Tesla und die Abwasser-Grenzwerte: Fast so unverschämt wie Elon Musk

Tesla leitet seit Jahren zu viel Phosphor und Stickstoff ins Abwasser ein. Der Fall zeigt: Das Unternehmen ist kein guter Partner für die Region.

Das Bild zeigt die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin

Monster in der Mark: Die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin Foto: Jochen Eckel/Imago

Vor allem Brandenburger Po­li­ti­ke­r:in­nen sehen in Tesla einen Segen für die Region. Doch was sieht der Autobauer eigentlich in Grünheide, der idyllischen 9.000-Seelen-Gemeinde, in der es sich angesiedelt hat? Natur, die sich ausbeuten lässt, Infrastruktur, die die Allgemeinheit bereitstellt und Behörden, die alle Wünsche zu erfüllen haben – dieser Eindruck verfestigt sich zumindest angesichts der Nachricht, dass Tesla mit seinem Grünheider Werk seit Jahren die zulässigen Grenzwerte für Stickstoff und refraktäres Phosphor regelmäßig und teilweise bis zu einem Fünffachen überschreitet.

Nach wiederholt ergebnislosen Abmahnungen und Du-Du-Briefen kündigte der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) drastische Maßnahmen an: Auf einer außerordentlichen Sitzung am Freitag will der WSE die Abwasserversorgung einstellen, bis das Unternehmen die Grenzwerte wieder einhält. Das geht zumindest aus einer 27-Seitigen Beschlussvorlage hervor, über die zuerst der Stern berichtete.

Ein Umweltskandal, wie das bereits dokumentierte Auslaufen von tausenden Litern Lacks oder flüssigen Aluminiums, ist der Fall nicht. Schließlich handelt es sich bei Stickstoff und Phosphor um Pflanzennährstoffe, die zu großen Teilen in Klärwerken herausgefiltert werden.

Ein Großteil der Belastung stammt wahrscheinlich aus den Sanitärabwässern der Fabrik – längst arbeiten hier mehr Menschen, als in Grünheide wohnen. Die zusätzliche Nährstoffbelastung ist mittelfristig problematisch, weil sie das Algenwachstum begünstigt und die Gewässerqualität der Spree verschlechtert, aber sie stellt kein Gesundheitsrisiko dar.

Tesla erwartet Loyalität

Der Grund, warum der WSE derart Druck macht, ist ein anderer. Der Wasserverband verfügt über kein eigenes Klärwerk und leitet die gesamten Abwasser zum Klärwerk der benachbarten Berliner Wasserbetriebe (BWB) weiter. Nun fürchtet der WSE, es könnte selbst die Grenzwerte gegenüber den BWB überschreiten, was wiederum zu Vertragsstrafen in Millionenhöhe führen könnte.

Die WSE äußert sich nicht zu dem Dokument, wird aber guten Grund gehabt haben, warum sie 2020 Höchstmengen für Stickstoff und Phosphor mit Tesla vertraglich festlegte. Doch das US-Unternehmen tut so, als hätte es den Vertrag nie gegeben und verwies als Reaktion auf die Enthüllung darauf, dass ja im Klärwerk flussabwärts alles in Ordnung sei.

Noch dreister scheint sich der Konzern von Elon Musk gegenüber der WSE verhalten zu haben. Entweder ignorierte Tesla die Briefe komplett oder es gelobte Besserung, um nur wenige Wochen später die Grenzwerte wieder zu überschreiten, oder zweifelte die Glaubwürdigkeit des Labors an, bei dem der WSE die Proben analysieren ließ.

Abschließend habe Tesla in seinem Schreiben „auf den Grundsatz der Loyalität“ verwiesen und „die Erwartung“ geäußert, „der WSE möge weiter zuwarten und Grenzwertüberschreitungen dulden“, heißt es in dem Dokument.

Dem Autobauer seine Grenzen aufzeigen

Die Selbstverständlichkeit, mit der Tesla Verträge bricht und sich wiederholt über geltendes Recht hinwegsetzt, und die Arroganz, mit der der Autobauer mit lokalen Behörden umgeht, wecken Zweifel daran, ob das Unternehmen tatsächlich jemals so etwas wie ein verantwortungsvoller Partner sein kann.

Dabei ist die Region eine der niederschlagärmsten in Deutschland. Die wasserreichen Ökosysteme um die Fabrik sind hochempfindlich und Quelle für die Wasserversorgung von Berlin. Anstatt die notwendige Sensibilität für ihre natürliche Umgebung aufzubringen, legt Tesla feudale Gutsherren-Allüren an den Tag. Und rechnet damit, mit allen Regelverstößen durchkommen zu können.

Umso wichtiger ist es, Tesla seine Grenzen aufzuzeigen. Ob die Einstellung der Abwasserversorgung seitens der WSE, die Entscheidung der Bür­ge­r:in­nen gegen die Erweiterung des Werksgeländes oder die Baumbesetzung am Donnerstagmorgen unweit der Fabrik: Auf den Konzern und seine Fabrik muss Druck ausgeübt werden.

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