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Anti-Asyl-Plan der UnionMerz' wichtigstes Argument kommt von Wagenknecht

Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme, meinte Sahra Wagenknecht. Friedrich Merz hat sich den Gedanken zu eigen gemacht.

Keine Zeit für Argumente: Sahra Wagenknecht vom BSW am 29. Januar im Bundestag Foto: Jens Jeske

D ie Wagenknecht-Gruppe hat sich am Mittwoch im Bundestag in der Entscheidung über Merz’ Anti-Asyl-Plan enthalten. Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht kündigte allerdings an, Merz’ Anti-Asyl-Gesetz am Freitag zustimmen zu wollen. Schlüssig war das nicht, aber ein Hinweis darauf, dass Konflikte auch in den straffsten Kadertrüppchen vorkommen und zu eigentümlichem Kompromissverhalten führen können.

Nun sind Wagenknechts Redezeiten im Bundestag etwas zu kurz, um widersprüchliche Entscheidungen zu erläutern. Andererseits ist sie doch eine Pointenkönigin. Ein wenig enttäuscht war ich also, dass ihr in den zwei Minuten, bis die Ermahnungen vom Präsidium einsetzten, nicht viel mehr gelang, als – in der üblichen Reihenfolge – erst Rot-Grün anzugreifen, dann die CDU, und dann natürlich zum Anti-Amerika-Thema zu kommen: Die Kriege der USA in Afghanistan, Irak und Libyen seien schließlich die Fluchtursachen. Die wichtigste Fluchtursache der vergangenen drei Jahre, der Krieg Russlands gegen die Ukraine, dürfte ihr allerdings kaum aus Zeitmangel entfallen sein.

Hätte sie noch eine Minute mehr gehabt, hätte Wagenknecht Friedrich Merz zum Beispiel daran erinnern können, dass er sein wichtigstes Argument zur Schleifung von Brandmauern von ihr übernommen hat: Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme, sagte Wagenknecht schon im Februar 2024 der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Ihr Mitstreiter, der BSW-Abgeordnete Andrej Hunko, führte wenig später aus, dass das BSW sich entsprechend auch vorstellen könne, AfD-Anträgen zuzustimmen, wenn das BSW sie „inhaltlich gut“ fände. Dies also als Hinweis an die Union: Wer das Ja von Rechtsaußen einsammelt, kann ebenso gut Ja zu Rechtsaußen sagen, Gruß vom BSW. In manchen Dingen braucht’s halt Beinfreiheit, und sei es, dass man dann der Demokratie selbst in die Kniekehlen tritt.

2015 saß ich neben Wagenknecht in ihrem Bundestagsbüro auf dem Sofa, um sie fürs Radio zu interviewen. Man sitzt dabei oft eher nebeneinander als sich gegenüber – jedenfalls dann, wenn der Arm mit dem Mikro zu kurz ist, um über den Sofatisch zu reichen. Gerade hatte in einer weiteren spektakulären Wendung des innerlinken Streits Gregor Gysi den Fraktionsvorsitz im Bundestag hingeworfen, Dietmar Bartsch und Wagenknecht würden übernehmen. Es war der Sommer der steil ansteigenden Flüchtlingszahlen, und ich fragte danach. Sahra Wagenknecht rückte noch weiter weg, als sie vorher schon saß, und flüsterte: „Wir können nicht alle aufnehmen.“ Der Satz war genauso leise, dass er nicht mehr sendetauglich war.

wochentaz

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Inzwischen hat sich die Linkspartei über diese Frage zerspalten. Während die Restlinke regelrecht befreit wirkt und mit ihrem lebendig-differenzierten Ansatz hoffentlich gute Chancen hat, wieder in den Bundestag zu kommen, rutscht Wagenknecht mit ihren Leuten den Hang rechts hinunter, beinahe noch schneller als gedacht.

Vor einem Jahr, am Holocaust-Gedenktag 2024, hatte das BSW seinen ersten Parteitag. Erste Rednerin war die Ost­berliner Publizistin Daniela Dahn, eine ins­gesamt nachdenkliche Linke ohne Partei, aber mit einer unerklärlichen Schwäche für ­Wladimir Putin. Dahn sagte: „Von diesem Parteitag geht unmissverständlich das Engagement für Antirassismus und Antifaschismus aus.“

Doch es war sehr wohl ein Missverständnis. Die Behauptung, „etwas Richtiges wird durch Zustimmung von der falschen Seite nicht falsch“, stimmt nur dann, wenn es gerade nicht um Macht geht. Aber wo mit Mehrheiten Gesetze gemacht werden, ist es so falsch, falscher geht es gar nicht mehr.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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59 Kommentare

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  • "Eine Forderung wird nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimmt."



    Das ist eine Selbstverständlichkeit, die auch nicht 2024 auf Wagenknechts Mist gewachsen ist, sondern jedem normal denkenden Menschen klar ist.



    Vielleicht nicht so klar ist, dass es normalerweise nicht "die richtige" Forderung oder "den richtigen" Weg gibt, sondern mehrere Wege, die zum Ziel führen können, jeder mit eigenen Vor- und Nachteilen.

  • Das ist ein klassisches Dilemma. Behaupten wird aber, dass es nur eine Antwort gibt: den Flaschen zum Richtigen zustimmen oder, wie hier, die Zustimmung der Falschen zum Richtigen akzeptieren. Da hilft etwas Fuzzilogic:



    „ Eine Eigenschaft eines Gegenstands wird […] als die Zugehörigkeit zu einer Menge gefasst, aber in der Fuzzylogik wird die Zugehörigkeit nicht durch eine ja/nein-Unterscheidung scharf definiert, sondern ist graduell abgestuft.“ Quelle: Wikipedia



    Meine Schlussfolgerung: Eine Entscheidung in der Sache kann nicht allein auf Grundlage der ja/nein Fragestellung getroffen werden, es müssen zusätzliche Parameter herangezogen werden. Unter welchen Umständen, zu welchem Zeitpunkt, von wem etc. Die Strategie und Absicht gesteuerte Rhetorik von Merz, Wagenknecht und den blauen Strolchen trägt dem aus Eigennutz nicht Rechnung, zugehörige Inhalte abzulehnen ist eine natürliche und richtige Entscheidung. Ich denke auch, durchdachtere Anträge werden tendenziell automatisch die Falschen von einer Zustimmung abhalten.

  • Interessante Punkte. Ob sich freilich der Friedrich von der Sahra so beeinflussen lässt? Bzw.: Hat die das besagte Argument erfunden? Patentiert?

  • "Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme, meinte Sahra Wagenknecht."

    Da hat sie sogar Recht. Sollte die AfD sich zu aussagen wie "2 + 2 = 4" versteigen, wäre das korrekt - wobei man dann trotzdem den Haken an der Sache suchen sollte. Leider sind ihr oft solche Wahrheiten weniger geläufig als die Lügen, die sie ständig verbreiten.

    Interessanter ist glaube ich die Erkenntnis, dass Dinge nicht unbedingt richtig sind, auch wenn sie NICHT von der AfD kommen. Binse, scheint aber irgendwie gerade keiner zu bemerken. Wir müssen nicht auf die AfD wie das Kaninchen auf die Schlange starren wenn die giftigen Spinnen (CDSU und FDP) daneben sitzen.



    Es geht mir in dieser Diskussion viel zu wenig darum, wie falsch Merz' Vorschlag ist, als um die Tatsache, dass die rassistischen Demokratiezerstörer der AfD selbstredend zustimmen.

    • @Jalella:

      Genau dieses lag mir auch auf der Zunge. Besonders erlangt diese Sichtweise eine Bedeutung, wenn nach der Wahl das Koalitionsgeschachere beginnt und CDU/CSU auf einmal wieder salonfähig für diejenigen werden, die zuvor noch über sie gewettert haben.

  • Prinzipiell ist die Aussage von Wagenknecht und Merz sogar richtig. Die Union leiten daraus für sich aber eine fatale politische Idee ab - eine ständige, konträre Mehrheit. Alles was die Union sagt ist per se richtig und ich bekomme dafür immer eine Mehrheit. Falls mit Rechts kann ich sogar noch die Linken angreifen, falls mit Links ist das ja demokratisch legitimiert und man kann sich von ganz Rechts abgrenzen. Damit könnte die Union sogar in der Minderheit allein regieren - theoretisch!

  • Was mir definitiv viel zu kurz kommt, ist folgende Überlegung: "Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme" ist in sich schon ein Strohmann-Argument. Die AfD stimmt im Bundestag nämlich durchaus häufig zu - das kann auf der Seite bundestag.de auch nachgelesen werden. Darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass es nicht die Stimmen der AfD braucht, um eine Mehrheit für eine Forderung/einen Beschluss/ein Gesetz zu erlangen. Und das ist etwas ganz Anderes.

  • "Es war der Sommer der steil ansteigenden Flüchtlingszahlen, und ich fragte danach. Sahra Wagenknecht rückte noch weiter weg, als sie vorher schon saß, und flüsterte: „Wir können nicht alle aufnehmen.“ Der Satz war so leise, dass er nicht mehr sendetauglich war." - Liebe Ulrike Winkelmann, das klingt ein wenig geheimnisvoll und geradezu konspirativ. Ich stelle mir vor, wie Wagenknecht in gebührendem Abstand zu Ihnen sitzt und Ihnen diesen "wertvollen" Satz zuflüstert (!). Aber die 5 Worte sind absichtlich so leise herausgehaucht, dass sie nicht aufgenommen werden konnten. Nur Ihre Ohren konnten die Worte erfassen. Nein - also wirklich, das klingt wie eine wilde Räuberpistole aus einem Groschenroman und nicht wie eine seriöse Auseinandersetzung.

  • "Eine Forderung wird nicht dadurch falsch, dass jemand zustimmt." Darum geht es nicht, denn das ist rückwärts gewandt. Es geht immer darum wer sich durch mich bestärkt sehen wird zukünftig welche Forderungen zu stellen.

  • Unabhängig dieses Falles eine Frage:



    Ist die Einreichung einer Abstimmung immer unzulässig, wenn es sein könnte, dass sie wegen Stimmen der AfD durchkommen könnte?



    Wenn ja, dann kann ja die AfD jegliches Gesetz blockieren, indem es immer mit Ja zustimmt und so die Mehrheit garantiert. Wir dürfen uns nicht von der AfD davon treiben lassen, was abgestimmt wird, sonst hat sie schon gewonnen.

    • @Hans Dampf:

      Was fuer eine rethorische Frage. Sie muessten doch wissen, dass die Brandmauer nur dann zum Zuge kommt, wenn es gegen die Machtinteressen von Rot-Gruen geht.



      Sollte die Union nach der Wahl eine Minderheitsregierung probieren, werden Rot-Gruen deren Gesetze nur mit der AFD zusammen blockieren koennen. Ich hoffe sie glauben nicht, dass Rot-Gruen dann fuer ein Unionsgesetz stimmen wird weil die AFD zuvor ihre Ablehnung signalisiert hat.

    • @Hans Dampf:

      Nein, natürlich nicht. Es wird nur schwierig, wenn man keine demokratische Mehrheit für einen Antrag finden kann und ihn dann mit rechtsextremen Stimmen trotzdem durchbringt. Auch dann, wenn man zuvor die demokratischen Mitbewerber zu zwingen versucht, zuzustimmen - mit dem Argument, dass man ansonsten mit egal wessen Stimmen den Antrag durchsetzt. Oder gerade dann.

      Judith Skudelny (FDP) hat so argumentiert, sie wollte ihre Zustimmung zu einem Antrag nicht von einer radikalen Partei abhängig machen, sondern "eine freie, eigene, souveräne Entscheidung treffen". Sie hat darauf verwiesen, dass zuvor vergeblich Mehrheiten mit SPD und Grünen gesucht worden seien. Die wollten nicht. Die Vertreter des Antrags hatten also die Freiheit, weiter an tragfähigen Kompromissen zu arbeiten oder den Antrag zur Abstimmung zu stellen.

      Letzteres haben sie gemacht, und dabei kam raus, dass sie ihre migrationsfeindliche Politik, die Geflüchtete pauschal als Bedrohung definiert, selbst mit einer migrationspolitisch nicht zimperlichen SPD und zutiefst kompromissbereiten Grünen nicht umsetzen können, sondern nur mit einer radikal xenophoben AfD.

    • @Hans Dampf:

      Genau so ist es, wenn die polemische „Brandmauer“ zu Ende gedacht wird. Der öffentliche Diskurs verliert sich in unsäglich kleinteiligen Befindlichkeiten gegen einzelne Politiker und Ereignisse. Wo bleibt die sach- und inhaltsbezogene Diskussion? Was wird passieren, wenn ein Viertel der Wähler durch Diffamierung des (voraussehbaren) Abstimmungsverhaltens merkt, dass es effektiv doch keine Stimme hat? Es wird in Summe mehr AFD-Wähler geben- so lange, bis das erklärte Ziel dieser Partei- die absolute Mehrheit zu erlangen, erreicht ist. Die demokratischen Parteien sollten einfach ihre tatsächliche Agenda durchziehen, im Sinne ihrer Wähler agieren und endlich mal strikt bei ihren eigenen Inhalten bleiben, statt sie immer wieder neu nach mutmaßlich erfolgreichen Wahlslogans der Rechtsextremen auszurichten und damit unglaubwürdig zu werden. Die „Brandmauer“ gehört in die Koalitionsverhandlungen und nicht in die parlamentarische Arbeit einer Regierung aus hoffentlich ausschließlich demokratischen Parteien.

    • @Hans Dampf:

      Das ist so nicht richtig. Es gibt genug Abstimmungen, die MIT den Stimmen der AfD durchkommen, aber nicht WEGEN. Und deshalb kann die AfD auch nicht jedes Gesetz blockieren, sofern für die Verabschiedung durch die anderen Stimmen bereits eine Mehrheit zustandekommt. Was bisher der Fall war aufgrund des demokratischen Konsens, den Merz jetzt ohne jede Not aufgekündigt hat.

    • @Hans Dampf:

      So ist es ja nicht.

      Es geht darum, dass es eigene demokratische (= ohne AfD) Mehrheit für Gesetze gibt. Wenn die Rechten dann trotzdem zustimmen, ist es wurscht.

      Die CDU muss sich halt schon fragen, ob sie jede noch so bekloppte, populistische Forderung durchboxen sollte. "Deutsche Grenzen dichtmachen" mag toll klingen, wird aber irre teuer werden und an der Realität scheitern. Einfach mal sich die Geografie Deutschlands vergegenwärtigen.

      • @fhirsch:

        Nachfrage: Eine Partei der Mitte, sagen wir ABC will z.B. mehr Kindergeld, es reicht nicht zu einer Mehrheit, aber mit der AfD würde es reichen. Soll die ABC jetzt diesen Antrag nicht stellen, obwohl sie den Inhalt für richtig hält, nur weil die AfD Mitbeschaffer der Mehrheit war/ist/sein könnte?

    • @Hans Dampf:

      Es geht darum, dass die regierende Koalition eine eigene Mehrheit hat und nicht die Stimmen der AfD benötigt.



      Meistens enthält sich die Opposition oder stimmt mit Nein. Die AfD will der Regierung ja nicht einfach ihre Stimme „schenken“, sondern Einfluss nehmen. Die fordern dann auch, diese nach ihrer Vorstellung umzuformen.

      Aus www.bundestag.de können Sie das nachvollziehen, wie das läuft. Die AfD stimmt vielen sinnvollen Gesetzesvorhaben nicht zu und hat aber im Moment zum Glück nicht soviel Stimmmacht, zu blockieren.

  • "Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme, meinte Sahra Wagenknecht."



    Natürlich sind Forderungen auch abstrakt zu bewerten, aber der Umgang damit und praktischen Lösungen sind des Pudels Kern.



    Es ist ein "Fremdgehen" und der "Verführung" nach politischem Machtstreben analog, wenn die tiefere Bedeutung und die offensichtliche Signalwirkung nicht verstanden werden.



    Es werden durch "Übertragung" Gruppen hoffähig gemacht durch den Tabubruch.

  • Ich frage mich wie sich SPD und Grüne verhalten würden wenn die Änderung des Grundgesetzes zur Schuldenbremse mit Stimmen der AfD zu schaffen wäre und diese ihre Zustimmung signalisieren. Würden sie einen solchen Antrag dann nicht stellen bzw. zurückziehen ?

    • @Filou:

      Nach dem bisherigen Konsens wäre das so. Anträge, die nur mit AfD-Beteiligung durchkommen können, wurden nicht gestellt.



      Nachdem Merz jetzt diese Schwelle mutwillig niedergerissen hat, ist die Frage nunmehr tatsächlich offen. Sollen sich Parteien immer anständiger verhalten als der politische Gegner (damit ist jetzt CDU gemeint)? Spannende Frage.

  • Genau diese Frage ist der Grundkonflikt und Habeck soll wohl auf einer Veranstaltung das Gegenteil gesagt haben, dass etwas Richtiges nicht gemacht werden dürfe, wenn die AfD zustimmt.

    Ich bin da mehr bei Merz und Wagenknecht.

    • @Dr. McSchreck:

      "Habeck soll wohl auf einer Veranstaltung das Gegenteil gesagt haben, dass etwas Richtiges nicht gemacht werden dürfe, wenn die AfD zustimmt.



      Ich bin da mehr bei Merz und Wagenknecht."



      Habeck ist einen Buchautor semantisch erstaunlich ungeschickt.



      Hintergrund dieser Aussage ist nämlich: wenn etwas Richtigem nur die AfD zustimmt, stellt sich die Frage, wie richtig das sein kann.

  • Wenn sich Merz die Schizophrenie zu Eigen macht, mehr abschieben, aber den Fachkräftemangel beklagen zu wollen, wo doch arbeitende Menschen, die angetroffen werden, "low hanging fruits" und bei wachsendem Druck auf Sollerfüllung besonders gefährdet sind ...

    Zur Erinnerung: Die Ausbildung eines Facharztes dauert über zehn Jahre. "Abhilfe" heißt, die Kosten dafür auf andere Länder abwälzen und auf Zuwanderung setzen. Wer aber befürchten muß, rauszufliegen, bevor sie/er die Papiere zusammen haben kann, wird sich das nicht antun.

    www.gmx.net/magazi...l-abhilfe-40620850

    • @dtx:

      Das hat nichts mit Schizophrenie zu tun, es ist schlicht die Unterscheidung zwischen Geflüchteten und Fachkräften (z. B. Stichwort "Blue Card").



      83 % der Personen mit Blue Card leben nach fünf Jahren weiterhin in Deutschland (destatis), und die Zahlen steigen permanent. Dieser Bereich scheint also eine Erfolgsgeschichte zu sein.

    • @dtx:

      Es ist keine Schizophrenie, wenn man 2 völlig unterschiedliche Fragen: "Fachkräftezuwanderung mit Visum" und "Flucht" nicht vermischt. Wobei es ja die Möglichkeit gibt, als Geflüchteter über den Spurwechsel doch blieben zu dürfen.

      Das ändert nichts daran, dass es viele Leute gibt, deren Anträge abgewiesen wurden und die dennoch bleiben, weil sie ihre Ausreisepflicht nicht freiwillig erfüllen und es lange dauert, bis die nötigen Papiere für die Abschiebung da sind - und die auch in dieser Zeit nicht viel tun, die Entscheidung zu revidieren.

    • @dtx:

      Ihre " low hanging fruits" entsprechen doch überhaupt nicht der deutschen Realität.

      Weil hier nicht durch derartige Aktionen abgeschoben wird.

      Zum anderen sind Fachkräftemangel und Abschiebungen kein Widerspruch.

      Im Gegenteil.

      Genau so funktionieren Eineanderungsländer.

      Ein eigener Bedarf wird formuliert, aber wer sich daneben benimmt, fliegt raus.

      Von den Einwanderern wird die Haltung übrigens oft sehr gut angenommen. Die empfinden das häufig als gerecht.

      Man sieht, wie weit Deutschland noch davon entfernt ist, ein Einwanderungsland zu sein.

  • "Während die Restlinke regelrecht befreit wirkt und mit ihrem lebendig-differenzierten Ansatz ..."



    Ist das Satire und ich bin versehentlich bei der "Wahrheit" gelandet??

  • AFD und BSW . Die zwei Hände des Kampfschlumpfs Putin in deutschen Parlamenten.

  • Ich machte wirklich gerne ein Interview mit Sahra Wagenknecht.



    Sie darf aber nicht ausweichen.

    Mir ist so auf der menschlich-subjektiven Ebene einfach nicht klar, wie man da landen kann, wo sie gelandet ist. Wie lebt man das?

  • "Die Behauptung, „etwas Richtiges wird durch Zustimmung von der falschen Seite nicht falsch“, stimmt nur dann, wenn es gerade nicht um Macht geht. Aber wo mit Mehrheiten Gesetze gemacht werden, ist es so falsch, falscher geht es gar nicht mehr."

    Wenig ueberzeugent wenn man jahrelang vorgefuehrt bekommt, dass etwas Falsches durch Zustimmung von der richtigen Seite nicht richtig wird.

  • Ein etwas perfider Spruch, denn einerseits kann er durchaus wahr sein, z.B. wenn Extremisten für den Bau eines Kindergartens mitstimmen. Andererseits wird "das Richtige" nicht hinterfragt, sondern vorausgesetzt und das ist der Knackpunkt, denn das kann durchaus etwas sein, was eben nicht richtig ist.

  • Wenn die AfD zustimmt, läuft gewaltig was verkehrt.

  • Ein wunderbarer Kommentar.

    Natürlich gibt es den Beifall der falschen Seite, wie auch die Zustimmung der Falschen.

    Ich muss sagen, dass ich aus Wagenknecht nicht schlau werde. Sie hat ihre Haltungen, ich möchte das nicht bewerten. Ihre Motivation verstehe ich einfach nicht.

    Sicher ist: Die Linkspartei ohne Wagenknecht ist ein selten gewordener Lichtblick in der deutschen Politik. Vom Streit befreit, so lebendig und klar, dass es eine Freude macht.

    Man kann verändern ohne um jeden Preis Ministerkarossen fahren zu wollen.

  • Damit hat sie ja wohl auch recht.



    Es kann ja wohl nicht sein, dass demokratische Parteien der Mitte nach der AFD tanzen müssen. Demokratische Parteien der Mitte müssen die Möglichkeit haben selbst festzulegen welche Programme sie verfolgen - völlig unabhängig was die AFD denkt oder sagt.

    • @Andere Meinung:

      "Demokratische Parteien der Mitte müssen die Möglichkeit haben selbst festzulegen welche Programme sie verfolgen - völlig unabhängig was die AFD denkt oder sagt."



      Völlig richtig.



      Warum aber verfolgen sie dann - zumindest im Migrationsthema - so vehement dem Programm der AfD, statt eigene Duftmarken zu setzen?



      Und dann ist nämlich der Beifall von der falschen Seite doch ein Zeichen, dass das verfolgte Programm falsch ist.

  • Es ist so gekommen wie ich vermutet hatte: die Linke steht ohne Wagenknecht besser da. Ich wünsche der Linken viel Erfolg bei den Wahlen, mehr noch bei ausserparlamentarischen Bewegungen. Ohne letztere bewegen sich Parlamente i.d.R. wenig bis gar nicht.

  • Es macht aber einen erheblichen Unterschied ob eine Fundamentaloppositionspartei a la BSW dieses Stimmverhalten der afd toleriert oder die stärkste Partei in den Wahlprognosen..



    Eine zur Oppositionspartei verdammtes BSW kann so der afd den Wind nehmen und strategisch Protestwähler (möglicherweise) in die andere Richtung bewegen.



    Das kann eine Volkspartei nicht, da ist die Botschaft, die afd kann den großen sogar ans Bein pinkeln, afd wirkt.

    • @nutzer:

      "Eine zur Oppositionspartei verdammtes BSW kann so der afd den Wind nehmen und strategisch Protestwähler (möglicherweise) in die andere Richtung bewegen."

      Was das BSW im Osten geschafft hat ist die Linke zu schwächen.



      Die AFD hat vom BSW nichts zu befürchten, höchstens zu profitieren.

    • @nutzer:

      Zitat: "Eine zur Oppositionspartei verdammtes BSW kann so der afd den Wind nehmen und strategisch Protestwähler (möglicherweise) in die andere Richtung bewegen."

      Kann sie nicht, erwiesenermaßen. Sie kann allenfalls der AfD mit ihrem "Gutfinden" von Anträgen auf den Leim gehen. Denn SW wählt ihre "Angestellten" anscheinend nicht danach aus, daß sie in Thüringen ansässigen "Denkfabriken" gewachsen wären.

  • Sie hat halt vollkommen recht. Die AFD wäre niemals so stark geworden. Für mich ist die Sarah wahrscheinlich auch die, der ich meine Stimme gebe. Auch wenn ich von ihrer Ukrainepolitik leider nicht viel halte.

    • @Chris Moka:

      Naja, das ist immer dieselbe Rede von Wagenknecht, dass alle anderen schuld am Erstarken der AfD sind. Aber wenn das alle keine Nazis sind, die die AfD wählen, oder nur ganz wenige, wie Wagenknecht immer runterbetet, warum sind die dann nicht in Scharen sofort dankbare BSW-Wähler geworden, um nicht eine Nazi-Partei wählen „zu müssen“?

  • Was Merz und ja auch Wagenknecht formulieren und fordern, wird in Frankreich schon lange praktiziert und umgesetzt. Und es funktioniert. Also kann und wird es bei uns funktionieren. Zeit wirds.



    Siehe: www.faz.net/aktuel...ist-110268288.html

    • @Mouse:

      Es geht aber nicht darum, ob es funktioniert, wen interessieren Realitäten?



      Es widerspricht der Ideologie und wird von "den Falschen" befürwortet.



      Also ist es abzulehnen ;-)

    • @Mouse:

      "...wird in Frankreich schon lange praktiziert und umgesetzt. Und es funktioniert."



      Was genau funktioniert da? Le Pen hat realistische Chancen auf's Präsidentenamt. Ist das funktionierend?

  • Ein wichtiger Aspekt ist:



    Mehrheiten in der Bevölkerung müssen sich in aller Regel in Mehrheiten im Parlament übersetzen.

    Alles andere führt die Demokratie ad absurdum.

    • @Frauke Z:

      Aber eine Demokratie ist nicht komplett ohne die Puzzleteile Rechtsstaat und Minderheitenschutz. Reine Mehrheitsherrschaft ist nicht der Sinn.

  • Die Linke ist differenziert in der Asylpolitik ? Parteichef van Aken sagte gerade, dass er sich vorstellen könne, dass Deutschland noch weitere Millionen von Flüchtlingen aufnehmen kann.

    • @Puky:

      Ja, ich habe es auch gelesen. Eine Million Flüchtlinge pro Jahr. Sicherlich wird es Bürger:innen geben, die ihn dafür im Februar wählen werden. Ich bin wirklich auf die Wahlergebnisse gespannt und traue mir noch keine Einschätzung zu.

    • @Puky:

      Lebendig ist sie bei dem Thema auch nicht, eher dogmatisch festgelegt, ohne Akzeptanzprobleme moderieren zu wollen.

    • @Puky:

      Werden wir auch, daran führt kein Weg vorbei. Das Recht auf Asyl ist nicht abgeschafft und Fachkräfte werden auch gebraucht - damit werden weiter Menschen kommen. Und wenn Sie mal schauen wollen, es gibt konkrete Zahlen dazu, wie viel Menschen die 2015 eingewandert sind heute in Arbeit sind und ihren Anteil einbringen. Das zeigt, das der Bedarf da ist und auch weiter steigen wird. 12,9 Millionen Erwerbspersonen werden bis 2036 das Renteneintrittsalter überschritten haben. Dies entspricht knapp 30 % der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Erwerbspersonen, bezogen auf das Berichtsjahr 2021. Zusätzlich muss man beachten, dass Migranten oft als Familie kommen und Frauen und Kinder in der Regel nicht oder weniger arbeiten. Ein indischer Arzt + Frau+ Kinder bedeutet also in der Rechnung mind. 3 Menschen für eine Fachkraft. Anders wird's nicht funktionieren.

      Quelle zu den Zahlen oben: shorturl.at/NpE5E

      • @Hans-Peter Wagner:

        Das ist natürlich Quatsch, Deutschland ist nicht in der Lage so viele Menschen aufzunehmen. Genau solche Aussagen von van Aaken sind der Grund, warum man die Linke nicht ernst nimmt. Seriösität ist ein Fremdwort.

    • @Puky:

      Ja Puky,



      kaum vorstellbar Deutschland stemme, was allein der Libanon stemmt. Bekanntlich ein schwerreiches, ziemlich friedliches, von lauter Freunden umgebenes Land.

      - mehr als 20 Millionen Geflüchtete müsste das Notstands-gebeutelte Deutschland aufnehmen. So vergleichsweise.



      Geht aber nicht. Bekanntlich ist Notstand, den die CDU /CSU mit der FDP und der AfD bei der EU anmeldet.

      • @Elise Hampel:

        Soweit ich weiß, hat auch Jordanien im Verhältnis zur "Grundbevölkerung" mehr aufgenommen als Deutschland. Und viele hier jammern schon über unsere Aufnahmen.

      • @Elise Hampel:

        "... was allein der Libanon stemmt."

        Ich möchte in Deutschland ungern libanesische Verhältnisse haben.

        "Bekanntlich ein schwerreiches, ..."

        Mir ist der Schwerreichtum Deutschlands unbekannt, liegt aber vielleicht auch daran, dass mein Blickwinkel ein anderer ist als der Ihre.

        "... ziemlich friedliches ..."

        Wenn man nicht jüdisch und/oder israelisch ist, vielleicht schon.

    • @Puky:

      Er hat gesagt, dass "die Aufnahme von einer Million Menschen pro Jahr eine völlig überschaubare Zahl" sei. Und ja, Deutschland hat 2015 eine Million Flüchtlinge aufgenommen und 2024 waren es nur noch 230.000 Erstanträge auf Asyl (30% weniger als letztes Jahr). Von daher kann man auf diese unsägliche Übertreibung und Stimmungsmache (wer kommt auf so Nazisprech wie "Zustrombegrenzungsgesetz"?) mal aufmerksam machen.

      Und zur Erinnerung: Die Zahlen nur für Westdeutschland sahen auch mal ganz anders aus, in das zerbombte und wirtschaftlich kaputte Land kamen zwischen 1944 und 1948 12 Millionen Flüchtlinge. Von daher jammern wir schon auf sehr hohem Niveau.

    • @Puky:

      Das sehe ich auch so und sage: wir schaffen das nochmal!

      • @bouleazero:

        "wir schaffen das nochmal!"

        Es geht Herrn van Aken nicht um "nochmal", sondern um Jahr für Jahr. Interessant würde es sicherlich werden, in welcher Hinsicht erfolgreich müsste man sehen.