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Antisemitismusstreit in der LinksparteiKronzeugen für einen falschen Vorwurf

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Der Vorwurf, die Linke sei antisemitisch, ist haltlos. Mit ihrem Austritt zeigen Lederer und Co. nur, dass sie nicht kompromissfähig sind.

Halle (Saale), 19. Oktober: Ein Tischchen mit Rosen beim Bundesparteitag der Linken Foto: Hendrik Schmidt/dpa

N un ist es also doch passiert: Die Debatte um Nahost und Antisemitismus, die die gesellschaftliche Linke seit einem Jahr zerlegt, hat nun mit Verzögerung auch die Partei Die Linke voll erwischt. Zwar hatte der Bundesparteitag am Wochenende in Halle noch einen durchaus tragfähigen Kompromiss gefunden, doch der angestaute Frust war für einige Mitglieder dann doch zu groß.

Nach dem Austritt von Henriette Quade in Sachsen-Anhalt verabschiedeten sich am Mittwoch die ehemalige Führungsriege der Berliner Linken: die Ex-Senatoren Klaus Lederer, Elke Breitenbach, und Sebastian Scheel, sowie Ex-Fraktionschef Carsten Schatz und der Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg. Sie reagierten damit auf einen Streit um einen Antisemitismus-Antrag, der auf dem Landesparteitag vor anderthalb Wochen eskaliert war.

Mitten in der größten Krise der Partei reißen die fünf, die dem parteirechten Reformerlager angehören, damit einen der letzten stabilen Landesverbände in den Abgrund. Sie werden zu Kronzeugen für das Bild einer Linken mit Antisemitismusproblem, das die politische Konkurrenz und die mediale Öffentlichkeit so begierig aufgreift. Konservativen und Rechten kommt es gelegen, um sich selbst von jedem Antisemitismusverdacht reinzuwaschen.

Die Ausgetretenen, für die allesamt Israel-Solidarität politisch identitätsstiftend ist, haben ein Bild von der Linken vor Augen, das einer nüchternen Überprüfung nicht standhält. Denn Programmatik und Beschlusslage der Partei sind eindeutig, sowohl bundesweit als auch in Berlin: Antisemitismus wird darin immer und immer wieder entschieden entgegengetreten. Auch prominente Parteimitglieder, die Grenzen überschritten hätten, sind Mangelware. Was es dagegen gibt, sind vereinzelte Mitglieder in Kreisverbänden, die in ihrer blinden Solidarität mit Palästina auch Antisemitismus reproduzieren.

Es gibt nicht nur eine Seite

Richtig ist auch: Die vom Landesvorstand der Berliner Linken in einer Krisen-Sondersitzung am Mittwoch beschlossene Distanzierung von jenen, die den Hamas-Terror als Widerstand verharmlosen, hätte früher kommen müssen. Dass andererseits aber auch jene Mitglieder verteidigt wurden, die für eine palästinensische Parteinahme mit pauschalen Antisemitismusvorwürfen überzogen werden, ist aber genauso richtig für eine plurale Partei, die um den richtigen Kurs ringt, statt bloß einer Staatsräson zu folgen.

Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen Antisemitismus zusammen mit der Kritik an Israels entgrenztem Krieg: er macht keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten. Es ist zum Verzweifeln wenn Linke an dieser Erkenntnis scheitern – unabhängig davon aus welcher Richtung sie auf den Konflikt blicken.

Die Ausgetreten versuchen in ihrer Austrittserklärung den Vorwurf von sich zu weisen, der Grund für ihren Schritt sei nicht inhaltlicher Natur, sondern Ausdruck von Machtkämpfen. So wichtig es ist, die kommunizierten Inhalte ernstzunehmen, so naiv wäre es, Machtkämpfe auszuschließen. Das Reformer-Lager um Lederer, das mindestens 20 Jahre den Ton in der Berliner Linken angegeben hat, ist in der Partei ins Hintertreffen geraten und kann nicht mehr so durchregieren, wie es das lange gewohnt war.

Angst, zur Minderheit zu werden

Es wäre zukünftig vielleicht zur Minderheit geworden – wie all jene Linken, die dem Kurs der größtmöglichen Kompromissbereitschaft des Lederer-Flügels, insbesondere in Regierungskoalitionen, lange erfolglos widersprochen haben. Zumindest wird diese Aussicht einer drohenden Marginaliserung Lederer & Co den Austritt sicher erleichtert haben.

Der Austritt irritiert auch, weil er ohne echte politische Perspektive erfolgt; die Ausgetretenen wollen Teil der Linksfraktion bleiben und hoffen, sich irgendwann wieder in einer erneuerten sozialistischen Partei zu engagieren, wie sie schreiben. Doch das Fortbestehen einer Linken in diesem Land ist mit dem Austritt nicht wahrscheinlicher geworden. Dabei wäre sie nötiger denn je.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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36 Kommentare

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  • Wie hieß noch mal der Bezirk, in dem die Programmschänke Bajszel immer wieder attackiert wird?

  • Was mir immer wieder auffällt: es gibt innerhalb der Linken eine große Sensibilität gegenüber Rassismus und auch Sexismus oder Homophobie werden mittlerweile als Problem erkannt und auch als Solches benannt.

    Das Selbe kann man vom Thema Antisemitismus leider überhaupt nicht behaupten. Hier gilt ein sehr grobschlächtiges " Hau drauf"-Prinzip.

    Homophobie fängt nicht bei einer Gewalttat gegen Schwule und Lesben an und Antisemitismus nicht beim Holocaust! Antisemitismus beginnt da, wo die Handlungen von Juden grundsätzlich anders beurteilt werden.

    Manche können ja noch nicht einmal Antisemitismus im Massaker der 7 Oktobers erkennen.



    Alleine dieses gedankenlose Gerede über den bösen Zionismus finde ich allmählich unerträglich.



    Als ob die Zeit rückwärts läuft. Mir macht das alles langsam ziemliche Angst.



    Antisemitismus war ein zentrales Element des Nationalsozialismus und wer das nicht versteht, der versteht auch den Geist des deutschen Faschismus nicht.

  • "...die für eine palästinensische Parteinahme mit pauschalen Antisemitismusvorwürfen überzogen werden..."



    Ähnliche Behauptungen gibt es im gesamten linken Spektrum. Aber auch an dieser Stelle wird nichts konkret benannt. So dass man als Leserin bewerten könnte, ob wirklich nur eine bloße propalästinensische Parteinahme mit "pauschalen Antisemitismusvorwürfen" gekontert wird.

  • Die Ausgetretenen haben es schon erfolgreich geschafft, die Wahlergebnisse in Berlin zu verzewergen.



    Nun nach einer Niederlage auf dem Parteitag in Halle auszutreten, obwohl es einen Kompromiss Beschluss unter deren Mitarbeit gewesen war, zeigt, dass man hier destruktiv sein wollte.

    Schon in ihrer Regierungsbeteiligung bei rot rot grün in Berlin haben die jetzt Abtrünnigen Linke Positionen nicht sehr ernsthaft durchzusetzen versucht.

    Nun, da angesichts der schlechten Aussichten für die LINKE eine Fortsetzung der eigenen Karrieren unwahrscheinlich geworden ist, tritt man aus.

    Gewissensgründe und der gerne universell eingesetzte und ständig wieder zweckentfremdete Begriff des Antisemitismus sind dabei bloßes Lametta.

    Gut, dass es nun ohne diese Typen vielleicht besser laufen kann!

  • "Doch das Fortbestehen einer Linken in diesem Land ist mit dem Austritt nicht wahrscheinlicher geworden."

    Ich bin der festen Überzeugung, dass es "eine" Linke in diesem Land braucht und geben wird, jedoch bin ich auch der Überzeugung, dass es die Die Linke nicht sein wird. Es ist besser, dieses alte DDR-Projekt mit seinem ganzen alten Lametta zu Grabe zu tragen und einen Neustart zu wagen.

  • Ich stimme der Grundrichtung des Autors voll zu. Lederer und Co sollten sich jedoch aus der Fraktion zurückziehen, ansonsten ist dieser groteske Parteiaustritt einfach nur Ausdruck gekränkter Eitelkeit. Und der Vorstand der Linken sollte endgültig die Lehren aus dem Wagenknecht-Debakel gezogen haben und sich nicht länger von Egomanen vorführen lassen.

  • Es geht in der Diskussion nicht darum, dass "die Linke als Ganzes antisemitisch sei", sondern dass sich innerhalb der Partei, wie eben viele bekannte zentrale Mitglieder bemängeln, sich mittlerweile Störmungen durchsetzen, die von Leuten getragen werden, die ohne zweifel krasseste antisemtische Positionen vertreten und salonfähig machen. Wie in Neuköln: Fraktionschef Ahmed Abed, Abgeordnete Ferat Koçak, Bezirksparteivize Daniel Kipka-Anton oder Mitglied des Bezirksverbands Ramsis Kilani, die nicht nur keinerlei Berührungsängste mit antisemtischen und islamistischen Gruppierungen haben, sondern aktiv unterstützen und entsprechende Positionen vertreten.

    In dem Tagesspiegel vorliegenden Chats schreibt er: „Wir sind bereit, den antikolonialen Befreiungskampf durchzuziehen und international zu unterstützen.“„Ich denke, es wird mehr als ,einen Mord an Israelis’ brauchen.“Der Kampf der Palästinenser gehe „bis zum Sieg“."Israel müsse „im Zuge eines antiimperialistischen, revolutionären Aufstands in der gesamten Region zerstört werden“

    www.tagesspiegel.d...rtei-12545315.html

    • @Disgusted:

      Wie schade, dass der Link nur mit Bezahlung nutzt. Wer wird denn also so zitiert?

      • @blutorange:

        Die Zitierten Aussagen sind von Ramsis Kilani. Leider hatte ich die 1200 Zeichen überschritten und musste kürzen, sodass es etwas uneindeutig geworden ist.

        archive.is/WoT1A

        Hier können Sie es gerne nochmal nachlesen. (sehr praktische Seite nebenbei, um Bezahlartikel von vielen Zeitungen lesen zu können)

  • "Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen Antisemitismus zusammen mit der Kritik an Israels entgrenztem Krieg: er macht keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten."

    Na das ist vielleicht in der Theorie so. Weil man immer davon ausgeht, die Linken müssen doch irgendwie die Vernünftigen und die Guten sein. In der Praxis siehts aber eher so aus, dass kein politisches Lager in dieser Frage so dermaßen gespalten ist, wie das linke. Dass in keinem politischen Lager so viele Leute glauben, so einseitig Partei ergreifen zu müssen. Und das zeigt auch ein grundsätzliches Dilemma auf. Das linke Lager und insbesondere die Partei schafft es längst nicht mehr, sich auf universelle huminatitäre Werte zu einigen und über den idologischen Tellerand der einzelnen Strömungen zu stellen. Und dann wird man das Gefühl nicht los, es dreht sich gar nicht um die Belange der Menschen in Nahost und um Ideen für nachhaltige Lösungen, sondern mehr und mehr um das eigene Selbstverständnis, für das man die Welt durch immer engeren Schablonen pressen muss.

  • "Der Vorwurf, die Linke sei antisemitisch, ist haltlos."

    Genau solche kategorischen Prüfungsverweigerungen lassen zweifeln, dass die Linke in der Lage ist, sich von dem gefährlichen Gedankengut zu trennen, das die "Abtrünnigen" beklagen und das sich nur wenige Zeilen später widerspiegelt, wo der Autor meint, Antisemitismus und die "neutrale" Bewertung des Nahostkonfliktes in einen Topf schmeißen zu können.

  • In Konflikten sollte man immer politisch Neutral bleiben um Handlungs und Entscheidungsfähig zu sein. Die Bundesregierung hat diese Möglichkeit nicht mehr, aber die Linke. Ziel der Rechten Parteien ist es die Opposition zu Spalten, dazu benutzt sie die Gesellschaft. Es ist witzig, die Rechten benutzen die Juden als Schutzschild und Waffe für Ihre nationalsozialistischen Ideologie vom Bürgergeld." Arbeit macht frei" oder die Asoziale Kampanie. Anstatt den" Arsch hoch" zu Bewegen und Aufzuklären redet man am liebsten über sich selbst. Nur Einigkeit macht stark. Es brauch keine faulen Kompromisse, so bietet man den Medien nur Fütter.

    • @Manoman:

      "Arbeit macht frei" war die Toraufschrift in verschiedenen Konzentrationslagern: Auschwitz, Dachau. Sie mögen die Arbeitsmarkpolitik der Bundesrepublik ja übel finden, aber Ihre Wortwahl in diesem Kontext ist unterirdisch.

  • "Die Ausgetretenen, für die allesamt Israel-Solidarität politisch identitätsstiftend ist."

    Für jeden Linken, für jede Linke, die sich mit Antisemitismus auseinandergesetzt hat, sollte die Solidarität mit Israel als jüdischem Staat nicht identitätsstiftend sein, aber sie sollte das zivilisatorische Eichmaß darstellen.

    Wer nicht begriffen hat, dass allein die Phrase vom "Existenzrecht Israels" in den Mund zu nehmen, es somit als Möglichkeit oder eben Nicht-Möglichkeit implizit zur Disposition zu stellen, der Anfang von dem ist, was die Hamas, die Hisbollah, der Iran und ihre Buddies in den postkolonialen und identitätspolitischen Abgründen im Westen mit Inbrunst zu Ende bringen möchten, das Verschwinden Israels von der Erdoberfläche.

    Samuel Salzborn beschreibt den Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne. Er verspricht, wenn man ihn zu Ende denkt, die Erlösung von allem Übel. Er verheißt eine Identität jenseits aller Spaltungen.

    Am weitesten gekommen mit diesem Erlösungsplan sind die Nationalsozialisten. Heute konzentrieren sich alle antisemitischen Anstrengungen auf den Staat Israel.

    Will man Mensch bleiben, kann man nur klare Trennungsstriche ziehen.

    • @Jim Hawkins:

      Genau. Es wird doch nie das Existenzrecht z.B. Russlands in Frage gestellt. Es wird die Regierung oder ein Machthaber kritisiert.



      Was man im Fall Israels auch tun könnte, ohne die Existenz in Frage zu stellen. Passiert aber nicht.

  • Tja. Unter dem Plaster - da liegt der Strand.



    Und komm komm - Plaster gerne auch Beton!

    Woll. Mich als Zaungast erinnert‘s wieder mal an die unseligen Betonierzeiten - als in den K-Gruppen die Mehrheit von fünf 5️⃣ - die Abweichlerminderheit von sieben 7️⃣ ausschloß



    Es schlechten kapitalistischen Atom⚛️strom im Gegensatz zu gutem sozialistischen gab!



    Köln & HH sah das zwar anders!



    (1988 - bald vor lachen vom Stuhl gefallen! Senkrecht - nur die Frauen!) But



    Schmunzelnd lauschte ich bei nem KritJurKongress den Schilderungen zweier Fraktions-Assis - die ob des unsolidarischen innerparteilichen Hauen & Stechens - das Schwarze unterm Nagel nicht gönnen - sich gen (Däh!) Öffentlichen Dienst verabschiedet hatten!



    (für @ Martin Ress - übrigens erfolgreich trotz eklatant rechtswidriger fieser Aushole durch die JuMi!) - dazu ein andermal -



    taz.de/Antrag-auf-AfD-Verbot/!6040242/

    Ergo - Yippie - for the free - Angie laß gehn -



    www.youtube.com/wa...IgZGVtIHBmbGFzdGVy



    & the whole shit



    www.youtube.com/watch?v=61eJELTBMWk



    Unter dem Pflaster liegt der Strand- SCHNEEWITTCHEN FRAUENBAND



    Mann - was waren/sind die gut! Woll

    • @Lowandorder:

      Sehr schön, wie auch die, nennen wir es, etwas neuere Version:



      "Unter den Pflastersteinen wartet der Sandstrand



      Wenn nicht mit Rap, dann mit der Pumpgun"



      www.youtube.com/wa...VodCB1bnRlcg%3D%3D

  • "Doch das Fortbestehen einer Linken in diesem Land ist mit dem Austritt nicht wahrscheinlicher geworden. Dabei wäre sie nötiger denn je."

    Die Perspektive nicht nur von Lederer und anderen ist, dass eine Linke die so sehr Antisemitismus in eigenen Reihen negiert, statt diesen zu konfrontieren, eben nicht Links ist. Nicht so Links wie sie in diesem Land "nötig wäre".

  • Inhaltlich entspricht der Meinungsbeitrag meiner Wahrnehmung des Geschehens.

  • „ Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen Antisemitismus zusammen mit der Kritik an Israels entgrenztem Krieg: er macht keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten.“

    Stellen wir uns mal vor, Polen wäre 1933 militärisch sehr stark gewesen. Nach dem



    deutschen Einmarsch wären auf deutsche Städte Bomben niedergegangen, zahlreiche deutsche Zivilisten wären getötet worden.

    Hätte irgendwer folgendes behauptet:

    „ Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen den Nationalsozialismus zusammen mit der Kritik an Polens entgrenztem Krieg: er macht keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten“ ?

    • @Suryo:

      was Sie da veranstalten, läßt sich vermutlich am treffendsten als querdenken bezeichnen. es sprengt die regeln jedes sachlich begründeten und begründbaren diskurses, ist absolut irrational, kontrafaktisch und antiempirisch und in seiner stoßrichtung verstörend reaktionär.

  • Wer erhebt denn überhaupt den Vorwurf, die Linkspartei sei antisemitisch? Natürlich ist die Linke als Ganzes keine antisemitische Partei. Der Punkt ist aber, dass die Hamas-Fans in der Partei so zahlreich sind, dass eine eindeutige Haltung gegen Antisemitismus zumindest im wichtigen Berliner Landesverband nicht mehrheitsfähig ist, sondern nur nichtssagende Kompromissformeln beschlossen werden können. Hinzu kommt: Die Parteinahme für die Hamas ist schon seit langer Zeit kein Karrierehindernis in der Linkspartei. Zur Erinnerung: Die Linkspartei-Bundestagsabgeordneten Annette Groth und Inge Höger fuhren auf dem "Frauendeck" der Mavi Marmara, die unter Kontrolle der die Hamas unterstützenden türkischen Organisation IHH stand, mit, um die israelische Seeblockade Gazas zu brechen (s. hier: de.wikipedia.org/w...all#Vorbereitungen ), und wurden in der darauffolgenden Legislaturperiode wieder Bundestagsabgeordnete der Linkspartei.

    Und spätestens seit dem 07.10.2023 muss eine Partei mit linkem Anspruch Farbe bekennen. Eine Partei, die nicht zu einer klaren Benennung des eliminatorischen Antisemitismus der Hamas in der Lage ist, genügt diesem Anspruch nicht.

  • "Der Vorwurf, die Linke sei antisemitisch, ist haltlos." Der Kommentator weiß das natürlich besser als ehemalige Spitzenleute, die die Partei in- und auswendig kennen....

  • "Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen Antisemitismus zusammen mit der Kritik an Israels entgrenztem Krieg ..."

    Nein! Genau das nicht! Man kann Antisemitismus einfach mal klipp und klar verurteilen, ohne wenn und aber, und ohne Relativierung durch den Verweis auf die gruselige Regierung Nethanjahu. Was ist daran so schwer. Niemand hindert "Die Linke" daran, eine Erklärung explizit zum Nahost-Konflikt nachzuschieben, die beiden Seiten gerecht wird. Aber bei Thema Antisemitismus geht es eben nicht primär um den Nahen Osten, sondern um die in Deutschland lebenden Juden, die sich vielfach nicht mehr trauen, sich als Juden zu bekennen.

  • Als Mitglied der Partei bin ich schockiert, dass man sich auf beiden Seiten des Diskurses nicht von seiner unhaltbaren Solidarität mit den Faschisten der Hamas oder den Faschisten des israelischen Regimes befreien kann.



    Wie sich ein vernunftbegabter Mensch mit einer dieser Seiten unkritisch solidarisieren kann ist mir wirklich unbegreiflich.

    Und das soll am Ende wichtiger sein soll, als der Kampf für eine gerechte Gesellschaft noch unbegreiflicher.

    • @Oliver Grimm:

      Wollen Sie damit etwa dem Bundeskanzler die Vernunft absprechen?

  • "Ein linker Standpunkt denkt den Kampf gegen Antisemitismus zusammen mit der Kritik an Israels entgrenztem Krieg: er macht keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten."

    Da muss man schon einhaken. Macht ein linker Standpunkt zum 2. Weltkrieg auch keinen Unterschied zwischen den Opfern auf beiden Seiten? Setzt Ermordete im KZ gleich mit deutschen Opfern im Bombenkrieg? Das ist der Standpunkt von Alt-Nazis, nicht von Linken. Denn die Gleichsetzung der Opfer setzt auch die Täter gleich, und genau das wollen Nazis, Islamisten und Terroristen.

    • @Descartes:

      Nicht jeder historische 'Vergleich' ist einer. Wer mit derlei Vergleich zu argumentieren versucht, kommt in arge Bedrängnis. Der muss dann erstens, die Einmaligkeit des Holocaust bestreiten, der muss dann zweitens auch bestreiten, was ICJ und ICC untersuchen: Kriegsverbrechen und jahrzehntelanger Verstoss gegen das Völkerrecht durch Besatzung, Vertreibung, Entrechtung und Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts. Drittens, muss dann gefordert werden, jegliche historische Forschung, die sich bekanntlich stets mit Kontexten beschäftigt, einzustellen. Auch der derzeitige Krieg und seine Massaker hat - wie jegliches historisches Geschehen - keinen 'Nullpunkt' in der Geschichte.

    • @Descartes:

      Danke, Sie bringen es auf den Punkt.

    • @Descartes:

      Dieser spezielle linke Standunkt ist auf den Nahostkonflikt begrenzt.



      Das steht im Artikel so drin und ist sicher auch so gemeint.

      • @Sonntagssegler:

        Antisemitismus ist aber nicht auf den Nahostkonflikt begrenzt. Das steht NICHT im Artikel und ist genau der fußballfeldgroße blinde Fleck im Sichtbereich all Jener, die glauben, links (also "gut") und gleichzeitig antisemitisch zu sein, schließe sich per se aus.

    • @Descartes:

      Das haben Sie schön auf den Punkt gebracht.

    • @Descartes:

      Ihr Vergleich passt in so vielen Hinsichten nicht dass sich eher fragt wo er passen soll. Der Krieg Israel-Palästina ist nicht mit Nazideutschland vergleichbar, in irgendeiner Hinsicht.

    • @Descartes:

      Ihr vergleich erscheint mir – obwohl Sie sich "Descartes" nennen – vollkommen unlogisch und irrational. und ehrlich gesagt finde ich ihn auch reichlich geschmacklos – vorsichtig formuliert.

      sie behaupten eine entsprechung, die es nicht gibt, und versuchen auf dieser basis ein plausibles argument zu formulieren. das kann nicht funktionieren.

      abgesehen davon: linke standpunkte zum II. weltkrieg dürften eigentlich hinlänglich bekannt sein.