Uffa Jensen als Beauftragter der TU: Neuer Berliner Antisemitismusstreit
Der Zentralrat der Juden attackiert Uffa Jensen, den neuen Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin. Der nennt die Vorwürfe „Quatsch“.
Uffa Jensen, Historiker
Die IHRA-Definition ist weit verbreitet, wird jedoch von vielen wegen ihrer diffusen Erweiterung des Antisemitismusbegriffs auf Israelkritik abgelehnt. Jensen wird zudem vom Zentralrat verdächtigt, BDS, die Bewegung, die zum Boykott gegen Israel aufruft, zu relativieren. Auch lasse Jensen es an Verurteilungen der „Hamas-Parole ‚From the River to the Sea‘“ fehlen. Die Conclusio der Presseerklärung: Mit dieser Personalie werde „Linksextremen und Hamas-Sympathisanten der rote Teppich ausgerollt“.
Kurzum: Der Zentralrat der Juden wirft dem Historiker Jensen nicht nur vor, als Antisemitismusbeauftragter der Uni eine Fehlbesetzung zu sein, sondern auch eine Art Helfershelfer von Hamas und Linksextremisten.
Die Präsidentin der TU Berlin, Geraldine Rauch, hatte am Montag Jensen berufen. „Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus in unserem Land wächst, ist es uns wichtig, uns dagegen zu engagieren“, so die TU-Präsidentin. Jensen verfüge über „große Expertise im Bereich Antisemitismusforschung und sei „ein herausragender Hochschullehrer“. Eine Besonderheit der TU Berlin ist das dort angesiedelte renommierte Zentrum für Antisemitismusforschung. Jensen ist dort Vizedirektor.
Jensen weist die Vorwürfe zurück
Der Zentralrat stützt seine heftigen Vorwürfe unter anderem auf ein SWF-Interview. Dort hatte Jensen erklärt „From the river to the sea, Palästina will be free“ sei nicht per se antisemitisch, weil auch ein gemeinsamer Staat gemeint sein könnte. Und klargestellt: „Ich glaube aber, dass dieser Schlachtruf nur selten so benutzt wird.“ Der Historiker hatte im SWF auch „Linke aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft“ kritisiert, die versuchen „Israel als Repräsentanten vieler Übel wie Ausbeutung und Kolonialismus hinzustellen“. Doch dem Zentralrat scheint diese Differenzierung nicht zu reichen. Oder vielmehr: Differenzierungen scheinen per se verdächtig zu sein.
Jensen sagte der taz, er begreife den Angriff auf ihn „als Ausdruck eines politischen Konfliktes, um unterschiedliche Positionen zu Israel und auf Israel bezogenen Antisemitismus“. Die IHRA definiere „Antisemitismus als Wahrnehmung“. Das leuchte ihm als Antisemitismusforscher nicht ein. Als Forscher muss er sagen können, dass die IHRA-Definition „nicht hilfreich ist“.
Jensen unterstützt die „Jerusalem Declaration On Antisemitism“, die Antisemitismus klarer gegen Kritik an Israel abzugrenzen versucht. Sein Institut, das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU, befasse sich „auch mit auf Israel bezogenen Antisemitismus“, sei aber „manchmal vorsichtiger mit bestimmten Einordnungen“.
Und nun? Er werde das Amt antreten, so Jensen zur taz, der zuletzt ein Buch über antisemitische Morde und Rechtsterrorismus in der BRD veröffentlicht hatte. Auch das TU-Präsidium sieht keinen Grund, die Ernennung rückgängig zu machen. Grundsätzlich halte er das Konzept, so Jensen, dass Antisemitismusbeauftragte nicht immer jüdischer Herkunft sein müssen, für richtig. Bei möglichen Besetzungen durch Palästina-Solidaritätsgruppen könne dies ein Vorteil sein. Er baue zudem gerade ein Team auf, unter anderem mit jüdischen Studierenden, um eine vertrauensvolle Arbeit zu ermöglichen.
Jensen vermied es direkte, offensive Kritik am Zentralrat zu üben. Bis auf einen Punkt: „Der Vorwurf, dass ich Hamas-Sympathisanten unterstütze oder gutheiße, ist Quatsch.“
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