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Besonders klimaschädliche LebensmittelNeuer Agrarminister Rainer gegen höhere Steuer auf Fleisch

Umweltschützer kritisieren den CSU-Politiker Alois Rainer: Selbst der Bauernverband habe einer leichten Erhöhung der Mehrwertsteuer zugestimmt.

Der Niederbayer Alois Rainer wird Bundeslandwirtschaftsminister Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

Berlin taz | Der designierte Bundesagrarminister Alois Rainer hat höhere Steuern auf Fleisch ausgeschlossen. „Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass keine Steuererhöhungen durchgeführt werden. Daran werde ich mich als zukünftiger Minister halten“, zitierte die Bild-Zeitung den CSU-Politiker am Mittwoch.

Der scheidende Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte sich im vergangenen Sommer für eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ausgesprochen. Die zusätzlichen Einnahmen sollen Landwirte erhalten, die ihre Ställe für mehr Tierwohl umbauen. Umweltschützer versprechen sich von höheren Fleischpreisen auch, dass der Konsum dieses klimaschädlichen Lebensmittels sinkt.

Rainer hält laut Bild stattdessen sogar sinkende Fleischpreise für möglich: „Ich bin ein großer Freund der sozialen Marktwirtschaft. Das bedeutet: Fleischpreise macht nicht der Minister, sondern der Markt“, sagte der gelernte Metzgermeister und derzeitige Bundestagsabgeordnete.

Der Niederbayer will offenbar zudem auf die Speisepläne von Kindergärten und Schulen einwirken: Dort solle auch Fleisch aufgetischt werden, forderte Rainer. „Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig“, so der künftige Minister. In manchen Kindertagesstätten und Schulen wird kein Fleisch mehr angeboten, weil der Verzehr im Schnitt so hoch ist, dass er Experten zufolge Gesundheit und Klima schadet. Die Befürworter der vegetarischen Speisepläne argumentieren auch, das Essen in Kita oder Schule sei nur ein kleiner Teil der Ernährung, zu Hause könne selbstverständlich auch Fleisch gegessen werden.

Nur weil sein Parteichef, Markus Söder, viel Döner isst, muss Döner nicht zur Allgemeinernährung werden

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes

Verbände sehen Informationsbedarf

Den Bauern will Rainer Bild zufolge mehr Freiheiten lassen: „Landwirte sind keine Kinder, die man bevormunden muss“, sagte der künftige Minister. Er werde in der Agrarpolitik eher auf Anreize statt Verbote setzen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Deutsche Tierschutzbund kritisierten Rainers Äußerungen überwiegend. „Ich kann Herrn Rainer nur raten, bevor er jetzt klare Aussagen macht, sich zu erkundigen, was schon geeint ist“, sagte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder der taz. Die Zukunftskommission Landwirtschaft, an der sowohl der Deutsche Bauernverband als auch Umwelt- und Tierschützer beteiligt waren, habe einstimmig beschlossen, dass der Konsum und die Produktion tierischer Lebensmittel sinken müssen. „Das sollte Alois Rainer nicht ignorieren. Nur weil sein Parteichef Markus Söder viel Döner isst, muss Döner nicht zur Allgemeinernährung werden“, so Schröder.

BUND-Vorsitzender Olaf Bandt wies Rainer darauf hin, dass die Landwirtschaft laut Koalitionsvertrag im Geiste eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses auszugestalten sei. „Und Fleisch zu verbilligen ist nicht der gesellschaftliche Konsens, den wir bisher haben“, so Bandt. Die Zukunftskommission habe sogar vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Fleisch etwas zu erhöhen, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. „Da sagt Herr Rainer gerade etwas anderes. Deswegen würden wir gern mit ihm sprechen.“

Eine Kalorie aus tierischen Lebensmitteln belastet das Klima stärker als eine aus pflanzlichen Produkten. Für die Fleischerzeugung werden auch mehr Ackerflächen benötigt, es fallen große Güllemengen an, die das Grundwasser gefährden. Außerdem leiden die Tiere. Getreide etwa ernährt zudem mehr Menschen, wenn es direkt gegessen und nicht erst verfüttert wird. Weiterhin steht zu viel Fleisch im Zusammenhang etwa mit Krebs und Kreislauferkrankungen.

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21 Kommentare

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  • Wer in Zeiten explodierender Nahrungsmittelpreise eine extra erhöhte Fleischsteuer will ist bestimmt von der AfD bezahlt damit die wieder ordentlich was zum Fressen hat.

  • Die ersten Sätze die der scheidende Minister für Landwirtschaft und Ernährung Cem Özdemir äusserte als frisch gebackener Minister betrafen die Ramschpreise.

    Geändert hat er daran als Grüner nichts. Auch Steuererhöhungen gab es keine.

    Das nun ausgerechnet ein Minister von der CSU es richten soll läßt schmunzeln. Aber wer weiß, es war ja auch ein Minister von der CSU, der die Wehrpflicht abschaffte und die CDU, die den Atomausstieg bewerkstelligte. 🤪

  • Geliefert wie gewählt.

  • Die Umsatzsteuer auf Fleisch "ein bisschen" zu erhöhen und das Geld für Fördermaßnahmen zu verwenden... So können nur echte Laien sprechen.



    Es gibt nur 3 Umsatzsteuersätze in Deutschland. 0, 7 und 19 Prozent. Wie will man den "ein bisschen" den Mehrwertsteuersatz erhöhen? Von 7 auf 19%?

    Es gibt, nehmen wir die Weinsteuer und den Soli aus, keine Steuereinnahmen, die direkt für bestimmte Förderungen verwendet werden. Ach, ich vergaß, dass gilt für Soli auch schon länger nicht mehr und die Flotte, die die Weinsteuer finanzieren sollte, ist schon vor über 100 Jahren versenkt worden. Die Steuer gibt es noch.

    Ich weiss nicht, ob der zukünftige Agrarminister das im Kopf hatte, aber wer anderes fordert, hat einfach keine Ahnung.

  • Eine "leichte" MwSt-Erhöhung auf Fleisch ist europarechtlich gar nicht möglich.

    Jedes Mitgliedsland darf höchstens zwei Sätze haben.



    Das heißt: Entweder werden alle Lebensmittel teurer, oder der Satz für Fleisch steigt auf 19 %, oder die MwSt wird radikal gesenkt.



    Nichts davon ist ansatzweise sinnvoll durchführbar.

    Falls Özdemir das wirklich vorgeschlagen hat, ist das reine unseriöse Publicity gewesen.

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @Frauke Z:

      Nennen Sie mal bitte den Paragraphen der Eu-MwSt-gRichtlinie, wonach nur 2 Mwst-Sätze möglich sind. Mehrere Länder haben jedenfalls mehr:



      europa.eu/youreuro...rates/index_de.htm

  • Welche andere Meinung sollte ein gelernter Metzger und Inhaber eines Metzgereibetriebs auch vertreten, als dass Fleisch keinesfalls teurer werden darf. Mit Marktwirtschaft hat das wenig zu tun, sondern mit Lobbyismus.

  • Auf über 70 % der Ackerflächen wird Tierfutter angebaut.



    Ackerflächen wohlgemerkt.



    Weideflächen kommen noch oben drauf.

    D.h. bevor die Konsumenten Fleisch essen, werden riesige Mengen Futtermittel durch den Verdauungskanal der Tiere geschickt, wodurch nur ca. 10 % der Energie der Pflanzen im Fleisch gespeichert ist. Diese Form der Ernährung müssen wir nicht verbieten, aber wir sollten sie deutlich reduzieren.

    Die CSU, aber auch die CDU waren immer schon der verlängerter Arm der Agrarlobby. Ihnen waren die Gewinne der Agrarkonzerne stets wichtiger als das Wohl der Bevölkerung. Vom Wohl der Tiere ganz zu schweigen.

  • Fleisch muss durch Steuern so teuer gemacht werden, dass nur Reiche es sich leisten können! Gleiches gilt für Flugreisen und Autofahren usw. Das ist die neue soziale Gerechtigkeit.

  • Diese Linie sollte Merz weiterverfolgen: Ein Banker als Finanzminister, ein Pharmakonzernchef als Gesundheitsminister, ein Top Manager aus der Automobilindustrie ins Verkehrsministerium, ein Filmproduzent ins Kulturressort, Rheinmetall ins Militärministerium usw. usw. Das spart viel Korruptinsgelder und schafft von Beginn an klare Verhältnisse. Und Deutschland liegt im Korruptionsranking dann an erster Stelle. Passt doch!

  • taz: „Ich bin ein großer Freund der sozialen Marktwirtschaft. Das bedeutet: Fleischpreise macht nicht der Minister, sondern der Markt“, sagte der gelernte Metzgermeister und derzeitige Bundestagsabgeordnete.

    Wenn alles ohnehin der Markt macht, dann können wir uns doch die überbezahlten Minister sparen - oder?

    Und Ställe für mehr Tierwohl umbauen, ist wohl für den gelernten Metzger und CSU-Politiker Alois Rainer, der jetzt den Agrarminister "spielen" darf, nur grüner Blödsinn.

    • @Ricky-13:

      "grüner" Blödsinn

      Ach die Grünen (Özdemir) haben und würden nicht bei horrenden Steigerungen bei Nahrungsmittelpreisen mit solchem politischen! Blödsinn ihr eigenes politisches Grab schaufeln.

  • Wie hoch nochmal ist die Steuer auf Cannabis?



    Ok, ist natürlich vegan... da muss man dann mal auch ein Auge zudrücken....

  • Die armen Tiere.

    Kein Mitleid, keine Gnade.

    Deutschland, ein einziges Schlachthaus. 750 Millionen tote "Nutz"-Tiere pro Jahr.

    Wie viel Tötungen pro Jahr möchte Rainer denn mehr? 30 Millionen? 50 Millionen? 100 Millionen?

    Ist mir echt unverständlich wie sich manche Leute ein solch mieses Karma aufbauen.

    Jedes Verbrechen gegen andere (dazu gehören als "fühlende Wesen" auch Tiere) ist ein Verbrechen gegen die eigene Natur, unsere Seele, unser Wesen, jedes, ohne Ausnahme, zeichnet sich in unserem Unterbewusstsein auf – was die Buddhisten ALAYAVIGYAN nennen, das Lagerhaus des Bewusstseins – JEDES Verbrechen.

    Was auch immer man ist und was auch immer man tut, es wird ständig registriert, das eigene Unterbewusstsein ist eine absolut unbestechliche Registratur.

    Wie viele Millionen Fässer mit wie viel Leid, Tod, Schmerz und Not, stellvertretend für jeden einzelne Tier, haben manche Leute wohl in ihrem Lagerhaus stehen?

  • Mal nach dem Namen "Franz Voll" googeln (den Metzgermeister und Lebensmittelkontrolleur). Nach Herrn Rainers Dafürhalten müßte die Tierhaltung wohl so billig werden, daß es nicht mehr lohnt, bei Fleisch und Wurst mit Wasser und Knochenmehl Volumen zu schinden und die Armen gar nichts anderes mehr essen.

  • Einfach die Augen zu und jeglichen zaghaften Fortschritt nebst Fachexpertise abschaffen und/oder ignorieren. Geliefert wie gewählt. Es ist trotzdem zum Weinen.

  • Wenn man die Lobby ins Ministerium holt...

    • @Ciro:

      Ach, wäre es nur die Lobby! Man bevorzugt offensichtlich Lobby mit vorgetragener Kulturkampfattitüde. Ist mal ein entschiedenes Eintreten gegen die Vegetarisierung des Abendlandes! Von nun an heißt es: Friede den Ställen, Kampf den Karotten (und Tod den Lämmchen)! Habe mich beim Lesen fast an meinem — höher als Fleisch besteuerten! — Erbsdrink verschluckt! Das ist mal eine Billanz: anti-woker Kulturkämpfer Weimar im Kulturressort, ein Rassist deVries im Innenministerium, Anti-Queer-Aktivistin Reiche im Wirtschaftsministerium, Amthor als Anti-NGO und Pro-Korruptionskämpfer als Staatsekretär im Digitalministerium... Darth Vader für den Vorsitz des Ethikrats würde in meinen Augen das Bild schön abrunden.

    • @Ciro:

      Vor allem wenn diese "Soziale Marktwirtschaft" auch noch absichtlich falsch interpretiert.

      Zum Begriff der Sozialen Marktwirtschaft gehört nämlich auch, dass der Staat durch aktive Eingriffe in die Wirtschaft das Marktgeschehen ergänzen und korrigieren (zum Beispiel durch sozialpolitische, konjunkturpolitische oder arbeitsmarktpolitische Maßnahmen), wenn dies im allgemeinen Interesse für notwendig erachtet wird.

      Das Wohl der Tiere, Umwelt und Natur, Reduzierung von CO2 gehören mit dazu. Kann Rainer mal jemand das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft etwas ausführlicher erklären?

  • Natürlich ist diese Massentierhaltung eine extreme Belastung der Umwelt, aber auch extrem ungesund. Von daher gibt's keinen Grund nicht den vollen Mehrwertsteuersatz anzusetzen. Und wenn's teurer wird, wird die Portion vielleicht geringer, was immer noch ungesund bleibt, aber weniger ist vielleicht auch ein bisschen mehr.

  • So wird jetzt alo ein Schweinshaxnminister vom Oktoberfest für die ganze Landwirtschaft zuständig.



    Könnte man da nicht gleich das ganze Landwirtschaftsministerium nach Rosenheim zu den Cops verlegen?