Internationaler Strafgerichtshof: Strafrecht, nicht Politik

Der IStGh hat richtig entschieden. Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen verfolgt und bestraft werden.

Dienstgebäude des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Im Vordergrund Mohnblumen

Auf dem richtigen Weg – der Internationale Strafgerichtshofs in Den Haag Foto: Björn Trotzki/imago

Die Entscheidung des Chefanklägers beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGh) in Den Haag, Haftbefehle gegen drei oberste Hamasführer sowie Israels Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister zu beantragen, hat einen veritablen internationalen Shitstorm ausgelöst. Insbesondere von der israelischen Regierung, aber auch aus den USA und von der deutschen Bundesregierung kommt scharfe Kritik.

Ankläger Karim Khan setze damit die Chefs einer Terrororganisation mit der gewählten Regierung eines demokratischen Staates gleich. Das allein schon sei empörend. Zudem ignoriere der Ankläger, dass Hamas mit dem brutalen Massaker vom 7. Oktober 2023 den derzeitigen Konflikt überhaupt erst losgetreten habe.

All diese Argumente ignorieren nahezu vollständig den rein strafrechtlichen Charakter der vorgebrachten Beweisbewertungen durch die Anklagebehörde. Wo immer sich Justiz mit politischen Amts­trä­ge­r*in­nen zu beschäftigen hat, wird von den Beschuldigten der Vorwurf der politischen Motivation aufgebracht werden – ob das nun Donald Trump ist, Wladimir Putin oder Benjamin Netanjahu. Beizukommen ist dem nur durch die Würdigung der vorgelegten Argumente und Beweise – am besten vor Gericht.

Es ist gerade die Idee unabhängiger Gerichtsbarkeiten, politische Opportunitätsüberlegungen außen vor zu lassen. Auch die von US-Außenminister Antony Blinken aufgebrachte Sorge, die Haftbefehle könnten einem Abkommen zur Befreiung der Geiseln im Wege stehen, ist politisch, nicht juristisch. Aber wenn der IStGh tatsächlich globale Rechtsstaatlichkeit mit einbringen will, darf er eben nicht politisch argumentieren.

Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ungestraft bleiben – und die Strafandrohung soll eine abschreckende Wirkung entfalten. Diese Hoffnung stand hinter der Gründung des IStGh und seiner vertraglichen Grundlage, dem Rom-Statut. Es ist ein hoher Anspruch, und er wird wahrlich noch nicht eingelöst. Aber wann immer Den Haag den Versuch unternimmt, verdient das Unterstützung. So auch diesmal.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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