Sachsens Justiz und Putin-Propaganda: Trommeln für den Angriffskrieg

Eine Frau, die in Sachsen mit dem „Z“-Symbol ihre Putin-Unterstützung zeigte, blieb zunächst straffrei. Nun muss sie doch vor Gericht.

Ein ukrainischer Soldat inspiziert ein Kindergartenzimmer mit dem Zeichen «Z» an der Tür, das von den russischen Streitkräften im der kürzlich zurückeroberten Gebiet Kapitoliwka benutzt wurde. Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein ukrainischer Soldat sichtet ein „Z“ in einem Kindergarten im zurückeroberten Gebiet Kapitoliwka Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Berlin taz | Sie trommelte für den russischen Angriffskrieg – im doppelten Wortsinn. Ende März hatte sich eine 35-jährige Deutsche beim Corona-Protest in Bautzen das „Z“, das auch an russischen Panzern „für den Sieg“ in der Ukraine wirbt, mit schwarzem Tape an ihre Jacke geklebt, dazu trug sie ein rotes Z an ihrem Helm. Ihr Solidaritätsbekenntnis zu Putins Truppen bei der Kundgebung von rund 500 Leuten unterstrich sie mithilfe einer Trommel. Nun landet sie dafür doch vor Gericht.

Zunächst sah es aus, als bliebe ihr Jubel für den Angriffskrieg in Sachsen straffrei. Richter Ralph Nimphius am Amtsgericht Bautzen lehnte im Juni die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab. Er hatte keine „Belohnung und Billigung von Straftaten“ nach Paragraf 140 des deutschen Strafgesetzbuches erkannt. Szene-Anwalt Martin Kohlmann, einer der Anführer der rechtsextremen „Freien Sachsen“, jubelte.

Das letzte Wort ist damit allerdings nicht gesprochen. Zu verdanken ist das einem engagierten Staatsanwalt aus Görlitz: Seine Behörde legte im Juni sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung aus Bautzen ein. Nun hat das Landgericht Görlitz (Aktenzeichen: 3 Qs 111/22) einen Beschluss gefasst, der eine Bestrafung doch möglich macht.

Darin heißt es, für die breite Bevölkerung stehe der Buchstabe Z aktuell „im Zusammenhang mit Kriegsgerät, das im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt wird“, und damit für einen „völkerrechtswidrigen Angriff“. Dass es der Demonstrantin nicht um eine bloße Solidarität mit der Russischen Föderation gegangen sei, ergebe sich unter anderem daraus, dass die Frau in der Befragung durch die Polizei erklärt habe, die Nato sei der eigentliche Angreifer und Verbrecher und Putins Aktionen seinen völlig legitim.

Hanebüchene Argumente

Sinngemäß erklärte die Frau, man dürfe bei einer Versammlung ja wohl noch zum Ausdruck bringen, dass man einen „Verteidigungskrieg gegen die Nato“ gut fände. Das Landgericht Görlitz beschloss, dieser Kontext lasse „keine andere Interpretation als die Billigung des russischen Angriffskriegs zu“. Diese sei geeignet gewesen, „den öffentlichen Frieden zu stören“.

Der alte Beschluss vom Juni (Az.: 41 Ds 220 Js 10638/22) hatte einige hanebüchen wirkende Argumente enthalten – etwa, dass Zeichen auch schon vorher „aus ihrem bisherigen Kontext gelöst und in einen neuen Kontext eingefügt“ worden seien. So etwas habe sich „zuletzt bei der Verwendung des gelben Davidsterns bei den Impfgegnern gezeigt“. Richter Nimphius meinte, mit dem Z habe womöglich „nur provoziert“ werden sollen.

Verurteilt ist die Demonstrantin damit noch nicht. Aber die Anklage der Staatsanwaltschaft Görlitz wird zur Hauptverhandlung zugelassen. Das Verfahren wird wohl wieder Richter Nimphius führen, wie die Direktorin des Amtsgerichts Bautzen, Gesine Tews, der taz sagte. Sollte er stur bleiben und auf Straffreiheit bestehen, bleibt der Staatsanwaltschaft die nächste Instanz – und der Fall landet wieder beim Landgericht.

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