Besonders klimaschädliche Lebensmittel: Neuer Agrarminister Rainer gegen höhere Steuer auf Fleisch
Umweltschützer kritisieren den CSU-Politiker Alois Rainer: Selbst der Bauernverband habe einer leichten Erhöhung der Mehrwertsteuer zugestimmt.

Der scheidende Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte sich im vergangenen Sommer für eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ausgesprochen. Die zusätzlichen Einnahmen sollen Landwirte erhalten, die ihre Ställe für mehr Tierwohl umbauen. Umweltschützer versprechen sich von höheren Fleischpreisen auch, dass der Konsum dieses klimaschädlichen Lebensmittels sinkt.
Rainer hält laut Bild stattdessen sogar sinkende Fleischpreise für möglich: „Ich bin ein großer Freund der sozialen Marktwirtschaft. Das bedeutet: Fleischpreise macht nicht der Minister, sondern der Markt“, sagte der gelernte Metzgermeister und derzeitige Bundestagsabgeordnete.
Der Niederbayer will offenbar zudem auf die Speisepläne von Kindergärten und Schulen einwirken: Dort solle auch Fleisch aufgetischt werden, forderte Rainer. „Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig“, so der künftige Minister. In manchen Kindertagesstätten und Schulen wird kein Fleisch mehr angeboten, weil der Verzehr im Schnitt so hoch ist, dass er Experten zufolge Gesundheit und Klima schadet. Die Befürworter der vegetarischen Speisepläne argumentieren auch, das Essen in Kita oder Schule sei nur ein kleiner Teil der Ernährung, zu Hause könne selbstverständlich auch Fleisch gegessen werden.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes
Verbände sehen Informationsbedarf
Den Bauern will Rainer Bild zufolge mehr Freiheiten lassen: „Landwirte sind keine Kinder, die man bevormunden muss“, sagte der künftige Minister. Er werde in der Agrarpolitik eher auf Anreize statt Verbote setzen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Deutsche Tierschutzbund kritisierten Rainers Äußerungen überwiegend. „Ich kann Herrn Rainer nur raten, bevor er jetzt klare Aussagen macht, sich zu erkundigen, was schon geeint ist“, sagte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder der taz. Die Zukunftskommission Landwirtschaft, an der sowohl der Deutsche Bauernverband als auch Umwelt- und Tierschützer beteiligt waren, habe einstimmig beschlossen, dass der Konsum und die Produktion tierischer Lebensmittel sinken müssen. „Das sollte Alois Rainer nicht ignorieren. Nur weil sein Parteichef Markus Söder viel Döner isst, muss Döner nicht zur Allgemeinernährung werden“, so Schröder.
BUND-Vorsitzender Olaf Bandt wies Rainer darauf hin, dass die Landwirtschaft laut Koalitionsvertrag im Geiste eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses auszugestalten sei. „Und Fleisch zu verbilligen ist nicht der gesellschaftliche Konsens, den wir bisher haben“, so Bandt. Die Zukunftskommission habe sogar vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Fleisch etwas zu erhöhen, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. „Da sagt Herr Rainer gerade etwas anderes. Deswegen würden wir gern mit ihm sprechen.“
Eine Kalorie aus tierischen Lebensmitteln belastet das Klima stärker als eine aus pflanzlichen Produkten. Für die Fleischerzeugung werden auch mehr Ackerflächen benötigt, es fallen große Güllemengen an, die das Grundwasser gefährden. Außerdem leiden die Tiere. Getreide etwa ernährt zudem mehr Menschen, wenn es direkt gegessen und nicht erst verfüttert wird. Weiterhin steht zu viel Fleisch im Zusammenhang etwa mit Krebs und Kreislauferkrankungen.
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