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Corona und das Ende der SolidaritätLeben und sterben lassen

In der Coronakrise bricht sich eine Desolidarisierung Bahn, die schon lange angelegt war: Inklusion hat sich als Illusion erwiesen.

Die Krise hat den Abgrund gezeigt, der sich zwischen Kranken und Gesunden auftut Foto: Karsten Thielker

Sterben müssen immer nur die anderen, auch in Gedanken. Die meisten Gespräche über Covid-19 verlaufen so, als wären die Sprechenden selbst immun oder nur ganz am Rande betroffen. Man schiebt auf dem Rechenschieber Fallzahlen hin und her, referiert die Reproduktionsziffer, vergleicht die Todesfallraten: alles für ein bisschen Kontrolle.

Die vulgärmedizinische Unterscheidung zwischen tot und genesen gibt dann noch zusätzliche Sicherheit; wie es den Menschen mit schweren Verläufen geht, die jetzt mit teils herben Einschränkungen wer weiß wie lange leben werden, darüber liest man wenig.

Gipfel der Menschlichkeit ist der Verweis auf die Gefährdeten im eigenen Umfeld. Wer sich selbst für gefährdet hält, im Falle einer Infektion mit dem eigenen Tod rechnet, gilt schnell als unzurechnungsfähig, als hysterisch, neurotisch. Bedenken, klar, die darf man schon haben: aber Angst nicht. Es muss schön abstrakt bleiben und nicht zu persönlich werden.

Es scheint, als sei die Selbstlüge, man werde schon nicht schwer getroffen, zentral für die mentale Gesundheit. Aber es ist keine echte Wahl, sich zwischen der Psyche und den Lungen zu entscheiden. Insofern ist der gern verwendete Hinweis auf besonders belastete Mitmenschen, denen der Shutdown nicht zuzumuten sei (Alleinerziehende, Menschen mit Depressionen, etc.) oft genug wohlfeil: Denn er führt nicht zu einer Diskussion darüber, welche Unterstützung sie gerade bräuchten, um sicher durch die Krise zu kommen.

Selbst Schuld?

Stattdessen sollen jetzt belastete Alleinerziehende ihre Kinder in die Notbetreuung geben und sich einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen. Und wer das nicht annimmt, ist was – selbst Schuld? Es ist eine alte ableistische Strategie, Diskriminierungen gegeneinander auszuspielen.

Gesunde haben Schwierigkeiten, sich vorzustellen, sie seien krank; deswegen applaudieren sie auch den Ärzt’innen und Pflegenden von ihren Balkonen, weil die ihnen die Kranken vom Leib halten. Dieser Applaus ist vor allem ein Othering.

Und es gibt genug Ärzte, die das von ihrer Seite aus unterstützen. Der Hamburger Pathologe Prof. Dr. Klaus Püschel zum Beispiel, der Covid-19-Opfer obduzierte und dann bei Markus Lanz verkündete: „Es sind alte und kranke Menschen, von denen einige sowieso sterben würden.“ Schöner hat bisher keiner gesagt, dass Nichtrisikogruppen unsterblich sind.

Wenig hat diese Krise deutlicher gezeigt als den Abgrund, der sich zwischen Kranken und Gesunden auftut: Zahllos sind die Stimmen, die dafür plädieren, „Risikogruppen“ zu isolieren zum Wohl der Gemeinschaft, der Wirtschaft, des öffentlichen Lebens. Die letzten Jahrzehnte Integrations- und Inklusionsmaßnahmen waren Makulatur. Wir sind nicht eine Gesellschaft. Wir debattieren ernsthaft die Verschärfung einer Segregation, die so schon immer existiert; wieder einmal unter Ausschluss derjenigen, die es betreffen wird.

Vulnerable Gruppen

Oliver Köhr kritisiert in der „Tagesschau“ lang und breit, dass Angela Merkel die Öffnungsdiskussionen zu Orgien deklariere; ganz ohne sich die Frage zu stellen, wer eigentlich gehört wird in solchen Diskussionen.

Denn natürlich ist es so, dass auch davor schon die vulnerablen Gruppen im Mittel schneller starben, früher und ernsthafter erkrankten und mehr Schwierigkeiten hatten, Hilfe zu bekommen. Die Desolidarisierung, die sich jetzt Bahn bricht, ist schon lange angelegt. Die Gegensätze werden nur sichtbarer in Zeiten der Krise; bis hin zu den Handouts für Triagen, die eine klare Hierarchisierung vornehmen, wer rettenswerter ist als andere.

Die Lage wäre sehr viel weniger schlimm, wenn sich jede’r betroffen fühlen würde, statt damit beschäftigt zu sein, sich aus Risikogruppen herauszurechnen. Es wird zu einer stärkeren Spaltung führen, und sie wird gerade nicht dazu führen, dass eine größere Achtsamkeit entsteht. Die Gewissheit der vielen, dass immer die anderen sterben, ist auch eine selbsterfüllende Prophezeiung.

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55 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Wenn sich alle für Teil einer Risikogruppe halten und vor Angst zuhause bleiben, wer stellt dann das Essen für den Verfasser her?

    Wie sollen Menschen identifiziert werden, die Hilfe brauchen, wenn die sich vor Angst zuhause isolieren?

    Ich habe eine chronische Lungenkrankheit, aber mich für bis zu zwei Jahre oder noch länger zuhause einzusperren, ist auch keine Lösung. Auch Depression kann tödlich sein. Drei Tage nach Erscheinen dieses Textes habe ich deswegen den ersten Freund zu betrauern.

    Mit der Angst vor der Seuche gegen die Angst vor dem Mitmensch zufelde zu ziehen, ist keine gute Strategie. Angst lähmt und macht depressiv, agressiv, irrational. Man ist besser beraten, sich zu fragen, wovor konkret man sich fürchten muss (Ansteckung) und wie man das im Konkreten bestmöglich verhindert.

    Klassenkampf von oben ist zuallererst die Forderung, fast alle privaten Kontakte abzustellen und trotzdem weiterhin auf Arbeit zu gehen. In einer klassenlosen Gesellschaft würde zuerst die gesellschaftlich nicht stark notwendige Arbeit bzw. die damit verbundenen Kontakte eingestellt werden (Großveranstaltungen inklusive). Erst, wenn es dann noch nötig wäre, kämen private Einschränkungen.

    Desweiteren ist auch die Forderung, "durch die Krise" zu kommen, menschenverachtend, weil das bedeutet, dass es hinterher so weitergeht wie zuvor. Das heißt aber auch, dass wieder viel mehr Menschen im Straßenverkehr sterben werden. Deren Leben werden nicht durch autoritäre Maßnahmen gerettet.

    Diese Politik in ihrer Gesamtheit gehorcht nicht einmal ansatzweise der derzeit verkündeten Logik, Menschenleben seien nicht gegeneinander aufzuwägen. Um Menschen vor Covid-19 zu schützen, werden Suizide, Femizide und vermehrte Tote durch Herzinfarkte billigend inkauf genommen. Das ist eine utilitaristische Logik, die die Minimierung der Todeszahlen bei gleichzeitiger Maximierung des Profits zum Ziel hat.

    Der Deutsche "Ethikrat" spielt mit. Ein "gesellschaftliches Lebensrisiko" solle es schon geben.

  • 0G
    09922 (Profil gelöscht)

    Ich bin betroffen von der Krise. Ich hatte 2018 vier Wochen schwere Grippe gefolgt von zehn Wochen Lungenentzündung. Ich weiß daher, was mir blühen kann, wenn ich mir das Virus einfange. Und trotzdem habe ich als Selbstständige viel mehr Angst davor meine wirtschaftliche Existenz und meine Wohnung zu verlieren als vor dem Virus.

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Vermutlich sind Sie - nach neuesten Erkenntnissen - dadurch, dass Sie 2018 ein schwere Grippe durchgemacht haben, jetzt sogar besser vor Corona gewappnet. Ich denke im übrigen auch, dass wir ganz allgemein allmählich an einen Punkt gekommen sind, wo die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden weitaus größer werden, als es die Schäden durch die Krankheit selbst jemals hätten sein können. Ich kann eigentlich nur hoffen, dass ich mich da irre.

  • "Aber es ist keine echte Wahl, sich zwischen der Psyche und den Lungen zu entscheiden. Insofern ist der gern verwendete Hinweis auf besonders belastete Mitmenschen, denen der Shutdown nicht zuzumuten sei (Alleinerziehende, Menschen mit Depressionen, etc.) oft genug wohlfeil: Denn er führt nicht zu einer Diskussion darüber, welche Unterstützung sie gerade bräuchten, um sicher durch die Krise zu kommen."

    Eine gute Beobachtung! Ich möchte hinzufügen: Die anderweitig Belasteten werden in der Manier eines bockigen Kindes missbraucht, um den eigenen Unwillen zur Selbstbeschränkung ausleben zu können ohne dafür verantwortlich gemacht zu werden.

    ----- OFF TOPIC -------------

    @ Jim Hawkins, Sven Günther, Uranus, Normalo, Wolfang Leiberg, Rolf B.,JHWH u.v.a.:

    Ich wollte mich gerne persönlich (vorläufig) verabschieden.



    In letzter Zeit habe ich gemerkt, wieviel entspannter mein Leben ist wenn ich weniger im Internet unterwegs bin. Dieser Einsicht möchte ich folgen.

    Eure Beiträge haben mich bereichert, manchmal geärgert und häufig gefreut, dafür mein ernstgemeinter Dank von ganzem Herzen.

    Normalerweise wären Wünsche für die Gesundheit an dieser Stelle angebracht. Aber da es sich nicht lohnt, das Offensichtliche auszusprechen, möchte ich lieber mit Peter Rühmkorf schließen:

    Bleibt erschütterbar und widersteht

    pitpitpat

    • @pitpit pat:

      Jetzt erst gesehen.

      Das finde ich schade, aber verstehen kann ich es auch.

      Also Ahoi und immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel!

      "Der Seemann

      Ich komme und gehe wieder,



      Ich, der Matrose PitPit Pat.



      Die Wellen des Meeres auf und nieder



      Tragen mich und meine Lieder



      Von Hafenplatz zu Hafenplatz.

      Ihr kennt meine lange Nase,



      Mein vom Sturm zerknittertes Gesicht.

      Daß ich so gern spaße



      Nach der harten Arbeit draußen,



      Versteht ihr das?



      Oder nicht?

      (leicht abgewandelt)

    • @pitpit pat:

      Danke ;)

  • "Wir sind nicht eine Gesellschaft. Wir debattieren ernsthaft die Verschärfung einer Segregation, die so schon immer existiert; wieder einmal unter Ausschluss derjenigen, die es betreffen wird."

    Das ist genau der Punkt, die Basis der Marktideologie. Nochmal die Brunnenvergifterin Nr 1, Thatcher zitiert: "There is no society". Das war Wunschdenken und neoliberale Agenda und viel davon wurde mittlerweile umgesetzt, mit dauerhafter Manipulation und Gewalt. Aber es ist nach wie vor kranker Schwachsinn, zum Nutzen von wenigen Ultra-Egoisten. Keiner von uns kann alleine existieren, jeder von uns braucht andere, eine Form von Gemeinschaft. Reiche weniger, die können Gewalt in Form von Geld oder Macht ausüben, um andere zu zwingen, ihnen zu helfen, um sich aus problematischen Situationen freizukaufen. Hatten wir mittlerweile viel zu oft. Wenn das die zeitgemäße Gesellschaftsordnung darstellen soll, dann vielen Dank, kein Bedarf.

    Aber logo gibt es society. Die Nähszene zb, die jetzt aus eigenem Antrieb so viele Masken produziert, (weil weder Staat noch "Markt" es gebacken kriegen) dass es kaum noch Einziehgummis gibt. Und die geben die Masken an Leute weiter, die sie brauchen. Und die Marktfuzzis? Trumpfen mit Wucherpreisen für Masken auf. Zieht doch auf die Cayman Islands - hier wird euch keiner vermissen.

  • Oha, guter Artikel - im Tenor fast zu harmlos. Balkonklatschen ist definitiv othering. Wie schon von anderen ForistInnen ausgebreitet, ist das Konstrukt "Risikogruppe" ein klassisch neoliberales. Es geht also ausdrücklich darum, jemanden zurückzulassen.



    Natürlich taucht da die eigene Sterblichkeit nicht mehr auf. Die Welt als Casino. Und alle so "Risiko!". Ist ja schön, daß die AfD in Umfragen "nicht von Corona profitiert", aber die Offenheit mit der gerade ausdiskutiert wird, wieviel und welchen Menschen man "besonderen Schutz" zukommen lassen müßte, damit die Maschine wieder rollt, ist ein bequemer Einstieg in die Eugenik.

  • Wer ein bißchen nachdenken kann, wird feststellen, dass es Risikogruppen und Nicht-Risikogruppen das gleiche Interesse haben.

  • Diesem Artikel stimme ich weitgehend zu.



    Ich denke, dass die Gesellschaft seit jeher weit weniger solidarisch ist, als sie vorgibt.

    Zur Zeit gibt es eine sehr große Gruppe, die folgendermaßen bezüglich des Maximums an Solidarität denkt und fühlt:

    "Da kann ich gar nichts dafür, dass sie/er jetzt gestorben ist, schließlich haben wir als BRD Gesellschaft ihr/ihm einen Intensivpflegeplatz inclusive Beatmuungsgerät zur Verfügung gestellt".

    Der Arbeitspunkt heisst:



    Jede/r soll Intensivpflegeplatz inclusive Beatmuungsgerät haben können.



    Auf diesen "moralisch ausreichendenden" Arbeitspunkt wird sich die BRD orientieren/einpendeln wollen und vermutlich auch etliche andere "fortschrittlich-demokratisch" Staaten.

    Mehr Mitgefühl und Rücksicht geht halt nicht. Das halte ich für die bittere Wahrheit.

    Wer den Umgang mit "Nutztieren" beachtet, zweifelt schon lange an (der Ausprägung von) Mitgefühl und Rücksichtnahme.

  • „...wie es den Menschen mit schweren Verläufen geht, die jetzt mit teils herben Einschränkungen wer weiß wie lange leben werden, darüber liest man wenig.“

    Das ist leider so und das ist sicher auch so gewollt, denn das Credo der Gesundheitspolitiker lautete von Anfang an immer: Wir sind gut vorbereitet, denn wir haben viele Intensiv- bzw. Beatmungsplätze in unserem System. Dass es auch ethisch mehr als zweifelhaft sein könnte, die nicht selten schon sehr alten und schon vorher sehr kranken Menschen auf Teufel komm raus bis zum Schluß zu beatmen, wurde auch vor Corona schon gern völlig ausgeblendet, weil Intensivbeatmungen den Klinken in diesem System schlicht gutes Geld einspielen, obwohl, oder gerade weil (?) der Patientennutzen mehr als zweifelhaft und vielfach gar nicht gegeben ist.

    Man hört auch praktisch nichts Konkretes darüber, wie Covid-19 Patienten in den Klinken tatsächlich behandelt werden, ganz so als ob alle automatisch künstlich auf Intensivstationen beatmet würden. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

    • @Rainer B.:

      Zum ersten Absatz ihrer Antwort: Das ist zwangsläufig die Folge, wenn Einrichtungen im Gesundheitswesen vorrangig nach betriebswirtschaftlichen Kriterien betrieben werden müssen. Ab Mitte der 80er war das die Maßgabe der Politik, eingeflüstert von Marktideologen. Ein krankes Konstrukt. Da ist es durchaus angebracht, die Systemfrage zu stellen und diesen Bereich dem Marktvandalismus zu entziehen. Nicht nur da übrigens.

      Zu Ihrer Frage, wie Covid-19-Patienten behandelt werden: Abgestuft, je nach Schweregrad. Ein größerer Teil ganz normal, ein kleinerer Teil auf Intensiv und ein Teil davon wird beatmet. Es wird versucht, die Beatmungszeiten kurz zu halten, weil sie belastend für den Organismus sind. Geplante OPs wurden, wenn möglich, verschoben, aber sobald Covid-19-Fälle nicht mehr ansteigen, wird versucht, die verschobenen Behandlungen nachzuholen. Die Situation ist in Kliniken je nach Region/Einzugsgebiet stark unterschiedlich und hat Wellencharakter. Auch der Krankenstand der Mitarbeiter wird beobachtet, genauso wie die Verfügbarkeit Covid-19-relevanter Zutaten (Desinfektionsmittel, Masken, ...) aus der Materialwirtschaft. Kliniken müssen diese Dinge derzeit zu Wucherpreisen aus anderen Quellen beschaffen als normalerweise und dabei mit anderen Kliniken konkurrieren. Als hätten sie sonst keine Probleme.

      Viele Kliniken in D haben zusätzliche Intensivbetten arrangiert (zb Aufwachräume neben OP-Sälen umfunktioniert), und es gibt zur Zeit finanzielle Entschädigung für freie Betten.

      • @uvw:

        „Ein größerer Teil ganz normal...“



        Meine Frage war ja gerade, wie denn dieses „normal“ aussieht und ob das dann wirklich nur in einem Krankenhaus möglich sein sollte.

  • Ja, die Leute beschäftigen sich derzeit mit Statistiken im Zusammenhang mit dem Virus. Sie lernen dabei wie flexibel die Fragestellungen und die Ergebnisse sein können. Das sorgt erst einmal für einen Erkenntnisgewinn in Bezug auf den Umgang mit wissenschaftlichen Daten.

    Niemand möchte krank werden und deshalb ist man (ich) versucht, seine Chancen möglichst günstig einzuschätzen.Je nach Gemütsverfassung steigt der Angstpegel. Eigentlich ist das nur menschlich. Die Definition von Risikogruppen ist für sich bereits eine Diskriminierung im Wortsinn. Das finde ich gut begründet und es ist auszuhalten. Mir scheint in dem Artikel steht zwischen den Zeilen die altbekannte Botschaft: "Es wird alles immer schlimmer" . Ich kann das nicht bestätigen und finde derzeit meine Mitmenschen besonders nett.



    -- Doch jene, die Hefe und Mehl horten, das sind Idioten.

  • Das Thema ist für die meisten von uns nicht wirklich greifbar. Ich kenne keinen Erkrankten, ich kenne auch keinen, der einem Erkrankten kennt, und auch kenne ich keinen der einem kemnt, der einen Erkrankten kennt.



    Dafür kenne ich aber einige Kränkenhausärzte und die berichten von einer sehr entspannten Situation. Die meisten haben weniger zu tun als im Normalbetrieb. Da fällt es schwer die persönliche Panik hoch zu halten.

    • @Aymen:

      Das entspricht auch meinen Beobachtungen im Bekanntenkreis. Pandemien waren früher mal leicht zu erkennen an den Leichen, die überall auf den Bürgersteigen lagen. Davon kann hier - zumindest derzeit - noch gar keine Rede sein und nach allem was man bis jetzt über Covid-19 weiß, ist damit auch wohl nicht wirklich ernsthaft zu rechnen.

    • @Aymen:

      Richtig, auch ich kenne einige Ärzte die das exakt gleich berichten, die Studierenden (im PJ) vertrieben sich die Zeit durch Computerspiele.



      Gleichzeitig werden OPs verschoben bzw. gar nicht erst terminiert, Vorsorge vernachlässigt, usw. Kurzarbeit gibts auch schon bei Kinderärzten, Allgemeinmedizinern, Zahnärzten usw.



      Und nur wegen des großen Einmaleins: Derzeit in DE ca. 50.000 Infizierte, bei 80 Mio Bürgern also ca. jeder 1.600-ste der krank rumläuft oder vielmehr in Quarantäne ist. Ich begegne jeden Tag (homeoffice) irgendwie 5 Leuten, das heißt also in ca. 300 Tagen treffe ich mal einen Kranken, der dann aber unentdeckt sein muss und mich auch anstecken sollte um bei mir ein Problem zu erzeugen.



      Und @Autor, Herr Valin:



      Ich habe gegen all die Restriktionen nix, wenn wir uns nach Corona auch mit gleicher Intensität den anderen Themen widmen: Klima, Feinstaub, Energiewende, MRSA, Malaria, Bildungschancen, Integration, Entschuldung armer Länder, Plastik im Meer, Faire Löhne für Näherinnen in China usw. ...



      Da wir das aber nicht machen werden, weder Politik noch Medien, noch (Fachliche) Spezialisten...dann scheint das einzig Wohlfeile, beliebig gar...eben die drei Genannten in ihrem jetzigen Verhalten zu sein.

  • Ich bin jung, gehöre vielleicht nicht zur Risiko Gruppe. Aber ich mache mir mehr Sorgen um meine Eltern und anderen älteren Bekannten in der Familie.Die Schulen zu eröffnen (hier in NRW) wird hoffentlich nicht nach hinten losgehen. Denn diese Kinder könnten die Krankheit mit nach Hause bringen und ihre Eltern dadurch ungewollt gefährden.

    • 0G
      00677 (Profil gelöscht)
      @Brasco:

      Zur Problematik der "Risikogruppe" bitte mal hier Punkt 10 lesen:



      correctiv.org/fakt...rus-im-faktencheck

  • Ich bin selber Teil diverser Risikogruppen:



    62 Jahre, Übergewicht, Bluthochdruck und bestrahlter/operierter Krebspatient mit Metastasen.



    Plädiere jedoch für mehr Gelassenheit und langfristiges Denken. Für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass es in den nächsten Jahren KEINEN Impstoff und KEIN wirksames Medikament gibt steht aus meiner Sicht nur ein Weg aus der Krise offen. Dieser Weg ist die Erzielung eines ausreichenden Durchseuchungsgrades zum Erreichen der Herdenimmunität.



    Jeder der diesen Weg, der mit Sicherheit viele Tote kosten wird als "unmenschlich" oder "unsolidarisch" kritisiert möge bitte eine andere realistische Strategie für die nächsten Jahre vorschlagen.



    Zum Schluß sei daran erinnert, dass Solidarität keine Einbahnstraase ist.



    Auch die Jungen und Gesunden haben ein Recht auf die Solidarität der Alten und oder Kranken.



    Wir dürfen den jungen und Gesunden nicht die Jahre Ihrer Jugend rauben nur um unsere eigene Existenz unbedingt zu verlängern.



    Ich lebe gern, noch wichtiger ist mir aber das meine 17 Jährige Tochter und ihre Altersgenossen ihre Jugend genießen können, dafür nehme ich dann halt ein höheres Risiko in Kauf.



    Wir leben in einer Gesellschaft, die den Tod an die Seite gedrängt hat müssen aber trotzdem alle sterben, deshalb empfehle ich Gelassenheit gegenüber dem eigenen Tod. Wichtig ist es gut zu leben und nicht möglichst lange!

    • @Thomas Dreher:

      Gut formuliert, Sie sprechen mir aus dem Herzen!

      Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute und natürlich auch Gesundheit!

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Thomas Dreher:

      Welche Herdenimmunität? Gibt es eine Herdenimmunität gegen HIV? Wieso soll es eine Herdenimmunität geben , wenn selbst an Covid 19 Erkrankte erneut erkranken können? Bedeutet Herdenimmunität, dass wenn ich einmal an Grippe erkrankt war keine Grippe mehr bekomme ? Ist es nicht so, dass eine Grippeschutzimpfung nur zu ca 50% eine erneute? Was ist mit der Herdenimmunität, wenn das Virus sich minimal verändert? Ich denke es gibt keine Herdenimmunität. Wenn es sie gäbe, dürfte es auch keine Grippetoten mehr geben. Die einzige Möglichkeit wäre die Grippeviren sterben ab.

    • @Thomas Dreher:

      " wichtiger ist mir aber.... ihre Jugend genießen können"

      Es gibt genug andere, die nicht so großzügig sind, ihr Leben gegen den Genuss von anderen zu tauschen.

      Es gibt wohl in der Geschichte kaum eine Jugend, die, zumindest hier im Westen, ihr Leben so geniessen konnte.

      • @fly:

        Sie haben recht wir konnten unsere Jugend genießen, und deshalb wäre es aus meiner Sicht unsolidarisch und amoralisch dies der heutigen Jugend über Jahre zu verweigern, nur damit Menschen aus den Riskogruppen einige Zeit ein Leben voller Angst vor möglicher Ansteckung fristen können.

        • @Thomas Dreher:

          Wir dürfen nicht vergessen, das viele Menschen in Risikogruppen auch Eltern sind

          Und mal ganz ehrlich, ich habe in der Nachbarschaft eine junge alleinerziehende Mutter, die aufgrund einer Erkrankung Immunsupressiva einnehmen muss, also Hochriikogruppe, wie würde ees wohlnihren knapp dreijährigen Sohn gehen, wenn die Mutter nicht mehr da ist, ich bin mit sicher, er wird sein Leben nicht mehr genießen.

          Es wird immer gerne vergessen, das auch 20, 30, 40 und 50 jährige zu Risikogruppen gehören können

          • @Mutter03:

            Streng genommen besteht die Risikogruppe aus ca. 30 Millionen Personen, die sich folgendermaßen zusammensetzt:

            Bevölkerung 70+, das sind 13,1 Millionen

            Asthmatiker, da kommen noch 8 Millionen dazu.

            Dann kommen die Schwerbehinderten, von denen es 7,8 Millionen gibt.

            Last, but not least, die Herzkranken, das sind 1,7 Millionen

            Wie gesagt, 30 Millionen.

            Wie man die isolieren und versorgen will, das ist zumindest mir noch nicht klar.

            Ach ja, ganz vergessen, die sollen sich ja mit ihrem Tod anfreunden, damit die Kinder wieder spielen können.

    • RS
      Ria Sauter
      @Thomas Dreher:

      Danke für diese Worte, denen ich nur zustimmen kann.



      Ich gehöre mit meiner Krebsvorerkrankung, meinem eingeschränkten Atemvolumen und meine.n fast 70 Jahre n auch zur Risikogruppe.



      Ich würde jetzt lieber in Schweden wohnen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Thomas Dreher:

      Gerne stimme ich dem Grundtenor Ihrer Aussagen zu. Solidarität ist keine Einbahnstraße.

      Haben Sie eine ungefähre Ahnung wie die Solidarität der Alten und Kranken aussehen könnte? Mir fällt dazu bislang nichts ein.

      Was Ihre persönliche Situation angeht, wünsche ich Ihnen die Unterstützung, die Ihnen guttut und hilft.

      Machen Sie es gut - so gut es unter diesen Umständen geht.

  • Ich kann da nicht mitgehen..



    Es gehört übrigens zum Menschsein, dass man bei Tod und Erkrankung erstmal glaubt, dass das einen selbst nicht trifft. Sonst bräuchte man ja gar nicht erst richtig leben.



    In jeder Klinik werden gefährdete Gruppen isoliert. Diese Maßnahmen gegen Corona gründen sich auf ein Infektionsschutzgesetz, welches aus dem Gesundheitswesen kommt. Warum wird hier eine Art “Umkehrisolation” betrieben.



    Und im übrigen gehöre ich zu den Alleinerziehenden und ich finde die Schließung von Schulen und Kindergärten unverantwortlich nicht nur aus persönlichen Gründen.



    Wenn jemand Angst vor Krankheit haben möchte, die ganz gewiss von den Medien getriggert wird; bitte, aber aus rationaler Sicht und humaner Sicht ist sie unsinnig.



    Und ich bleibe dabei; diese Maßnahmen sind unverhältnismäßig und sind für unsere deutsche Gesellschaft (ich spreche nicht von Ländern mit unzureichender Gesundheitsversorgung) gefährlicher als die Krankheit.

    • @desoli:

      Da bin ich als alter vorerkrankter Mann ganz bei Ihnen: isolieren sollte man allenfalls die, die andere so infizieren können, dass die anderen schwer und unheilbar erkranken. Alles andere wäre die seuschenstrategische Umkehr de Beweislast - zu der wir leider immer öfter neigen...

  • Vergessen wir auch nicht: einer der grossen Risikogruppen ist nicht alt, oder geschwächt.

    Es sind die PflegerInnen.

    Jeder und jedem, die jetzt gegen das Shutdown herumkrakeelen wünsche ich mal eine Woche Krankenhausdienst in Bergamo, Mulhouse oder New York.

    Vielleicht kommen sie dann ein wenig bescheidener zurück.

  • Das aktuelle Geschrei nach "Lockerungen" kann durchaus nicht nur als unvernünftig (bzw. hirnlos), sondern auch als Ausdruck einer "Entsolidarisierung" beschrieben werden. Frau Merkel wird mir in den letzten Tagen geradezu sympathisch (hätte ich vor ein paar Monaten noch nicht zu denken gewagt).



    Dennoch geht in Ihrem Beitrag, Herr Valin, einiges durcheinander: Menschen, die statistisch als Teil einer "Risikogruppe" def. werden können/müssen, verlieren dieses Risiko nicht, wenn Sie diese Begrifflichkeit mit Anführungszeichen in Frage stellen. Und der Vorschlag einer etwaigen zeitweisen"Isolierung" von Risikogruppen steht nicht im Widerspruch zu dem Gedanken der "Inklusion" oder "Integration" - im Gegenteil: Blöd formuliert: Menschen, die an einer Infektion verstorben sind, können nicht "inkludiert" oder "integriert" werden.



    Es sind eben nicht alle Menschen gleich betroffen und gefährdet, an einer Infektion an Corona zu versterben. Gleichzeitig haben Sie recht, dass es eher Ausdruck einer Verleugnung wäre, anzunehmen, von diesem Virus würde für Nicht-Risikogruppen kein Gefährdungspotential ausgehen.



    Herr Valin, die Entsolidarisierung geht nicht aus von den Termini der Statistik, diese ist heuer wichtiges Instrument der Gefahrenerkennung und -abwehr. Entsolidarisierung geht von jenen aus, die nun - quasi in Ignoranz der wissenschaftlichen Empfehlungen - nach Lockerungen krakelen ... und die wirtschaftlichen Gewinn höher priorisieren als die Gesundheit derer, die an Corona erkanken könnten und derer, die an Corona versterben werden.



    Diese Zeilen schreibe ich aus NRW, also dem Bundesland, in dem Herr Laschet einen Kotau vor Möbelindustrie (und der Kirche) hinlegt und eine Schulministerin namens Gebauer (zuletzt als Immobilienkauffrau tätig) Rat und Empfehlungen der Wissenschaft ignorieren ... d.h die Etsolidarisierung gehtt von konkreten Personen mit konkreten Namen aus! Wir sollten diese auch benennen ... statt "Risikogruppe" in Anführungszeichen zu setzen.

    • @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Pure Vernunft darf niemals siegen.

    • @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Sehr erfrischend, ihr Beitrag. Besonders der Hinweis, dass Entsolidarisierung von Einzelnen ausgeht. Sie sollten benannt werden. Und deren Motivation ebenso.



      Herzliche Grüße. Hartmut Wolff

      • @Hartmut Wolff:

        ... nicht nur benannt, sondern auch sozial isoliert :)

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Ein wenig Vernunft, bitte!:

      Was Ihren Vorschlag zur Namensnennung angeht: absolute Zustimmung.

      Ich hätte nicht gedacht, dass der Föderalismus derartige Unterschiede in der Schwerpunktsetzung (hier: Wirtschaft, dort: Gesundheit) einzelner Bundesländer zeigen würde.

      NRW war für mich (mein Mitgefühl an Ihre Adresse) noch nie ein Land mit Vorbildcharakter. Vom Stahl, über Kohle bis hin zu anderen Industrien: Industriehörigkeit vom Schlimmsten.

      Dass eine Immobilienkauffrau Schulminsterin wird, zeigt auf, welchen Stellenwert in NRW Bildung unter Schwarz-Gelb genießt. Eine Verhöhnung jedes Menschen mit Bildungsaffinität.

      Herr Laschet - oder wie seine Freunde ihn nennen: Armin Lass-et.

  • "Aber es ist keine echte Wahl, sich zwischen der Psyche und den Lungen zu entscheiden".



    Es ist zwar eine gute Wahl sich für die Lunge zu entscheiden.



    Es ist aber definitiv keine gute Wahl, sich gegen die Psyche zu entscheiden, den die bestimmt schließlich, wie sich Menschen verhalten, und die kann Menschen auch zugrunde richten und Menschen andere Menschen zugrunde richten lassen.



    Ich respektiere Ihre Ängste und Bedenken, finde es aber äußerst ungerecht, dass Sie die Ängste und Bedenken anderer "oft genug wohlfeil" finden.



    Ich weiß nicht, was Sie genau mit Inklusion meinen, aber eine komplette Isolierung derer, welche die Gesellschaft dringend zum Überleben brauchen, gehört sicherlich nicht dazu. Als Covid19-Infizierter wollen Sie ja auch nicht von einem überlebenswichtigen Beatmungsgerät ausgeschlossen werden.



    Ich fände es äußerst fair, wenn jeder aus seiner persönlichen Blase herauskommt und man dann darüber debattiert, wie eine nachhaltige, langfristige Handhabung dieser Krise (und zukünftiger Krisen) aussehen muss. Und dabei sollte dann rauskommen, was uns für die Zukunft wichtig ist: Für mich zum Beispiel steht neben der Verlässlichkeit des Gesundheitssystems die verlässliche Öffnung der Schulen und Kitas auf der Rangliste der existentiellen Bedürfnisse ganz oben, während die Öffnung von Autohäusern eher ganz hinten rangiert.

  • Die Inklusion war von Anfang an ein Produkt bzw. ein Konstrukt, das vollumfänglich aus der neoliberalen Ideologie hervorgegangen ist. Mit großem Aufwand wurde an den Hochschulen die Wissenschaft entsprechend auf Linie gebracht, mit dem Journalismus hatte man es etwas leichter, weil die Medien von taz bis FAZ ja sowoeso schon längst die neoliberale Leier sangen, wobei es egal ist, dass taz und Grüne ihn für links halten und FAZ, CDU und FDP ihn eher auf ihrer Seite verorten.

    Nun stehen wir an der Pforte zur nächsten Phase der sozialen Barbarei, die u.a. auch durch die zahlreichen besonders emotional agierenden Befürworter der Sterbehilfe weit offengehalten wird. Wo das Leben schon keine Würde bereithielt, da soll es wenigstens beim Sterben schnell gehen, dazu steuert dann jeder etwas anekdotische Evidenz bei, genau wie bei den sowieso schon todkranken Senioren, die sich zu allem Überfluss in einer kaputtgesparten Einrichtung noch Corona eingefangen haben.

  • Ja, die Einstellung weiter Teile der Bevölkerung, die in diesem Artikel geschildert wird, ist in der Tat schlecht - es ist aber die Frage, ob sie vermeidbar ist: Jetzt, da in Deutschland (noch) nicht so viele Leute an Covid-19 sterben wie in anderen Gegenden der Welt, und nur ein geringer Anteil der Bevölkerung selbst an der Seuche gelitten oder Angehörige verloren hat, ist es einfach schwer vorstellbar, dass diese Seuche ein Massensterben anrichtet. Klar, wir haben aus den Nachrichten erfahren, dass sie das Potential dazu hat, aber wir haben es überwiegend noch nicht selbst erlebt. Das führt bei vielen zu einem gefährlichen Mangel an Disziplin, was die Abstandsregeln betrifft - und solange die Leute nicht selbst diszipliniert handeln, müssen eben umso strengere Regeln von oben verordnet werden.

    Diejenigen, die alles nicht ernstnehmen, auf der Straße anderen nicht aus dem Weg gehen, sich gerade so verhalten wie sonst auch, sind schuld an der Notwendigkeit der herrschenden Strenge und ihren Kollateralschäden. Die Undisziplinierten tragen die Schuld daran, dass man keine Gottesdienste abhalten darf, dass man keine Alten in den Heimen besuchen darf, und so weiter. All das wäre ja unter Einhaltung des Mindestabstandes irgendwie infektionssicher möglich, wenn auch nicht so wie sonst - vorausgesetzt, die Leute würden sich auch wirklich an die vorgegebenen Maße halten und davon sind wir leider weit entfernt.

  • Danke für diesen Artikel.

    Er hat denen eine Stimme gegeben, die "mit Corona" und nicht "an Corona" sterben und deren Leben sonst immer öfter lässig in die eine Waagschale gelegt wird, wobei in der anderen Waagschale die Freiheit liegt, in möglichst vielen Läden einkaufen zu können und endlich wieder das Bier in der Kneipe trinken zu können.

    • @Jim Hawkins:

      Und jene klammerst du aus, deren dringend notwendige Therapien abgesagt wurden, deren Gesundheitszustand sich in den letzten Monaten verschlechtert hat, nicht mit und nicht an Corona erkrankt, aber in der Prioritätenliste auf den hinterletzten Platz gerutscht. Nicht Jimsens Problem. Auch jene wirken zweitrangig, denen schlicht das Geld zur Erhaltung der Lebenskosten ausgeht. Man bemerkt auch bei Grundnahrungsmitteln deutliche Preissteigerungen.



      Deine Solidarität endet anscheinend bei dir.

      • @Hampelstielz:

        Ist mir jetzt ein Rätsel, wie Sie darauf kommen.

        Sie können mir aber gern noch jede Menge andere Dinge unterstellen.

      • @Hampelstielz:

        Es stimmt, dass die Nebenwirkungen der Maßnahmen gegen die Seuchen starke Missstände beinhalten, aber ein Massensterben in Kauf zu nehmen, um diese Missstände zu verhindern, kann auch keine Lösung sein.

        Ich habe nicht viel Wissen auf dem Gebiet der Medizin, muss ich gestehen, aber ich würde vermuten, dass die Aufschiebung dringend notwendiger Therapien bei Nicht-Coronakranken weniger mit einem Hinterrutschen auf der Prioritätenliste zu tun hat als vielmehr damit, dass eine Behandlung im Krankenhaus zur Zeit immer auch ein Risiko der Ansteckung mit der Seuche bedeutet - und die Kranken, von denen Sie sprechen, sind schließlich besonders gefährdet. Ich nehme an, dass man da das Risiko einer Behandlung mit dem einer Nichtbehandlung abwägt - korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege!

        Was die sozialen Missstände betrifft, von denen Sie sprechen, ist jetzt natürlich auch Solidarität gefragt, klar. Man sollte gerade in diesen Zeiten nicht an Bettlern vorbeigehen, ohne ihnen etwas zu geben - aber das bitte zügig, mit ausgestrecktem Arm und so wenig Kontakt wie möglich tun. Diejenigen, die von der Krise weniger schwer getroffen werden, sollten die Folgen für die schwerer getroffenen mittragen.

        Man muss eben versuchen, die Solidarität mit unterschiedlichen Leidtragenden unter einen Hut zu bringen, so gut es geht. Ein Idealzustand ist in diesen schweren Zeiten weit entfernt, aber sicherlich läuft es mit etwas Pragmatismus besser, als wenn jetzt hier zynisch die Interessen der Coronakranken, der Krebskranken und der Armen gegeneinander ausgespielt werden.

  • Bedenken Sie bitte auch, dass es in unserer modernen Medizin nicht selten um eine Verlängerung des Lebens vorrangig einer Verbesserung des Lebens geht. Das heißt, dass das Hinauszögern des Todes ein unwürdiges Sterben begünstigt. Mein Krebskranker Vater ist von der Chemo mittlerweile derart schwach, dass er wohlmöglich eher an Entkräftung denn an Krebs sterben wird. Aber dieses Hinauszögernwollen des Todes indem weiterhin Gift in diesen schwachen Leib gepumpt wird kann nicht richtig sein. Am Ende wird es heißen, er sei am Krebs gestorben. Vorausgesetzt das eine Virus macht ihn nicht zum Corona-Toten. Es hat nichts mit fehlender Solidarität zu tun, wenn ich den zu zahlenden Preis dem zu erwartenden Gewinn gegenüberstelle. Es geht auch nicht darum, die alten und kranken einfach sterben zu lassen. Aber wenn man sich mal ansieht, welche Kosten bei einer intensivmedizinischen Versorgung gerade zum Ende eines Lebens entstehen, darf man schon fragen, ob diese in ein besseres Leben eher denn in ein längeres Sterben investiert werden sollten. Unsere Vorstellung von einem Leben subtrahiert den Tod führt zu einer Welt, in der das Leben mit Dingen gefüllt wird und nicht mit Sinn. Man stelle sich nur vor, was vielen Kindern widerfährt, die eingepfercht sind mit Menschen, denen man auf der Straße ausweichen würde und stelle dann erneut die Solidaritätsfrage.

    • @Vollgut2000:

      Ich wünsche Ihnen viel Kraft in dieser Lage.

      Dennoch widerspreche ich Ihnen in einigen Punkten:

      Viele Menschen wollen doch länger leben, manche gewinnen tatsächlich durch die qualvolle Behandlung am Ende doch den Kampf gegen die Krankheit und erleben danach wieder bessere Zeiten. Das muss man auch bedenken und im Einzelfall entscheiden - wenn möglich sollte der Patient selbst die Entscheidung treffen.

      Einige der Covid-19-Toten im Kreis Heinsberg sollen eine intensivmedizinische Behandlung selbst abgelehnt haben und dann wurde darauf verzichtet. Wenn ich Arzt oder Angehöriger wäre, hätte ich aber Skrupel, den Kranken eine solche Entscheidung abzunehmen.

      Das mit dem sinnerfüllten Leben ist auch so eine Sache, die im Zusammenhang mit den Besuchsverboten in Altersheimen zu bedenken ist. Hier wäre es sicherlich im persönlichen Interesse vieler Bewohner, das Verbot zu lockern. Gerade für Demente muss es furchtbar sein, weil sie die Lage nicht verstehen können. Andererseits muss man bedenken, dass man mit Besuchen alle Bewohner gefährden würde, auch die, die vielleicht noch ein paar gute Jahre nach Corona vor sich hätten - falls sie die Zeit der Seuche überstehen. Hier stehen die Interessen der unterschiedlichen Gruppen diametral gegeneinander, was die Lösung ist, weiß ich auch nicht. Vielleicht Besuche mit 1,5 Meter Mindestabstand, aber dann müsste man sich erstmal auf die Einhaltung dieser Regel verlassen können.

      Man denke daran, dass nicht alle Risikogruppen im nächsten halben Jahr sowieso sterben würden. Alte, Diabetiker, Asthmatiker, Immunschwache - all diese Menschen zählen ja zu Risikogruppen bzw. Vorerkrankten und sie liegen nicht alle sowieso schon im Sterben.

      "Sinnerfülltes Leben" vs. "nacktes Überleben", das ist manchmal eine schwierige Frage, klar. Im Moment ist für sehr viele Angehörige von Risikogruppen wichtig, eine Weile das "nackte Überleben" zu sichern, weil es die Voraussetzung ist, nach der Seuche wieder ein "sinnerfülltes Leben" zu führen.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Vollgut2000:

      Schade, daß Sie doch noch von Kosten reden.



      Würden Sie den Begriff Therapieziel verwendet und sich mit dem beschäftigt, was dahinter steckt, wäre ich Ihnen gefolgt.

  • Eigenartige Logik



    Wenn man versucht, die Gesellschaft in eine Intensivstation zu verwandeln - es gibt unter diesem Gesichtspunkt keinen logischen Grund, warum nicht auch die Kontakte innerhalb jeder Altersgruppe untersagt werden sollten - was die Abstandsregelungen für Kitas belegen -, ist das Ergebnis eben kein Bergsanatorium für Lungenkranke, das ja seit Thomas Manns Romantik ein Traumobjekt war, sondern eine Intensivstation, in der alle aufgesprungene Haut an den Händen haben, weil sie alles nach jeder Berührung desinfizieren müssen. Was sagt der Autor denn über die in ihren Zimmern oder zumindest in den Altenheimen Eingeschlossenen? Dem Autor ist wie vielen nicht klar, dass ein Staat, der sich Aufgaben stellt, die er prinzipiell nicht lösen kann, in eine Terrorphase gerät, bevor er scheitert. Der Staat kann keine Krankheit heilen und schon gar nicht verhindern, sondern nur dafür Regeln schaffen, dass das Gesundheitssystem auch in Krisen über die Runden kommt. Es mag ja ok sein, dass jemand, der andere mit einer schweren Krankheit infizieren kann, für die es kein Medikament gibt, isoliert - was man übrigens bei meinen Kollegen der infizierten meist Homosexuellen Aids-Patienten nicht getan hat. Wenn Herr Spahn jetzt dafür ganze Gruppen unter Quarantäne stellen und den großen Rest in social distancing zwingen will, ist das meiner Meinung nach Terror und sozusagen die Radikalisierung der Denke, die sich schon beim Impfzwang gezeigt hat...

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein guter Artikel, der den Kern - und den Nerv - dieser Zeiten trifft.

    Jetzt wird überdeutlich, was schon die letzten Jahrzehnte seit Zusammenbruch des realen Sozialismus angelegt ist.

    Das Traurige ist, Worte allein werden nichts ändern in Zeiten kognitiver Überfütterung.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Meinen Sie wirklich, die "sozialistischen" Diktaturen östlich des Eisernen Vorhanges wären so viel sozialer gewesen als das heute herrschende System? Warum sind dann so von dort geflohen?

      • 0G
        05158 (Profil gelöscht)
        @Ein alter Kauz:

        Als" Überlebender" einer des östlich des eisernen Vorhangs Geborenen, muß ich sagen die Menschen sind vorwiegend aus politischen Gründen ,Meinungsfreiheit, Zukunft, Rechtssicherheit, Reisefreiheit usw. geflohen.



        Zum sozialen Aspekt:



        library.fes.de/FDG...ziale_Dienste.html

        Die Hauptfunktion der in der DDR präsenten s.D. bestand im Erhalt, in der Pflege und der Regeneration menschlicher Arbeitskraft

        Irgendwie zeitlos?

  • 9G
    95309 (Profil gelöscht)

    Habe gerade in einem Firmenforum einen Wulst von Beiträgen gelesen, in dem lauter Experten genau darüber gesprochen haben. Wer stirbt, wäre eh gestorben und eigentlich sind es immer anderer die es treffen könnte. Es ist erschreckend welche darwinistischen Züge zum Vorschein kommen. Dieser Artikel trifft das sehr gut.

    • @95309 (Profil gelöscht):

      Bei Darwin geht es in erster Linie um das Besetzen von Lebensnischen und eben nicht um "der stärkere überlebt"!



      Letztlich "überleben" selbst Viren nur langfristig, wenn sie ihren Wirt nicht umbringen, weil sie dann selbst verschwinden!

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Verdrängung ist eine wichtige Überlebensstrategie. Jeden Sekunde an eine Gefahr denken führt zur Lähmung



    Jedoch, die Gefahr zu ignorieren ist Dummheit. Die wird evolutionär nicht hart genug bestraft, weil wir Menschen in Gruppen leben, die das auffangen. Bleiben sie gesund.