre Aufzählungen haben mit Corona bitte was zu tun?

  • Nudeln und Kopapier sind der Gegenbeweis, dass es vorher viel besser war - wie es natürlich vorher auch Einkaufshilfe für Senioren gibt und gab. Aus meiner Sicht hat sich nichts geändert, außer dass die Zahle der Neuinfektionen seit Wochen sinken und daher die Leute gern eine Pespektive sehen wollen, wann wieder Normalität einkehren kann.

  • Wenn die Corona Krise eins wieder mal offenabrt, dann das viele Menschen, wenns um ihre Interessen geht, nicht mal nen Zentimeter nach links oder rechts schauen wollen. Die Sorgen und Ängst Anderer werden bagatellisiert, für die eigenen wird bedingungsloses Verständnis bzw. Solidarität eingefordert.

    Und das gilt sowohl für wirschaftsliberale und hedonistische Individualisten, die jeglichen Verzicht als unzumutbar empfinden, als auch für diejenigen, die jede Frage nach gewissen Bürgerrechten und jegliche Form von Lockerung als unsolidarischen Ausbruch der Spaßgesellschaft abkanzeln.

    Dass Politik und gesellschaftliches Miteinander Maß und Mitte benötigen, dass es vielfältigste Schicksale gibt, vom Risikopatienten über Menschen, die in Angst leben, kollabierende Systemträger, überforderte Familien, zusammenbrechende Existenzen, Suchtkranke, isolierte Menschen in Heimen, Flüchtlinge an der Grenze, etc, scheint oftmals für eine allumfassende Bewertung nicht von Relevanz.

    Es geht wieder einmal nur um "wir" und "die Anderen". Und während der eine über Isolation für Senioren und von Stärke durch Herdenimmunität fabuliert, spricht der nächsteunter einem Bild einkaufender Menschen von "inhaltslosem Freiheitsbegriff" und "aggressiven Liberalismus".

  • Man kann es Individualismus oder Egoismus nennen. Den gibt es u. A. seit vielen Jahren beim Auto Fahren und den vielen Toten und Verletzten durch Raser, in der Stadt, auf Landstraßen und Autobahnen. Der CSU-Spruch freie Fahrt für freie Bürger ist Egoismus pur, sonst nichts.

  • Das kann ich so in meinem Umfeld nicht beobachten. Abstand halten, Mundschutz tragen usw. wird nach wie vor eingehalten. Das jetzt über den richtigen Umgang mit der Pandemie diskutiert wird, empfinde ich als positiv. Es gibt immer mehrere Wege zum Ziel.

  • In den letzten Wochen wurde inflationär viel von "Solidarität" geredet, wo in Wirklichkeit keine war.



    Abends um 21 Uhr für die unterbezahlten "Helden" klatschen, beim Einkaufen von Erdbeeren aus Spanien brav die Maske anziehen, ansonsten immer schön zu hause bleiben, den Mund halten und die Entscheidungen der Regierung toll finden.



    Amazon & Co. das Geld in den Allerwertesten schieben und gleichzeitig den unwiederbringlichen Verlust von zigtausenden Kulturschaffenden und kleinen unabhängigen Geschäften und Betrieben als "alternativlos" akzeptieren.



    Zuschauen, wie sich in anderen Kontinenten Wanderarbeiter ohne Perspektive in überfüllte Züge quetschen müssen, wie die Lebensmittelpreise explodieren und die medizische Versorgung implodiert, wie Hunger und Malaria hunderttausende tötet.



    Was war denn daran bitte solidarisch?



    Hat jemand tatsächlich erwartet, dass sich durch Corona und durch den massiven Lockdown, außer ein klein bisschen temporäre Demut, das Verhalten der Leute nachhaltig ändert?



    Angesichts der Tatsache, dass ausgerechnet unser wichtigstes und nachhaltigstes Gut, nämlich die Bildung, auf längere Sicht global zum Erliegen gekommen ist, ist es unwahrscheinlich, dass sich nach Corona irgendetwas ändert.

  • Kürzlich las ich den Kommentar eines englischen Journalisten, in dem dieser meinte, es sei ganz und gar unvollstellbar gewesen, dass jemand in London während der deutschen Fliegerangriffe fröhlich sein Licht anzündete, weil er sich von so einer diktatorischen Regierung nicht in seinen Grundrechten einschränken lassen wollte.



    Wie schade, dass Sars-CoV2 nicht ordentlich rummst und scheppert, dann hätten wir diese Diskussionen gar nicht. Schade auch, dass die Leichen nicht im Bollerwagen auf den Strassen transportiert werden wie zu Pestzeiten.



    Der Mensch marschiert grad mit vollem Speed die Evolutionsleiter runter. Was ich nicht sehen kann, gibt's auch nicht. Kein Ozonloch, kein Klimawandel, keine Gründe für Flüchtlinge, nach Europa zu kommen und selbstverständlich kein Corona. Und die Erde ist flach, was inzwischen Millionen Menschen zu glauben scheinen.

  • Tja das unterscheidet die Städter von Menschen aus dem Umland



    Ich kann mich in meinem Haus Monate wenn nicht Jahre beschäftigen. Habe Platz und Ausstattung für meine Hobbies.



    In einer überteuerten Miniwohnung in der Stadt hat man das nicht. Dort gibt es halt nur Geschäfte, Restaurants und Veranstaltungen.

    • @danny schneider:

      Daher verstehen wir (Nichtstädter) die Diskussionen nicht. Im Südwesten wird das die am besten gepflegte Krise bis heute werden. In jeder Strasse mind. ein Handwerker zugange. Bau- und Gartenmärkte voll.



      Das Bier mit den Kumpels wird im heimischen Garten getrunken. Was wirklich fehlt, sind die Vereinsaktivitäten.



      Auch das ist Deutschland im Shutdown.

    • @danny schneider:

      Dann freuen Sie sich doch, dass Sie das Glück gehabt haben, einen so gut dotierten Job zu finden, der Ihnen das ermöglicht. Da würden etliche mit weniger Glück sicher gerne mit Ihnen tauschen. Hat aber doch eher mit ungleicher Verteilung von Chancen als mit Corona zu tun.

    • @danny schneider:

      ??



      ...

    • RS
      Ria Sauter
      @danny schneider:

      Schön für Sie, wenn Sie das genau so möchten.



      Für uns wäre das eine Horrorvorstellung an einem Haus herumzuwerkeln und den Tag im Hobbykeller zu verbringen.



      Deshalb soll es bittefür alle eine Entscheidungsmöglichkeit geben .



      Anstand und Abstabd.

  • Da hilft nur eines: Weiter bewusst dafür werben, Freiheit anders zu interpretieren. Individualismus ist wichtig; aber wir sind eben nicht NUR Individuen, sondern auch von der uns umgebenden Gesellschaft geprägt. Wir sind auch voneinander abhängig. Und es kann in Zukunft eine andere Krise kommen, welcher Art auch immer, in der die jetzt weniger Gefährdeten gerade die Risikogruppe sind. Wollen wir, dass die Überlebenden der Coronakrise dann so handeln, wie wir jetzt?

    Hinter dieser Frage steckt der Kategorische Imperativ, und es lohnt sich, diesen neu verstehen zu lernen. Er ist nämlich viel komplexer als allgemein bekannt. Für Kant sind wir erst dann wirklich autonom, wenn wir entsprechend der Moral handeln. Der Kategorische Imperativ wird dann zu einer Verfassung, im Rahmen derer wir die Gesetze der Moral selbst bestimmen dürfen! Und er setzt uns in eine Beziehung zueinander, in der die Würde von allen zählt.

    Allen, die sich dafür interessieren, empfehle ich das Reclam-Heftchen von Tim Henning, „Kants Ethik“. 6,40 Euro sind wirklich bezahlbar für so viel Inhalt.

    Auch der sogenannte kategorische Rechtsimperativ Kants hat es in sich. Nach diesem sind Verbote nämlich durchaus gerechtfertigt, wenn sie ihrerseits ein Hindernis der Freiheit beseitigen. Und dass das Sterben wie die Fliegen in Italien ein Hindernis für individuelle Freiheit ist, ist recht klar zu erkennen. Wer tot ist, hat keine Freiheit mehr.

    Hierzu ist das Buch „Force and Freedom“ von Arthur Ripstein super. Das ist zwar deutlich teurer, aber für so etwas gibt es Bibliotheken und (hoffentlich auch irgendwann wieder) Fernleihe.

  • Individualismus? Das ist purer EGOismus und EGOzentrik.

    • @Jossi Blum:

      Individualismus ist die Kehrseite von Solidarität.

  • Di Fabio, Papier, Schirach, Castor und Palmer sind ja nicht die einzigen die sich entblöden. Losgetreten wurde es ja von Schäubele. Der Deutsche „Ethik“rat sieht in der Äußerung eine „staatstragende Bedeutung“, titelt das Handelsblatt. Dazu gesellte sich z.B. der katholische Bischof Franz-Josef Overbeck und Udo Di Fabio, Mitglied im "Expertenrat Corona" in NRW und Bundesverfassungsrichter a.D. der für freie Fahrt für freie Bürger plädiert, was im Fall von Corona sicher zur Massenkarambolage führt.

    Was will uns Schäuble und seine Fans sagen? Mehr Tote sind ok, damit die Wirtschaft brummt? Nein, es geht natürlich nur darum, arme langzeitarbeitslose Familien, die gerade mit ihren Kindern wie in China in ihre Wohnungen eingeschweißt werden müssen um neue Folgen des Horror-Klassikers Shining für den Coronabedingten steigenden Bedarf an Unterhaltungsserien zu produzieren, vor Folgeschäden der Anti-Coronamaßnahmen zu bewahren. Aber nehmen wir doch mal an, dem Handelsblatt, dem deutschen „Ethik“rat und allen, die Schäubles Äußerung gut heißen, ginge es doch um die Wirtschaft und vielleicht auch um Freiheiten und das Wohlergehen des Einzelnen. Bleibt immer noch die Frage:

    Warum sollten Menschen geopfert werden, wenn es dadurch für alle nur schlechter wird? Ist es wirklich zu schwer zu begreifen, das mit sinkender Zahl der Neuinfizieren auch die Ansteckungsgefahr sinkt und daher weniger Einschränkungen notwendig sind? Und warum sollte eine Steigerung von Infektionszahlen in Kauf genommen werden, damit Einwohner eventuellen Gefährdungen durch den Lockdown aus dem Weg gehen können, nur um dann zu einem späteren Zeitpunkt umso stärkere Maßnahmen ergreifen zu müssen und damit also die vermeidliche Gefährdung zu vergrößern?

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @kamera mann:

      .....auf Schäubles Mist ist jedenfalls gewachsen: kein Bankgeheimnis mehr, damit niemand sein eigenes finanzielles uns steuerliches Süppchen mehr kochen kann..

      • @97760 (Profil gelöscht):

        Schäuble sagte übrigens auch: „Wir haben vor Jahren alle mitgemacht, Finanzmärkte zu deregulieren. Es kam die Finanzkrise, und wir stellten fest: Wir haben es übertrieben. Solche Entwicklungen zu korrigieren, ist doch kein Fehler. Genauso müssen wir jetzt das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft neu justieren. Ich bin überhaupt nicht dafür, das marktwirtschaftliche Prinzip des Wettbewerbs abzuschaffen. Aber zur sozialen Marktwirtschaft gehört auch, dass wir in dieser Lage über stärkere Ausgleichs- und Begrenzungsmechanismen sprechen müssen. Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt, all die Schäden, die wir Menschen und vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun. Hoffentlich werden uns nicht wieder nur Abwrackprämien einfallen, die es der Industrie ermöglichen, weiter zu machen wie bisher.“

        Das hat nur niemanden interessiert.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Später wird man lesen, dass die Kinder von damals genug hatten von Smartphones und richtige Begegnungen herbeisehnten. Das die Eltern mehr Zeit hatten für ihre Kinder, als heute und die Familien enger zusammen kamen.

    Das galt natürlich nicht für die Narzissten unter uns. Die hatten auch häufig keine Kinder und sind jetzt fast ausgestorben.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Das mag alles für einen begrenzten Zeitraum richtig sein,



      irgendwann kippt die Situation aber, bei manchen Familien früher, bei anderen später, aber sie kippt.



      Ich verbringe zwar viel mehr Zeit mit meinen Kindern, allerdings ist diese Zeit nicht mehr so qualitativ hochwertig, da sie mit den Anforderungen des Berufs in HomeOffice konkurriert.



      Außerdem stellt sich irgendwann eine Sättigung an Kreativität ein. Auch die Lust daran, immer dasselbe zusammen zu spielen, nimmt dann ab.



      Nicht zuletzt können Eltern und Geschwister nicht Klassenkameraden, Freunde, Großeltern und sonstige Personen aus dem sozialen Umfeld nachhaltig ersetzen.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Skandal der ersten Qualität:



    Seit Jahren sind in Politik/Gesellschaft die Mißstände im Pflegebereich, und hier in den Altenheimen bekannt. Es ist bekannt, daß es mafiöse Strukturen gibt.



    Und es wurde nicht verhindert, daß das Virus grad hier fröhlich seine Opfer fand. Um diese Verhältnisse wissend, gehen mir die Pseudosorgen derjenigen, die Plattformen haben und sich wirkungsvoll artikulieren können, gewaltig auf den Senkel.

  • Nach einem halben dutzend Artikel a la "Die Krise als Chance" kommt jetzt die Ernüchterung.

  • In den Schulbüchern wird in 50 Jahren nicht viel über COVID-19 stehen oder war die "spanische Grippe" in den 70/80igern Lehrstoff und nur ich hab das nicht mitbekommen?



    Das, was man jetzt sieht, ist das egozentrische Weltbild der meisten Leute: Ich, ich, ich!



    Ganz extrem bei den "Ich hab ein Grundrecht auf Urlaub auf Malle" oder Lindner´s Talk-Show-Beiträge. Aber auch "links" ist´s nicht weit her mit vernünftiger Solidarität. Auch da ist das eigene Anliegen wichtiger als vorübergehender Verzicht, z.B. auf Demos, zum Schutz der Gruppe. (Dabei wäre die Botschaft in Home-Office-Zeiten wesentlich effizienter auf modernen Kommunikationswegen verbreitbar.)

  • Ist doch leider so dass wir Mittelklasse Linken im Home office sitzen, weiter unser Gehalt bekommen und uns gegen die Kapitalismus Lindners dieser Welt echauffieren und dabei vollkommen übersehen dass sich viele diese Debatte nicht leisten können und zur obskuren Rechten überlaufen. Solidarität innerhalb der Mittelschicht ist etwas kurz gedacht...

    • @Soran:

      Wir? Also ich weder Mittelschicht, noch Home Office. Im Gegenteil, Kurzarbeit bei dankenswerten 90%, bei eh schon magerem Salär. Trotzdem (oder darum?) keine Gefahr des Überlaufens zu rechten Obskuritäten und das mit der freiwilligen Solidarität klappt im meinem Umfeld auch recht gut.

  • Ich möchte gern mal genau wissen, ob wir zwischen dem 1. Mai 2018 und dem 1. Mai 2019 weniger Tote hatten als zwischen dem 1. Mai 2019 und dem 1. Mai 2020. Weiß es jemand genau?

    • @Thomas Schöffel:

      Es gibt da was Simpleres bei tagesschau.de, Faktenfinder. Und die schlichte Antwort ist JA!

    • @Thomas Schöffel:

      Für Deutschland gibt es wohl noch keine aktuellen Zahlen, aber schauen Sie für die europäische Übersterblichkeit auf euromomo.eu/graphs...s#excess-mortality



      Da sind die kumulierten Werte für 2020 bereits jetzt über den Gesamtjahreswerten der letzten Jahre.

  • Meine gesamte Planung für die nächsten 5 Jahre geht gerade mal den Bach runter. Ich werde alles umdenken müssen und weiß nicht, wie und ob ich das schaffe. ABER! Ich werde nicht verhungern. So viel steht fest. Oder, wie sagte der alte Mann in einem spanischen Altersheim, als 2010 ständig von Krise die Rede war? "Krise? Das ist nicht Krise! Krise ist, wenn in der Speisekammer kein Brot ist. Heute nicht, morgen nicht, nächste Woche nicht. (Kein Clopapier möchte man hinzufügen). Wie haben wir sie überwunden? Ärmel aufkrempeln und uns gegenseitig helfen!"

    Genau so halten wir es im erweiterten Familien- und Freundskreis. Die Solidarität ist da - aber sie ist leise. Lauter sind die Lindners der Nation, die mit permanent sorgenvoll hochgezogenen Augenbrauen die Talkshows vollquatschen. Die vor Kurzem noch "Der Markt regelt alles" herum posaunten. Und sich jetzt jeden Schwachsinn einfallen lassen um die Leute panisch zu machen, dann eine Scheinlösung anbieten, um gewählt zu werden. Dass ich noch mal Merkelfan werden würde, hätte ich bis vor 6 Wochen auch nicht gedacht.

  • Solidarität ist den Bach runter, das ist aber schon länger so. Vielleicht, weil im Turbokapitalismus der Mensch überwiegend nur noch als Konkurrent, Konsument und Produkttester gebraucht wird...? Da sind Hedonismus und Ignoranz evtl. eine Abwehrreaktion.



    Und jetzt kriegen wir erstmal laaangsam den Kapitalismus zurück, aber die Freiheit vielleicht nicht.

    • @kommentomat:

      Eher logische Folge als Abwehrreaktion.

  • Leider lese ich überall das Gleiche und verstehe es nicht.



    Die Aussage (auch hier im Artikel) ist: weil die doofen Jungen shoppen wollen müssen die armen Alten isoliert zu Hause sitzen und sterben an dem von den Jungen verbreiteten Virus.



    Das ist doch Unfug; Ist es jetzt besser, wenn aus Solidarität ALLE zu Hause hocken? Wem hilft das (außer, dass es eine völlig nutzlose Geste wäre)? Den Alten bestimmt nicht - denn wenn durch die Fortsetzung des Lockdown hier und weltweit vieles zusammenbricht kann auch niemand z.B. die tollen Renten der Alten finanzieren.



    Man sollte es doch bitte auch mal zu Ende denken: wie lange sollte den die Risikogruppe zu Hause sitzen bleiben, um wirklich sicher zu sein? Das kann dann wohl nur bis zum Lebensende sein, denn jeder der jemals wieder einen anderen Menschen trifft kann sich theoretisch anstecken. Morgen. Oder in 10 Jahren. Viren verschwinden doch nicht vom Erdball, nur weil wir ein paar Wochen (oder auch Jahre) Lockdown spielen. Nachdenken hilft!



    Wer sich ein realistisches Bild zu den von Regierung oder RKI verbreiteten "wünsch dir was" Zahlen machen möchte (und noch selbstständig denken kann): uebermedien.de/484...atistiken-ankommt/

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @hameis:

      Beifall. Einem ü70 jährigen mit Kunstherzen und Ersatzniere, der hinter Plexiglas lebt, bringt mein Mundschutz im Baumarkt gar nichts.

      • @97760 (Profil gelöscht):

        Und was ist Ihre Konsequenz daraus?



        Kein Baumarkt oder kein Mundschutz?



        Oder kein Plexiglas?

  • Autonome



    Ich sehe ein Foto mit Menschen, die sich unter Einhaltung des Abstandgebotes anschicken, den Einzelhandel durch Einkauf zu stützen. Ohne viel hinein zu legen...der Weg zum Bäcker, zur Drogerie, zum Dealer und zur Ersatzbeschaffung für am Knie zerschlissene Hosen ist unterschiedlich begründet. Ich bin genügsam, der Nachbar sorgt für Umsatz, so what?

    Ich lese auch mit dem gewählten Begriff Individualismus anstelle von Individualität eher die Klage heraus, dass sich die echten Autonomen alles herausnehmen, weil sie sich außerhalb der Regeln stellen. Egoisten sind die anderen, ich bin Autonomer, kämpfe für euch; im Widerstand bleiben Opfer halt nicht aus...

  • In aller kürzester Zeit, werden wir in Schulaufsätzen lesen, wie sich die Kinder fühlen und gefühlt haben, wenn sie spürten, dass ihre Eltern lieber zur Arbeit gehen als sich mit ihnen zu beschäftigen. Dass Eltern über geschlossene Kitas und Schulen schimpften; dass sie ihre Eltern gestört haben, die sie angeschrien oder in ihre Zimmer geschickt haben, weil Mama oder Papa am Computer saßen, und sagten, dass sie arbeiten mussten.



    Und von den Streitigkeiten der Eltern, für die sie sich verantwortlich fühlten, weil sie ja nicht in der Schule oder Kita waren.

    Es braucht keine kinderpsychologische Ausbildung, um zu wissen, dass Kinder sich bei Spannungen in der Familie in der Regel die Schuld an dem Streit der Erwachsenen geben. Es genügt, einmal eine Scheidung oder Trennung mit Kind erlebt zu haben.

    • @Drabiniok Dieter:

      DAs ganze Gejaule "und die Kinder!!!" kommt vorwiegend von denen, die sich einfach nur mal mit der eigenen Leere befassen müssen, wenn die Außenbespaßung weg fällt. Übrigens: Frankreich, mit mehr Kindern, mit mehr und härteren Ausgangssperren mault nicht so rum!

    • @Drabiniok Dieter:

      Viele "Kinder" der Aufbaugeneration sind genau so aufgewaschen. Die Eltern bauten sich ihre Selbständigkeiten ab Null auf, redeten bei Tisch fast nur da drüber. Kindergärten gabe es kaum. Die Kinder waren sich viel selbst überlassen. Sie sind heute 50-70 und genau so viel oder genau so wenig neurotisch wie die Hubschrauberelternkinder.

  • hier ist leider nicht verstanden worden dass solidarität (fraternité, gerne auch in ihrer weiblichen oder nicht-binären variante) nicht der gegensatz zu liberté (und auch nicht zu egalité) ist, sondern dass diese untrennbar zusammen gehören. es geht nicht um shopping sondern darum dass es prinzipiell wichtig ist alles tun (denken, sagen, schreiben...) zu zu können und dürfen, auch wenn niemand versteht warum (und es auch nicht muss), solange niemand dadurch nachweislich geschädigt wird (bei einer infektioskrankheit natürlich schon relevant). viele "linke" scheinen ein grundsätzliches problem mit liberalität (gerne auch mit dem präfix neo- denunziert) zu haben. ohne diese kann aber niemand ernsthaft leben wollen - ich auf jeden fall nicht.

  • Danke Herr Weissenburger für diese (unerwartete) Intervention zugunsten der Schwächsten. Es freut mich zu sehen, daß Sie die Unabhängigkeit Ihres Denkens und Fühlens bewahrt haben. Das ist selten. Chapeau!

  • Der Autor schreibt es ja selbst, es geht nicht nur ums Shopping. Die aktuellen Zustände bringen Eltern, Kinder, Menschen in prekären Lebensverhältnissen, Menschen, die nicht länger allein sein können, Menschen die Hilfe brauchen, an Grenzen. Schwer, sich die Not vorzustellen, wenn man privilegiert ist, ich weiß. Aber versuchen kann man es ja mal.

  • Leider empfinde ich diesen Text als unreflektiert uns bitter verseucht mit unschattiertem schwarz-weiß Gedanken tum.

    War es denn wirklich Solidarität, die die Leute zeigten, wenn sie ihre Nachbarn vorwurfsvoll dazu Mittel moralischer Vorwurfsklage verpflichteten, ihre Eigenständigkeit aufzugeben, um für sie einkaufen zu gehen? Ist es Solidarität, sich darüber zu echauffieren, dass Senioren es wagen, einkaufen zu gehen, obwohl es doch den Hilfsservice der netten Nachbarn gibt? Oder ist nicht gerade auch das eine Erxtremform des Egoismus, indem man eigene Moral und Opferbereitschaft zelebrieren möchte?

    Es gab nie Solidarität, denn Solidarität geht nie, wenn man dabei nur in eine Richtung schaut. Zwangssolidarisierung hat nichts heroisches in sich.

    Und es wird von der Politik auch keinerlei Solidarität vorgelebt. Es mangelt Merkel an jeglichem Respekt und jeglicher Solidarität, wenn sie gehauptet, wir alle säßen im gleichen Boot.

    • @Sabrina K.:

      Was ist aus Ihrer Sicht denn an der Anmerkung, wir säßen alle im gleichen Boot, respektlos und unsolidarisch?

      Für michg hört es sich ja genau nach einer Begründung für Solidarität an.

      • @rero:

        Kurz gesagt: jemandem, der jetzt in eine real existenzbedrohende Lage gestoßen wurde zu sagen, man säße im gleichen Boot, während man selbst nicht in dieser Lage ist, ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten. Denn Respekt heißt, dem Anderen sein Leid anzuerkennen und nicht abzutun und zu behaupten, man wäre in gleicher Lage.

      • @rero:

        Weil ein kinderloser IT-ler, der in seinem 170 qm Loft sitzt und im Homeoffice weiterhin arbeiten und seine 5000€ Netto bekommt, niemals im selben Boot sitzt, wie eine 5köpfige Familie, die nun einen arbeitslosen Elternteil und einen in Kurzarbeit hat und gemeinsam auf 80qm wohnen.

        Weil unsere Politiker, die weder Sorge um das Jetzt, noch um ihre finanzielle Zukunft haben müssen, nicht im selben Boot sitzen mit dem Cafebesitzer, der dieses Jahr im Februar neu eröffnet hat und dafür einen hohen Kredit aufgenommen hat, um im März wieder zu schließen.

        Weil gesunde Menschen nicht mit denen im Boot sitzen, die seit Wochen auf die Unterstützung durch ihre Selbsthilfegruppe, wie z. B. die anonymen Alkoholiker verzichten müssen oder mit Menschen, die seit Monaten auf ihre OP gewartet haben, um nun trotz schlimmer Schmerzen auf unbestimmte Zeit vertröstet werden.

        Wer behauptet, er säße im gleichen Boot, wie all die Menschen, die jetzt Not leiden ist dabei respektlos und frech.

        • @Sabrina K.:

          S@Sabrina Klitzy, sorry, wenn ich ihre Antwort richtig deute, aitzt man nie mit irgendjemanden im selben Boot, weil jeder urgendwo noch eigene Sorgen hat, die andere nicht haben.

          Ich sitze zum Beispiel mit Kurzarbeit mit 3 Personen auf 65qm ohne Balkon. Wir haben hier HomeOffice, HomeSchooling und stark Vorerkrankte.



          Wenn ich jetzt sage, ich verstehe die Ängste der Vorerkrankten, werde ich nach ihrer Theorie angemault, weil wir ja nicht im selben Booz sitzen, weil sie ja Kurzarbeit sind, obwohl sie gesund sind.



          Wenn ich jetzt sage, ich verstehe die Sorgen der Menschen, die in Kirzarbeot sind, werde ich angemotzr, weil ich ja sie Situation der Vorerkrankten gar nicjt einschätzen kann

          Ichbwürde eher behaupten, wir sitzen alle in mehreren Boozen und die Zusammensetzung ist individuell verschieden.



          Und genau deshaöb kann und nuss man mehrere Sichtweisen berücksichtigen

        • @Sabrina K.:

          Der Politiker/die Politikerin, die jetzt in schwieriger Lage "falsche" Entscheidungen trifft, könnte das beim nächsten Wahlgang das Mandat kosten, im unangenehmsten Fall den Staatsanwalt auf den Plan rufen. Der 5000-€- IT-ler gehört immerhin zu denen, die noch erheblichen steuerpflichtigen Umsatz und zu versteuerndes Einkommen generieren, während andere über Kurzarbeitergeld aus Steuermitteln alimentiert werden. Der Cafebesitzer hat sein Cafe nicht mit dem Garantieversprechen geöffnet, dass er reich und berühmt wird, sondern er hat als Unternehmer (hoffentlich) die Bedeutung von Wagnis und Gewinn begriffen. Dass ihn das Wagnis nun so schnell überrollt, gehört einfach mal zu den unternehmerischen Risiken dazu. Bei einem grandiosen Saisonstart seines Cafes würde er vermutlich nicht beim Staat anfragen, ob er etwas mehr Steuern zahlen darf. Insofern sind die kurzfristig aufgestellten Soforthilfen eine beachtliche Leistung staatlichen Handelns. Es kommt später darauf an, dass bei der "grossen Abrechnung" die Belastungen möglichst gleichmäßig auf alle verteilt werden und sich nicht einzelne Krakeeler einen schlanken Fuß machen.

          • @Edward:

            Es ist und bleibt dennoch nicht das selbe Boot. Der Politiker, der um sein Mandat fürchtet (das sehr viele angesichts der schockierend niedrigen Beteiligung im Bundestag ca 80% sowieso nicht verdient haben), muss dabei nicht Sorge haben, wie er seine Wohnung weiter finanzieren kann. Natürlich, im ersten Moment verliert niemand seine Wohnung. Doch in Ballungsgebieten mit Kurzen von 1800€ für 3-Zimmer-Wohnungen ist der Alleinerziehenden wenig geholfen, wenn sie die Miete zwar diesen Monat Stunden kann, in den nächsten aber drauf zahlen muss.

            Man kann es sich schön reden und Loblieder auf Hilfsmittel abstimmen. Die Not vieler einzelner lindert das aber nicht. Jeder sitzt momentan in seinem eigenen Boot. Die Einen haben ein Leck und drohen die gesamte Familie im Ozean zu ertränken, die anderen sind eine gemütliche Kreuzfahrt mit Kurzarbeit und Lohnaufstockung des Arbeitgebers bis auf teilweise 100%.



            Des einen Boot schippern gefahrlos vor sich hin, des Anderen hängt in einem massiven Sturm.

            Ich arbeite als Erzieherin sehr nah mit unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und Lebensgeschichten. Dort, wo du direkt mit Menschen arbeitest und mit ihrem echten Leben konfrontiert bist, kannst du nicht mehr übersehen und leugnen, wie viel Angst und Not gerade existiert und herrscht.

        • @Sabrina K.:

          Doch sie sind auf dem gleichen Traumschiff. Nur auf dem Unterdeck. Der Rest der Welt aber sitzt in lecken Booten.

        • @Sabrina K.:

          Klar, das Boot ist nur Narrativ einer fiktiven Gemeinschaft.

          Auf welcher alternativen Grundlage würden Sie als Politikerin Solidarität einfordern?

          • @rero:

            Solidarität lässt sich nicht einfordern und sie zu erzwingen in ein Widerspruch in sich.



            Auch steht sie nicht im Gegensatz zum Individualismus und zur Freiheit, im Gegenteil würde ich behaupten, ist Solidarität nur dort möglich, wo es Freiheit zu handeln gibt.

            Wenn ich aus Alternativlosigkeit vermeintliche Solidarität zeige, ist das kein soziales, auch kein sozialverträgliches Verhalten.



            Freiheiten zu rauben MUSS zwangsläufig zu asozialem Verhalten führen. Denn für den Verlust gibt es ja einen Schuldifen und das ist derjenige, dem man gegenüber solidarisch sein soll. Das funktioniert nicht.

            Dort, wo Menschen frei sind, können sie solidarisch handeln. Dafür kann man als Staat Plattformen bieten. Politiker beispielhaft voran gehen usw. Und dabei aber nicht vergessen, dass die eigene Solidarität nicht zur moralischen Pflicht für andere wird.



            Ist es sozialverträglich, der alten Nachbarin Hilfe anzubieten und sich anschließend bei Facebook darüber zu echauffieren, dass die doofe Alte trotzdem selber einkaufen geht? Nein. Ist es nicht. Im Moment herrscht ein völlig falsches Bild von Solidarität. Und es baut Feindbilder auf, den durch den Zwang.

            Als wäre es von jeder Seite notwendig, sich und sein Leben aufzugeben, um Solidarität zu zeigen. Die Jungen mit den Alten, indem sie opferbereit ihre Zukunft aufgeben sollen und die Alten mit den Jungen, indem sie ihr Selbstbestimmungsrecht herzugeben haben.



            Diese Denkweise und Handlungsstrategie kann nicht funktionieren.

            Solidarität heißt, sich dazu zu entscheiden und Entscheidungsfreigeit auch beim Anderen zuzulassen

            • @Sabrina K.:

              Solidarität erfordert komplett andere Strukturen und die hätten sei Jahrzehnten wachsen müssen, nicht binnen Tage erzwungen werden.

              In einer Gesellschaft, in der 2 Gehälter braucht, um halbwegs klar zu kommen, weil ein Gehalt komplett für die Miete und die Hälfte des Zweiten für Strom, Wasser, Versicherungen und andere Fixkosten drauf geht, bleibt wenig Atem und Raum für Solidarität.



              Dort, wo Senioren weggeschickt werden um von billigen Hilfskräften unterbezahlt versorgt zu werden, kann nicht plötzlich erwartet werden, Solidarität blühen zu sehen.

              Dort, wo Strukturen geschaffen wurden, über Jahrzehnte, in denen Senioren aktiver Teil der Gesellschaft sind, Teil von Familienleben und ihrer Umwelt, dort wo Zusammenarbeit immer schon förderlich und Alltag war, dort wird Solidarität automatisch entstehen. Außerhalb von Krisen und in eben solchen wird sie einfach as usual weiter gelebt und praktiziert.

              Das ganze hier könnte nur funktionieren, wenn dem eine massive und grundlegende Veränderung der Gesellschaft zugrunde liegen würde. Weg von Kapitalarbeit, hin zu Familienarbeit, Gesellschaftsarbeit und (!) umfangreichen Freiheiten zur Lebensführung.

              Wenn das Individuum aber Jahrzehntelang hart gearbeitet hat, um ein Haus zu bezahlen, damit die Kinder ein kleines bisschen Garten haben; wo Familien nur durch 2 Gehälter überhaupt eine schimmlige kleine Wohnung finanzieren können; wo Alleinerziehende 2-3 Jobs haben müssen, dort kann man nicht eben diesen Menschen im Land alles entziehen und dann fordern, dass sie lieb und solidarisch sind

              • @Sabrina K.:

                Danke für Ihre Ausführungen, ich verstehe Sie jetzt besser.

                Ich würde Solidarität anders definieren und käme deshalb auch zu einem anderen Schluss.

                Ich kann aber Ihre Sichtweise jetzt nachvollziehen.

        • @Sabrina K.:

          Niemand wird eine dringende OP verweigert. Die Menschen wurden und werden sogar immer wieder ermutigt, ins Krankenhaus zu gehen! Es werden nur OPs verschoben, die man verschieben kann. Die die Menschen eh verschoben hätten, weil sie ja lieber vorher noch 14 Tage Urlaub auf Malle gemacht hätten.

          Es wird so viel Mist in die Welt posaunt.

          • @Maria Burger:

            Weder hat meine Kollegin ihre Bandscheiben-OP bekommen, noch meine Oma ihre OP wegen grauem Star.

            • @Sabrina K.:

              Die OP- Verschiebung hätte Ihre Kollegin auch wegen einer schlichten Erkältung ereilen können. Das ist sicher ärgerlich, aber nicht lebensbedrohlich.

              • @Edward:

                Lebensbedrohlich nicht. Aber eben auch nichts, was unter "naja, doof gelaufen" abgestempelt werden kann, wie wenn jemand seine Mütze im Zug liegen lässt.

                Es sind massive und schmerzhafte, bewusst in Kauf genommene gesundheitliche Probleme, die dauerhaft einschränken. Die Aussage "hätte auch durch eine Erkältung sein können" ist leider argumentativ sehr schwach und wenig zielführend. Genauso könnte man argumentieren, jeder Coronatote hätte auch durch einen Autounfall sterben können.



                Beides ist eben ich aus den jeweiligen Gründen passiert, sondern aus gesellschaftlichen.

        • @Sabrina K.:

          Dem ist absolut nichts hinzuzufügen, so ist es.

  • Ent-Täuschung ist niemals schlecht, wenn auch manchmal schmerzhaft ernüchternd. Wann haben sich Menschen solidarisch verhalten? Die haben sich an verordnete Regeln gehalten, die sie offenbar nicht in Sinn und Zweck kapiert haben, sonst würden viele jetzt nicht wieder nach ihrer Konsumfreiheit und Grundrechten brüllen, dabei jedoch nicht kapieren wollen (oder können), dass jedes Recht auch eine Pflicht mitbringt, jede Freiheit eine Verantwortung.

  • Nein, man soll diesen Individualisten keine Corona-Erkrankung an den Hals wünschen. Aber eine zweite Welle mit noch steilerem Kurvenverlauf könnte auf die grassierende Unvernunft eine deutliche Antwort sein, die dann jeder versteht.

  • Das ganze auf Shoppen zu reduzieren, erscheint mir etwas einseitig. Bei vielen Menschen, denen es gerade nicht gut geht, dreht sich weiß Gott nicht alles um Konsum.

  • Mit Besorgnis und Belustigung beobachte ich die Klimmzüge, die so mancher Politiker, Lobbyvertreter, Unternehmer oder selbsternannter Freiheitsrechte-Verteidiger öffentlichkeitswirksam veranstaltet. Einerseit erscheinen mir manche Argumentationsketten bemüht und albern (persönliche Freiheit einfordern, aber nach Existenzsicherung durch Staatsknete rufen), andererseits offenbaren sie eine erschreckende Fixierung auf Partikularinteressen. Wer jetzt von weit reichenden regional oder lokal differenzierten Lockerungen schwadroniert, hat die föderalistisch verursachte Verwirrung zu Beginn der Krise bereits vergessen oder/und verkennt die Wucht, die aus kleingeistigen Neiddebatten um jeden Millimeter zusätzlicher Normalisierung erwachsen wird. Wer heute schon keine (gut begündeten) landesweiten Beschränkungen akzeptieren will, wird erst recht rebellieren, wenn in der Nachbargemeinde mehr geht, als vor der eigenen Haustür. Für so richtig fiese Neiddebatten hatten und haben wir immer das passende Personal - in allen Schichten.

  • Genau diese Enttäuschung habe ich in den letzten Tagen auch gespürt. Wobei ich jetzt von denen nix höre, die noch letztes Jahre eine unnötige Wertediskussion geführt haben. Wo sind die denn jetzt? Alle shoppen?



    Ich glaube, es muss vielen erst richtig dreckig gehen, damit man von dem Konsum-Fetisch loskommt

    • @Surfbosi:

      Wenn niemand mehr irgendetwas konsumiert dann geht's uns allen prima? Was für eine Logik.

    • @Surfbosi:

      So bitter es ist, aber wir brauchen in jeder Region Deutschlands, Nord, Ost, West und Süd mindestens ein Bergamo bevor es die Konsumsüchtigen kapieren. Aber auch dann nur wenn sie entweder psychologische Betreuung beim Entzug erhalten erhalten oder der kalte Entzug so lange dauert, dass die Sucht nicht gleich wieder aufflammt. Das setzt aber voraus, dass auch das Online Shopping eingestellt wird.

      Echte Solidarität gab es aber auch bisher nicht, denn alle konsumsüchtigen Online-Shopper haben sich null für die Folgen ihres Tuns für die Gesundheit der Mitarbeiter bei Amazon &Co interessiert. In das Bild passt dann auch, dass es nun auch noch das Real-Shopping wieder geben muss, am besten in der Variante real im Laden anschauen und dann Online bestellen, damit auch maximal viele Menschen unter dem eigenen Egoismus zu leiden haben.

      Konsunmrausch, Profigier und Wachstumswahn sind die drei wirklich tödlichen Krankheiten unser Zeit, dagegen ist Sars-CoV2 zu vernachlässigen. Das heißt nicht das ich Corona nicht ernst nehme und nicht denke das alle erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen werden sollen. Eine ganz wichtige Maßnahme wäre hier die Auseinandersetzung mit dem kollektiven Konsumrausch.

      • @Ressourci:

        "alle konsumsüchtigen Online-Shopper haben sich null für die Folgen ihres Tuns für die Gesundheit der Mitarbeiter bei Amazon &Co interessiert". Machen wir uns doch mal ehrlich: wen hat seit den 1970er Jahren das Sterben der Tante-Emma-Läden interessiert? Wer hat sich jemals um die Lieferanten von analogen Kaufhäusern wie Karstadt oder Hertie, von old-school Versandhändlern wie Quelle, Otto und Co. gekümmert? Fragen Sie sich bei jedem Theaterbesuch, ob der Bühnentechniker oder die Garderobiere angemessen behandelt werden? Oder im Freibad die Rettungsschwimmer, in den Schlössern und Museen die Restauratoren oder Aufsichtskräfte, im Zoo die Hilfspfleger? Ab wann beginnt für Sie Konsum-Sucht? Wenn jemand 4x pro Woche ins Theater geht und dort konsumiert, statt selber kreativ zu sein? Wenn große Firmen -oder einfacher: jede Autowerkstatt- aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auf Lagerhaltung verzichtet und lieber täglich die benötigten Teile ordert, müssen wir uns nicht wundern, wenn im Privaten dieses Selbstverständnis auch Einzug hält. Nur mit dem Unterschied, dass privat vermutlich viel mehr Zeug gekauft wird, das eigentlich keiner braucht.