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Antisemitismusvorwurf von Gil OfarimKomplett überflüssig

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Zweifel an den Aussagen des Musikers Gil Ofarim lösen einen Shitstorm gegen ihn aus. Für den Kampf gegen Antisemitismus wäre eine Falschaussage Gift.

Bekannter geworden ist er durch die Affäre allemal: Der Musiker Gil Ofarim Foto: Jens Krick/igamo-images

W urde der Musiker Gil Ofarim nun antisemitisch beleidigt oder nicht? Zwei Wochen nachdem der jüdische Künstler gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels diesen Vorwurf erhoben hatte, weil dieser ihn dazu aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern einzupacken, scheint sich die Geschichte anders darzustellen. Medien berichten von Videoaufnahmen aus der Lobby, die zwar Ofarim zeigen – aber ohne besagte Kette mit Davidstern.

Die ermittelnde Leipziger Polizei hat mittlerweile „ernstzunehmende Zweifel“ an den Schilderungen. Die Zeit berichtet, dass sich keine Zeugen für Ofarims Vorwurf der Diskriminierung finden lassen. Stattdessen habe sich eher der von Ofarim beschuldigte Hotelangestellte in einem Wortwechsel mit Ofarim, bei dem es offenbar nicht um die Kette ging, durch den Musiker beleidigt gefühlt und ihm deshalb Hausverbot erteilt.

Die gesamte Affäre ist zutiefst verstörend. Was ist wahr, was gelogen? Was wird verzerrt dargestellt? Letztlich entscheidend ist aber: Hat der Fall Einfluss auf die Antisemitismusdebatte hierzulande? Ist er kontraproduktiv, weil er rechte Kräfte mobilisiert, die sich durch den möglicherweise unberechtigten schweren Vorwurf bestätigt fühlen?

Schaut man in die sozialen Netzwerke, wo aktuell eine heftige Welle der Entrüstung wegen der „niederträchtigen Lüge“ und „böswilligen Unterstellungen“ gegen den Musiker läuft, erhärtet sich dieser Verdacht. Sollte es sich tatsächlich bewahrheiten, dass Ofarim die Vorwürfe erfunden hat, war sein Instagram-Video nicht nur ein fettes Eigentor, sondern vor allem ein Bärendienst im Kampf gegen Antisemitismus, Hetze, Hass.

Der Skandal lässt Assoziationen an das Model Gina-Lisa Lohfink aufkommen, die 2012 zwei Männer beschuldigt hatte, sie vergewaltigt zu haben, was sich im Laufe des Prozesses als Lüge entpuppte. Für den Feminismus ging das damals nach hinten los. Frauen, die Sexismus anprangerten, wurde die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Opfern von Antisemitismus könnte es ähnlich ergehen. Zum aktuellen Stand der Ermittlungen erscheint die Causa Ofarim als komplett überflüssig.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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37 Kommentare

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  • Paula , Moderatorin

    Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge.

  • "Hat der Fall Einfluss auf die Antisemitismusdebatte hierzulande?"

    Ist Antisemitismus etwa eine rationale Einstellung, die sich durch Fakten bildet und ändert?



    Ist der mögliche Fehltritt eines Judens verantwortlich für den Antisemitismus anderer?

    Dass die Geschichte so grosse Wellen geschlagen hat lag auch und (m.E.) gerade an der medialen Ausschlachtung, die mit einer geradezu homöopathischen Dosis von "wenn" und "falls" operiert hat, als wäre eigentlich alles klar -- ein ernsthaftes Abwarten und eine klare Bennenung der offensichtlichen Ungereimtheiten hat nach meinen Eindruck kaum stattgefunden.

    Offensichtlich hat die Erzählung Ofarims genug Vorstellungen bestätigt -- so, wie jetzt die bekanntgewordenen Details entgegengesetzte Ideen bestätigen.

    Dem Kampf gegen den Antisemitismus hat m.E. viel mehr das reflexhafte Für-Wahr-Halten und die aufgeregte Berichterstattung geschadet.



    Schön wäre, wenn beim nächsten Fall tatsächlich abgewartet würde, bis Genaueres festssteht -- aber so funktionieren Medien nicht. Wir werden also bald die nächste Aufführung erleben ...

  • Vielleicht sollten wir uns nicht so sehr zu Sklaven des Internet-Prangers machen - weder in die eine noch in die andere Richtung. Nur weil sich jetzt die falsche Seite zu einem Shitstorm berufen fühlt, ist es doch nichts weiter als ein Fall zwischen zwei Menschen, dessen genauer Verlauf und Repräsentatitvität unklar sind. Als solcher sollte die Geschichte journalistisch behandelt werden. Journalisten könnten sich - einmal wieder - fragen, ob man auf jeden entrüsteten Internet-Zug, der in eine genehme richtung fährt, wirklich so massiv und vorverurteilend aufspringen muss.

    Zwei Silberstreife:

    1. Die öffentliche Reaktion auf Ofarims Vorwürfe war beruhigend antifaschistisch: Es gab in der Breite kein "Hab Dich nicht so!" oder gar "Muss so eine Kette wirklich sein?". Skeptiker werden vielleicht gefragt haben, ob der Vorwurf zutrifft, aber der Tenor war mindestens: "WENN das stimmt, dann ist es unerträglich." Das zeigt, dass der Umgang mit Antisemitismus in Deutschland im Wesentlichen in die richtige Richtung geht.

    2. Sowas sensibilisiert, selbst WENN es sich als Ente herausstellt. Das Beispiel Lohfink würde ich insoweit auch komplett anders interpretieren als Frau Schmollack: Die Verurteilung ihrer Galionsfigur wegen der Lüge hat der "Nein heißt Nein"-Bewegung keinerlei Wind aus den Segeln genommen. Die lang ersehnte (wenn auch von der juristischen Auswirkung her eher symbolische) Änderung der Vergewaltigungsvorschriften wurde durchgeboxt. "Nein heißt Nein" steht jetzt im Gesetz.



    So auch hier: Bevor sich einer der - in Deutschland sicherlich vorhandenen - Antisemiten traut, jemanden auch nur annähernd so anzugehen, wie Ofarim es geschildert hat, wird er es sich dreimal überlegen. Das soziale Waffenarsenal, das ihm droht, ist eindrücklich zur Schau gestellt worden.

    • @Normalo:

      Könnte auch bedeuten: Das Schwert ist nun etwas stumpfer.

      • @zeroton :

        Um im Bild zu bleiben: Das Schwert ist vielleicht auch nicht die richtige "Waffe" in der Hand eines Chirurgen.

        Als solcher sollte sich ein Journalist verstehen, wenn er aus der unübersehbaren Menge der Informationen die heraussucht, für die er sich als Multiplikator hergeben will. Die schwert- und keulenschwingende "Auf sie mit Gebrüll"-Mentalität im Internet kann man nicht einfach abschalten. Aber der Versuchung zu widerstehen, sie sich zu eigen zu machen und ihr dadurch öffentliche Respektabilität zu verleihen, ist eine für einen Profi machbare Aufgabe, würde ich sagen.

        Was die "Effektivität" von Shitstorms betrifft, wäre mir eine merkliche Abstumpfung durchaus recht. Die Rückkehr zu Lynchmobs und öffentlichem Pranger sollte NICHT zu den Symptomen der zivilisatorischen Entwicklung gehören, die uns die Informationstechnik ermöglicht. Nur seh ich's nicht (vgl. die Ausführungen zu Lohfink - fragen Sie mal eine #TeamGinaLisa-Aktivistin, ob sie sich ehrlich durch deren Verurteilung irgendwie angefochten fühlt...).

  • Nicht Gräben ausheben/



    Sondern Brücken schlagen/



    Für's Zusammenleben/



    Wir sollten es wagen!/



    //



    Vielleicht gibt es NICHT nur die EINE, EINZIGE UND OBJEKTIVIERBARE WAHRHEIT. Auch mutwillige verbale Verwirbler im Shitstorm sprechen eher gegen als für die VerursacherInnen von zusätzlicher Thermik. Keep calm and sail on./



    Lese-Empfehlung: "Die Shitstorm-Republik"

  • Ich habe hier in der TAZ damals geschrieben, daß ich bei Fällen wo Aussage gegen Aussage steht grundsätzlich keine Wertung abgebe, also grundsätzlich NICHT Position für denjenigen ergreife der (angeblich...) diskriminiert wurde, so lange es kein stichhaltigen Beweise gibt.



    Ich wurde dafür kritisiert.

    Ich werde diese Haltung beibehalten, übrigens auch bei dem Vorwurf angeblicher sexueller Übergriffe, und fühle mich durch die jüngste Entwicklung bei diesem Fall wieder bestätigt.

  • Natürlich wäre es besser für das gesellschaftliche Klima im Land, wenn erst Tatsachen geklärt und dann diskutiert würde. Leider ist es nicht so. Es wird erst (teilweise idiologisch gefärbt) diskutiert und dann fängt man zögerlich an, mal auf die Tatsachen zu schauen.

    Hier haben die Bürger und vor allem die Medien extrem viel nachzudenken. Wie wollen wir in Zukunft miteinander umgehen?

    PS: Die Prüfung der Tatsachen ist im konkreten Fall noch nicht abgeschlossen.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Zweierlei Maß ist unangebracht. Ein shitstorm löst den nächsten ab, das dient keinem. In vielen anderen Fällen gebrauchen Menschen veränderte Realitäten um sich Gehör zu verschaffen. Dass rechtsextreme manipulativen Mittel einsetzen ist hinlangst bekannt. Es ist nicht mehr die einschüchterungstaktik alleine. Dass der größere Fehler bei dem Gast Ofarim liegen soll ist auch nicht ganz glaubwürdig.

  • Was wäre es für eine Gesellschaft, in der der Kampf gegen antisemitismus und Rassismus durch eine eventuelle Falschaussage gefährdet wäre? Das wäre Vortäuschung einer Straftat, das reale Problem gibt es dennoch. Kann wohl kaum einer leugnen.

  • Oh je. Von nun an wird er nurmehr vorgestellt als Gil "die Kette" Ofarim. Er hat sich und dem Kampf gegen den Antisemitismus womöglich tatsächlich einen Bärendienst erwiesen, aber am Ende vor allem unsere oberflächliche Empörungskultur als billige Surrogatshandlung entlarvt. Ab jetzt engagiere ich mich lieber wirklich für mein jüdische Gemeinde vor Ort, statt im Prangergebrüll mitzuschreien.

  • Grundsätzlich und unabhängig davon, was tatsächlich in diesem Hotel passiert ist, sollte die Konsequenz sein, dass die Medien - gerade auch linke Medien - die Unschuldsvermutung ernster nehmen und nicht von vornherein einer Seite mehr glauben, als der anderen. Das muss auch für "metoo"-Vorwürfe gelten.

    Wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass die Vorwürfe von Ofarim falsch sind, dann frage ich mich allerdings auch, warum macht jemand so etwas?

  • Volle Zustimmung!



    Aber: Wie wäre es, wenn wir alle mal das Ergebnis der Ermittlungen abwarten? Ebenso wie die allgemeine Empörung über den möglicherweise antisemitischen Vorfall völlig verfrüht und ohne jeden Beweis hochkochte, ist es jetzt zu früh für einen Abgesang. Bitte den Puls glätten und Tee trinken

  • Sollte sich Gil Ofarims Darstellung der Vorgänge im "Westin" als falsch erweisen, dann hat er den Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst erwiesen! Es ist unfassbar!

  • Krasse Diskussion, das hier...!!



    Meines Wissens wird Israelischen Jugendlichen vielfach eine bedenklich überhöhte Sensibilität für Anfeindungen aufgrund ihrer Nationalität anerzogen. Ofarim hat möglicherweise überreagiert ohne den Wortlaut richtig aufgenommen zu haben. Nun kann er nicht mehr zurück. So einfach denke ich mir das.

  • Jederzeit mögliche Widersprüche müssen hier natürlich erstmal und vor allem von der sächsischen Polizei aufgeklärt werden. Die kennt sich ja schließlich schon bestens aus mit Antisemitismus.

    www.stsg.de/cms/ze...olizei-im-ns-staat

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Gibt es denn jetzt was offizielles von den Behörden oder immer noch nur Vermutungen?

  • na ja etwas hat das bewegt , ein nahezu unbekannter Sänger kommt in die MEDIEN….

    Und wahrscheinlich nächste Woche ein Album oder seine Lebensgeschichte als Buch rausbringen……

  • Ach was!

    “ Antisemitismusvorwurf von Gil Ofarim: Komplett überflüssig



    Zweifel an den Aussagen des Musikers Gil Ofarim lösen einen Shitstorm gegen ihn aus. Für den Kampf gegen Antisemitismus wäre eine Falschaussage Gift.“

    “Komplett überflüssig - Gift!“ Geht’s noch?!



    Nein. Nein. Ihr #shitstorm & Apologeten in der taz - die Autorin & Co. - & im around anderwo!



    Mal sich auf den Boden der Tatsachen begeben & den Sumpf des vorauseilend ach wie skandalös Gewünschten - bescheiden trockenlegen!



    In sojet Gemengelagen - Empörwelten menschelt es nämlich - was Wunder - hie wie da wie dorten - daß es nur so kracht & nun scheint’s auch hier! Normal •



    Zitat => Lowando



    ““#Metoo - ist für mich moderner Pranger!“ Ruppert “Plotte“ von Plottnitz - exRAF-RA - ex hessJuMi & RA Claudia Burgsmüller - feministisches Urgestein - nickte => KritJur-Kongress Ffm - *



    (näher dazu - schon früher mal - “you can‘t have the cake & eat the cake!“



    Auch in der taz wird da ein ziemlicher Schindluder mit getrieben - mit Verlaub!“



    taz.de/Shitstorm-g...Heinrich/!5805736/



    & C.B. =>



    * ergänzte - “Ich kann es meinen Geschlechtsgenossinen nicht ersparen:



    Heute besteht es leider zu einem Großteil meiner Arbeit - meinen Klientinnen rechtliche Schritte auszureden - weil‘s hinten & vorne nicht stimmt!“



    & in gleicher Richtung =>



    Auf einem der Richterratschläge eine über jeden Zweifel erhabene (Jugend&)Strafrichterin: - in weit über 50% der Verfahren erwiesen sich die erhobenen Vorwürfe als unwahr & das trotz Vorfilter Polizei StA & RA! & => jegliche miese menschliche Motivation sei zu konstatieren!

    & Alice - zum schwarz werden => -



    Unser Rapunzelchen vom Rhing fordert die Beweislastumkehr - wider den roche de bronce =>in dubio pro reo! Unfaßbar!

    kurz - Herr - Wirf 🧠 vom Himmel!



    Dank im Voraus - Alte/r genderneutral -

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Die Akzeptanz von Feministinnen, und Antirassstinnen geht sowieso den Jordan runter, seitdem Mütter, die Buben haben nicht mehr ruhig schlafen können, weil draussen Hyänen nur darauf warten, die jungen Männer irgendwann zu zerreißen. Im übrigen lässt die Aussage, "schwarze Frauen werden auf Parties nur eingeladen, weil sie schwarz sind" und " einer Frau zu sagen, die sehe müde sei sexistisch, denn sie soll wohl besser aussehen", die ganzen Akteurinnen sehr alt aussehen .

  • Vielleicht sollten die Medien erst dann was rausblasen wenn es gesicherte Fakten gibt. Ein Typ postet was in den sozialen Medien und alle gehen steil.

    OK, wenn sich die aussagen er Polizei bewahrheiten war das von dem Typ schon selten dämlich. Nicht wegen der Instrumentalisierung der Ressentiments gegen Juden (merke: so sagt man das richtig! nicht "Antisemitismus" oder so), sondern weil sich ein sog. Künstler als öffentliche Person selbst diskreditiert.

  • "Medien berichten von Videoaufnahmen..." ?¿¿

  • Was lernen wir? Wahrscheinlich nix. Vielleicht was über Wahrscheinlichkeiten. Jüdischer Mensch wird angepöbelt? Kommt vor, leider. Hotelgast wird rassistisch von Empfangspersonal angepöbelt? Nicht völlig unmöglich, aber extrem unwahrscheinlich. Ungute Situation beim Einchecken eskaliert und Hotelgast wird hinausgeschmissen? Kommt vor, und zwar täglich. Medien reagieren hysterisch, Twittermeute jeglicher Couleur schleudert Dreck und Politik ist unter Druck? Mei. Leute, die keine Medienprofis sind, sind medial völlig überfordert? Liegt in der Natur der Dinge. Und jetzt? Lügt da ein Selbstdarsteller oder hat da nur einer überreagiert und weiß jetzt nicht mehr, wie er aus der Nummer rauskommt? Der Stereotypenhagel wird noch ein paar Tage weiter gehen, sodann schreiten wir zum nächsten Thema. Grad zum Thema Antisemitismus hätte wirklich eine interessante gesellschaftliche Debatte stattfinden können - der Name Nemi el-Hassan soll hier genügen - aber die Meute zerreißt ihr Opfer und hetzt dann weiter. Zum Fall Ofarim wird es auch Debatten geben, aber sicher keine interessanten. Wir lernen: Nix.

    • @yor:

      Am Schlimmsten: Die Asozialen werden in ihren Schlammlöchern geifern und gegen ihr Wissen Antisemitismus als dann doch nicht so schlimm verharmlosen. Und ihn weiter züchten.

      • @Karl Kraus:

        Noch schlimmer: Der ständige Focus allein auf die Juden, wenns doch um Rassismus und bösartige Verfolgung von vielen Minderheiten geht.



        Gab es keine Sinti und Roma, keine Jenischen, in den KZs? Die, die bis heute nicht genannt werden, wenns um allermieseste Mißachtung ihrer Bevölkerungsgruppe bis heute geht? Was ist mit den Sozialdemokraten, den Kommunisten, den Schwulen (usw.) in den KZs passiert?



        Was ist mit all den anderen zugereisten Bevölkungsgruppen bis heute, die hier eine neue Heimat fanden - wenn sie sie denn wirklich fanden?



        Juden sind nun mal nur eine Gruppe unter vielen anderen - und mit fehlen die Erinnerungsstätten für ALLE, die, bis heute (!!!) in diesem Land umkamen, weil sie "anders" waren.



        Mich verwundert, nein, mich ärgert ganz extrem, daß die nicht immer wieder genannt werden, daß denen kein ehernes "Denkmal" erstellt wird.

      • @Karl Kraus:

        Um gegen Antisemtismus einzutreten ist der Wortschatz des Nationalsozialismus sicher nicht geeignet.

        Wikigedöns: "In der Zeit des Nationalsozialismus war der Begriff „Asoziale“ eine übliche Sammelbezeichnung für als „minderwertig“ bezeichnete Menschen aus den sozialen Unterschichten („Ballastexistenzen“), die nach NS-Auffassung sozialen Randgruppen zugehörten oder schwere Leistungs- und Anpassungsdefizite aufzuweisen hätten. Menschen und Menschengruppen wurden so als ressourcenverbrauchende „Schädlinge“ und „unnütze Esser“ etikettiert, für die die als „gutwillig“ und „fleißig“ bezeichnete Mehrheit der „Volksgemeinschaft“ zu ihrem Nachteil aufkommen müsse." de.wikipedia.org/w...tionalsozialismus)

    • @yor:

      Nun, so pessimistisch wie Sie würde ich die Sache nicht sehen wollen … ich persönlich hatte hier auf taz online mit einigen Mitforisten einen interessanten Austausch zum Thema Antisemismus, Trennendes, aber auch Verbindendes ist dabei zum Vorschein gekommen und zwar unabhängig vom tatsächlichen Sachverhalt in der Causa Ofarim. Habe dabei auch selbst noch was gelernt.



      Falls Gil Ofarim tatsächlich aber eine falsche Behauptung hinsichtlich des Antisemitismus-Vorwurfs - Knackpunkt dabei ist tatsächlich wohl das nicht vorhandene Kettchen mit dem Davidstern - gemacht hat, möchte ich mir die Reaktion in der breiten Öffentlichkeit, insbesondere in tatsächlich antisemitischen Kreisen, lieber nicht vorstellen.

  • Antisemitismus entschieden entgegenzutreten ist wichtig - immer, überall.



    Was nicht hilfreich ist: Mit dem Finger auf andere zeigen, um sich selbst Erleichterung zu verschaffen (puh, die sind die Bösen: der Herr W., das Hotel xy, die Sachsen). Gott sei Dank alles weit weg, hat ja nichts mit mir zu tun. Also rege ich mich mal so richtig schön auf. Am besten öffentlich, in den sozialen Medien. Über den Herrn W., das Hotel xy, die Sachsen. Antisemitismus? Hat doch nichts mit mir zu tun, rein gar nichts. Siehst du denn nicht, wo mein Finger hinzeigt?

  • Nein. Es wäre ein korreltiv, damit Leute (und Zeitungen) erst mal abwarten, bevor sie verurteilen. Der Hotelangestellte verliert bei so einem Vorwurf und Medienecho seinen Job. Vor dem Hotel waren viele Demonstranten, die das ganze Hotel und alle Angestellten mitveruteilt haben. Der Versuch sich als Hotel zu entschuldigen, wird als erneuter Vorwurf für Antisemitismus gebrandmarkt, da eine Israelflagge gezeigt wurde. Unabhängig wie die Geschichte ausgeht, sollte man sich überlegen, ob das alles gewünscht ist.

    Aber: bevor jetzt genau so unbedacht der Stab über Ofraim gebrochen wird, abwarten.

    • @Strolch:

      "abwarten" ist das zentrale Wort. Und hätte es tatsächlich von Anfang an sein sollen. Wenn wir - völlig ab vom letztendlichen Ausgang der Ermittlungen - diese Lektion mitnehmen wäre viel geschafft.

    • @Strolch:

      Mist. Stimmt. :(

  • "Die gesamte Affäre ist zutiefst verstörend."

    Ja, das ist sie. Denn sie zeigt, dass wir uns vom Pranger nicht weit entfernt haben. Wahrscheinlich würden wir heute noch auf einem Marktplatz herumkreischen und Menschen lynchen , wenn wir nicht fürchten müssten, nicht der Mehrheit anzugehören. Denn das könnte nachteilig sein - und das wollen wir natürlich auch nicht.

    • @Frl. Rottenmeier:

      "zeigt, dass wir uns vom Pranger nicht weit entfernt haben"



      Wir waren schon ein gutes Stück entfernt, bewegen uns aber in hohem Tempo wieder darauf zu. Die Gründe/Ursachen sind mannigfaltig.

      Und die Sache mit den Marktplätzen passiert heute schon tatsächlich. Denk mal an Chemnitz vor zwei Jahren oder Leipzig vor zwei Wochen. Dass dort nicht gelyncht wurde, ist wohl eher Glück und Zufall. Gruselige Entwicklung...

  • Die BILD-Zeitung wird mit ihm den Boden wischen, sollte sich eine Falschaussage herausstellen.

    • @Expat:

      Sie meinen nur Bild würde von einer Falschaussage berichten?

      BLÖD ist ja ein Kxxxblatt. Aber in punkto Antisemitismus immer konsequent auf Israel-Kurs.

      Sie wird Ofarim, wenn es so ist, dann dessen üble Instrumentalisierung des Davidssterns für schnöde egoistische Kinkerlitzchen fest für immer ans Bein binden als Mahnung für alle, das so etwas No-Go ist.

    • @Expat:

      Die Bild Zeitung war es auch die als erstes über den antisemitischen Angriff gegen Herrn Ofarim berichtet hat. Und wenn Herr Ofarim in einem Bild Intervew gelogen hat, hat die Bild auch das Recht dazu negariv zu berichten. Niemand wird gezwungen mit der Bild zu reden. Siehe Frau Baerbock.

      Und Herr Ofarim ist wohl kein Opfer, eher die zwei Hotelangestellten und das Hotel,

    • @Expat:

      Hm, Antisemitismus ist das einzige Thema, bei dem die Bild eine klare Haltung zeigt. Es würde mich überraschen, wenn sie Ofarim hart angreifen würde.