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ARD-Themenabend über SexismusDie Frau lügt, der Mann ist das Opfer

Die ARD beschäftigt sich am Mittwochabend mit sexueller Nötigung. Doch der Beitrag „Meine fremde Freundin“ ist falsch platziert.

Judith (Ursula Strauss) trifft Macho Volker (Hannes Jaenicke) Foto: NDR

Er starrt auf ihre Brüste und sagt: „Wenn Sie mal Hilfe beim Schleppen brauchen, sagen Sie Bescheid, Sie tragen ja ohnehin jeden Tag sehr schwer.“ So lernt Judith (Ursula Strauss) Volker (Hannes Jaenicke) kennen, als sie ihre neue Stelle im Gesundheitsamt antritt.

Volker wird im Film als Macho eingeführt, der mit seinen sexistischen Sprüchen bereits eine Mitarbeiterin aus dem Amt vertrieben hat. Die Kolleginnen verurteilen seine anzüglichen Kommentare, doch vertreten auch selbst patriarchale Sichtweisen: Sie suchen die Schuld bei sich selbst. Andrea (Valerie Niehaus) eine Kollegin, mit der Judith sich anfreundet, kommentiert die Kündigung ihrer Vorgängerin: „Sie ist auch falsch damit umgegangen. Hat mit ihm geflirtet und immer figurbetonte Kleidung getragen.“

Konsequenzen bekommt Volker keine zu spüren. Seine Chefin schätzt ihn und ignoriert seinen Sexismus. Bis Judith im Archiv-Raum vergewaltigt wird. So erzählt sie es ihrer Freundin Andrea und kurz darauf auch der Polizei.

Der Spielfilm „Meine fremde Freundin“ von Regisseur Stefan Krohmer ist Teil des ARD-Themenabends „Sexuelle Nötigung, Lügen und Stereotype“. Das passt zur aktuellen Sexismus-Debatte. Unter dem Schlagwort #MeToo berichten zahlreiche Frauen weltweit von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt – auch am Arbeitsplatz. Das Ziel der Kampagne: Sexismus sichtbar machen und aufzeigen, dass es sich um strukturelles Problem handelt.

Das perfekte Timing des öffentlich-rechtlichen Senders ist allerdings Zufall. Der Themenschwerpunkt wurde mit einem Vorlauf von über einem Jahr geplant. Doch durch die Aktualität bekommt er eine neue Dynamik. Der Film ist ein Debattenstück über Sexismus am Arbeitsplatz.

Nicht jeder Macho sei ein Vergewaltiger

Doch was zu Beginn spannende Fragen aufwirft, erfüllt der Film im Fortgang nicht. Gemeinsam mit ihrer Freundin Andrea bekommen die Zuschauer*innen Zweifel an Judiths Vergewaltigungsvorwürfen. Es stellt sich heraus: Volker sitzt unschuldig im Gefängnis – Judith hat sich die Vergewaltigung bloß ausgedacht. Sie ist eine krankhafte Lügnerin, die auch schon eine Krebserkrankung und ein verstorbenes Kind erfunden hat.

Auf filmischer Ebene funktioniert das Narrativ der Täter-Opfer-Umkehrung gut. Es spielt mit den Erwartungen der Zuschauer*innen, der Film überzeugt durch überraschende Momente und nicht zuletzt der schauspielerischen Leistung von Jaenicke und Strauss. Doch inhaltlich ist es schwierig. Und das liegt vor allem an der Einordnung in den Themenabend. Denn anstatt mit einem Spielfilm sexualisierte Gewalt zu thematisieren, die Frauen tagtäglich erleiden müssen, entlarvt der Film die Frau als Lügnerin und den Mann als Opfer.

Christian Granderath, Fernsehfilm-Chef des NDR, sieht darin erst mal kein Problem: „Ich mag es, wenn kontrapunktisch gearbeitet wird, das bringt die Zuschauer dazu, ihre Wahrnehmung zu überprüfen.“ Häufig sei es wichtig, die erste Einschätzung zu hinterfragen. Auch in diesem Fall, denn nicht jeder Macho muss ein Vergewaltiger sein.

Doch gerade die Debatte um Harvey Weinstein und seine Kollegen zeigt, dass Frauen, die sexuelle Belästigung anklagen, keinen Glauben geschenkt wird. Die Vorwürfe gegen Weinstein und Kevin Spacey sind nicht neu. Sie finden nur erst jetzt Gehör. Anspielungen darauf gibt es schon lange. So wurde zum Beispiel in TV-Serien Witze darüber gemacht. Doch da die Männer in Machtpositionen waren und wir in einem patriarchalen System leben, gab es keine Konsequenzen.

Der Film

"Meine fremde Freundin", Das Erste, 20.15 Uhr

Es kommt tatsächlich vor, dass Frauen eine Vergewaltigung erfinden. So beruht auch der Film der Drehbuchautor*innen Katrin Bühlig und Daniel Nocke auf einer wahren Begebenheit. Doch wir leiden nicht unter einem strukturellen Problem von notorischen Lügnerinnen, sondern haben eines mit Gewalt gegen Frauen. Wenn ein Themenschwerpunkt in den Öffentlichen-Rechtlichen sich mit sexualisierter Gewalt beschäftigen möchte, ist das zu begrüßen. Doch wenn dann der einzige fiktive Beitrag die Problematik umkehrt, ist das falsch.

Mit einem Satz behält Granderath in jedem Fall Recht: „Es ist ein Film, über den man ins Gespräch kommen kann.“ Im Anschluss an den Film diskutiert Sandra Maischberger mit dem Hauptdarsteller Hannes Jaenicke und den Expertinnen Gisela Friedrichsen, Teresa Bücker, Marlene Lufen und Anja Keinath (Das Erste, 21.45 Uhr). Hoffentlich wird dabei die wahre Problematik thematisiert.

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51 Kommentare

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  • Ein Auszug aus der Wikipedia.

     

    Die psychische Schädigung des Opfers (v.a. vergewaltigte Frauen, Anm. d. Verf.) hält oft lange an. Viele empfinden während der Tat Todesangst, die meisten befinden sich bei und unmittelbar nach der Tat in einem Schockzustand. An Spätfolgen kann bei Betroffenen eine posttraumatische Belastungsstörung auftreten.

     

    Als Symptome wurden beschrieben:

     

    · Albträume

    · eine Störung der Sexualität

    · Gleichgültigkeit

    · Depression

    · Schuldgefühle

    · Angstzustände oder Panikattacken

    · Selbstverletzendes Verhalten

    · Suizidversuche oder vollendeter Suizid

    · Schlafstörungen

     

    Die Schwere der Reaktionen ist sehr unterschiedlich. Sie hängt unter anderem von den bei der Tat eingesetzten Gewaltmitteln, von dem sozialen Umfeld des Opfers und dessen Umgang mit der Vergewaltigung, von früheren Gewalterlebnissen und vom Alter des Opfers ab. Einige Opfer finden auch ohne spezielle Betreuung zu einem normalen Leben zurück (siehe auch Resilienz), anderen gelingt es nur langfristig und nur durch eine Psychotherapie, die Vergewaltigung zu verarbeiten.

     

    Die Folgen für Opfern sind zu gravierend. Behörden, die bis jetzt damit zu tun hatten, haben das gesellschaftliche Problem nicht lösen können. Schon die Zahlen zu Verurteilungen und nicht stattgefundenen Anzeigen bestätigen das.

     

    Das würde bedeuten, dass vor allem dieses gesellschaftliche Problem immer wieder öffentlich diskutiert werden muss!

  • Frau Schwarz, Sie kritisieren das 'Narrativ der Täter-Opfer-Umkehrung' in diesem ARD-Beitrag. Der Ausgewogenheit halber schlage ich vor, einen filmischen Beitrag im Parallelsender ZDF mit klassischem Täter-Opfer-Rollen zu senden.

  • Ich weiss nicht warum die TAZ immer noch auf die zwei Geschlechterlüge so abfährt. Wir wissen seit gestern, dass es mehr als Männer und Frauen gibt und biologisch ist das lange Konsens http://www.tagesspiegel.de/wissen/gender-in-der-biologie-es-gibt-mehr-als-zwei-geschlechter/13386730.html

     

    Die Gewalttäter sind nach meiner Definition keine Männer. Auf jeden Fall biologisch völlig andere als ich, daher möchte ich nicht mit diesen in einen Topf geworfen werden.

    • @Struppi:

      Selbstverständlich gibt es ein drittes Geschlecht und das nicht erst seit gestern. Trotzdem möchte ich behaupten, dass diese Tatsache gesellschaftlich nur marginal ein Thema ist und die allermeisten Menschen auch persönlich kaum jemanden dritten Geschlechtes kennen.

    • @Struppi:

      Wenn durch Gewalt oder Gewaltfreiheit vor allem in der Kindheit erlebt ein Geschlecht erworben werden könnte, dann ist die Biologie wohl nicht beteiligt. Sie sprechen allenfalls von einem charakterlichen Geschlecht.

  • Wenn Männer sexualisierte Sprüche klopfen, dann meistens mit ähnlicher Absicht wie sie so agierende männliche Jugendliche hegen: sie wollen davon ablenken, wie verunsichert sie im Hinblick auf ihre Sexualität und ihr Verhältnis zu Frauen sind. Hinter so manchem vorgeblichen Hetero-Macker mag sich auch ein Klemmi verbergen, also ein seine Homosexualität verbergender Mann.

     

    Und Grund in einer Sexualisierung liegen, der sie in ihrer Kindheit ausgesetzt waren. Beschrieben wird das hier http://www.sueddeutsche.de/wissen/sexueller-missbrauch-die-mutter-als-taeterin-1.3707646 (Leider mit Paywall, aber die kleine Gebühr wert).

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

    • @Angelika Oetken:

      Was ist der Grund bei Frauen?

       

      Sang, Essen. Einer der vielen tabuisierten Männer die als Junge und noch als Mann Gewalt und Sexismus von Frauen erfahren haben.

      • @Sang:

        Für den Fall, dass Sie sich hier noch nicht gemeldet haben: https://www.aufarbeitungskommission.de/

         

        Sicherlich kein ideales Projekt, aber zu mindestens sammelt die Kommission Informationen. Ich persönlich bin der Meinung, dass es mindestens so viele männliche wie weibliche Opfer von Sexualstraftaten gibt. Jungen scheinen besonders häufig in ihrer sehr frühen Kindheit und später in und kurz nach ihrer Pubertät sexuellen Übergriffen ausgesetzt zu sein.

  • Nicht alle Vergewaltiger werden bestraft. Nur etwa 10 Prozent der Anzeigen kommen zu Verurteilungen. Dann muss man das ändern! Wer die Gerechtigkeit will, muss sie erkämpfen!

    https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/sancta-justitia-heiliges-wahrzeichen-der-gerechtigkeit/

     

    Warum müssen Frauen unbedingt dagegen vorgehen, und wenn nötig: öffentlich? Je mehr Kampf dagegen und Erwirken der Gerechtigkeit, um so weniger Opfer und vor allem Kinder unter Opfern!

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1588/umfrage/opfer-von-vergewaltigung-sexueller-noetigung-nach-altersgruppen/

     

    Opfer nach Alter von Vergewaltigung und sexueller Nötigung pro 100.000 weibliche Einwohner der jeweiligen Altersgruppe im Jahr 2015.:

     

    3 Kinder unter 14 Jahre,

    90 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahre,

    85 Heranwachsende (18 bis 21)

    18 Erwachsene (21-60 Jahre alt),

    1 Frau über 60 Jahre alt.

     

    Im Jahr 2016 gab es in Deutschland insgesamt 8.102 Opfer von Vergewaltigung und sexueller Nötigung.

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37486/umfrage/opfer-von-vergewaltigung-und-sexueller-noetigung-in-deutschland-von-1999-bis-2008/

     

    Wer etwas ändern will, muss kämpfen und nicht nur weinen! Steht eine auf und kämpft, dann stehen noch 2 weitere auf. Wird ein Vergewaltiger bestraft, dann bekommen viele Opfer Hoffnung und es stehen Hunderte auf!

     

    In Religionen wird Vergewaltigung sehr hart verurteilt. Mann muss das nicht wie ein Aufruf zur Gewalt verstehen. Man muss wissen, dass das der Verbrecher bestraft wird – egal ob durch das Gericht der Justiz oder vom Schicksaal und dem Leben!

    • @Stefan Mustermann:

      Wie viele Vergewaltiger relativ gesehen bestraft werden lässt sich überhaupt nicht sagen. Man kann eine Aussage darüber treffen wie hoch der Anteil der Verurteilungen ist aber das heißt ja noch lange nicht das auch alle angezeigten wirklich Vergewaltiger sind. Tatsache ist: Es gibt zu dem Thema nur sehr dürftig Zahlen. Weder über die Dunkelziffer, noch über die Anzahl der Falschanzeigen gibt es verlässliche Daten. Die typischerweise genannten Zahlen klaffen da in beiden Fällen weit auseinander. Man könnte fast den Eindruck gewinnen an verlässlichen Zahlen bestünde kein Interesse.

       

      Was ich bei dieser ganzen Nummer echt irritierend finde ist das hier letztlich ein Protest gegen ein Phänomen stattfindet, nicht gegen einen konkretes Übel. Das ist einmalig. Und ist das ist insbesondere deshalb bemerkenswert, weil es sich dabei um ein Phänomen handelt das von der Gesellschaft ohnehin schon als abscheuliches Verbrechen betrachtet wird.

    • @Stefan Mustermann:

      > In Religionen wird Vergewaltigung sehr hart verurteilt.

       

      Im alten Testament musste der Täter das Opfer zur Frau nehmen und Männer wurden ermutigt, Frauen zu "stehlen" …

      • @Arne Babenhauserheide:

        Zitat aus 5. Mose - Kapitel 22:

         

        "Wenn aber jemand eine verlobte Dirne auf dem Felde kriegt und ergreift sie und schläft bei ihr, so soll der Mann allein sterben..."

  • Im Mai 2005 wurde im Viktoriapark in Berlin-Kreuzberg das Mahnmal Wir haben Gesichter aufgestellt, das an alle Frauen erinnern soll, die Opfer einer Vergewaltigung wurden. Der rund 25-zeilige Text auf der dreieckigen Querplatte ist mit der unbunten Farbe Weiß auf hellbraunem/beigem Untergrund aufgebracht:

     

    „Hier wurde in der Nacht vom 18. auf dem 19. März 2002 eine Frau von zwei Männern vergewaltigt. Eine von Vielen. Jede Vergewaltigung ist Erniedrigung und Folter. Männergewalt und Frauenverachtung ist Krieg gegen Frauen. Vergewaltigungen an Frauen und Mädchen finden an jedem Ort statt, die meisten davon im Wohnbereich. Das Patriachat schafft hierarchische und ausbeuterische Beziehungen von Männern gegen Frauen. Sexismus ist Gewalt gegen Frauen im Alltag und im Staat. Überall da, wo wir die Gewalt spüren, sehen, von ihr hören – werden wir uns wehren, nicht schweigen! Mit der Entscheidung jeder Einzelnen und der Kraft und Vielfältigkeit der Frauenbewegung und mit Feministischem Widerstand werden wir das Patriachat abschaffen und Sexismus beenden. Solidarität • Widerstand • Öffentlichkeit!

     

    Greift ein!! Sagt Nein!“

     

    Die Inschrift der Stele besteht komplett aus Versalien und lautet:

    „Wir haben Gesichter

    Wir haben Augen

    Wir haben Hände und Fäuste

     

    Wir haben Träume

    Wir haben Trauer

    Wir haben Lachen

    Wir haben Zorn

     

    Wir leben

    Trotz alledem

    Wir kämpfen

    Für Frauenachtung

    Und

    Gerechtigkeit“

    • @Stefan Mustermann:

      Der Text auf dem Mahnmal ist Geschlechterkrieg pur und außerdem selbst sexistisch.

       

      "Männergewalt und Frauenverachtung ist Krieg gegen Frauen."

       

      Das ist schlicht Blödsinn. Von Männern ausgehende Gewalt trifft hauptsächlich andere Männer selbst wenn es Frauen trifft, ist das kein "Krieg" gegen Frauen.

       

      "Das Patriachat schafft hierarchische und ausbeuterische Beziehungen von Männern gegen Frauen."

       

      Das ist Geschlechterkampf und Verschwörungstheorie.

       

      "Sexismus ist Gewalt gegen Frauen im Alltag und im Staat."

       

      Diese Sexismus-Definition ist selbst sexistisch, da sie ausblendet das auch Männer Opfer von Sexismus sind.

       

      "Überall da, wo wir die Gewalt spüren, sehen, von ihr hören – werden wir uns wehren, nicht schweigen! Mit der Entscheidung jeder Einzelnen und der Kraft und Vielfältigkeit der Frauenbewegung und mit Feministischem Widerstand werden wir das Patriachat abschaffen und Sexismus beenden."

       

      Ein unverholener Kampfaufruf. Den Worten folgen Taten, und die bleiben nicht immer so spaßig wie die der Femen. Man sieht hier den Beginn einer gefährlichen Radikalisierung.

  • Wenn der Film auf einer wahren Begebenheit basiert, welche ist das? War die in den Medien?

     

    Der ehemalige ARD-Wettermoderator Jörg Kachelmann gewann letztes Jahr eines der wichtigsten Verfahren in der Aufarbeitung des Mannheimer Strafprozesses, in dem er letztlich vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden war. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied: Seine Ex-Geliebte Claudia D. muss ihm Schadensersatz in Höhe von mindestens 7000 Euro leisten.

    http://meedia.de/2016/09/28/wegen-vergewaltigungsvorwurf-ex-geliebte-muss-kachelmann-nach-olg-urteil-schadenersatz-zahlen/

     

    OLG Köln verurteilte auch noch Springer und Bild im Fall Kachelmann zu 395.000 Euro Entschädigung. 513.000 Euro inklusive Zinsen: Diese Summe hatte das Oberlandesgericht Köln Jörg Kachelmann im Verfahren gegen Bild und Bild.de zugesprochen. Während das Landgericht Köln in erster Instanz die Rekordsumme von 635 000 Euro verhängt hatte, machte das OLG in der Verhandlung deutlich, dass es eine deutlich geringere Zahlung für angemessen hält. Diese liegt laut Urteil bei 395 000 Euro – zuzüglich 118.000 Euro Zinsen.

     

    In dem Verfahren geht es um die Prozessberichterstattung verschiedener Springer-Titel. Kachelmann war 2011 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Die Vorsitzende Richterin Margarete Reske stellte dabei klar, es sei grundsätzlich zulässig, wenn Medien über einen Prozess gegen einen Prominenten berichteten. Dabei sei es auch erlaubt, den Namen des Angeklagten zu nennen und über Details des Verfahrens zu berichten. Allerdings müsse dies mit der gebotenen Zurückhaltung geschehen, denn bis zu einer Verurteilung gelte für den Angeklagten die Unschuldsvermutung.

    http://meedia.de/2016/07/12/olg-urteil-springer-und-bild-muessen-kachelmann-inklusive-zinsen-513-000-euro-entschaedigung-zahlen/

    • @Stefan Mustermann:

      Nein, hier ging es nicht um den Fall Kachelmann. Aber der Fall war real und ist auch durch die Presse gegangen, wenn auch nur sehr kurz und wurde relativ schnell wieder in den Archiven endgelagert.

      Ich habe selber vier artverwandte Fälle in meinem näheren Umfeld mitbekommen, welche aber gottseidank nicht derart zerstörerisch eskaliert sind. In allen Fällen handelte es sich bei den Täterinnen um Persönlichkeitsstörungen vom Borderline-Typus.

      Sicher sind in der Regel Frauen in der Opferrolle, aber man sollte generell jeden Fall ganz genau anschauen bevor ein Urteil gefällt wird - ein Urteil, das man in der Regel nicht mehr vom Tisch bekommt. Aber dies ist eindeutig die Aufgabe von Polizei, Justiz und Psychologie. Die Medien sollten mit voreiligen Urteilen lieber sehr zurückhaltend sein, weil das Zerstörungspotential einfach zu groß und angerichteter Schaden oft nicht mehr reparabel ist.

      Kurz zu Mowgli: "(...) es gibt keine Täter, die nicht selber Opfer sind oder zumindest waren (...)" - Es ist zwar richtig dass Opfer dazu tendieren können selber zu Tätern werden, aber eine derartige Verallgemeinerung erscheint mir nicht brauchbar.

      Auch die Annahme, dass ein Borderline-Syndrom generell auf Missbrauch oder Vergewaltigung zurückzuführen sei ist mittlerweile in dieser Generalisierung nicht mehr in der psychiatrischen Diskussion.

  • Traurige Gesellschaft, die ein Fernsehspiel braucht, um Sexismus, Unterdrückung und Abhängigkeit zu diskutieren. Und noch trauriger, wenn ein Fernsehspiel dazu führen würde, es nicht zu diskutieren bzw. nicht mit allen bekannten Aspekten.

  • Eigentlich ist eine differenzierte Betrachtung doch nicht so schlecht. Der Sexist wird dadurch ja kein guter Mensch, sondern er ist weiter der Sexist, aber zugleich das Opfer einer Falschbezichtigung. So extrem selten sind die übrigens auch nicht, gerade bei Prominenten kenn ich mehr Fälle, wo die Vorwürfe nciht stimmten (nach Urteilen) als umgekehrt: Dall, Kachelmann und der Pro7-Moderator Türk.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Das klingt nach der Southpark-Folge über das Genderklo, die völlig ohne Trans-'Person inszeniert wurde.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Die Vorwürfe gegen Weinstein und Kevin Spacey sind nicht neu. Sie finden nur erst jetzt Gehör. Anspielungen darauf gibt es schon lange. So wurde zum Beispiel in TV-Serien Witze darüber gemacht. Doch da die Männer in Machtpositionen waren und wir in einem patriarchalen System leben, gab es keine Konsequenzen."

     

    Jetzt gibt es Konsequenzen. Leben wir also nicht mehr in einem patriarchalen System? Geht das so schnell? Oder waren es vielleicht doch die armen Frauen, die diese ganze Sch** so lange gedeckt haben, bis es einigen endlich zu bunt geworden ist, natürlich erst, nachdem sie von Weinstein nicht mehr profitieren konnten. Wie viele Frauen hat der Typ bezahlt, damit sie den Mund halten? 8 oder mehr. Jene 8, von welchen in der NYT die Rede ist, haben Sich jedenfalls kaufen lassen.

     

    Irgendwie entsteht bei mir oft der Eindruck, als würden die Frauen darauf warten, dass "das Patriarchat" (in Form von Vater Staat) das Problem für sie löst, statt es selbst in die Hand zu nehmen. So wird das nix mit dem Überwinden des Patriarchats.

    • @849 (Profil gelöscht):

      "...Oder waren es vielleicht doch die armen Frauen, die diese ganze Sch** so lange gedeckt haben,.." Mit solchen Bemerkungen werden die von sexueller Gewalt betroffenen zu Mittätern gemacht. Wem würde es einfallen, eine Person, die einen Diebstahl nicht anzeigt, der Mittäterschaft zu bezichtigen? Bei Opfern von sexueller Gewalt sind aber Bemerkungen solcher Art Standard. Da es sich bei den Opfern mehrheitlich um Mädchen und junge Frauen handelt, die in der gesellschaftlichen Hierarchie weit unten stehen, kann man sich derlei Attacken ja leisten. Sie können sich schlecht wehren und wenn sie sich wehren, kann man sie der Lüge, der Mittäterschaft, der falschen Kleidung, der Käuflichkeit, etc. beschuldigen. Dieser Mechanismus spielt doch bestens, das Opfer ist chancenlos. Dazu noch eine Klarstellung: Kevin Spacey hat junge Männer belästigt und auch diese haben jahrelang geschwiegen. Der Mechanismus von Macht und Ohnmacht funktioniert offenbar auch bei jungen Männern. Wir haben ein gesellschaftliches Problem und kein Frauen-Problem zu lösen.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @ecox lucius:

        Sie haben völlig Recht: wir haben ein gesellschaftliches Problem zu lösen, nämlich jenes, dass mensch keine Entwürdigung um seiner Karriere willen duldet. Aber genau das tun sehr viele, nicht nur in Bezug auf die sexuelle Selbstbestimmung. Sich hinterher als Opfer zu gerieren, ist in meinen Augen sehr wohl Mittäterschaft, eine Art unterlassene Hilfeleistung, noch dazu aus niederen Motiven.

         

        Um das Problem zu lösen, müssten wir den Kapitalismus abschaffen. Solange wir das nicht tun, wird es nichts nützen, irgendwelche Aufschreie zu veranstalten, die das Thema immer mal wieder kurz hochkochen, damit mensch das Gefühl haben kann, es sei irgendwas passiert.

         

        In Wahrheit geht alles nach verflogener Aufregung wieder zur Tagesordnung über, die darin besteht, sich unwidersprochen unterjochen zu lassen, weil man glaubt, seinen Teil am Kuchen erkämpfen zu müssen.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Vielleicht schmeckt der selbsterkämpfte Kuchen ja auch einfach besser, oder das Stück ist größer - unter anderem weil der Kuchen insgesamt (erfahrungsgemäß DEUTLICH) größer ist - bzw. es ist halt Kuchen und nicht nur trocken Brot?

           

          Vielleicht gehört auch die Teilnahme am Wettbewerb und der Wille (einschließlich der gesellschaftlichen Möglichkeit) zur Selbstbehauptung für einen systementscheidenden Teil der Bevölkerung zu dem, was wir "Menschenwürde" nennen? In dem Fall ist die Entscheidung, sich für den Erfolg im Wettbewerb "unwürdig" behandeln zu lassen, eine Abwägung INNERHALB der Würde, und damit ureigenste Sphäre des Individuums, in die auch kein Bessermensch reinreden sollte. Haben Sie das mal so betrachtet?

           

          Ich wundere mich immer wieder, wenn ich Systemwechsel-Träumern zuhöre, dass sie so einfach unterstellen, "wir" würden das System schon wechseln, wenn wir uns nur mal von der kapitalistischen Hirnwäsche lossagten. Diese Betrachtungen übersehen aus meiner Sicht Eines: Antikapitalistische Hirnwäschen gab es gerade in der jüngeren Vergangenheit nicht zu knapp und noch wesentlich konzertierter. Nur verfingen sie nicht, und die Apparate verwandelten sich in Polizeistaaten, die ihre Bürger zwingen wollten, sich wie gute Sozialisten zu verhalten.

           

          Kapitalistische Hirnwäsche hingegen fällt von ganz allein auf fruchtbaren Boden. Wie sonst ist zu erklären, dass man mal mit (so gar nicht raffinierten und kopfverdrehenden) Werbeslogans wie "Persil." auf Anhieb mehr Leute begeistern konnte als es z. B. 40 Jahre DDR-Lobgesänge auf das Arbeiter- und Bauernparadies je geschafft haben?

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Normalo:

            Vom System her betrachtet, gehört es selbstverständlich dazu, sich "unwürdig" behandelt zu lassen. Dass es eine Abwägung ist, glaube ich hingegen nicht. Vielmehr bleibt das im Vor- oder Halbbewussten und ist insofern auch nicht der ureigensten Sphäre des Individuums zuzurechnen.(dabei muss ich wohl erklärend hinzusetzen, dass ich glaube, das Individuum sei erst noch zu erschaffen). Wenn man hingegen in diese Sphäre des Individuums nicht hinreden sollte, so als dünkelnder "Bessermensch", dann sollten die Individuen sich aber auch nicht rausreden, so als berechnende "Schlechtermenschen".

             

            Kapitalistische Hirnwäsche durch antikapitalistische Hirnwäsche zu ersetzen, wäre vielleicht in einer Anfangsphase ein guter Tausch. Im Verlauf des Ganzen schlägt das - aufgrund der Hirnwäsche - aber notwendig wieder in Unterdrückung um, wie Sie ja ganz richtig anführen.

             

            Persil ist ein Produkt, das Libido auf sich zu ziehen vermag. In seinem Besitz zu sein, kann es leicht mit irgendwelchen kitschig besungenen Träumen vom Paradies aufnehmen, solange dieses realiter bei der Vorhölle bleibt, sei sie auch noch so kuschelig eingerichtet.

      • @ecox lucius:

        Sorry, aber das Victim-Blaming-Tabu wird zuweilen auch etwas zu weit getrieben. Wenn Diebstähle regelmäßig nicht angezeigt würden(!), würde man in der Tat den Opfern auch vorhalten, dass sie sich nicht wundern müssen, wenn irgendwann kaum noch ein Mensch Respekt vor dem Eigentum Anderer hat. Strafverfolgung dient nunmal der Prävention weiterer Straftaten, und wer sie verhindert (auch durch Unterlassen), verhindert auch diesen Prozess - unabhängig vom Delikt.

         

        Das eigentliche Problem ist das völlig von der "Mittäterschaft" unabhängige, achaische Stigma, dass dem Opfer sexueller Übergriffe immer noch anhaftet. Es mutet zum Beispiel für mich bis heute immer wieder ungewöhnlich an, wenn hier im Forum Frau Oetken sich Mal um Mal bar jeder Anonymität als Opfer von sexueller Gewalt "outet". Das macht sonst NIEMAND, während das Eingeständnis, mal beklaut oder verprügelt worden zu sein, den meisten Menschen doch recht locker von den Lippen rollt. Es bleibt dieser vermeintliche Schmutz an dem Menschen hängen, dem so etwas passiert ist. DAS muss sich ändern. Das geschieht aber nicht, indem man pauschal Jedem ins Gesicht springt, der das Opfer auch nach erlittenem Übergriff immer noch als selbstverantwortlichen Meschnen mit staatsbürgerlichen Rechten UND Pflichten behandelt.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Word

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @El-ahrairah:

        "Es bleibt dieser vermeintliche Schmutz an dem Menschen hängen, dem so etwas passiert ist. DAS muss sich ändern."

         

        Der Schmutz bleibt vielleicht hängen, weil man ihm eine gute Fläche bietet, wo er sich niederlassen kann. Gerade das Beispiel von Frau Oetken zeigt doch, dass er bei ihr offenbar nicht hängenbleibt, weil sie offensiv mit dem Thema umgeht und nicht in das Opferlamento einstimmt. Sie war Opfer, verhält sich aber nicht wie eines, so empfinde ich das. Bei vielen Menschen habe ich dieses Thema betreffend hingegen das umgekehrte Gefühl.

  • Zitat: „Das perfekte Timing des öffentlich-rechtlichen Senders ist allerdings Zufall.“

     

    Wie bitte? „Zufall“ soll es sein, wenn die ARD „Sexuelle Nötigung, Lügen und Stereotype“ ausgerechnet dann thematisiert, wenn auf Twitter grade ein entsprechender Hashtag (#me too) viral geht? Dass ich nicht lache!

     

    Zufall ist, wenn „für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse keine kausale Erklärung gegeben werden kann“ (Wikipedia). Zufall ist zum Beispiel, wenn ich mich im Mai unter einen Birnbaum lege und mir fällt ein reifer Apfel direkt in den aufgesperrten Mund. Wenn die ARD einen Themenabend über „sexuelle Nötigung, Lügen und Stereotype“ sendet und am selben Tag ein Hashtag wie #me too viral geht, ist das KEIN Zufall. Dafür gibt es nämlich Erklärungen. Allerdings nur welche, die kaum jemand hören will.

     

    Hier geht es auch um Strukturen, nicht nur um Personen. Es geht um Machtmissbrauch, um Angst vor Strafe und ums Lügen, das einem den Hals retten soll. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einige Menschen wieder furchtbar irritiere: Nein, Hitler war ebenfalls kein Zufall. Das Gefolge des Führers war lange vor ihm da. Erzieher aller Schattierungen haben dafür gesorgt mit ihren Rohrstöcken, Gürteln und Maulschellen. Hitler hätte auch ganz anders aussehen, ganz anders quaken können. Seine „Magie“ bestand schlicht darin, dass er – wie Trump, Orban, Berlusconi, Le Pan etc. anno 2017 – das Sprachrohr einer durch schwarze Pädagogik hoffnungslos versaute braunen Masse war.

     

    So ist das halt in einer Marktwirtschaft: Wo ein Bedarf geschaffen wird, werden auch Angebote unterbreitet. Gibt schließlich immer einen, der zu profitieren wünscht. Sogar von Exkrementen. Pecunia non olet, wie der Lateiner angeblich gesagt haben soll. Für jede Form der Ehre gilt offenbar das selbe.

    • @mowgli:

      " Und auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einige Menschen wieder furchtbar irritiere: Nein, Hitler war ebenfalls kein Zufall. Das Gefolge des Führers war lange vor ihm da. Erzieher aller Schattierungen haben dafür gesorgt mit ihren Rohrstöcken, Gürteln und Maulschellen. [...] Hitler hätte auch ganz anders aussehen, ganz anders quaken können. Seine „Magie“ bestand schlicht darin, dass er – wie Trump, Orban, Berlusconi, Le Pan etc. anno 2017 – das Sprachrohr einer durch schwarze Pädagogik hoffnungslos versaute braunen Masse war. "

      Definitiv irritierst Du mich nicht damit. Das ist zwingend logisch, das Stichwort "Schwarze Pädagogik" kam mir beim Lesen Deines Beitrags vors geistige Auge bevor ichs am vorletzten Absatz tatsächlich gelesen hatte.

    • @mowgli:

      Ja, schon, das kann sehr wohl Zufall sein.

       

      Es könnte allerdings auch sein, dass Leute, die um die geplante Ausstrahlung wussten, den Hashtag unterstützt haben.

       

      #metoo sehe ich übrigens schon länger auf twitter. Das Timing war also nicht so ungeheuer gut.

    • @mowgli:

      "Zufall ist zum Beispiel, wenn ich mich im Mai unter einen Birnbaum lege und mir fällt ein reifer Apfel direkt in den aufgesperrten Mund."

       

      das würde ich dann doch eher der Kategorie Wunder zuordnen.

       

      Im Nachhinein gibt es immer irgendeine kausale Erklärung und sei es auch nur eine Verschwörungstheorie, die bedient sich ebenfalls einer angeblichen Kausalität. Post hoc kann man sich alles irgendwie erklären - wenn man ein Bisschen Fanatasie hat.

       

      Wenn allerdings die Produktion einer Fernseh-Reportage zumindest ein paar Monate in Kauf nimmt, kann man vernünftigerweise nicht von Planung sprechen wenn die Dokumentation ausgerechnet dann ausgestrahlt wird wenn ein Thema viral geht. Somit kann es nicht geplant gewesen sein die Dokumentation für diesen zeitpunkt fertigzustellen - es bleibt also nur der Zufall - oder gibts noch ne dritte Möglichkeit?

      • @Grisch:

        Im Mai wird wohl weder eine Birne noch ein Apfel vom Baum fallen, egal von welchem Baum, egal wohin.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Grisch:

        Über den Zufall kann man gut philosophieren.

         

        Methodischer Zufall - wie bei einer Lotterie oder beim Mischen von Karten sorgt die Methode für ein unkontrollierbares Ergebnis.

         

        Epistemischer Zufall - uns fehlen die Informationen, um eine Kausalkette zu rekonstruieren. Schon die Bewegungen von drei Körpern sind physikalisch nur sehr begrenzt voraussagbar, weil schon geringste Veränderungen in den Startbedingungen zu völlig anderen Bewegungsmustern führen. Sie kennen vielleicht diese Konstruktionen mit drei aneinander befestigten Armen mit jeweils einem anderen Gewicht am Ende. Wenn man sie anstößt, läßt sich keinerlei Vorhersage machen über ihre Bewegungen. Manchmal halten sie fast an, nur um dann wieder ein paar schnelle Bewegungen zu machen.

         

        Methaphysischer oder ontologischer Zufall - also "echter Zufall". Einstein hat dazu gesagt "Gott würfelt nicht". In der Physik wird wohl zuallermeist davon ausgegangen, dass es keine echte Spontaneität gibt, dass es also immer eine Wirkursache gibt, die ein Ereignis verursacht. Das hängt auch mit dem Axiom zusammen, dass Informationen nicht einfach vernichtet werden, eine Folgerung aus dem Energieerhaltungssatz, der zu einem Informationserhaltungssatz wird.

        Es ist wohl eine eher romantische und religiöse Vorstellung, dass es echte Spontaneität gibt, die sicher auch mit der Idee des freien Willens zusammenhängt, aber trotzdem würde ich persönlich diese Idee aus religionsphilosophischer (trotzdem atheistischer) Sicht nicht pauschal ablehnen.

        Aus kultureller Sicht macht es zudem meiner Meinung nach durchaus Sinn, davon auszugehen, dass Menschen dazu in der Lage sind, spontan zu handeln. Niemand möchte wie ein biologischer Automat behandelt werden, behaupte ich mal einfach so.

  • Die Botschaft des Filmes wird ständig reproduziert. Auch in Talkshows. 1 Fall soll beweisen, dass es IMMER so ist. Dass es solche Filme gibt, okay. Wo sind aber die Filme über Frauen, denen das tatsächlich passiert, denen nicht geglaubt wird, die ihren Job verlieren & ein Leben lang damit kämpfen müssen? Es müsste hunderte geben. Ich finde, die ARD handelt verantwortungslos, weil die Gewichtung des Ausmaßes der Fälle (Lügen/Tatsächliche Gewalt) völlig schief hängt und immer noch befeuert wird.

  • Ich finde schon, dass Fragen rund um die Überführung der Täter eine Rolle spielen, eine sehr wichtige sogar, wenn sich wirklich etwas ändern soll. Der Zuschauer wird doch nicht so doof sein zu vermuten, dass jeder Mensch, der einen anderen des sexuellen Übergriffs beschuldigt, ein Lügner ist.

  • Mensch liebe Taz,

     

    Das sogenannte Patriarchat funktioniert eben nicht schwarz-weiß und nicht ohne die Beteiligung aller Männer UND Frauen. Und das in dem Film beschriebene Verhalten ist vom Prinzip her auch eine der ganz realen, leider relevanten Stützen des herrschenden Systems. Weil es authentischem Widerstand und echten Opfern, die an die Öffentlichkeit gehen wollen den Boden des Vertrauens entzieht.

     

    Ich denke z.B. an Hillary Clinton, die sich nicht zu blöde war, zu versuchen eine strategische Sexismus-Karte gegen Bernie Sanders zu ziehen oder an Anke Domscheidt-Berg, die den Piraten damals Frauenfeindlichkeit vorwarf, nachdem und weil sie (als Newcomerin) "nur" den zweiten Listenplatz in Brandenburg bekommen hatte.

    Oder an den Wirbel um Gina-Lisa Lohfink. Oder an Alice Schwarzer und den Fall Kachelmann.

     

    Alles Fälle - mehr oder weniger schlimm - die systematisch das Patriarchat stärken und verlängern indem sie das Feld vergiften für Menschen, die ein #metoo ernsthaft vertreten. Und es sind alles Fälle, in denen die TAZ in meiner Erinnerung wenig Klarheit und zunächst eher Sympathien für jene gezeigt hat, welche das Feld vergiften und missbrauchen.

     

    Warum soll man nicht auch darüber sprechen?

    • @Hanno Homie:

      Sie haben recht. Leider sind es auch die Radikalfeministinnen (z.B. Femen) die hier den weiblichen Opfern ein Bein stellen indem sie zu früh und auf den falschen Zug aufspringen (das Beispiel Lohfink und Kachelmann haben Sie ja schon genannt).

    • @Hanno Homie:

      Warum man nicht auch über die Sünden der taz sprechen sollte in der taz? Ganz einfach: Weil die taz in einer Konkurrenzsituation steckt. Die macht ihr offenbar Angst. Ihre Mitbewerber am Markt sind nicht zimperlich. Sie würden jede ihrer Schwächen zu nutzen wissen, das hat die taz bereits mehrfach erlebt. Auch, weil ihre Leser*innen Aufrichtigkeit nicht zwingend honorieren. Besonders dann nicht, wenn sie ganz nebenbei zur Selbstkritik ermuntert werden. Wer liest schon Zeitung, um sich kritisieren zu lassen? Wer es sich leisten kann, lässt sich doch lieber loben für sein Geld.

       

      Dass die taz vorsichtshalber erst einmal am Beispiel anderer herausfinden möchte, ob Scham tatsächlich Teil der Lösung sein kann, oder ob sie nicht in ihrem speziellen Fall doch eher Teil eines Problems werden würde, finde ich verständlich. Besonders ehrenwert finde ich es nicht. Und bewundern kann ich meine Tageszeitung dafür schon gleich gar nicht. Ich weiß ja nicht einmal, ob und wenn ja wie weit ich ihr vertrauen möchte.

  • Es kommt nicht nur vor das Frauen Vergewaltigungen erfinden sondern auch selbst vergewaltigen. Männer und Kinder.

    Sexistische Sprüche und belästigendes Grapschen von Frauen sind genauso Alltag. Das kritische Männer sich "Stell Dich nicht so an, ist halt ne starke Frau" anhören dürfen ist auch Alltag.

    Aber all das wird Tabuisiert. Wenn mal nicht, wird kritisiert das dies nicht passiert.

    Das diese Methodik ein enormer Sexismus ist fällt komischerweise vielen Frauen nicht auf.

    • @Sang:

      Das ist dann aber per definitionem keine Diskriminierung im weiteren Sinne.

      Persönliche Diskriminierung ohne strukturelles Machtgefälle sind eventuell gar Teil der Selbstermächtigung.

    • @Sang:

      Ja, kommt vor.

      Nein, ist nachweislich nicht "genauso" Alltag.

      Nein, wird nicht tabuisiert. Nein, wird auch nicht als Tabuisierung gefordert.

       

      An alle Herren, die hier immer die ewig gleichen whataboutistischen, bothside-istischen Statements ablassen:

      Bitte langsam und ganz durchlesen: https://kareningalasmith.com/2013/04/29/this-thing-about-male-victims/

       

      Mit den verlinkten Statistiken und allen Argumenten.

      Und dann nochmal, bis es angekommen ist.

      • @kami:

        Dein Beitrag ist genau das was ich meinte.

        Doch, es ist Alltag. Meine Erfahrungen lasse ich mir nicht absprechen. Ich vermute einer Frau würdest Du so nicht begegnen.

        Dieses 2erlei Maß ist purer Sexismus. Wie schon geschrieben, es fällt vielen Frauen nicht auf.

        Danke das Du gleich den Beweis lieferst.

         

        Übrigens: http://www.dvmen.org/dv-37.htm

  • 4G
    4225 (Profil gelöscht)

    Ich denke auch, dass man sich den Männern als Opfer erst dann widmen sollte, wenn es keine weibliche Opfer mehr gibt. Eins nach dem anderen !

    • @4225 (Profil gelöscht):

      Man sollte sich dem Opfer sofort widmen, ob Frau oder Mann. Die Schubladen sind es, die den Betroffenen im Einzelfall im Regen stehen lassen. Ziel von Kampagnen muss die Fähigkeit zur Differenzierung sein, die schon über die Geschlechtergrenzen hinausgehen muss.

    • @4225 (Profil gelöscht):

      Ach, Sie denken, dass Sie gedacht haben, werter TISZATO? Ich fürchte, Sie haben sich geirrt.

       

      Es gibt keine Opfer ohne Täter. Und es gibt keine Täter, die nicht selber Opfer sind oder zumindest waren. Nein, das heißt nicht, dass ich Mitleid empfinde mit Tätern. Es heißt nur, dass ich Opferhierarchien genau so wenig zielführend finde, wie alle anderen Hierarchien.

       

      Nicht die Opfer sind das Problem, das es zu lösen gilt. Die Täter sind das Problem. Sich – von Mitleid getrieben – allein den Frauen zuzuwenden, weil die grade am meisten leiden und die Täter Ekel auslösen, mag ritterlich sein. Es ändert aber gar nichts an den Ursachen weiblicher Nöte. Es ist, als würde man ein Pflaster auf eine Platzwunde kleben, bevor man einen Boxer wieder in den Ring zu einem Gegner schickt, der drei Gewichtsklassen mehr auf die Waage bringt.

       

      Nicht „eins nach dem Anderen“, TISZATO. Auf die Art sind wir in tausend Jahren noch nicht weiter. Es gilt: Ein guter Arzt kennt viele Therapien. Er kann gleichzeitig gegen Läuse, Flöhe und Krätze behandeln. Pflaster auf die Wunden von Frauen gibt es bereits. Noch nicht genug, aber immerhin. Die Rückgratverkrümmungen mancher Männern werden bisher noch gar nicht als Krankheit angesehen. Sie entsprechen vielmehr einem traditionellen Schönheitsideal. So, wie die gewaltsam abgeflachten Schädel früher Indigener. Von Therapien dagegen ist weit und breit noch nichts zu sehen.

       

      Wird Zeit, dass der dämliche Konkurrenzkampf um die knappen Mittel endlich aufhört. Wir sollten endlich teilen lernen. Oder wir werden gemeinsam untergehen.

    • @4225 (Profil gelöscht):

      Nicht Dein ernst, oder? Opfer sind Opfer. Oder gibt es Opfer 1. und 2. Klasse nach Geschlecht?

    • @4225 (Profil gelöscht):

      Das verstehe ich nicht.

      • @Christian Wohldorfer:

        Liebe Leute,

        Das dürfte Ironie gewesen sein.

  • Das erinnert mich an den Fall Horst Arnold, das ist aber kein Beitrag zu #MeToo.