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Mindestlohn für FerienjobsNicht alle kriegen Vitamin B

Klaudia Lagozinski
Kommentar von Klaudia Lagozinski

Kevin Kühnert will den Mindestlohn ausdehnen – auch auf Minderjährige in Fe­ri­en­jobs. Besonders Ärmeren und Arbeiterkindern würde das helfen.

Beliebter Ort für Ferienjobs von Schüler:innen: Die Eisdiele Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

E ine „nicht begründbare Verzerrung“ nennt Kevin Kühnert (SPD) die geltende Ausnahmeregelung beim gesetzlichen Mindestlohn für Minderjährige. Bisher können Unternehmen Jugendliche unter 18 Jahren für weniger als 12 Euro die Stunde beschäftigen. Kühnert fordert die Abschaffung dieser Ausnahme.

Mehr Gerechtigkeit und Respekt für Ferienjobbende: In den Ohren derer, die nicht Teil dieser Gruppe sind, klingt die Forderung vielleicht banal. Doch Ferienjobbende, das sind junge Menschen, die sich sonst wenig leisten können. Die in ihrer Freizeit in Kneipen, am Band oder auf einem Feld jobben, während viele ihrer finanziell besser gestellten Klas­sen­ka­me­ra­d*in­nen auf Sprachreise sind oder am Strand liegen.

Bisher, so kritisierte der SPD-Politiker, würden Saisonannoncen explizit für unter-18-Jährige ausgeschrieben, „weil man sie für 9 oder 10 Euro die Stunde arbeiten lassen kann“. Wer sich auf solche Ausschreibungen bewirbt, hat nicht die Kontakte, um sich beim Onkel im Betrieb was dazuzuverdienen, der im besten Fall einen Lohn mit Vitamin-B-Bonus zahlt. Von einem Ferienjobber-Mindestlohn würden also junge Menschen ohne Privilegien profitieren – die Ärmeren und die Arbeiterkinder.

Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Januar 2023 ist mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht. Kühnerts Forderung ist ein Schritt in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit. Je früher junge Leute die Chance bekommen, sich finanziell abzusichern, desto besser.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas forderte Bund, Länder und Kommunen gerade zu einem gemeinsamen Kraftakt für mehr Bildungsgerechtigkeit auf. Die Einführung des Mindestlohns für Fe­ri­en­jobs wäre ein Schritt auf diesem Weg. Denn immer noch bestimmt der sozioökonomische Hintergrund die Bildungschancen junger Menschen. Wer die Möglichkeit hat, durch Ferienarbeit etwas anzusparen, könnte sich dadurch sicherer und ermutigt fühlen, später auch ein Studium zu stemmen.

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Klaudia Lagozinski
Nachrichtenchefin & CvD
Immer unterwegs. Schreibt meistens über Kultur, Reisen, Wirtschaft und Skandinavien. Meistens auf Deutsch, manchmal auf Englisch und Schwedisch. Seit 2020 bei der taz. Master in Kulturjournalismus, in Berlin und Uppsala studiert. IJP (2023) bei Dagens ETC in Stockholm.
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33 Kommentare

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  • Meine Aufgaben als Sachbearbeiter im Lizenzrecht und als Assistenz meiner Direktion lassen sich auf 2,5 A4 Seiten mit Schriftgröße 12 auflisten. Ich bekomme dafür nur 13,50€ netto pro Stunde und das bei einem vier- bis fünfstelligen Ertrags-Output pro Stunde. Ich suche seit Jahren eine bessere Stelle, aber das Gehalt ist überall so niedrig, dass ich in Kürze kündige und mich selbstständig mache. Es gibt eben als Angestellter keine faire Bezahlung in Deutschland. Viele Freunde arbeiten bereits selbstständig für 25 bis 50€ die Stunde und deren Aufgaben lassen sich auf einer halben A4-Seite zusammenfassen. Verantwortung habe ich viel zu viel, bekomme dafür nur ein vielfaches weniger. Als Azubi habe ich noch 6€ pro Stunde verdient, als FÖJler gab es 1,44€ pro Stunde. Ich bin schon froh, der Armutsspirale mit großer Motivation und enormen Engagement ein paar Centimeter entkommen zu sein, aber mit diesem winzigen Gehalt kann ich private Altersabsicherung und Rente trotzdem komplett vergessen.

    Kühnert sollte sich lieber für eine Reform des Mindestlohns einsetzen, mindestens auf 15€ hoch und diese Reform möge gerne beinhalten, dass Kinder nicht mehr ausgebeutet werden dürfen, ergo der Mindestlohn für JEDEN gilt, ganz ohne Altersdiskriminierung. Dass wir sowas überfälliges überhaupt diskutieren müssen...

  • Ich verdiene als Anwalt 400€ in der Stunde. Leider nicht jede Arbeitsstunde am Tag, aber mehr als die Hälfte von 10-12 Arbeitsstunden täglich.

    Schon krass, wie sich hart arbeitende Menschen für 10€ abmühen müssen.

  • Bin selbständig. Wie so viele Kleinunternehmer. Teilweise ist mein Stundenlohn € 12,00. Mal mehr mal weniger Erfolg, während Corona mit den Hilfen durchgehangelt. Wir alle Selbständigen, Änderungsschneidereien, FusspflegerInnen, FrisörInnen, PhysiotherapeutInnen, Einzelhandel, IT-DienstleisterInnen, TanzschulbetreiberInnen, KampfsportschulbetreiberInnen, wir alle sollten mal streiken. Einfach mal eine Woche zu. Sorry, wir haben ganz schlechte Arbeitsbedingungen, wenn uns jemand hilft, für € 10,00 die Stunde, auch schlecht. WEnn wir krank werden, noch schlechter. WEnn wir alt werden, ganz mies. Wo denkt irgendein VErband (IHK, nee, die mal gar nicht) oder Gewerkschaft uns mal mit? Wir sind eine große Wirtschaftskraft, wir rackern oft über die Rente hinaus, weil uns sonst nichts übrig bleibt. Ohne uns wären die Innenstädte ganz verwaist.... aber wer denkt uns mit? Ein Kühnert nicht, ein Merz oder Lindner schon gar nicht. Wieder eine Lücke in die die AfD gekonnt hinein springt.... eine sehr große Lücke. Die SPD muss dringend umlernen. Die CDU/CSU halte ich nicht für lernfähig, so lange die einen Merz wählen.

    • @Maria Burger:

      So wie Sie von ihrem Dasein als Unternehmerin berichten, macht diese Selbstständigkeit keinen Sinn mehr. Dafür sind Sie aber verantwortlich, nicht Verbände, Gewerkschaften oder Wirtschaftsverbände. Und pro Forma setzen sich Parteien wie FDP, SPD, (Grüne), CDU und CSU auch für kleine Unternehmer ein. Und als Unternehmerin können Sie keinen Stundenlohn haben, dass wäre dann wohl eher der Nettogewinn nach Abzug der entsprechenden Kosten und Abgabenpunkte. Ein Unternehmer erzeugt Gewinn, ein Angestellter erhält einen Lohn.

      • @Andreas_2020:

        Stimmt alles. So macht Unternehmertun keinen Sinn. Zum Glück gelingen mir auch andere Phasen als oben beschrieben, aber die TAlsohlen gibt es eben auch, ganz schelcht ist auch krank werden, sei es nur mit einer langwierigen Grippe. DAnn sagen alle: Ja, musst du ja nicht machen, dann mache es doch anders oder was anderes, ist doch DEINE VERANTWORTUNG! Stimmt. Ein Schüler muss aber auch einen 10euro Job nicht annehmen. Ist ja seine Verantwortung. Kann ja in der Zeit ein Unternehmen gründen, haben andere ja auch getan. In GAragen. Mit viel ERfolg. Steht ja jeder Person offen. Nein, aber allen, die abhängig einen Job tun, wird Unterstützung wie in alten industriellen Zeiten angeboten, während angeblich "unabhängige" Selbständige nur Watschen bekommen. Keine Lobby, kein Verband, die IHK sahnt ab und tut NICHTS dafür. WERden nicht gesehen, ich kenne keine Partei, die uns abbildet. Und das war der Ausgang meines Beitrages: Das ist eine der Lücken in die die AfD auch wieder mit ERfolg springt.

        • @Maria Burger:

          Was genau hat denn die AfD bisher für Sie gemacht?

          Außer den Politikbetrieb mit unsinnigen Anträgen zu stören und wichtigen Ausschüssen fernzubleiben, leisteten diese gewählten Volksvertreter bisher nichts Positives.



          Ich empfehle, sich mal genauer mit deren Verhalten zu beschäftigen - denn es gibt immerhin ein Parlamentsfernsehen, mit dem man LIVE übers Internet an den Sitzungen teilnehmen kann - es gibt außerdem im Anschluss Protokolle und die Videos der Reden sind auch im Archiv hinterlegt.

    • @Maria Burger:

      Wie darf ich Ihren Kommentar verstehen? Was meinen Sie denn nun zur Initiative, Minderjährige den Mindestlohn zuzusprechen?

      • @Uranus:

        Nun, wohl so, dass hier eine Ungerechtigkeit gefühlt wird, um die sich gefühlt niemand kümmert (warum wird nicht reflektiert) und um die sich die AfD gefühlt kümmert (ob da was dahinter steht, oder das gar eine Projektion ist, wird nicht reflektiert). Ist zumindest mein Verständnis.

    • @Maria Burger:

      Sie sind als Kleinunternehmer Mitglied einer Gewerkschaft oder wie kommen sie darauf das diese sich um ihre Belange kümmern soll? Das ist eine Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Bei 12 Euro die Stunde hätte ich meine Selbständigkeit an den Nagel gehängt und für ihre Arbeitsbedingungen sind sie selbst zuständig. Ich bin auch Selbständig und muss so lange arbeiten wie es die Gesundheit mit macht. Dafür habe ich eine Tätigkeit die mir Spaß macht. Für 10 Euro die Stunde lasse ich niemanden für mich arbeiten.

      • @Andreas J:

        Ich möchte etwas milder mit Userin Maria Burger umgehen, meine damit aber nicht, dass Sie nicht einen Punkt hätten. Maria Burger bildet ja den Punkt ab, dass wenige hochkonzentrierte Unternehmen etwa zwei Drittel der Wertschöpfungskette kontrollieren. Da wollen Menschen, Einzelunternehmer, wohl auch Herr ihres Arbeitsalltages sein, sehen jedoch wenige oder gar keine Früchte ihrer Mühen und Anstrengungen. Sie sind gleichzeitig Opfer einer fehlgeleiteten Investitions- und Lohnpolitik, welche die Branchen differenziert trifft.

  • Geht mal beiseite, ihr "Geringverdiener", jetzt reden wir mal Klartext: Was mich als Ökonomen an diesen Debatten aufregt, ist die ständige monothematische Rede- und Betrachtungsstruktur. Nicht nur die von K.Kühnert gemeinten Menschen benötigen hohe bzw höhere Einkommen, sondern alle Menschen bzw Angehörigen der finanziell unteren Bevölkerungsschichten. Und eben darüber hinaus ein Zurückdrehen der neoliberalen Regulierungen. Der wirtschaftsideologische Ansatz war immer der, verschonen "wir" Menschen von den neoklassischen Zumutungen, sprich, setzen "wir" auf Gemeinwohl, oder setzen "wir" die den Zumutungen aus und pflastern dies mit Sozialleistungen ab. So ist dann auch eine isolierte Erhöhung des Mindestlohnes, anstelle des Angehens des Gesamtpaketes, nur eine neoliberale Maßnahme in einer neoliberalen Struktur, also im Ergebnis nichts wert. Das Bedauerliche ist, jeder Mindestlohnbetroffene votiert im Zweifelsfall lieber für eine Erhöhung, als für eine komplexere Lösung, da sich kaum jemand mehr andere als neoliberale Denkstrukturen vorstellen kann.

    • @Gerhard Krause:

      In einer Leistungsgesellschaft wird bei der Entlohnung die Leistung bewertet-

      der Gesetzliche Mindestlohn wurde erfunden, weil sich viele Unternehmen aus dem Tarifgefüge verabschiedet haben -

      und genau da müsste der Gesetzgeber ansetzen, indem er die Arbeitgeber zu Verbänden verpflichtet und jeden Arbeitnehmer auch zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, die dann die Interessen aller Vertragsparteien entsprechend aushandeln.

  • Wir stellen bei uns auch Ferien_MitarbeiterInnen unter 18 Jahren ohne Lehrabschluß an, dort zahlen wir aber höchstens 10€/h.



    Dies liegt zum Einen an dem Fehlen jeglicher Ausbildung und Erfahrungen und zum Anderen an den sehr strengen Arbeitsrechtsauflagen seitens des Gesetzgebers bzw. der BG für Minderjährige.



    Kurzum, würde der Mindestlohn auch für >18 J gelten, streichen wir das Angebot komplett.



    Diese einfachen Tätigkeiten würden wir demnach für ü18J vergeben, die keine verschäften Einschränkungen hätten und ggf. eine Fahrerlaubnis mitbringen, dann gerne auch für 14 €/h.



    Wie @Stoffel es richtig formuliert hat, wir müssten diese Stellen nicht anbieten, das läßt sich auch im Rahmen von Überstunden der Belegschaft oder über eine kleine Ausweitung der Zeitkräft erledigen. Und das dann oft noch rationaler sprich günstiger.

    • @BundesbürgerIn:

      Scheinbar geht es ja hier nur um billige Arbeitskräfte.



      Es gibt leider zu wenig, die solche Ferienjobs auch unter dem Aspekt anbieten dabei auch mal eine kommende Fachkraft zu finden. Die zahlen auch ordentlich. Ein paar gut aufgestellte Mittelständler in der Baubranche rekrutieren erfolgreich seit Jahren ihren Nachwuchs auf diese Weise für Baustelle und Büro.



      Mich persönlich freut es, wenn der ehemalige Schülerpraktikant, der beim Geschäftsführer in den Ferien immer als "Assistent" mit gelaufen ist, später als Bauleiter dort arbeitet. Der hat in der Regel auch mehr Ahnung und Spass an der Arbeit.

    • @BundesbürgerIn:

      Und trotzdem kammer den Kids den Mindestlohn bezahlen, die sind (fast) Nullrisiko bei evtl krank, kein Urlaubsanspruch und über die Eltern KV-versichert, Rente wird auch ned bezahlt etc. .



      Und das rechnen wir mal gegen einen mindestentlohnten Leihsklaven incl. der Aufschläge der Leiharbeitsbutze gegen ;) .

  • Jeder vierte Arbeitnehmer verdient kaum mehr als den Mindestlohn-

    23,35 Prozent der Beschäftigten - rund 9,3 Millionen der insgesamt 39,8 Millionen Erwarbstätigen - verdienen demnach weniger als 14 Euro brutto in der Stunde. 14,8 Prozent der Erwerbstätigen erhalten den Mindestlohn von 12 Euro die Stunde.

    Das sind dramatische Zahlen, die gantiert keinen kritischen gesellschaftlichen politischen oder medialen Diskurs auslösen werden.

    www.tagesschau.de/...ndestlogn-100.html

  • Der Mindestlohn wird nur um 41 Cent erhöht. Die Mindestlohnkommission versagt und müsste eigentlich abgeschafft werden und der Mindestlohn staatlich erhöht werden.



    Kühnert setzt sich stattdessen für Schüler ein, gut, aber ignoriert den grundsätzlichen Missstand bei der Bemessung des Mindestlohns, der von Wissenschaftlern mit mathematischen Modellen und Statistiken erstellt wird, die mit der ökonomischen Wirklichkeit nichts mehr zu tun haben.

    Volkswirtschaftlich ist die viel zu geringe Mindestlohnerhöhung Unsinn, weil Kaufkraft regelrecht abgewürgt wird und Millionen Menschen in Not bringt.



    Dass sich Mindestlohnempfänger verraten und verkauft fühlen müssen, weil es für sie keine machtvolle gewerkschaftliche oder politische Vertretung, schon gar keinen Tariflohn gibt, dürfte klar sein. Und dass viele dieser Lohnempfänger auf die Heilversprechen der AFD hereinfallen, gab es schon einmal in der Geschichte.

    Wenn die SPD als Hoffungsschimmer für Mindestlöhner auf künftige tarifliche Bindungen verweist, ist das angesichts der realen brutalen Arbeitsverhältnisse, in der Gewerkschaften keine Rolle spielen, eine regelrechte Verhöhung der Menschen mit Mindestlohn.



    Wen kümmern die desolaten, unübersichtlichen und schwer zu kontrollierenden zum Teil betrügerischen Arbeitsbedingungen bei Packetdiensten (oftmals Sub-Unternehmer mit Migranten als Arbeitnehmern, die keine Wahl haben), Sub-Sub-Unternehmen im Bau und auf Schlachthöfen, Reinigungsfirmen, Wachfirmen, etc.

    Die aus der Arbeiterschicht entstandene SPD hat sich sehr weit von ihren Ursprüngen entfernt. Juristen und akademische Berufe und Dienstleistungsjobs prägen die Partei. Das gilt auch für die Gewerkschaften, die in diesem Bereich keinen Stich kriegen.

    Gibt es außer Kühnert einen einzigen Landtags- oder Bundestagsabgeordneten, der vor seinem Mandat für die SPD, Linke, Grünen oder CDU ausschließlich im Mindestlohnbereich arbeitete oder arbeitslos war? Vermutlich nicht.

    • @Lindenberg:

      Gewerkschaften können nur sehr schlecht Unternehmer organisieren und viele prekäre Arbeitsstellen sind tatsächlich pro Forma Unternehmen. Da müsste der Gesetzgeber einschreiten, was gegen bestehende Rechtslage aber nicht tut. Oft werden solche Arbeitsverhältnisse in Arbeitsgerichten am Ende verhandelt und später als solche aufgefasst, aber organisatorisch, ist diese Gruppe von Arbeitnehmern nur schwer für Gewerkschaften zu erreichen. Natürlich verschlafen einige Gewerkschaften auch solche Dinge, weil sie da viel machen müssten und sehr arme Mitglieder gewinnen würden. Andererseits könnten sie politisch mehr Druck machen, dass Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr mit Scheinunternehmern besetzt werden. Nur: Viele Menschen dort machen das ohne zu murren. Ich glaubue es gibt in Norddeutschland nur noch wenige Dönerbuden, Friseur und Putzunternehmen, die nicht 'Plätze' an Unternehmer vermieten. Offenbar will der Staat das nicht kontrollieren. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist das aber richtig schwer, hier zu organisieren. Das sollte fairer Weise gesagt werden.

      • @Andreas_2020:

        Dazu komt, dass die Gewerkschaften ein regelrechtes Feindbild gegen Kleinunternehmer aufbauen.



        Sie werden z.B. als gewohnheitsmäßige Steuerhinterzieher dargestellt, z.B. in einer vermeintlich "lustigen" "letzten Seite" der IGM-Postille (allerdings viele Jahre her), in der ein Selbständiger mit einem Beschäftigten im Restaurnat zu Mittag isst, sich über seine wirtschaftliche Lage beklagt, und dann mit den Worten "bitte den doppelten Betrag auf der Rechnung, wie immer" seine Rechnung anfordert.



        Wenn das keine Hetze ist, weiss ich nicht, was dann.

  • Die Forderung ist schon gerechtfertigt, allerdings würden dann die jungen Menschen auf direkte Konkurrenz treffen.

    Sowieso gilt auch Jugendschutz, also bis spät in die Nacht in der Gastro dürfen junge Menschen unter 18 sowieso nicht arbeiten.

    Die Frage ist wohl, was läuft offiziell und was läuft weniger offiziell.

    Es dürfte viel Schwarzarbeit auch bei dieser Gruppe geben.

    Übrigens sollen inzwischen 2 Mio. Menschen unter 18 Jahre im Bereich SGB II (Jetzt Bürgergeld, früher Harz-IV) leben. Bislang hatte ich immer gelesen, es seien 1,5 Mio.

    Diese Kinder und Jugendlichen wachsen mit Not und Knappheit auf.

    Kühner sollte mal berücksichtigen, dass 2022 von einer hohen Preissteigerung betroffen war, ganz besonders im Bereich Nahrungsmittel und bestimmte Konsumgüter.

    Die Erhöhung von SGB II-Leistungen kam aber zum 1.01.2023.

    Das bedeutet, dass diese Gruppe 2022 stark sparen musste.

    Da nützen auch Ferienjobs nicht viel.

    Das ganze System ist nach meiner Auffassung immer noch grob ungerecht, schlecht berechnet und eine Benachteiligung von Staatswegen für Kinder und Jugendliche, die durch ihre Eltern da reinfallen.

    Es ist ein Leben ohne viel Kultur, ohne großes Nachtleben, ohne Restaurantbesuche, ohne Markenkleidung, es ist voller Entbehrungen und führt zu einer gewissen Isolation.

    Es ist eine nicht-begründete, wahllose Disziplinierung dieser jungen Menschen.

    Ein fairer Mindestlohn wäre nur ein sehr kleiner, aber wichtiger Meilenstein. Dazu müssten diese Menschen aber einen Ferienjob finden und die Unternehmer müsste nach den Regeln arbeiten. Und die Frage ist ja, ob das gemacht wird oder nur heiße Luft von Kühnert war.

    Die SPD macht jetzt was, Armut und soziale Ungleichheit sind wieder ein Thema, aber es muss noch viel mehr konkret gemacht werden, sonst ist das nicht mehr als Sonntagssprech.

  • durch ein nachbarschaftsportal erfuhr ich von einem 14jährigen, der einen ferienjob sucht. ich brauche unterstützung bei handy+digi-kamera u.ä.



    er kam + hatte keine ahnung von mindestlohn. was unterrichten die schulen eigentlich in der lohnfrage???



    ich sagte ihm, was da aktuell ist + von der LINKEn gefordert wird. daß ich ihm aber 15 euro /stunde gebe, weil seine kentnisse - würde ich sie von einem erwachsenen pc-+handy-nerd nutzen, mehr als 15 euro/stunde kosten würden.



    ich bin äußerst zufrieden mit diesem schüler + freue mich, im einen zuschuß zum urlaub zu verschaffen. den er bzw. seine family ganz offensichtlich brauchen. ärmere familien können sich eben keinen urlaub leisten. der junge macht urlaub bei seinem vater und ein klein wenig urlaub in frankreich, so eine art schüleraustausch oder so. also keine große urlaubssause. er schafft sich ein wenig taschengeld dafür. seine mutter half ihm, den kontakt zu mir herzustellen.



    realität in einem sehr reichen land. arme kinder gibts zuhauf. als ich kind+jugendliche war, gehörte ich auch dazu + habe in allen ferien immer gearbeitet. zu hungerlöhnen. konnte mir praktisch nie urlaub leisten, habe das geld in kleidung investiert, weil ich mir nicht alles selbst nähen oder stricken konnte (wir waren sehr arm). einmal bekam ich einen zuschuß von 200 dm, der reichte nicht weit. schulgeld mußte erst gezahlt werde, dann nicht mehr.



    schulbücher gingen über unseren laden (waren also bissl billiger für mich).



    ich helfe immer armen kindern, wenn es mir möglich ist.

  • Und warum sollten Azubis dann weniger verdienen oder im Schülerpraktikum gar nichts? Weil keine Leistung erbracht wird(daher auch Lernende genannt). Sie müssen sich die Fähigkeiten erst aneignen. Auch gibt es sicherlich Ferienjobber die das Gleiche wie die anderen machen und der Firma einnahmen bescheren.



    Ebenso oft sind dies jedoch Arbeiten, die keinerlei Qualifikation braucht, und auch nicht essenziell für die Firma ist. Will sagen, dass Firmen auch Jobs anbieten nur um des Ferienjobber wegen.

    • @Stoffel:

      Wasn Quark. Es geht um billige Arbeitskräfte, nur darum.

    • @Stoffel:

      "Will sagen, dass Firmen auch Jobs anbieten nur um des Ferienjobber wegen."



      Genau Firmen stellen Personen nur zum Selbstzweck ein, welchen denn? Gibt es dafür Stempelmarke für tolles soziales Engagement? LoL

    • @Stoffel:

      Ich weiß zwar nicht wie Ihre Azubis und Schülerpraktikanten eingesetzt werden, sollten ihr wirklich nur Aufgaben ala Kaffee kochen und vielleicht noch bissel Postwesen haben, dann kann ich Ihnen sogar folgen. In meinen mittlerweile über 20 Jahren Berufserfahrung habe ich nur seltenst Firmen gesehen die sich egal ob Ferienjobber, Schülerpraktikanten, Azubis oder oder oder in die Firma holten um dann diese herabwürdigende Arbeiten vornehmen zu lassen. Vielleicht mal den Blick öffnen. Sklaven brauch niemand.

    • @Stoffel:

      Bei reinen Ferienjobbern und -joberinnen bin ich auch extrem skeptisch. Außer vielleicht bei Ernteeinsätzen kann ich mir kaum vorstellen, dass bei Kosten von ca. 16,30 €/h, die dem Arbeitgeber beim Mindestlohn auf 520€-Basis entstehen, für den Arbeitgeber eine Beschäftigung interessant wäre. Selbst im Bereich Gastro oder Bauhilfe dauert es einige Zeit, bis die Hilfskraft weiß, was sie tut oder zu tun hat und gerade dann ist der Ferienjobber wieder weg.



      Es gibt jedoch sehr viele (auch in meiner Firma), die ab dem 16. Lebensjahr regelmäßig bei uns arbeiten, entweder einen Tag pro Woche, oder bis zu 10 Stunden pro Woche auf mehrere Tage verteilt. Sie sind (für die Firma) idealerweise zwei bis drei Jahre dabei und vielleicht sogar noch im Studium. Die bringen richtig Leistung und das rechnet sich für eigentlich jeden Arbeitgeber locker und entlastet die Festangestellten (da sie meistens zur Unterstützung herangezogen werden, nicht als Ersatz).

      Ich denke jedoch, dass diese "Jobber" bislang auch schon (mindestens) Mindestlohn erhalten haben, von daher ist für mich wichtiger, dass die Hinzuverdienstgrenze angehoben wurde. Bislang durften Kinder aus Familien mit Bürgergeldbezug nur ca. 110 € im Monat anrechnungsfrei hinzuverdienen, seit dem 1. Juli sind es 520 €. Das war ein wichtiger Schritt und schafft mehr Gerechtigkeit.

    • @Stoffel:

      Firmen bieten Jobs an, ohne Bedarf zu haben? Aus welchem Grund?

      • @blutorange:

        Um zukünftige Azubis zu bekommen.

        • @Stoffel:

          Also selbst als kleiner Hansel habe ich damals schon gewusst, wer mich nur anstellt für Kaffee kochen, wird mich tags darauf nicht wieder sehen.



          Welche Logik soll dahinter liegen, Personen anzustellen ohne Bedarf, mit Aufgaben die scheinbar nicht nur minderwertig sind, sondern "nicht einmal gebraucht werden und essentiell sind", damit dann diese Person denkt, wow geil. Da will ich meine Ausbildung machen? Sorry. Das glauben Sie doch nicht wirklich selbst oder?

  • 6G
    687478 (Profil gelöscht)

    Schweinerei, dass es nicht schon längst geschehen ist!

    • @687478 (Profil gelöscht):

      Doppelte Schweinerei, dass so ein Vorstoß von der SPD kommen muss, und nicht von Genossin Nerzkragen, der selbsterklärten Führerin der arbeitenden volksdeutschen Massen schon vor Jahren propagiert wurde.

      Aber wenn Qassim und Amina in den Ferien Geld verdienen müssen, weil ihre Eltern immer noch nur eine Duldung haben, und für Erwachsenenarbeit mit einem Taschengeld abgespeist werden, dann sind sie für Frau Wagenknecht vermutlich eine "bizarre Randgruppe", die man als rechte Linke getrost ignorieren kann, ja sogar muss...

      • @Ajuga:

        An welcher Bundesregierung war oder ist die Linke beteiligt?

      • @Ajuga:

        Ähm sie scheinen sich häufig über die Partei die Linke aufzuregen, ohne aber deren Programm wohl zu kennen. die Linke fordert seit Jahren und Jahrzehnten (vor dem Mindestlohn war die Begrifflichkeit aber anders) dass der Mindestlohn FÜR JEDEN arbeitenden in D gelten soll und muss! Haben Sie das noch wirklich nie mitbekommen? Informationen unterliegen keiner Bringschuld.