Neue Strategie der Letzten Generation: Zielgenaue Steinschleuder gesucht
Nach zwei Jahren will die Letzte Generation aufhören, sich auf den Asphalt zu kleben. Aus ihrer neuen Strategie spricht auch Ratlosigkeit.
M an kann mit Straßenblockaden viel erreichen. Der Regelbruch signalisiert nach außen, dass man sich in einer ganz besonderen Notlage befindet. Das macht Eindruck. Die Störung des Verkehrs erzeugt bei der Politik Handlungsdruck. Die will ihren Pendler*innen und Krankenwagenfahrer*innen schließlich keinen ewigen Stau zumuten, den Polizist*innen und Richter*innen keine Überlastung durch die vielen Strafverfahren.
Das wirkt: Schon behalten die Landwirt*innen ihre Kfz-Steuerbefreiung, durch deren Streichung die Regierung ihr Haushaltsloch ein wenig stopfen wollte. Dabei stand die Agrarbranche nicht nur mit zahlreichen Traktoren, sondern auch mit ziemlich vielen deutschlandflaggenschwingenden Rechtsextremen auf der Straße. Jetzt fällt eben Geld für ein bisschen Natur- und Klimaschutz weg. Für den blockiert ja niemand Straßen. Oder war da was?
Nach zwei Jahren will die Letzte Generation jetzt aufhören, sich auf den Asphalt zu kleben, wie die Klimagruppe mitgeteilt hat. Weitermachen wollen die Aktivist*innen schon. „Ungehorsame Versammlungen“ soll es künftig zum Beispiel geben. Was das sein soll, gibt die Gruppe noch nicht bekannt. Sie wolle aber künftig auch „die Verantwortlichen für die Klimazerstörung verstärkt direkt konfrontieren“ und „Orte der fossilen Zerstörung“ aufsuchen.
Aus dieser „Neuen Strategie für 2024“ spricht auch Ratlosigkeit. So, wie die Gruppe es bisher angepackt hat, hat sie ihr politisches Ziel nicht erreicht: die Bundesregierung zu ausreichendem Klimaschutz zu bewegen. Dabei waren die Straßenblockaden doch schon die Reaktion darauf, dass alles andere nicht oder nur schleppend funktioniert hat.
Mit den Jahren nutzt sich alles ab
An Orte der Klimazerstörung zu gehen, ist zum Beispiel schon lange Kern des Protests von Ende Gelände. Die Gruppe schmiss sich ab 2015 in weiße Maleranzüge, besetzte kurzzeitig Kohletagebaue und rückte diese durch Provokation und beeindruckende Bilder ins öffentliche Bewusstsein. Mit den Jahren nutzte sich das ab. Auch die Letzte Generation hat die Erfahrung schon gemacht: Das öffentliche Interesse an ihren Aktionen an fern entlegenen Ölpipelines war immer geringer als das an den Straßenblockaden. Die haben sich schließlich bei vielen Menschen im Alltag bemerkbar gemacht. Damit verbunden war allerdings auch eine massive, durch Umfragen belegte Unbeliebtheit.
Das Problem bleibt: Wer gegen Goliath in Form von mächtigen Industrien, verunsicherten und teils bequemen Mitbürger*innen und einer oft behäbigen Politik kämpft, hat es schwer, eine zielgenaue Steinschleuder zu bauen.
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