Abschiebung nach Kabul: 28 Straftäter abgeschoben

Deutschland hat erstmals seit der Taliban-Machtübernahme Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Die Aktion sei von Kanzleramt und Innenbehörden vorbereitet worden.

Eine Abschiebung aus dem Jahr 2019 Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN Reuters | Aus Deutschland sind am Freitag erstmals seit der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban im August 2021 wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit und bestätigte damit einen entsprechenden Spiegel-Bericht. Dabei handele es sich ausschließlich um afghanische Staatsangehörige, die alle verurteilte Straftäter seien. Sie hätten damit kein Bleiberecht in Deutschland mehr.

Die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten „große Anstrengungen unternommen, um die Wiederaufnahme von Rückführungen in solchen Fällen zu erreichen und hat die hierfür zuständigen Länder zu diesem Zweck unterstützt“, erklärte Hebestreit. Zudem habe Deutschland „regionale Schlüsselpartner um Unterstützung gebeten, um die Rückführung zu ermöglichen“. Die Bundesregierung wolle auch künftig in diesem Rahmen Personen nach Afghanistan abschieben. „Das Sicherheitsinteresse Deutschlands überwiegt klar das Schutzinteresse von Straftätern und Gefährdern.“

Laut Spiegel startete ein Flugzeug mit 28 Straftätern an Bord am Morgen von Leipzig in Richtung Kabul. Unter Berufung auf Sicherheitskreise hieß es weiter, die Afghanen seien aus mehreren Bundesländern nach Leipzig gebracht worden.

Das von der SPD geführte Bundesinnenministerium hatte demnach die Federführung bei der Organisation. Jeder Abgeschobene habe vor dem Flug 1.000 Euro Handgeld erhalten, heißt es in dem Bericht. Ein Arzt sei mit an Bord. Innenministerin Nancy Faeser bestätigte auf der Plattform X die Zahl von 28 Straftätern.

Abschiebungen umstritten

„Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt“, erklärte die SPD-Politikerin. „Ich danke der Bundespolizei und den Ländern für die enge Zusammenarbeit.“ Die erste Abschiebung nach Afghanistan seit gut drei Jahren wurde laut Spiegel vom Kanzleramt und den Innenbehörden gut zwei Monate vorbereitet. Die Ausreisepflichtigen seien in der Nacht teils aus der Strafhaft nach Leipzig gebracht worden. Beteiligt gewesen seien Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan ist umstritten, da in dem Land die radikal-islamischen Taliban herrschen. Kritiker halten Abschiebungen in das Land für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz und dem Völkerrecht, denn in Afghanistan drohen Menschenrechtsverletzungen. Innenminister der Länder dringen dagegen auf die Abschiebung von Schwerkriminellen und islamistischen Gefährdern auch nach Afghanistan und Syrien.

Am Donnerstag hatte sich die Bundesregierung als Konsequenz aus dem Anschlag eines mutmaßlichen Islamisten und Asylbewerbers aus Syrien bei einem Stadtfest in Solingen auf ein Maßnahmenpaket für die Migrations- und Asylpolitik verständigt. Dabei geht es um das Waffenrecht, Sicherheitsbefugnisse, Abschiebungen und Prävention. Auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollen danach forciert werden. Über das Paket soll laut Innenministerin Faeser nun mit den Ländern und der Union als größter Oppositionsfraktion im Bundestag gesprochen werden.

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