Fleischsteuer könnte Tod Tausender verhindern

Wenn etwa Wurst um 166 Prozent und Steak um 28 Prozent teurer wäre als jetzt, würden pro Jahr allein 18.400 Deutsche weniger sterben, zeigt eine Studie der Universität Oxford

Verursacht wohl Krebs: Unverarbeitetes Schweinefleisch Foto: Nora Klein

Von Jost Maurin

Höhere Steuern auf verarbeitetes und rotes Fleisch könnten einer neuen Studie zufolge allein in Deutschland etwa 18.400 Todesfälle pro Jahr verhindern. Zudem würde die Volkswirtschaft 4 Milliarden US-Dollar etwa für die Behandlung von durch Fleisch verursachten Krebserkrankungen oder daraus folgenden Produktivitätsverlusten einsparen, heißt es in der Untersuchung, die nun in der Fachzeitschrift Plos One erschienen ist. Dafür müsste der Preis für unverarbeitetes Fleisch von Rind, Schwein und Schaf um 28 Prozent und für Produkte wie Würstchen, Schinken oder Speck sogar um 166 Prozent steigen.

Weltweit lassen sich der Studie zufolge jedes Jahr 2,3 Millio­nen Todesfälle mit Fleischverzehr in Verbindung bringen. Zwei Drittel der Betroffenen stürben an einem Schlaganfall – die übrigen vor allem an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, Typ-2-Diabetes oder an Darmkrebs. Dabei gehen die Autoren um Marco Springmann von der Universität Oxford zum Beispiel davon aus, dass rotes Fleisch tatsächlich Krebs verursacht. Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hat aber nur verarbeitetes Fleisch als „krebserregend“ eingestuft. Unverarbeitetes rotes Fleisch – etwa von Rind, Schwein oder Schaf – beurteilt die Agentur lediglich als „wahrscheinlich krebserregend“, weil die Datenlage nicht eindeutig genug ist.

Unumstritten ist aber: Die Menschen in Deutschland essen im Schnitt mehr Fleisch, als alle Ernährungsexperten für gesund halten. Die renommierte Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt seit Jahren, „nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche“ zu essen. Doch die Deutschen verzehren im Schnitt doppelt so viel.

Die von den Wissenschaftlern berechnete Steuer würde laut Studie dafür sorgen, dass die Menschen hierzulande 37 Prozent weniger verarbeitetes Fleisch und 3 Prozent weniger unverarbeitetes rotes Fleisch äßen. Denn je teurer etwas ist, desto weniger wird davon in der Regel verbraucht. Aber der Konsum läge immer noch bei 950 Gramm pro Woche.

Gleichzeitig würde der Staat laut Studie mit der höheren Steuer 8 Milliarden Dollar einnehmen. Das kompensierte den Großteil der 12 Milliarden, die die Gesellschaft jedes Jahr für die gesundheitsschädlichen Folgen des Fleischkonsums zahlen würde. Außerdem würden bei der Produktion der Lebensmittel für die Menschen in Deutschland 5 Prozent weniger Treib­haus­gase ausgestoßen.

Weltweit könnte die Fleischsteuer pro Jahr mehr als 220.000 Menschen vor dem Tod bewahren – und 40 Mil­liar­den Dollar Folgekosten einsparen. Dafür müsste rotes Fleisch im Schnitt rund um den Globus 4 Prozent und verarbeitetes Fleisch 25 Prozent teurer werden.

„Niemand will, dass Regierungen den Leuten sagen, was sie essen können und was nicht“, sagte Springmann. „Aber unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass der Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch einen Preis hat – nicht nur für die Gesundheit und den Planeten, sondern auch für die Gesundheitssysteme und die Wirtschaft.“ Er hoffe, dass eine Gesundheitssteuer auf solche Lebensmittel erwogen wird. Sie würde nichts verbieten, sondern eine wichtige Botschaft für die Verbraucher sein.

In der Bundesregierung stoßen solche Forderungen bislang auf taube Ohren. Zwar haben auch in Deutschland schon Experten empfohlen, auf tierische Produkte wie Fleisch und Milch künftig den normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent statt der ermäßigen 7 Prozent zu erheben; aber Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) lehnt das ab, weil Fleisch „nicht etwas nur für Besserverdiener sein“ solle.

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