Brand bei Grünheide: Feuer legt Teslas Gigafabrik lahm
Ein Brandanschlag führt zu einem Stromausfall in Grünheide. Ein Bekennerschreiben taucht auf – doch die Aktivist:innen vor Ort distanzieren sich.
Während sich die Sonne ihren Weg durch die Baumkronen bahnt, berät die Gruppe Tesla stoppen über den mutmaßlichen Brandanschlag. Tesla stoppen hat die Besetzung des Waldstücks am Rande der Autofabrik organisiert und Baumhäuser gebaut – um die von Tesla geplante Erweiterung der Produktionsstätte zu verhindern.
Seit dem Feuer stehen die Bänder in der sogenannten Gigafactory nur knapp außerhalb von Berlin still. Der brennende Hochspannungsmast nahe der Fabrik sorgte am frühen Dienstagmorgen für einen Stromausfall in der Region. Laut einer Tesla-Sprecherin wurde das Fabrikgelände evakuiert. Tesla habe mit dem Stromanbieter Edis Rücksprache gehalten und rechne nicht damit, dass die Produktion schnell wieder anlaufe, so die Sprecherin. Die Versorgung der umliegenden Gemeinden lief ab dem späten Dienstagvormittag wieder, teilte Edis mit.
Die Polizei geht nach eigenen Angaben von Brandstiftung aus. Kurz nach fünf am Morgen habe das Präsidium in Brandenburg von dem Feuer an einem Strommast zwischen Steinfurt und Hartmannsdorf erfahren, die Feuerwehr sei daraufhin für Löscharbeiten ausgerückt.
Bekennerschreiben taucht online auf
Wenn sich bestätigen sollte, dass der Strommast mutwillig in Brand gesetzt wurde, handele es sich um „einen perfiden Anschlag auf unsere Strominfrastruktur“. Das sagt Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Dienstagvormittag und kündigt an: „Der Rechtsstaat wird auf einen solchen Sabotageakt mit aller Härte reagieren.“ Laut der Brandenburger Polizei ermittelt der Staatsschutz des Landeskriminalamts in alle Richtungen.
Die Aktivist:innen im Protestcamp arbeiten noch an ihrer Stellungnahme zum Brand, als online ein Bekennerschreiben auftaucht. In einem seitenlangen Text, veröffentlicht auf der Plattform Indymedia.org, reklamiert die sogenannte Vulkangruppe den Brandanschlag für sich. „Wir haben heute Tesla sabotiert“, steht in dem Schreiben.
Die Elektroautoproduktion fresse „Erde, Ressourcen, Menschen, Arbeitskraft und spuckt dafür 6.000 SUVs, Killermaschinen und Monstertrucks pro Woche aus“. Die Vulkangruppe wirft Tesla „extreme Ausbeutungsbedingungen“ vor und fordert die „komplette Zerstörung der Gigafactory“. Die Polizei prüfe die Echtheit des Bekennerschreibens, sagt eine Sprecherin des Präsidiums am Dienstagnachmittag.
Der Name „Vulkangruppe“ war bereits nach mehreren als linksextrem eingestuften Anschlägen aufgetaucht. Schon im Mai 2021 hatte es einen Brandanschlag auf die damalige Baustelle der Tesla-Fabrik in der Nähe von Berlin gegeben. Auch damals wurde ein Bekennerschreiben der Vulkangruppe veröffentlicht.
Bürgerinitiative ärgert sich über den Brand
Auf den Brand am Dienstag reagiert Tesla-Chef Elon Musk auf X: „Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben“, schreibt der Unternehmer. „Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm.“
Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg
Auch viele Musk-Gegner:innen ärgern sich. „Dieser Anschlag schadet unserer Arbeit“, teilt der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg (VNLB) mit. Als Mitglied des Bündnisses Tesla den Hahn abdrehen, das die Waldbesetzung unterstützt, bringe der VNLB seine Kritik an der Teslafabrik „mit kreativen und vielfältigen Formen“ zum Ausdruck. Bislang sei die Akzeptanz dieses Protestes groß, besonders seitens der Anwohner:innen.
Die Besetzung folgte auf eine Bürgerbefragung in Grünheide. Vor zwei Wochen stimmten 65 Prozent gegen die Pläne des Autobauers, sein 280 Hektar großes Gelände um weitere 120 Hektar zu erweitern. Dafür müssten Waldstücke in einem Trinkwasserschutzgebiet gerodet werden – dagegen protestieren Umweltschützer:innen und Bürgerinitiativen.
Aktivist:innen wollen neue Baumhäuser bauen
Am Dienstagnachmittag dann distanziert sich auch die Gruppe Tesla stoppen von dem mutmaßlichen Brandanschlag. „Uns liegen keine Informationen darüber vor, wer oder was für diesen Brand verantwortlich ist“, heißt es in der Mitteilung, über der die Aktivist:innen noch am Vormittag gebrütet haben. „Wir bedauern, dass viele Menschen in der Region von dem Stromausfall betroffen waren und sind.“
Zu Spekulationen über die Täter:innen wollen sich die Aktivist:innen nicht äußern. Sie diskutieren am Dienstag im Camp derweil, was für die nächsten Tage ansteht: neue Baumhäuser und Materiallager bauen oder Neuankömmlingen das Klettern beibringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?