Ampel stellt neues Rentenpaket vor: Unsichere Wette auf die Zukunft
Die Ampel will das Rentenniveau sichern und dafür einen Fonds an den Kapitalmärkten einrichten. Gewerkschaften und Finanzexperten sind skeptisch.
Lindner und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellten den gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf am Dienstag vor. Hauptpunkte sind die Stabilisierung des durchschnittlichen Rentenniveaus bis zum Juli 2039 auf 48 Prozent des Durchschnittseinkommens und die Einführung des „Generationenkapitals“.
Nach geltendem Recht und ohne das Rentenpaket II würde das Niveau langfristig sinken, und das wäre „gerade gegenüber den heute jungen Beschäftigten unfair, die für ihre Beiträge weniger Rente bekommen würden“, sagte Heil. Ohne die Stabilisierung auf 48 Prozent, was in etwa dem bisherigen Niveau entspricht, würde beispielsweise eine heute 49-jährige Krankenschwester mit einem Bruttolohn von 3.100 Euro zu Rentenbeginn im Jahre 2040 rund 1.100 Euro weniger im Jahr an Rente bekommen, rechnete Heil vor. Rentenanpassungen sind bei dieser Rechnung nicht berücksichtigt.
Allerdings wird laut dem Gesetzentwurf der Beitragssatz zur Rentenversicherung, den Beschäftigte und Arbeitgeber anteilig zahlen, dennoch langfristig steigen, und zwar von derzeit 18,6 Prozent des Bruttolohns auf 22,3 Prozent im Jahre 2035.
Bund zahlt 12 Milliarden Euro ein
Dank des „Generationenkapitals“ soll der Beitragssatz dann bis 2045 stabil bleiben. Den Plänen zufolge soll dieser Fonds bis zum Jahr 2036 auf 200 Milliarden Euro aufgestockt werden, durch jährliche Einzahlungen des Bundes, die mit 12 Milliarden Euro in diesem Jahr beginnen. Die Gelder aus dem Fonds sollen „langfristig und breit diversifizierend“ (Lindner) angelegt werden und dann ab 2036 „erste Ausschüttungen“ aus dem Fonds erfolgen. Mit diesen Ausschüttungen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro pro Jahr soll dann die Rentenkasse bezuschusst werden, sodass der Beitragssatz trotz der demografischen Entwicklung stabil bleibt. Der Kapitalstock soll durch eine Stiftung „Generationenkapital“ verwaltet werden, was es unmöglich macht, dass eine Bundesregierung in späteren Jahren sich dieser Gelder zur Stopfung von Haushaltslöchern bedient.
Woher die 200 Milliarden Euro bis zum Jahre 2036 genau kommen, dazu machte Lindner eine besondere Rechnung auf: Das Geld für den Kapitalstock soll unter anderem von Darlehen aus dem Bundeshaushalt und aus der Übertragung von Eigenmitteln vom Bund zusammenkommen. Für die Darlehen nimmt der Bund neue Kredite auf. Sie werden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet.
Aus den Erlösen des „Generationenkapitals“ müssen aber erst mal die Zinsen für die Schulden erwirtschaftet werden, die der Bund zum Aufbau ebendieses Kapitalstocks aufgenommen hat. Nur wenn die Renditen aus dem Generationenkapital die Zinszahlungen wegen dieser Darlehen übersteigen, gibt es überhaupt Erträge, die man an die Rentenkasse weiterreichen kann.
Lindner betonte am Dienstag, die Zinsen für Kapitalanlagen lägen „deutlich über den Zinsen, die wir für Staatsdarlehen bezahlen müssen“. Mit den Zuschüssen aus dem Generationenkapital solle in der Zukunft ein Beitragssatzanstieg um weitere 0,3 Prozentpunkte verhindert werden.
Die Sozialverbände und die Gewerkschaften begrüßten die Stabilisierung des Renteniveaus, zeigten sich aber skeptisch beim Generationenkapital. Die IG Metall bezeichnete dies als „Schritt ins Ungewisse“. Es sei eine „kreditfinanzierte Wette auf unklare Erträge in der Zukunft“, so IG-MetallVorstand Hans-Jürgen Urban. Der Ökonom Bernd Raffelhüschen sagte dem Portal The Pioneer, ein kreditfinanziertes Besparen von Aktien könne durch die Schuldenlast keine nennenswerte Rendite erwirtschaften, „vielleicht 1 Prozent und das ist bei Weitem nicht genug, um das Rentensystem zu stützen“. Jochen Pimpertz vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) erklärte, ob das Generationenkapital für substanzielle Entlastung sorgen könne, „steht in den Sternen“.
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