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Rassismus-Vorwurf gegen ScholzWas hat der Kanzler wirklich gesagt?

Der „Focus“ behauptet, Olaf Scholz habe den Berliner CDU-Kultursenator Joe Chialo rassistisch beleidigt. Die SPD will gegen das Magazin klagen.

Aneinandergeraten: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Foto: Soeren Stache; Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bei einer Geburtstagsfeier in Berlin am 2. Februar gab es, folgt man Focus und dessen Chefredakteur Georg Meck, einen Eklat. Kanzler Olaf Scholz habe mit dem schwarzen CDU-Politiker Joe Chialo über die Zusammenarbeit der Union mit der AfD gestritten.

Scholz soll ihm vorgeworfen haben, er sei „nicht mehr als ein Feigenblatt“ rassistischer Politik, behauptet das Magazin. Dort heißt es: „Als CDU-Politiker Joe Chialo einwandte, ob er das wirklich so meine mit dem Rassismus der CDU, jener Partei also, in deren Bundesvorstand er sitzt, fuhr Scholz ihn an, er, der Schwarze, sei nicht mehr als ein Feigenblatt.“ Auch das Wort „Hofnarr“ soll gefallen sein. All das will Focus-Chefredakteur Meck gehört haben. Die Überschrift des Focus-Textes lautet: „CDU-Mann Chialo beleidigt: Kanzler Scholz leistet sich rassistischen Aussetzer“.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner twitterte ein Foto von Chialo mit dem Satz „Black is beautiful“. Der Kanzler als Täter, die CDU als Opfer?

Was auf dem von 300 Gästen besuchten Fest geschah, ist bislang unklar. Chialo bestätigte via Sprecher „einen Vorfall“, mehr nicht.

Die SPD versandte am Mittwochnachmittag eine Erklärung von Olaf Scholz. Die liest sich etwas anders als der Focus-Text. Scholz habe mit einem Journalisten über die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD diskutiert. „Dies habe ich in dem Gespräch als Tabubruch bezeichnet. Des Weiteren ging es um die Frage, ob sich das wiederholen könne und wer innerhalb der CDU diesen Tabubruch überhaupt offen thematisiere“, so Scholz.

Die wenigen Liberalen in der Union habe Scholz als Hofnarren bezeichnet. „Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert. Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert.“ Er schätze Joe Chialo „als eine wichtige liberale Stimme in der Union“, so Scholz.

Kurzum: Scholz hat, so seine Version, nicht Chialo als schwarzen Politiker angesprochen, sondern die in Sachen Zusammenarbeit mit der AfD sehr schweigsamen Liberalen in der Union als Feigenblätter und Hofnarren kritisiert.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch kritisierte den Focus-Bericht als „gezielte Kampagnenarbeit im Sinne der CDU“. Das Magazin, so Miersch, hatte im November von einer Schmutzkampagne der SPD gegen Friedrich Merz berichtet – und musste den haltlosen Bericht zurückziehen. Der von Scholz beauftragte Medienanwalt Christian Scherz erklärte, dass das „Falschzitat“ des Focus „die Persönlichkeitsrechte von Olaf Scholz in hohem Maße“ verletze. Scherz kündigte unverzüglich presserechtliche Schritte an.

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11 Kommentare

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  • gähn!

  • Ja wie! Was bitte mit Oil of Olaf I. van HH zu G 20 con wirecard los? was ist in ihn gefahren?!



    Er - 🙈🙊🙉 - kann sich erinnern?! so ganz unkonnotiert intendiert?! Mach Bosse! Gelle



    Das White-Sox🧦🧦Käseblatt hat mitgehöhrt! Na sowas! Ja schon Tucho befand:



    “Man müßte mal …Nein, man sollte wortwörtlich mitstenographieren – einhundertundachtzig Silben in der Minute – was Menschen so schwabbeln. Ich denke, daß sich dabei folgendes ergäbe:



    Die Alltagssprache ist ein Urwald – überwuchert vom Schlinggewächs der Füllsel und Füllwörter. Von dem ausklingenden »nicht wahr?« (sprich: »nicha?«) wollen wir gar nicht reden. Auch nicht davon, daß: »Bitte die Streichhölzer!« eine bare Unmöglichkeit ist, ein Chimborasso an Unhöflichkeit. Es heißt natürlich: »Ach bitte, sein Sie doch mal so gut, mir eben mal die Streichhölzer, wenn Sie so freundlich sein wollen? Danke sehr. Bitte sehr. Danke sehr!« – so heißt das.



    Aber auch, wenn die Leute sich was erzählen – da gehts munter zu. Ober Stock und Steine stolpert die Sprache, stößt sich die grammatikalischen Bindeglieder wund, o tempora! o modi! …



    Man sollte mitstenographieren.“ But

    Wer kann das heute noch?!



    Georg Meck - ganz offensichtlich nicht •

  • Das mit dem Feigenblatt passt doch eigentlich viel besser auf Weidel. Eigentlich sogar mehr, die fungiert als Firewall.



    Frau, Lesbisch, Emanzipiert. Eigentlich das Vorbild überhaupt, wenn nicht der ganze böse Kram wäre.



    Und genau deshalb haben die die auch zur Vorsitzenden gemacht, das ist ja für jeden Offensichtlich.

    Ich bin echt kein Scholz Fan, aber mal öfters darüber zu sprechen wie dreist die AfD versucht sich nen Heiligenschein zu verpassen, halte ich für Sinnvoller als diesen Ausreißer von ihm jetzt. Vielleicht war das in diesem Moment Rassistisch, kann sein, aber er ist nun nicht gerade durch und durch Rassist oder auch nur nahe dran. Andere dagegen.....

  • Wäre doch schön, wenn sich die Liberalen in der CDU sich wirklich als Hofnarren betätigen würden.

    "Das Hofnarrentum war eine ideengeschichtlich klar begründete Institution, die fast immer ein fester Bestandteil des Hofstaates war. Die Hofnarren als „Offizianten“ (in einem festen höfischen Amt) sollten ursprünglich ihren Herrn nicht belustigen, sondern ihn als ernste Figur ständig daran erinnern, dass auch er der Sünde verfallen könne, und in religiöser Deutung seinem Herrn als Erinnerer an die Vergänglichkeit seines menschlichen Daseins dienen. Sie waren also eine soziale Institution zulässiger Kritik."

    "Narren hatten zu Teilen an Fürstenhöfen auch die politische Funktion, zu Zeiten absolutistischer Herrschaft die einzigen zu sein, die dem Fürsten noch die Wahrheit übermittelten, ihn an das Geschehen in seinem Herrschaftsbereich ankoppelten."

    de.m.wikipedia.org/wiki/Narr

    Wie aus dem Wikipedia Artikel zu ersehen, gibt es durchaus eine ableistiche Komponente in dem Begriffszusammenhang, aber eine rassistische Lesart fällt mir schwer zu sehen.

  • Ich musste mich an die Diskussionsrunde im Fernsehen vor 2 Jahren oder so erinnern, als ein Handwerksmeister sagte dass sein Betrieb auf den Konkurs zusteuert, wegen der Energiepreise und der Politik der Ampel, und Scholz einfach nur gelacht hat. Die Aussage von Scholz zu Chialo war wohl nicht nur rassistisch, sondern beruht auch auf einer Verachtung die Scholz anscheinend gegenüber anderen Leuten hat die nicht mit ihm übereinstimmen. Mir hatte diese Szene damals jedenfalls die Augen über Scholz geöffnet, und dieser "Vorfall" in Berlin überrascht mich daher nicht. Er ist kennzeichnend für den Charakter von Scholz.

  • Ach wie gerne hätte ich den Taz Artikel gelesen, wenn statt Scholz Merz einen schwarzen liberale SPD-Politiker Hofnarr genannt hätte und danach erzählt hätte, er habe ja alle liberalen der SPD gemeint. Jeder taz Autor hätte schon einen Artikel geschrieben, der dies als fadenscheinig abtut. Statt dessen: "Der Kanzler als Täter, die CDU als Opfer?" Mit Fragezeichen? Ja, anders kann man es hier wohl kaum sehen, wobei ich CDU durch Chialo ersetzen würde. Alle anderen Zeitungen haben zudem berichtet, dass Chialo Opfer massiver rassistischer Anfeindungen ist. Hier kein Wort.

    Scholz mag es nicht rassistisch gemeint haben. Das "Feigenblatt" fände ich da sogar schlimmer. Beleidigend aber bestimmt. Und es zeigt sich immer mehr, das Scholz sein Mundwerk nicht im Griff hat. Eine kurze und knappe Entschuldigung hätte vermutlich vieles im Keim erstickt. Der Zeitpunkt ist verpasst.

  • Erschreckend an dem Vorgang ist für mich, dass Politiker offenbar nichts dazulernen: immer wieder in schöner Regelmäßigkeit ein Lapsus linguae, ein Lachen am falschen Platz, während der Naturkatastrophe im Urlaub undundund.



    So eine Bemerkung darf, darf im Wahlkampf nicht fallen, schon gar nicht so.



    Ich nehme Hr. Scholz sogar ab, dass er kein rassistisches Gedankengut hegt. Den Rücktritt würde ich ihm wegen Dummheit nahelegen.



    Charakterlich gesehen beschimpft man darüber hinaus einen Menschen, den man "schätzt", grundsätzlich nicht als "Hofnarr", Das ist ziemlich abwertend.

  • Loose lips sink ships

  • Wenn ich mir bei Wikipedia das durchlese, sind Hofnarren, wie bei Heinrich VIII, geistig behinderte Menschen. Auch ist oft von hässlichen, körperlich Behinderten die Rede . Der Ursprung liegt im Römischen Reich, als Sklave des Cäsaren, Stichwort Memento mori.



    Sollten Scholz das also so gesagt haben, ist es schon diskriminierend, wenn nicht sogar rassistisch.

  • Nun erkenne ich an der Bezeichnung als "Feigenblatt" und "Hofnarr" nichts rassistisches - abwertend ist es trotzdem. Und sehr dumm (oder vielmehr maximal überheblich?) von einem Bundeskanzler der gerne einer bleiben möchte...

  • Auch wenn die Bezeichnung als "Hofnarr" nicht rassistisch gemeint war, so ist sie doch eine grobe Beleidigung. Ich persönlich würde nicht gerne als Hofnarr bezeichnet werden wollen.



    Olaf Scholz sieht seine Felle davon schwimmen und wird ein schlechter Verlierer sein.