Rückgabe der Benin-Bronzen: Geklärte Besitzlage

Schade wäre, könnte man die Benin-Bronzen nur noch in ihrem Heimatland sehen. Überall sollten sie zu sehen sein – unter nigerianischer Flagge.

Annalena Baerbock sitzt vor der Tür eines Hauses

Annalena Baerbock im mit deutschen Mitteln wiederaufgebauten Dorf Ngarannam Foto: Florian Gaertner/imago

Dass Deutschland die ersten 20 aus dem einstigen Königreich Benin geraubten Artefakte an Nigeria zurückgibt, ist längst überfällig. Benin liegt im heutigen Süden Nigerias. Die bereits vor Jahrzehnten gestellten Forderungen ignorierten europäische Staaten und Museen viel zu lange erfolgreich. Und das sehr zum Ärger in Nigeria.

Endlich werden die Bronzen an die ursprünglichen Be­sit­ze­r:in­nen zurückgegeben. Es ist gut, dass Außenministerin Annalena Baerbock deutliche Worte findet: Der Raub war ebenso Unrecht wie das Behalten. Dabei geht es nicht nur um den Diebstahl. Anders als im Globalen Norden oft angenommen wird, sind die Bronzen nicht nur enorm kostbare Kunstwerke.

Sie haben bis heute eine kulturelle und religiöse Bedeutung für zahlreiche Menschen. Diese lässt sich in Europa und in den USA kaum ermessen. Meist wird vergessen, dass die Bronzen bis zu ihrem Raub 1897 keine Museumsobjekte in Glas­vitrinen waren, sondern Teil des täglichen Lebens und zentral für Zeremonien.

Was der nigerianische Staat, der Oba von Benin – aus dem Palast der Vorfahren des traditionellen Herrschers wurden die Bronzen geraubt – sowie die Landesregierung von Edo künftig mit ihnen machen, ist allerdings ihre Sache. Es ist bevormundend und arrogant, ständig den Bau eines neuen Museums zu fordern und nach den Baufortschritten zu fragen.

Denn damit schwingt die Unterstellung mit, dass Nigeria nicht auf die wertvollen Schätze aufpasse und sie möglicherweise sogar auf dem Schwarzmarkt oder in Privathäusern verschwinden. Doch das Argument dafür, Diebesgut zu behalten, weil man dem rechtmäßigen Besitzer nicht zutraut, angemessen damit umzugehen, ist noch nie überzeugend gewesen.

Die Rückgabe der Bronzen wird dafür sorgen, dass künftig intensiver nach weiterem Raubgut aus Afrika in europäischen Museen gesucht wird. Das ist nur legitim. Eins sollte im Rahmen der Rückgabeforderungen jedoch nicht geschehen: Es wäre ein großer Verlust, wenn Artefakte, Skulpturen oder Gemälde künftig nur noch in ihren Herkunftsländern zu sehen sind. Stattdessen sollten sie überall dort gezeigt werden, wo Interesse besteht, freilich bei geklärter Eigentümerschaft. Davon profitieren alle.

Für Deutschland hat die Übergabe eine enorm positive Nebenwirkung. Seit Jahren ist der Kontakt nach Nigeria gut, auch weil sich Präsident Muhammadu Buhari und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel bestens verstanden haben. Die Restitution wird die Beziehung zwischen beiden Ländern weiter stärken, auch weil Baerbock die Bronzen persönlich zurückgebracht hat.

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Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

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