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taz-Autor*in bekommt DrohbriefeSchützenhilfe von der Polizei?

Die Hamburger Polizei hat Daten von taz-Autor*in Hengameh Yaghoobifarah abgefragt. Kurz darauf erhielt Yaghoobifarah eine Drohmail des „NSU 2.0“.

Datenabfrage: die Frage ist, wer sie macht und zu welchem Zweck Foto: dpa

Hamburg taz | Die Aktivitäten des „NSU 2.0“ werden nicht weniger. Über 80 Drohungen wurden bereits per E-Mail, Fax oder SMS versendet. Darunter steht ein Absender, der an die rechtsextreme Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“, kurz NSU, anspielt. Auch die taz-Kolumnist*in Hengameh Yaghoobifarah wurde in solchen Drohmails erwähnt. Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des WDR zeigen nun, dass Yaghoobifarahs Daten kürzlich auf einem Computer der Hamburger Polizei abgefragt wurden.

„Die Abfragen erfolgten unmittelbar nach Erscheinen der Berichterstattung mit dem Titel ‚Abschaffung der Polizei – all cops are berufsunfähig‘“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth der taz. „Ob sie berechtigt oder unberechtigt erfolgten, wird aktuell geprüft.“

In der überspitzten Satire legte Yaghoobifarah der Polizei einen Platz auf der Mülldeponie nahe – und löste damit eine heftige Debatte aus. Sie*er erhielt daraufhin zahlreiche Drohungen. Auch in einer mit NSU 2.0 unterschriebenen E-Mail wird Yaghoobifarah kurz nach Erscheinen der Kolumne erwähnt.

Ob es einen Zusammenhang zwischen der Polizeiabfrage und denjenigen gibt, die Yaghoobifarah bedrohen, ist unklar. Sie*er will nun Anzeige erstatten.

Zuvor war bekannt geworden, dass auch von einem Polizeicomputer im hessischen Frankfurt persönliche Daten über ein Opfer des „NSU 2.0“ abgerufen wurden – Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız. Die Frankfurterin erhielt als Erste eine solche Morddrohung.

Rechtsextreme Chatgruppe von Polizist*innen

Im NSU-Prozess vertrat sie die Familie von Enver Şimşek, den das Netzwerk am 11. September 2000 ermordete. Şimşek war das Erste von neun migrantischen Mordopfern des NSU. In einem Drohfax wurde sie „hirntoter Scheißdöner“ genannt, dem nicht bewusst sei, was sie „unseren Polizeikollegen angetan“ habe. Doch jetzt käme es „richtig dicke für dich, du Türkensau“. Auch ihre Tochter wurde in einem Schreiben namentlich genannt – und mit dem Tode bedroht.

Başay-Yıldız erstattete Anzeige. Daraufhin fand die Polizei in Frankfurt am Main heraus, dass kurz vor dem Versenden des Faxes persönliche Daten der Anwältin von einem Computer im ersten Polizeirevier Frankfurt abgerufen wurden. Als Ermittler die zum Zeitpunkt eingeloggte Polizeibeamtin überprüften, fanden sie zudem eine Chatgruppe von Polizist*innen des Reviers, in der einige Kolleg*innen rechtsextreme Inhalte austauschten.

In den vergangenen Monaten bedrohte der „NSU 2.0“ besonders Frauen. Auch die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion im Bundestag, Martina Renner, und die Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag, Janine Wissler, wurden bedroht.

Aus der Bürgerschaft kamen schnell kritische Stimmen zur Verbindung von „NSU 2.0“ und Hamburger Polizei. „Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, müssen wir konkrete Handlungen daraus herleiten“, sagt die Abgeordnete Sina Demirhan (Grüne). Das Verhalten einzelner Polizist*innen schädige sonst die Beziehung zu Menschen mit Migrationshintergrund. „Jetzt wird sich zeigen, was wir aus dem NSU gelernt haben.“

„Der Gedanke, dass Hamburger Sicherheitsbehörden in rechte Bedrohungen involviert sein könnten, ist unerträglich“, meint auch der Abgeordnete Deniz Celik von der Linken und fordert schnelle Aufklärung. Die „jahrelange Weigerung von Rot-Grün zur Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses“ stimme ihn allerdings wenig hoffnungsvoll.

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22 Kommentare

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  • Sie*er will also Anzeige bei der Polizei erstatten. #irony

  • "Drohbriefe : Schützenhilfe von Linken?"

    Man wird ja noch ein Fragezeichen setzen dürfen.

    • @Rudolf Fissner:

      Was hat das denn jetzt in irgendeinerweise mit "Linken" zu tun? Verfolgungswahn?

  • Schon wieder ein Einzelfall (wo ein Unbekannter sich ohne Authentifizierung Zugang zu einem Polizeirechner und den Personendatenbanken verschaffen könnte.)

  • Die strafrechtliche Relevanz dieser Aktionen sollte man genauer benennen. Ich habe den Eindruck, dass große Teile der Bevölkerung nicht davon ausgehen, dass die Informationsübergabe an rechte Terroristen eine Straftat darstellen. Ich gehe davon aus, bin aber juristischer Laie, weshalb mich interessieren würde, welche Paragrafen hier wirken würden, würde Staatsanwaltschaft und Polizei ihrer Arbeit gewissenhaft nachgehen.

  • "Aktuell ist ein prägendes, öffentliches Thema die im Zuge der Protestbewegung problematisierte Polizeigewalt. Das wurde unter anderem in einer Kolumne, die indertazerschienenist, aufgegriffen. Hier stellte die Autorin Polizisten unter Generalverdacht und sagte, dass wir auf der Mülldeponie arbeiten sollen – das hilft uns überhaupt nicht weiter"

    www.zeit.de/arbeit...72869#cid-53272869

    Ich verlinke das zum einen deswegen, weil es von einem Polizisten ist, zum anderen, weil der - im Gegensatz zu vielen auch in der TAZ-Redaktion - den betreffenden Kolumnenbeitrag offenbar gelesen UND verstanden hat: "und sagte, dass wir auf der Mülldeponie ARBEITEN sollen" (Hervorhebung von mir)

    Oben steht trotzdem wieder "In der überspitzten Satire legte Yaghoobifarah der Polizei einen Platz auf der Mülldeponie nahe" - Satiren sind meistens überspitzt, das so zu betonen, ist wieder eine Distanzierung, und "Platz auf der Mülldeponie" geht am Kern der Aussage völlig vorbei - wer Menschen wie Müll bearbeitet, ist allenfalls qualifiziert, mit wirklichem Müll zu hantieren (und, Korpsgeist, auch nur zusammen mit seinesgleichen).

    Dass Seehofer mit seiner angedrohten Anzeige "seiner Polizei" einen Sündenbock präsentieren wollte, noch dazu mit Migrationshintergrund, passt zur perfiden politischen Strategie dieses AfDlers im CSU-Pelz - aber was veranlasst die TAZ, ihrer Autorin permanent so in den Rücken zu fallen, ihren geistreichen und im besten Sinne provokativen - getroffene Hunde bellen - Text dauernd zu verdrehen, sich immer wieder zu distanzieren?

    • @ke1ner:

      Hier noch ein Beleg ür diese Rezeption der Kolumne, aus dem Tagesspiegel: "Erst vor kurzem stand noch die Polizei selbst im Fokus von Debatten, es ging um die Frage des Ausmaßes rassistischer Tendenzen, hinzu kam eine missratene Kolumne der „taz“, in der Polizisten lediglich für gut befunden wurden, auf der Müllkippe zu ARBEITEN. Hier gab es – von linker Seite – manche Vorverurteilung und Pauschalurteile."

      (Hervorhebung durch mich)

      www.tagesspiegel.d...ten/26144070.html#

    • @ke1ner:

      Korrektur: geht am Kern der Aussage völlig vorbei - wer Menschen wie Müll BEHANDELT, ist allenfalls qualifiziert, mit wirklichem Müll zu hantieren (und, Korpsgeist, auch nur zusammen mit seinesgleichen).

  • slightly off topic (der so klar ist, dass man ihn nicht kommentieren muss):

    In einem Artikel, in dem es um eine bestimmte Person geht, dauernd von "Sie*er" zu schreiben, ist schlicht nicht sinnvoll, sogar sinnlos und sinnwidrig, da es eine bemühte Verschleierung der Geschlechtsidentität der Person andeutet, die unnötig ist, selbst wenn die wahre Geschlechtsidentität der Person niemanden ausser der Person etwas angeht.

    • @fly:

      Sie*Er ist die gängige Bezeichnung bei Intersexualität oder Geschlechtsneutralität.

      Hier geht es nicht um eine Verschleierung der Geschlechtsidentät, sondern das genaue Gegenteil, der respektvollen Bezeichnung der entsprechenden Geschlechtsidenität

    • @fly:

      ...es sei denn, die Geschlechtsidentität der gemeinten Person ist auch von dieser nicht fest definiert (Yagoobifarah versteht sich dem Vernehmen nach als nicht-binär).

      • @Normalo:

        Passt auch am besten...

    • @fly:

      Denkst du nicht, dass das in der Entscheidung der entsprechenden Person liegt? In diesem Fall handelt es sich ja wahrscheinlich um zwei Menschen, die sich kennen. Deswegen wird das wohl so abgesprochen sein.

  • ... „jahrelange Weigerung von Rot-Grün zur Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses“ ...

    Erschreckend die Entwicklung der Grünen nicht nur in HH.

    • @Rolf B.:

      Die Grünen in Regierungsbeteiligung an der konservativen hessischen Bouffier-Regierung: Der Begriff des "Problembundesland" (taz) macht für Hessen die Runde. Schlechte Informationspolitik zu zahlreichen Polizei-Affären/ -Skandalen und ein 1. hessischer NSU-Untersuchungsausschuss, in dem es zu hauf gesperrte und geschwärzte LfV-Akten gab und die hessische Landesregierung die Ausschussarbeit behinderte - all das haben die hessischen Grünen der Landesregierung mitzuverantworten. Und bei Hiobsbotschaftten aus dem Hessenland haben die Regierungsgrünen gelernt ihren Mund zu halten; schweigen und aussitzen - kennt man ja...

    • @Rolf B.:

      Und nun das gleiche Spiel mit RRG in Berlin. Es hilft nur noch die MLPD

      • @Rudolf Fissner:

        Die MLPD ist für hiesige BürgerrechtlerInnen ein Horror. Die Partei sieht China, mit ihrer KP, als Vorbild; ein Bekenntnis zur freiheitlichen, demokratischen Grundordnung - Fehlanzeige.

    • @Rolf B.:

      anschließe mich.

      unterm—- & diese ganzen intra-netze -



      Sind löchrig wie ein schweizer Käse •

  • Die Grünen haben als Beteiligte an hamburger Regierungen jahrelang weggesehen, wie die hamburger Polizei sich als Behörde immer mehr verselbständigte und sie haben es aktiv geduldet, wie diese Polizei immer wieder rechtswidrig handelte und gezielt jeder Kontrolle entzog.



    Die Grünen haben nichts unternommen, um diese Schill-Polizei zu reformieren.

    • @Wagenbär:

      Das wirft doch die interessante Frage auf, wieviel Einfluss das Amt auf den Amtsträger hat.



      Ich würde jetzt mal davon ausgehen, dass die Grünen ihre Einstellungen nicht grundsätzlich geändert haben, als sie in die Regierung eingezogen sind. Also muss etwas anderes passiert sein, das sie von der Umsetzung dieser vorher vertretenen Position abgehalten hat. Man kann spekulieren:



      1) Andere Prioritäten. Es gibt viele Sachen gleichzeitig im Auge zu behalten und zu ändern, und nicht alle kann man sofort in Angriff nehmen.



      2) Amt formt Träger. Das Amt und seine institutionalisierten Grundannahmen sind von einzelnen an der Spitze nicht auf den Kopf zu stellen, sodass man sich als Amtsträger der vorherrschenden Logik beugt und damit strukturelle Probleme weiter bestehen.



      3) Komplexität. Möglicherweise ist ein zu bekämpfender Missstand garnicht allein zu betrachten, sondern Teil eines größeren Komplexes. Dann muss man erstmal eine Strategie entwickeln, um dieses große Problem zu lösen, ohne dabei neue Randprobleme zu schaffen.

      Es wäre spannend, dazu mal ehemalige Amtsträger zu hören, die als Hoffnungsträger (teilweise) an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert sind. Da könnte man echt was lernen!

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @görg:

        man kann auch einfach mal agnoli lesen

    • 0G
      06360 (Profil gelöscht)
      @Wagenbär:

      Aber sie kaspern doch in der Justizbehörde herum. Mit beschränktem Personal kann man nicht überall gleichzeitig sein; das müssen Sie doch verstehen.