Bidens Rede in Polen: Psychologische Kriegserklärung

Der US-Präsident fordert in Warschau zu Recht, dass Putin nicht an der Macht bleiben kann. Biden spricht damit nur das Offensichtliche aus.

Biden am rednerpult auf einem Platz

Biden bei seiner Rede in Warschau Foto: AP

Man kann US-Präsident Joe Biden vieles vorwerfen, aber sicher nicht, dass er es im Umgang mit dem Kreml an klaren Worten hat fehlen lassen. Schon vor einem Jahr nannte er Wladimir Putin einen Killer. Die damalige Kanzlerkandidatin Annalena Baer­bock fand die Bezeichnung seinerzeit „erstaunlich“. Für überzogen und unklug hielten auch ihre beiden Mitbewerber Bidens Äußerung.

Am Samstag nun hielt Biden in Warschau eine Rede, die eine moralische Führungsstärke zeigte, wie man sie bei europäischen Po­li­ti­ke­r*in­nen vergeblich sucht. Darin fiel auch der Satz, dass Putin nicht an der Macht bleiben könne. Natürlich folgte auch hier der Vorwurf auf dem Fuße, dieser Satz liefere Putin die perfekte Begründung, den Ukrainekrieg als Akt der Selbstverteidigung zu rechtfertigen. Außerdem untergrabe es die Möglichkeit, dass der russische Präsident gesichtswahrend aus dem Krieg aussteigen kann.

Drei Argumente, die dagegen sprechen: Erstens braucht Putin keine zusätzliche Begründung, er lügt sich die Wirklichkeit schon lange so zurecht, wie er sie gerade braucht. Zweitens kann Putin ohnehin gar nicht mehr gesichtswahrend aus dem Ukrainekrieg aussteigen.

Drittens ist vollkommen ausgeschlossen, dass die USA aktiv in den Krieg eintreten. Und das wäre ja wohl nötig, würde Biden einen Regimewechsel herbeiführen wollen. Bidens Satz ist als Zeichen an die Opposition und die Eliten in Russland zu verstehen; eine psychologische Kriegserklärung. Vielen dürfte damit klar sein, dass Russland mit Putin nicht mehr zur Normalität zurückkehren kann.

Biden hat alles in allem lediglich das Offensichtliche ausgesprochen: Um Gottes willen, dieser Mann darf doch wohl nicht an der Macht bleiben. Die Welt ist mit dem 24. Februar eine andere geworden. Wer das nicht begriffen hat, ist entweder so altersstarrsinnig wie Gerhard Schröder, so nostalgisch wie der SPD-Außenpolitiknovize Ralf Stegner oder so verblendet wie die Linkspartei. Putin ist ein Ausgestoßener und wird es bleiben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.